Verkehrsrecht | Unfall | Kanzlei | Anwalt | Rechtsanwalt | Dieselskandal | Abgasskandal | Autokreditwiderruf | Frankfur
Die Verkehrsrechtskanzlei.
Urteile Verkehrsrecht_Anwalt Frankfurt Verkehrsunfall_ Anwaltskanzlei für Verkehr Frankfurt_ Anwalt Verkehrsrecht_ Anwalt Dieselskandal_ Anwalt Abgasskanda_ Anwalt Autokredit widerrufen.jpg

Urteile zum Verkehrsrecht

Rechtssprechung Datenbank

 

Suchen in unserer Urteilsdatenbank

In unserer Urteilsdatenbank finden Sie Rechtsprechung zum Thema Verkehrsrecht. Hier können Sie bestimmte Suchbegriffe eingeben und Ihnen werden die einschlägigen Urteile angezeigt.

 

ArbG Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2018 - 8 Ca 937/18

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die klagende Partei.

3. Streitwert: 20.090,30 €.

4. Soweit die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes zulässig ist (§ 64 Abs. 2 Buchst. b) und c) ArbGG), wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung, einen Auskunftsanspruch der klagenden Partei, sowie hilfsweise über das Bestehen eines Nachteilsausgleichsanspruchs.

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. (im Folgenden: Schuldnerin) mit Sitz in Berlin.

Bei der Schuldnerin handelte es sich bis Ende des Jahres 2017 um die zweitgrößte Fluggesellschaft Deutschlands, die von ihren Drehkreuzen in Düsseldorf und Berlin-Tegel hauptsächlich Ziele in ganz Europa sowie in Nordafrika und Israel anflog. Sie beschäftigte nach Angaben des Beklagten mit Stand August 2017 6.121 Beschäftigte, davon 1.318 Piloten, 3.362 Beschäftigte in der Kabine und 1.441 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Boden. Keines der von der Schuldnerin genutzten Flugzeuge stand vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Eigentum der Schuldnerin. Alle Flugzeuge waren von dieser geleast worden. Die Schuldnerin betrieb den Flugbetrieb mit den Flugzeugtypen der A 320-Familie sowie des A 330. Die A 320-Familie wurde hauptsächlich für die Mittel- und Kurzstrecke eingesetzt. Der Flugzeugtyp A 330 wurde hauptsächlich für die Langstrecke eingesetzt. Seit dem Jahr 2016 flog die Schuldnerin nicht mehr ausschließlich im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb, sondern auch im sog. wetlease u.a. für die F.. So flogen bis zu 38 Flugzeuge der Schuldnerin im wetlease im Auftrag der F.. Beim sog. wetlease stellte die Schuldnerin dem Vertragspartner das (ihrerseits geleaste) Flugzeug, samt Crew und führte den Flug für den Vertragspartner in dessen Streckennetz und unter dessen Luftverkehrsbetreiberzeugnis ("Air Operator Certificate", kurz "AOC") durch. Flugzeuge und Uniformen des eingesetzten Personals sind beim wetlease im Design des Kunden/Vertragspartners gehalten.

Für die Durchführung eines Fluges sind an koordinierten (meist größeren) Flughäfen zwei sog. "Slots" (einer am Start- und einer am Zielflughafen) erforderlich. Ein "Slot" beschreibt also das Recht, innerhalb bestimmter Zeitfenster Flugzeuge starten und landen zu lassen. Slots sind demnach Nutzungsrechte, die nur in bestimmten vorgegebenen Verfahren vergeben und übertragen werden können.

Die am 2. geborene klagende Partei ist seit dem 20. September 1999 bei der Schuldnerin als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie wurde etwa zu gleichen Teilen auf Langstrecken- sowie auf Kurz- und Mittelstreckenflügen eingesetzt. Die klagende Partei verdiente zuletzt monatlich durchschnittlich 1.509,03 € brutto und war auf dem dienstlichen Einsatzort Düsseldorf stationiert.

Für das Kabinenpersonal (dem auch die klagende Partei angehörte) wurde gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG auf Basis des am 7. Juni 2016 zwischen der Schuldnerin und ver.di Vereinte Dienstleistungs-Gewerkschaft (im Folgenden: "ver.di") geschlossenen "Tarifvertrags Personalvertretung für das Kabinenpersonal der B." (im Folgenden: "TVPV") eine Personalvertretung (im Folgenden: "PV Kabine") gebildet.

Der TVPV sieht neben der Errichtung einer Personalvertretung in §§ 80 ff. TVPV u.a. folgenden Regelungen vor:

"§ 80 Betriebsänderung

Die b. hat die Personalvertretung über geplante Änderungen des Flugbetriebs die wesentliche Nachteile für das Kabinenpersonal insgesamt oder erhebliche Teile des Kabinenpersonals zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Änderungen mit der Personalvertretung zu beraten. [...]

Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten:

1. Einschränkungen und Stilllegung des gesamten Flugbetriebes oder von wesentlichen Teilen (...)

[...]

§ 81 Interessenausgleich über Betriebsänderung, Sozialplan

[...]

(4.) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen der b. und der Personalvertretung.

[...]

§ 83 Nachteilsausgleich

[...]

(3.) Die Abs. 1 und 2 geltend entsprechend, wenn die b. eine geplante Betriebsänderung nach § 80 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit der Personalvertretung versucht zu haben und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden."

Im Nachgang zum Abschluss des TVPV schlossen die Schuldnerin und ver.di am 8. Dezember 2016 einen weiteren Tarifvertrag "TV B.: Pakt für Wachstum und Beschäftigung" (im Folgendem: "TV Pakt"). Dort heißt es auszugsweise:

"§ 2 Perspektiven für Wachstum, Karriereentwicklung und Beschäftigungssicherung in der Kabine

[...]

(2) B. geht bei erfolgreicher Umsetzung der Transformation nicht davon aus, betriebsbedingte Beendigungskündigungen durchführen zu müssen. Sollten diese, egal aus welchen Gründen, dennoch unvermeidbar werden, ist deren Ausspruch erst nach Abschluss eines Sozialtarifvertrages mit ver.di über einen Interessenausgleich und Sozialplan zulässig, der sich auf das gesamte Kabinenpersonal auf der Grundlage der Betriebszugehörigkeit ausrichtet.

[...]

§ 3 Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen

Alle zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Tarifvertrages bei der B. für das kabinenpersonal geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen behalten während der Durchführung und nach der Umsetzung der bevorstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen ihre Gültigkeit und kommen uneingeschränkt in ihrer jeweils gültigen Fassung zur Anwendung. [...]

§ 5 Regelungen für den Wetlease

[...]

(2) Durch diesen TV B. Pakt für Wachstum und Beschäftigung ist die wirtschaftliche Basis dafür gegeben, dass die im Rahmen des Wetlease fliegenden Kabinenbeschäftigten bei einer Beendigung des Wetleases in die Operation der neuen B. auf die noch von B. betriebenen Stationen wechseln können.

§ 6 Inkrafttreten und Vertragsdauer

Dieser Tarifvertrag tritt am 08.12.2016 in Kraft. Er kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende, erstmals zum 31.12.2020 gekündigt werden."

Schließlich wurde am 29. September 2017 wegen des inzwischen eingeleiteten Insolvenzeröffnungsverfahrens ein "Rahmentarifsozialplan Transfer" zwischen der Schuldnerin und ver.di vereinbart, welcher der Errichtung von Transfergesellschaften diente. Der "Rahmentarifsozialplan Transfer" enthält in § 4 u.a. die folgende Regelung:

"§ 4 Interessenausgleich/Sozialplan

Unberührt von diesem Tarifvertrag bleibt die Verpflichtung der Betriebsparteien, über die Betriebsänderung gem. der Präambel einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln. [...]"

Unter dem 15. August 2017 stellte die Schuldnerin beim Insolvenzgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Gericht hat mit Beschluss vom 16. August 2017 (Az.: 36a IN 4295/17) den Beklagten zum vorläufigen Sachwalter bestellt.

Am 02. Oktober 2017 informierte die Schuldnerin die PV Kabine über eine potentielle Betriebsstilllegung zum 31. Januar 2018 und forderte diese auf, Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan aufzunehmen. In der Folge korrespondierten die Schuldnerin und die PV Kabine umfangreich.

Am 12. Oktober 2017 unterzeichneten der vorläufige Sachwalter Q., der Generalbevollmächtigte E. sowie der Executive Director der persönlich haftenden Gesellschafterin der Schuldnerin U. eine gemeinsame Erklärung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"[...]

I. Die Liquiditäts- und Fortführungsplanung hat ergeben, dass eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im Rahmen des eröffneten Insolvenzverfahrens nicht möglich ist. Vor diesem Hintergrund haben die Geschäftsführung, der Generalbevollmächtigte das Management Board sowie die Board of Directors der C. die Entscheidung getroffen, die erforderliche Betriebsänderung (Stilllegung) - vorbehaltlich der Zustimmung des Gläubigerausschusses und unter Wahrung der Beteiligungsrechte des Wirtschaftsausschusses sowie des Betriebsrates/Gesamtbetriebsrats bzw. der Personalvertretungen - durchzuführen.

Im Einzelnen:

1. Die im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung aufgestellte Liquiditäts- und Fortführungsplanung hat vorgesehen, dass unter Berücksichtigung des durch einen mit Bundesbürgschaft abgesicherten Übergangskredit i.H.v. 150 Mio € der Flugbetrieb bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (voraussichtlich Ende Oktober 2017) aufrechterhalten werden kann.

2. Eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im eröffneten Insolvenzverfahren ist nur möglich, sofern das Unternehmen bzw. Teile des Unternehmens im Rahmen einer übertragenden Sanierung auf einen oder mehrere Erwerber zum Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übertragen wird. Ein entsprechendes Angebot liegt nicht vor, so dass eine übertragende Sanierung des Unternehmens bzw. von Teilen des Unternehmens nicht erfolgt. Eine kostendeckende Betriebsfortführung im eröffneten Insolvenzverfahren ist somit nicht möglich und wäre unzulässig. Dies ergibt sich aus der fortgeschriebenen Liquiditäts- und Fortführungsplanung ab dem 15. August 2017. Vor diesem Hintergrund ist die B. gezwungen, zum Stilllegungszeitpunkt die für sämtliche Flugzeuge bestehenden Leasingverträge durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen zu beenden und die Flugzeuge zurückzugeben.

3. Die Geschäfts- und Betriebsgrundlage für eine Fluggesellschaft wird damit zum Stilllegungszeitpunkt wegfallen.

II. Die Unterzeichner dieses Beschlusses stimmen daher darin überein, dass beabsichtigt ist, den Geschäftsbetrieb der B. Flüge einzustellen. Die Einstellung und Stilllegung des Geschäftsbetriebs der B. soll wie folgt umgesetzt werden:

1. Beendigung der Flugzeug-Leasingverträge der B. als Leasingnehmer durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen und Rückgabe der Flugzeuge sukzessive bis zum 31.01.2018.

2. Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs der B.. Dabei wird mit Ablauf des 28. Oktober 2017 der operative Flugverkehr im Namen und auf Rechnung der B. eingestellt. Flugbuchungen für Flüge nach dem 28. Oktober 2017 sind nicht mehr möglich.

3. Erbringung der Dienstleistungen gegenüber F. im Rahmen des sog. "Wet Lease" für den Zeitraum bis maximal zum 31. Januar 2018. Dies betrifft 13 Flugzeuge.

4.a) Derzeit verfügen 6.054 Arbeitnehmer/innen über ein Arbeitsverhältnis und 8 Auszubildende (nachfolgend Arbeitnehmer) über ein Ausbildungsverhältnis mit der B.. Die B. beabsichtigt, sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der individuell maßgeblichen Kündigungsfrist, begrenzt auf die maximale Frist von drei Monaten zum Monatsende gemäß § 113 S. 1 InsO, soweit gesetzlich zulässig, nach Durchführung der Interessenausgleichs- sowie Massenentlassungsanzeigeverhandlungen (§ 17 KSchG) und nach Durchführung der Anhörungsverfahren mit den Mitbestimmungsgremien (Betriebsräte/Personalvertretungen) zu kündigen. Die B. wird - soweit erforderlich - eine Zustimmung für Arbeitnehmer mit etwaigem Sonderkündigungsschutz (z.B. SGB IX, BEEG, MuSchG) beantragen und auch diese Arbeitsverhältnisse zeitnah kündigen. Es werden auch Sozialplanverhandlungen geführt werden.

[...]

5. Dauerschuldverhältnisse (Leasingverträge, Gewerbemietverträge, Versorger etc.) werden unter Berücksichtigung der Abwicklungsplanung durch Abschluss von Aufhebungsverträgen beendet bzw. unter Berücksichtigung bestehender Kündigungsfristen gekündigt, sofern die Vertragspartner nicht selbst kündigen bzw. die Verträge bereits gekündigt sind.

[...]

7. Die Gesamtabwicklung des Geschäftsbetriebs der B. soll nach derzeitiger Planung zum 31. Januar 2018 abgeschlossen sein, so dass im Anschluss daran die Stilllegung erfolgt.

[...]"

Am 27. Oktober 2017 wurde der letzte eigenwirtschaftlich durchgeführte Flug der Schuldnerin durchgeführt. Bis in den Januar 2018 hinein führte die Schuldnerin im Rahmen des sog. wetlease noch Flüge für die F., einschließlich Cockpit-Crew, Kabinenpersonal, Wartung und Versicherung durch.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 1. November 2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet, Eigenverwaltung angeordnet und der Beklagte zum Sachwalter bestellt. Dieser zeigte noch am gleichen Tage gegenüber dem Amtsgericht drohende Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO an und rief die Arbeitsleistung der klagenden Partei nicht mehr ab.

Am 06. November 2017 stellte die Schuldnerin bei dem Arbeitsgericht Berlin einen Antrag nach § 122 Abs. 1 InsO. Das Arbeitsgericht Berlin wies diesen mit Beschluss vom 21. Dezember 2017 - 41 BV 13752/17 - mit der Begründung, dass eine Betriebsänderung bereits begonnen habe, zurück.

Am 21. November 2017 nahmen Vertreter der PV Kabine Einsicht in einen mit weiteren, die Betriebsstilllegung und den Verkaufsprozess verschiedener Betriebsmittel betreffenden, Informationen befüllten Datenraum. Ob der PV Kabine sämtliche relevanten Informationen zur Verfügung gestellt wurden, war und ist zwischen den Parteien - und insbesondere auch zwischen dem Beklagten und der PV Kabine - auch nach Einsichtnahme in die Informationen des Datenraums streitig.

Mit Schreiben vom 30. November 2017 erklärte die Schuldnerin die Verhandlungen über einen Interessenausgleich gegenüber der PV Kabine für gescheitert und rief die Einigungsstelle an. Die PV Kabine lehnte die Errichtung einer Einigungsstelle ab. Die Schuldnerin stellte am 07. Dezember 2017 bei dem Arbeitsgericht Berlin einen Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle. In dem Verfahren einigten sich die Schuldnerin und die PV Kabine auf die Errichtung einer Einigungsstelle, welche sodann am 11. Januar 2018 tagte und sich für unzuständig erklärte.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2017 - 6 TaBVGa 1484/17 (Anlage BKT 26) wies das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zweitinstanzlich das Begehr der PV Kabine zurück, weitere Informationen von der Schuldnerin zu erlangen. Das Gericht stellte fest, dass die PV Kabine jedenfalls seit der Einsichtnahme in den Datenraum am 21. November 2017 hinreichend informiert gewesen ist.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 16. Januar 2018 wurde die Eigenverwaltung der Schuldnerin aufgehoben und der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2018, wegen dessen genauen Inhalts auf die Anlage B 17 Bezug genommen wird, hörte der Beklagte die PV Kabine zu den beabsichtigten Kündigungen (u.a. der klagenden Partei) an. Über die Ordnungsgemäßheit (insbesondere Vollständigkeit) der Anhörung streiten die Parteien. Unter dem 26. Januar 2019 widersprach die PV Kabine den beabsichtigten Kündigungen.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2018, der klagenden Partei zugegangen am 29. Januar 2018, erklärte der Beklagte eine ordentliche Kündigung mit Wirkung zum 30. April 2018. Gegen diese Kündigung wendet sich die klagende Partei mit ihrer am 15. Februar 2018 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen, dem Beklagten am 14. März 2018 zugegangenen Klage.

Die klagende Partei ist er Ansicht, die ausgesprochene Kündigung sei unwirksam und habe das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet. Sie bestreitet, dass die Schuldnerin tatsächlich einen Beschluss gefasst hat, den gesamten Betrieb stillzulegen und behauptet, es seien nicht alle Flugzeuge an die Lessoren zurückgegeben worden. F. habe Slots, Nachtparkplätze für Flugzeuge und das Kundenbuchungssystem der Schuldnerin übernommen. Zudem seien mindestens 25 Flugzeuge aus dem alten Bestand der Schuldnerin jetzt von F. geleast. Die M. habe die M. (im Folgenden: "M.") übernommen, damit die Geschäftsbeziehungen weiter bestehen bleiben konnten. Dazu habe die M. auch die AIMS-Software übernommen. Ursprünglich sei von der M. geplant gewesen 81 von 130 Flugzeugen der Schuldnerin zu übernehmen. Sämtliche Erwerber von Teilen der Schuldnerin hätten ihr Personal seit der Insolvenz erheblich aufstocken müssen, um die übernommenen Strecken bedienen zu können. Die Schuldnerin ihrerseits habe noch Stellen mit Bewerbungsfristen bis zum 27. Dezember 2017 ausgeschrieben für einen Flight Safety Officer und für einen Head of Flight Safety.

Die klagende Partei ist der Ansicht, die Kündigung verstoße gegen § 613a Abs. 4 S. 1 BGB, da keine Betriebsstilllegung, sondern ein (Teil-)Betriebsübergang vorliege. Sie behauptet, der Flugbetrieb der Schuldnerin sei nicht als einheitlicher Betrieb organisiert gewesen. Vielmehr seien die einzelnen Bases/Standorte abgrenzbare Betriebsteile gewesen. Für jede einzelne Station habe es eigene Stationskapitäne gegeben, welche Verwaltungsverantwortung gehabt und Personalgespräche geführt hätten sowie für die Urlaubsplanung verantwortlich gewesen seien. Bei Krankmeldungen von Piloten sei der Ersatz bei der eigenen Station eingeteilt worden und nur wenn keine Piloten der eigenen Station zur Verfügung gestanden hätten, sei auf externe Piloten anderer Stationen zurückgegriffen worden. Auch die Urlaubsplanung sei innerhalb einer Station erfolgt. Gleiches gelte für das Kabinenpersonal. Hierfür sei ein Area Manager zuständig gewesen.

Die klagende Partei meint, vor allem aber sei der eigenverantwortliche Flugbetrieb vom wetlease zu unterscheiden. Der Bereich des wetlease stelle einen abgrenzbaren Betriebsteil dar, wovon sowohl die Schuldnerin selbst (als sie nur den wetlease von bestimmten Bases aus aufrechterhielt), wie auch die Tarifvertragsparteien (in § 5 Abs. 2 TV Pakt) ausgingen.

Die klagende Partei behauptet, die Kündigung genüge nicht der Schriftform, denn sie sei nur mit einer Paraphe unterzeichnet und vermute, dass es sich lediglich um die Kopie einer Namenszeichnung handle.

Die klagende Partei ist der Auffassung, der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung stehe außerdem die Regelung des § 2 Abs. 2 TV Pakt entgegen, die auch nicht durch § 113 S. 1 InsO verdrängt werde.

Zudem sei sie gemäß § 50 Abs. 3 MTV Nr. 11 Kabinenpersonal M. nur aus wichtigem Grund kündbar. Jedenfalls habe der Beklagte die PV Kabine über die ordentliche Unkündbarkeit im Rahmen der Anhörung informieren müssen, was unstreitig nicht geschehen sei.

Die Anhörung der PV Kabine sei insgesamt unwirksam, da die PV Kabine nicht hinreichend und teilweise unzutreffend informiert worden sei. Insbesondere habe dem Anhörungsschreiben die Anlage 2 (Namensliste) nicht beigelegen.

Weiter sei die PV Kabine nicht zuständig gewesen, das Konsultationsverfahren mit der Schuldnerin durchzuführen. Vielmehr seien ver.di oder eine Gesamtpersonalvertretung für das Konsultationsverfahren zuständig gewesen. Im Zuge des mit der PV Kabine durchgeführten Verfahrens bestreite sie zudem, dass alle Anlagen beigefügt gewesen seien.

Auch die Massenentlassungsanzeige sei nicht wirksam erstattet worden. Zum einen seien nicht alle Anlage beigefügt gewesen, zum anderen seien fehlerhaft ca. 1.300 Cockpit-Mitarbeiter nicht mit aufgeführt worden, die ebenfalls gekündigt worden seien. Die gemachten Angaben seien unter den Ziffern 31 und 41 unvollständig bzw. unzutreffend gewesen.

Schließlich ist die klagende Partei der Ansicht, dass sie jedenfalls einen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich habe. Bereits mit der Kündigung "aller" Piloten habe der Beklagte bzw. die Schuldnerin mit der Durchführung der Betriebsänderung begonnen.

Die klagende Partei beantragt - nach Rücknahme eines zunächst angekündigten allgemeinen Feststellungsantrags - zuletzt,

1. festzustellen, dass das zwischen ihr und dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 27.01.2018, zugegangen am 29.01.2018, nicht aufgelöst worden ist,

2. hilfsweise für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung vom 27.01.2018 den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Nachteilsausgleich, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 10.563,21 € nicht unterschreiten sollte, zu zahlen,

3. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit des Antrags zu Ziffer 2. festzustellen, dass ihr der Nachteilsausgleich in Höhe von 10.563,21 € als Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zusteht, und als Antrag zu,

4. den Beklagten zu verurteilen, ihr Auskunft über Umstände und Inhalt der Veräußerungen an die G. und an die E. bzw. den zum E. gehörenden Konzernunternehmen zu erteilen, die ihr die Bewertung über einen Betriebsübergang ermöglichen, insbesondere darüber

- wie die die Insolvenzschuldnerin den Betrieb gegliedert hat,

- welche Betriebsteile es nach der Auffassung des Beklagten gab,

- welche Flugzeuge der Insolvenzschuldnerin von wem übernommen wurden,

- welche konkreten Slots die E. bzw. zum E. gehörenden Konzernunternehmen übernommen haben und auf welchem Übertragungstatbestand des Artikel 8a (1) b) der VERORDNUNG (EWG) Nr. 95/93 DES RATES vom 18 Januar 1993 die Übernahme erfolgte,

- wer der/die

verantwortliche Betriebsleiter

verantwortliche Person Flugbetrieb

verantwortliche Person Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit

verantwortliche Person Ground Operation

war und bei wem diese nunmehr beschäftigt sind,

- welche Flugzeuge, Crews und Slots der Beklagte aufgrund des Vertrages mit der E. in die M. einbringen muss bzw. bereits eingebracht hat,

- ob bereits vor Insolvenzeröffnung am 01.11.2107 im Jahre 2017 Flugzeuge und/oder Slots an andere Luftfahrtunternehmen übertragen wurden und wenn ja, wie und an wen,

- wer die Vertragspartner der Insolvenzschuldnerin aufgrund des Bieterverfahrens waren bzw. sind,

- welchen Inhalt der Bietervertrag mit der E. bzw. den zum E. gehörenden Konzernunternehmen hat,

- welche Verträge aufgrund des Bieterverfahrens mit der E. bzw. den zum E. gehörenden Konzernunternehmen abgeschlossen wurden,

- was Inhalt der Übernahmeverträge betreffend die Luftverkehrsgesellschaft X., die Fluggesellschaft O. sowie den Übernahmevertrag über 20 weitere Flugzeuge mit der E. bzw. den zum E. gehörenden Konzernunternehmen war,

- was Inhalt der Kaufverträge über die Wet-Lease Abkommen über 15 Flugzeuge des Musters A 320 mit der E. bzw. den zum E. gehörenden Konzernunternehmen war und

- was Inhalt der Verträge über für 5 weitere im Wetlease fliegende Flugzeuge des Flugzeugmusters A 320 für die E. bzw. den zum E. gehörenden Konzernunternehmen war.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Kündigung als betriebsbedingte Kündigung wirksam und das Arbeitsverhältnis der Parteien mithin mit Ablauf des 30. April 2018 beendet sei. Es sei von einer Betriebsstillegung und nicht von einem (Teil-)Betriebsübergang auszugehen. Die Kündigung sei auch formell wirksam erfolgt. Der Kündigungsausschluss gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt werde durch die Regelung des § 113 S. 1 InsO verdrängt. Jedenfalls aber sei § 2 Abs. 2 TV Pakt einschränkend auszulegen und könne die Kündigung bei Eintritt des Insolvenzfalles nicht ausschließen. Der Beklagte behauptet, die Schuldnerin sei arbeitsorganisatorisch als einheitlicher, deutschlandweit operierender Betrieb eingerichtet gewesen. Keine der Stationen an den Flughäfen, u.a. in Düsseldorf, verfüge über das Personal, welches einen Flugbetrieb nur von und nach einer Station zugelassen hätte. Die individuellen Dienstpläne seien in der Abteilung Crew Planning in Berlin für den gesamten Flugbetrieb erstellt worden. Personelle Engpässe hätten über das sog. "proceeding" ein häufiges Einsetzen des Flugpersonals außerhalb der Heimat-Abflugstationen erfordert. An keiner der Bases sei das gesetzlich vorgesehene Schlüsselpersonal in Gestalt der sog. "Verantwortlichen Personen" für Flugbetrieb, Ground Operation, Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit oder des verantwortlichen Flugbetriebleiters vorhanden gewesen, diese operierten von der Unternehmenszentrale in Berlin für den gesamten Flugbetrieb der Schuldnerin und seien für alles Bases zuständig gewesen. Am 12. Oktober 2017 sei - vorbehaltlich der verschiedenen, erforderlichen Zustimmungserfordernisse und Beteiligungsrechte - die Entscheidung gefallen, den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin spätestens zum 31. Januar 2018 stillzulegen. Der Stilllegungsbeschluss sei am 24. Oktober 2017 bestätigt und öffentlich bekannt gemacht worden und sämtliche Dienstleister und Flughäfen, mit denen die Schuldnerin in Geschäftsbeziehungen gestanden habe, seien hierüber informiert worden. Die Schuldnerin habe im Zuge der Betriebsstilllegung alle Arbeitsverhältnisse gekündigt, hierunter auch diejenigen Mitarbeiter, die in Schlüsselpositionen beschäftigt gewesen seien. Die Leasingverhältnisse für sämtliche zuletzt im Besitz der Schuldnerin stehenden und im Flugbetrieb eingesetzten Flugzeuge seien beendet worden und die Flugzeuge an die entsprechenden Lessoren zurückgegeben worden. Vom 15. August 2017 bis zum 12. Oktober 2017 seien bereits 19 Flugzeuge zurückgegeben worden. Im Zeitraum vom 12. Oktober 2017 bis zum 31. Oktober 2017 seien weitere 27 Flugzeuge zurückgegeben worden. Und vom 31. Oktober 2017 bis zum 31. Januar 2017 seien schließlich die verbliebenen 106 Flugzeuge an die Lessoren zurückgegeben worden. Die Schuldnerin habe lediglich einzelne Assets an die f. übertragen. Hierbei habe es sich um Slots in Europa und im Mittelmeerraum, bestimmte Flugbuchungen und Buchungsdaten (mit Zustimmung der Passagiere), 160 Flugzeugsitzbezüge und einen Crew-Container in Berlin Tegel gehandelt. Weder Flugzeuge, noch Funktionsträger seien von der Schuldnerin (direkt) auf f. übergegangen. Die N. habe im Rahmen eines Share Deals die Anteile an der M. ("M.") von der Schuldnerin übernommen. Hier habe sich die Schuldnerin verpflichtet, zuvor Slots auf die M. zu übertragen bzw. in diese einzubringen. Ansonsten habe es jedoch keinerlei direkte Übernahme von Slots der Schuldnerin durch die M.-Group gegeben. Die M.-Group habe weder Flugzeuge von der Schuldnerin übernommen (außer sie war Lessorin der geleasten Flugzeuge und diese wurden zurückgegeben), noch sei Anlage- oder Umlaufvermögen übergegangen. Auch seien keine Funktionsträger direkt von der Schuldnerin auf die M.-Group übergegangen. Von einer ursprünglich beabsichtigten Übernahme der Geschäftsanteile an der O. und des O. habe die M.-Group wegen wettbewerbsrechtlicher Bedenken der Europäischen Wettbewerbsbehörde wieder Abstand genommen. Die Schuldnerin habe ihre Anteile an der C. an die U. veräußert und kurz zuvor einige Slots auf die C. übertragen.

Bewegliches Anlagevermögen habe die Schuldnerin (über Auktionen) verwertet. Ehemalige Flugverbindungen der Schuldnerin beispielsweise ab Düsseldorf seien teilweise von F. und teilweise von D. übernommen worden. Flugverbindungen in Berlin seien teilweise von f., teilweise von M. übernommen worden. Es sei grundsätzlich so, dass beispielsweise die ehemaligen Langstreckenverbindungen der Schuldnerin zwar in Teilen weitergeführt würden, die weiterhin stattfindenden Flüge aber von unterschiedlichen Fluggesellschaften durchgeführt würden.

Die Schuldnerin habe mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 das Konsultationsverfahren gemäß § 17 KSchG gegenüber der PV Kabine eingeleitet und weitere Informationen übermittelt. Dieses Schreiben sei vorab per E-Mail und am 16. Oktober 2017 persönlich an die PV Kabine übergeben worden. Wegen des Inhalts des Schreibens vom 12. Oktober 2017 wird auf Anlage B 14 Bezug genommen.

Die Bundesagentur für Arbeit sei mit E-Mail vom 20. Oktober 2017 über die Einleitung des Konsultationsverfahrens informiert worden (Anlage BKT 24).

Der Beklagte meint, das Konsultationsverfahren mit der PV Kabine gemäß § 17 Abs. 2 KSchG sei ebenso ordnungsgemäß durchgeführt worden, wie die Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 17 Abs. 3 KSchG. Auch die Anhörung der PV Kabine zu der beabsichtigten Kündigung gemäß § 74 TV PV sei nicht zu beanstanden. Er behauptet, mit Schreiben vom 12. Januar 2018 habe die Schuldnerin dann eine Massenentlassungsanzeige gegenüber der Bundesagentur für Arbeit erstattet. Die Massenentlassungsanzeige sei auch vollständig (insbesondere unter Beifügung der angekündigten Anlagen) erfolgt. Die Bundesagentur für Arbeit habe den Eingang der vollständigen Unterlagen ausdrücklich bestätigt. Es wird insoweit auf das Schreiben der Agentur für Arbeit Berlin vom 12. Januar 2018 (Anlage B 15) Bezug genommen. Die PV Kabine sei mit Schreiben vom 19. Januar 2018 zu den beabsichtigten Kündigungen angehört worden. Die Sozialdaten der betroffenen Mitarbeiter ergäben sich aus der dortigen Anlage 2, die dem Anhörungsschreiben beigefügt gewesen sei.

Schließlich gehe § 2 Abs. 2 TV Pakt der Regelung des § 83 TV PV vor, sodass ein Nachteilsausgleichsanspruch nicht bestehe. Zudem habe die Schuldnerin einen Interessenausgleich mit der PV Kabine ausreichend versucht. Jedenfalls sei der Nachteilsausgleichsanspruch jedoch keine Neumasseverbindlichkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.

I.

Die Kündigung vom 27. Januar 2018 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Wirkung zum 30. April 2018 aufgelöst.

1. Zunächst findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Der Beklagte beschäftigte im Kündigungszeitpunkt im Einsatzbetrieb der klagenden Partei unstreitig regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Die klagende Partei ist auch bereits seit mehr als sechs Monaten bei dem Beklagten bzw. der Schuldnerin beschäftigt.

2. Die Kündigung gilt nicht bereits gemäß §§ 7, 4 KSchG als rechtswirksam. Die Kündigung ging der klagenden Partei am 29. Januar 2018 zu. Sie hat binnen drei Wochen, nämlich mit Klageschrift vom 14. Februar 2018, eingegangen beim Arbeitsgericht Düsseldorf am 15. Februar 2018 und dem Beklagten am 14. März 2018 "demnächst" zugestellt, Kündigungsschutzklage erhoben.

3. Die Kündigung vom 27. Januar 2018 ist formwirksam gemäߠ§ 623 BGB. Die Kammer geht davon aus, dass sie ordnungsgemäß unterschrieben ist.

a. Hinsichtlich der Voraussetzungen und Anforderungen an die Einhaltung des Schriftformerfordernisses hat die 13. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf in einem Parallelverfahren unter dem Aktenzeichen 13 Ca 6958/17 (Urteil vom 20. April 2018) folgende Feststellung getroffen, der sich die erkennende Kammer vollumfänglich anschließt.

"Die in § 623 BGB angeordnete Schriftform der Kündigung soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit bewirken. Durch das in § 126 Abs. 1 BGB vorgesehene Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Die Unterschrift stellt eine unzweideutige Verbindung zwischen der Urkunde und dem Aussteller her. Der Erklärungsempfänger erhält die Möglichkeit zu überprüfen, wer die Erklärung abgegeben hat und ob die Erklärung echt ist (BAG, Urteil vom 24.01.2008 - 6 AZR 519/07 - NZA 2008, 521 = juris; BAG, Urteil vom 21. April 2005 - 2 AZR 162/04 - AP Nr. 4 zu § 623 BGB). Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift verlangt nicht, dass unmittelbar bei Abgabe der schriftlichen Erklärung für den Erklärungsempfänger die Person des Ausstellers feststehen muss. Dieser soll nur identifiziert werden können (vgl. BT-Drucks. 14/4987 S. 16). Hierzu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Namenszugs. Vielmehr genügt ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, welche die Nachahmung erschweren. Ein lesbarer Zusatz des Namens des Unterzeichnenden wird von § 126 BGB nicht verlangt (BAG, Urteil vom 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - AP Nr. 19 zu § 174 BGB = juris). Der Schriftzug muss sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist (BAG, Urteil vom 27. März 1996 - 5 AZR 576/94 - AP Nr. 67 zu § 518 ZPO = juris; BGH, Urteil vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04 - NJW 2005, 3775). Die Unterschrift ist vom Handzeichen (Paraphe) abzugrenzen. Auch das Gesetz unterscheidet in § 126 Abs. 1 BGB zwischen einer Namensunterschrift und einem Handzeichen; letzteres wahrt die Schriftform nur im Falle notarieller Beglaubigung. Für die Abgrenzung zwischen Unterschrift und Handzeichen ist das äußere Erscheinungsbild maßgeblich; der Wille des Unterzeichnenden ist nur von Bedeutung, soweit er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden hat (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1993 - V ZR 112/92 - NJW 1994, 55)."

b. Nach diesen Grundsätzen erfüllt der Schriftzug unter der Kündigungserklärung vom 27. Januar 2018 die an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen. Die Unterschrift des Beklagten stellt sich als Wiedergabe eines Namens dar und lässt die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen.

aa. Soweit die klagende Partei behauptet, die Kündigung weise keine Original-Unterschrift auf, ist diese Rüge unsubstantiiert. Sie benennt keine Anhaltspunkte, warum sie davon ausgeht, die Unterschrift sei keine Original-Unterschrift. Es bleibt unklar, ob und wenn ja, auf Grund welcher Tatsachen die klagende Partei davon ausgeht, es handele sich um eine kopierte oder eingescannte Unterschrift. Vielmehr ist aus den diversen Kündigungsschutzverfahren gerichtbekannt, dass die unter den verschiedenen Kündigungen angebrachten Unterschriften nicht immer gleich aussehen. Würde es sich um eine gestempelte, eingescannte oder einkopierte Unterschrift handeln, so wäre zu erwarten, dass diese immer gleich aussehen würde.

bb. Auch der Einwand der klagenden Partei, dass es sich bei dem Schriftzug unter der streitgegenständlichen Kündigung weder um die Darstellung einer Namenswiedergabe handele, noch dass die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennbar sei, überzeugt die Kammer nicht. Die von der Rechtsprechung geforderte Identifizierbarkeit durch einen ausreichend kennzeichnenden Schriftzug ist gewahrt. Die Unterschrift des Beklagten weist individuelle und charakteristische Merkmale und deutlich erkennbare Erhebungen und Absenkungen innerhalb der Unterschrift aus. Hinzu kommt, dass am Anfang des Schriftzuges eine einem großgeschriebenen Buchstaben entsprechende Erhebung zu erkennen ist und in der Mitte des Schriftzuges eine weitere Erhebung festgestellt werden kann. Entsprechende "Höhen und Tiefen" weist auch die Buchstabenfolge des Namens "G." auf.

4. Die Kündigung ist auch sozial gerechtfertigt und damit wirksam. Der Beklagte beruft sich zutreffend auf die Stilllegung des gesamten Betriebs der Schuldnerin und somit auf einen betriebsbedingten Kündigungsgrund.

a. Die Kammer macht sich hinsichtlich des Vorliegens eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes (Betriebsstilllegung) in wesentlichen Teilen die Ausführungen der 12. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf in dem Verfahren 12 Ca 6826/17 (Urteil vom 18. April 2018) in einer Parallelsache zu Eigen und schließt sich diesen im Zuge der Entscheidungsfindung ausdrücklich an. Die 12. Kammer hat in ihrer Entscheidung Folgendes ausgeführt:

"Die Kündigung ist wegen der beabsichtigten und auch durchgeführten Betriebsstilllegung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und damit sozial gerechtfertigt. Sie erfolgte nicht wegen eines Betriebsübergangs und ist daher nicht gemäß § 613 Abs. 4 BGB unwirksam.

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die eine Kündigung sozial rechtfertigen können (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 51; BAG 26.05.2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 25). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 51; BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37).

Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung muss die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt sein, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 52; BAG 13.02.2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 22). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 52; BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37). Daran fehlt es, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 52; BAG 13.02.2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 23).

b) Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Schuldnerin die unternehmerische Entscheidung getroffen hat, ihren Flugbetrieb einzustellen und selbst keine unternehmerische Tätigkeit mehr zu entfalten. Die unternehmerische Entscheidung beruht auf dem schriftlich durch die abgegebene Erklärung vom 12.10.2017 dokumentierten Beschluss.

Dass eine im Falle der Stilllegung des Unternehmens erforderliche Zustimmung der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO bzw. des Gläubigerausschusses gemäß § 158 InsO erst nachträglich erteilt wurde, berührt die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG kann eine Kündigung auch dann gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt sein, wenn bezüglich der Stilllegungsentscheidung kein wirksamer Beschluss des für die Auflösung der Gesellschaft zuständigen Organs vorliegt (vgl. BAG 11.03.1998 - 2 AZR 414/97 - Rn. 13, 14; BAG vom 05.04.2001 - 2 AZR 696/99 - Rn. 21; LAG Hamm 16.01.2002 - 2 Sa 1133/01 - Rn. 32, 35).

c) Die getroffene unternehmerische Entscheidung ist umgesetzt worden. Der letzte eigenwirtschaftliche Flug der Schuldnerin wurde am 27.10.2017 durchgeführt, die letzten Flüge im Rahmen des Wet-Lease Ende 2017. Die Schuldnerin hat auch gerichtsbekannt dem gesamte Cockpitpersonal gekündigt (vgl. hierzu nur den Beschluss des ArbG Berlin vom 21.12.2017 - 41 BV 13752/17 - Rn. 100). Kündigt ein Luftfahrtunternehmen zum Zwecke der Stilllegung des Luftfahrtbetriebes allen Piloten, so ist dies zugleich auch eine unumkehrbare Maßnahme für das Kabinenpersonal. Ohne Piloten kann der Flugbetrieb nicht betrieben werden.

d) Der Entschluss zur Einstellung der Geschäftstätigkeit war ernsthaft und endgültig. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung befand sich die Schuldnerin nicht (mehr) in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Geschäftsbetriebes. Der von ihr dargestellte Investorenprozess war abgeschlossen, ebenso die Verhandlungen der N. und F.. Zwar schweigt der Beklagte im hiesigen Verfahren weitgehend sowohl zu Inhalt und Ablauf der Verhandlungen mit den beiden genannten Interesssenten als auch zum Zeitpunkt und Inhalt des Abschlusses der Kaufverträge. Dass die Verhandlungen vorher beendet waren und welchen (groben) Inhalt die Verträge haben, ergibt sich indes aus dem Zeitpunkt der vor Ausspruch der Kündigungen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Anmeldungen und ihrem Inhalt, d.h. einer allgemein zugänglichen Quelle (§ 291 ZPO).

e) Die Einstellung der Geschäftstätigkeit der Schuldnerin ist im vorliegenden Fall eine Betriebsstillegung. Es liegt weder ein Betriebsübergang auf eine andere Fluggesellschaft noch ein Betriebsteilübergang i.S.d. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf eine oder mehrere andere Fluggesellschaften vor.

aa) Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 33, BAG 16.02.2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 39). Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (BAG 28.05.2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 30).

bb) Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB - wie auch i.S.d. Richtlinie 2001/23/EG vom 12.03.2001 - liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 35 unter Verweis auf EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30; BAG 22.08.2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40; 15.12.2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).

(1) Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 36 unter Verweis auf EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31; auch BAG 10.11.2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 17). Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 37 unter Verweis auf EuGH 15.12.2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35, Slg. 2005, I-11237; BAG 22.08.2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 23.05.2013 - 8 AZR 207/12 - Rn. 22; 15.12.2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).

(2) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 38 unter Verweis auf EuGH 06.09.2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49 ff., Slg. 2011, I-7491; vgl. auch 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36, 39 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 22.08.2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 41; 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 31).

(3) Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - Rn. 39 unter Verweis auf EuGH 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, Slg. 2011, I-95; BAG 23.09.2010 - 8 AZR 567/09 - Rn. 30).

cc) Danach ist vorliegend ein Betriebsübergang [des Gesamtbetriebes der Schuldnerin] zu verneinen.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass es ausschließlich einen nicht in einzelne Betriebsteile unterteilbaren Flugbetrieb gegeben habe, [...].

Die Kammer geht [...] aufgrund der Besonderheiten des Flugverkehrs davon aus, dass dies zutreffend ist:

(1) Die Schuldnerin hat ihren Flugbetrieb unter ihrer Betriebsgenehmigung und ihrem Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC) im Rahmen ihres Streckennetzes mit [zuletzt rund 150 Flugzeugen] und rund 4.700 Arbeitnehmer in Cockpit und Kabine unterhalten. Die werthaltige Leistung lag in der Beförderung der Passagiere. Diese Leistung wurde mit den Flugzeugen als materiellen Betriebsmitteln und den zugewiesenen Zeitnischen als immateriellen Betriebsmitteln für Start und Landung an den jeweiligen Flughäfen erbracht. Beide Betriebsmittel machen den Kern der Wertschöpfung aus. Die eingesetzte Besatzung ist zwar für eine ordnungsgemäße Durchführung des Flugverkehrs unverzichtbar und muss allein aus luftverkehrsrechtlichen Erfordernissen über eine bestimmte Ausbildung und fortlaufende Qualifizierung verfügen. Weil der Flugbetrieb aber nicht ohne Flugzeuge und Zeitnischen für Starts und Landungen auskommt, kommt es bei ihm nicht "im Wesentlichen" auf die menschliche Arbeitskraft an (vgl. zu diesem Argument beim Rettungsdienst BAG 25.08.2016 - 8 AZR 53/15 - Rn. 37).

(2) Bei dem Flugbetrieb eines im Linienflugverkehr tätigen Unternehmens stellt die Gesamtheit der im Streckennetz eingesetzten Flugzeuge und des beschäftigten Personals eine Einheit dar. Dies ergibt sich aus dem Flugplan, der nur mit den zugewiesenen Zeitnischen geplant werden kann. Bei den Zeitnischen handelt es sich um öffentlichrechtliche Nutzungsrechte (so auch LAG Berlin-Brandenburg 01.09.2010 - 17 Sa 836/10 - Rn. 25), über deren Zuweisung an einzelne Luftfahrtunternehmen bei den koordinieren Flughäfen ein Koordinator nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 793/2004 i.V.m. der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 (im Folgenden EG-Slotzuweisungs-Verordnung) entscheidet. Koordinierte Flughäfen sind in Deutschland die Flughäfen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg. Die Zeitnischen werden auf der Basis von Art. 6 (Koordinierungsparameter) der EG-Slotzuweisungs-Verordnung auf den halbjährlich stattfindenden Flugplankonferenzen vergeben. Zeitnischen werden für eine bestimmte Strecke zugeteilt, eine Übertragung auf eine andere Strecke bedarf der Zustimmung des Koordinators nach Art. 8a Abs. 1a, Abs. 2 S. 1 (Zeitnischenmobilität) der EG-Slotzuweisungs-Verordnung. Ein Luftfahrtunternehmen hat dabei lediglich ein Anrecht auf die Zuweisung bestimmter Zeitnischen, wenn es dem Koordinator nachweist, dass es sie zuvor zu mindestens 80 v.H. genutzt hat, Art. 8 Abs. 2 S. 1 zweiter Spiegelstrich i.V.m. S. 2 (Zuweisung von Zeitnischen) der EG-Slotzuweisungs-Verordnung.

(3) Die Anzahl der zu vergebenden Zeitnischen wird für die koordinierten Flughäfen in Deutschland nach § 27a Abs. 2 LuftVG jeweils für einen Flughafen in Abhängigkeit von der Tages- bzw. Nachtzeit festgelegt. Dieser sogenannte Koordinierungseckwert gibt die maximale Anzahl der in einer Stunde planbaren Starts plus Landungen an.

(4) Aus der Zuweisung bestimmter Zeitnischen für bestimmte Strecken ergibt sich damit der halbjährlich festgelegte Flugplan. Für diesen Flugplan und das zugrundeliegende Streckennetz wird der Einsatz der Flugzeuge nebst Besatzung geplant. Dass die Planung nicht isoliert für eine Station oder eine Strecke erfolgen kann, ergibt sich aus dem Streckennetz. Jede Strecke wird mit den am Startflughafen und am Landeflughafen jeweils stationierten Flugzeugen der dort als Heimatbasis ansässigen Besatzung betrieben. So kann auf der Strecke Düsseldorf-Berlin sowohl das sich auf dem Hinflug befindliche Flugzeug aus Düsseldorf unterwegs sein als auch das sich auf dem Rückflug befindliche Flugzeug aus Berlin.

(5) Das Erfordernis einer einheitlichen Planung des Flugbetriebes ergibt auch aus wirtschaftlichen und rechtlichen Notwendigkeiten bzw. Zwängen. Ein Flugunternehmen muss möglichst viele Strecken und ein umfassendes zeitliches Angebot auf diesen Strecken haben, um sich am Markt behaupten zu können. Die hierfür erforderlichen und zugewiesenen Zeitnischen müssen wiederum wie ausgeführt in einem Umfang von mindesten 80% auch genutzt werden, damit ein Anrecht auf eine erneute Zuteilung in der nächsten Flugperiode besteht. Die Einsatzmöglichkeiten der hierfür erforderlichen Besatzung sind hingegen zeitlich eingeschränkt durch die Begrenzung der Flugzeiten und die einzuhaltenden Ruhezeiten. Dementsprechend zeigt auch der Vergleich der Beschäftigtenzahlen der Schuldnerin mit ihrer Flottengröße, dass der Flugverkehr pro Flugzeug mit ca. 10 Piloten und 26 Beschäftigten in der Kabine geplant worden ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Besatzung des jeweiligen Fluges aus einem Pool von Mitarbeitern gebildet bzw. zusammengesetzt wurde.

(6) Diese vorstehend beschriebene wirtschaftliche Einheit, die den Flugbetrieb der Schuldnerin ausmachte, ist nicht von einem Erwerber übernommen worden. Denn nach dem eigenen Vortrag des Klägers sind Teile dieser wirtschaftlichen Einheit von mehreren Erwerbern übernommen worden: beispielhaft von der D. die Langsteckenziele Punta Cana und Cancun, von der F. die Langsteckenziele Cancun, Punta Cana, Valdero, Puerto Plata, die Strecken von Salzburg nach Berlin und Düsseldorf und über den Erwerb der Anteile an der M. deren Zeitnischen für die Flughäfen Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und München, von der N. das Langsteckenziel New York, von der M. Group 81 Flugzeuge aus dem Bestand der Schuldnerin (darunter aber auch 20 Flugzeuge aus dem Bestand von O.) und von der F. die Zeitnischen für den Flughafen Berlin-Tegel sowie u.a. Nachtabstellplätze für Flugzeuge.

Basierend auf dem eigenen Vortrag des Klägers findet sich die bei der Schuldnerin zuvor bestehende wirtschaftliche Einheit bei keinem der potentiellen Erwerber wieder. Die Weiterführung eines erheblich eingeschränkten Betriebs schließt trotz der Nutzung sächlicher Betriebsmittel des früheren Betriebsinhabers aber einen vollständigen Betriebsübergang aus (vgl. BAG 10.11.2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 21).

dd) Es liegt auch kein Teilbetriebsübergang vor.

(1) Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist es Sache der nationalen Gerichte, anhand der Auslegungsgesichtspunkte festzustellen, ob ein Betriebs(teil)übergang i.S.d. Richtlinie 2001/23/EG (und damit im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) vorgelegen hat, d.h. insbesondere auch festzustellen, ob die Identität der übertragenen wirtschaftlichen Einheit bewahrt worden ist (vgl. EuGH 12.02.2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803).

(2) Aufgrund dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass die von einem Erwerber übernommene organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen bereits beim Veräußerer eine wirtschaftliche Einheit dargestellt und damit die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben muss, um die Voraussetzung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen zu können (vgl. BAG 10.11.2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 19; BAG 13.10.2011 - 8 AZR 455/10 - Rn. 36; BAG 07.04.2011 - 8 AZR 730/09; BAG 27.01.2011 - 8 AZR 326/09).

(3) Deshalb muss bereits beim bisherigen Betriebs(teil)inhaber eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit vorgelegen haben, mit welcher innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt worden ist. Die Erfüllung eines betrieblichen Teilzwecks ist nur eine der Voraussetzungen für die Annahme des Vorliegens eines Betriebsteils und vermag das Fehlen einer abgrenzbaren organisatorischen Einheit nicht zu ersetzen. Hierbei darf die im Betriebsteil liegende Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Allerdings genügt eine beim Betriebs(teil)veräußerer bestehende funktionelle Verknüpfung nicht, um einen schon beim Veräußerer bestehenden Betriebsteil mit organisatorischer Selbständigkeit anzunehmen, der im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übertragen werden könnte. Die Selbständigkeit der schon beim Betriebs(teil)veräußerer abgrenzbaren organisatorischen wirtschaftlichen Einheit muss nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allerdings beim Betriebserwerber nicht mehr vollständig erhalten bleiben (vgl. EuGH 12.02.2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803; BAG 10.11.2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 20).

(4) Die Kammer kann keinen schon bei der Schuldnerin bestehenden Betriebsteil mit organisatorischer Selbstständigkeit erkennen. Kein Betriebsteil ist jedenfalls das einzelne Flugzeug, weil die Besatzungen jeweils wechseln, so dass schon keine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit vorliegen kann. Die Flugnischen selbst gehören nur zu den immateriellen Betriebsmitteln. Dass etwa Flugzeuge eines bestimmten Typs organisatorisch mit der dazugehörigen Besatzung zusammengefasst worden seien, ist nicht ersichtlich. Die jeweiligen Stationen waren, wie bereits ausgeführt, über die zu bedienenden Strecken jeweils mit anderen Stationen verbunden, so dass die einzelne Station keine wirtschaftliche Einheit darstellen konnte. Dass innerhalb der Stationen und des Streckennetzes bestimmte Flugstrecken (Kurz-, Mittel- und/oder Langstrecke) organisatorisch abgegrenzt worden wären, insbesondere durch die zugewiesenen Besatzungen, ist nicht vorgetragen worden. Bei den im Rahmen der Wet-Lease-Vereinbarung durchgeführten Flügen handelt es sich um einen einzelnen Auftrag und keine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit, was schon der Einsatz von bis zu 40 Flugzeugen zeigt.

(5) Was die Kammer allerdings feststellen kann, ist die Tatsache, dass über die Zeitnischen [...] wirtschaftlich werthaltige immaterielle Betriebsmittel erworben worden sind, sowohl von der M. zur weiteren Nutzung innerhalb der M. Gruppe als auch von F.. Denn über die Zeitnischen werden wie bereits ausgeführt die Streckenrechte an den koordinierten Flughäfen begründet. Zum Erhalt der Zeitnischen müssen die Strecken auch betrieben werden, wofür Flugzeuge und Besatzungen benötigt werden. Soweit die zum Betrieb des Streckennetzes erforderlichen Flugzeuge nicht ohnehin im Eigentum der N. gestanden haben, erscheint es auch naheliegend, dass jeweils in die bestehenden Leasingverträge eingetreten wurde oder neue Leasingverträge über die alten, d.h. bereits von der Schuldnerin eingesetzten Flugzeuge geschlossen worden sind. Der (Leasing-)Markt für solche teuren Wirtschaftsgüter wird begrenzt sein. Verbunden mit einem solchen Ausbau des eigenen Streckennetzes nach Erwerb der Zeitnischen ist ein jeweiliger ganz erheblicher Bedarf an neu einzustellenden Besatzungen, der in diesem Umfang kaum anders zu decken sein könnte, als durch die Einstellung der bisher bei der Schuldnerin beschäftigten Besatzungen. Gerade viele der Piloten werden sich nach einer solchen Einstellung - sei es durch die M., die F. oder F. - auf denselben Strecken in denselben Flugzeugen (oder jedenfalls Flugzeugtypen) wiederfinden, auf denen bzw. mit denen sie zuvor für die Schuldnerin geflogen sind.

(6) Zu den im Einzelnen übertragenen oder am Markt wiederbeschafften Betriebsmitteln und dem jetzigen Einsatz hat der Kläger unter größtmöglicher Mühewaltung vorgetragen. [...] Der Erhalt der funktionalen Verknüpfung ist aber erst der zweite Schritt. Erforderlich ist immer zuerst die organisatorische Selbstständigkeit. Erst aus der organisatorischen Selbstständigkeit ergibt sich die Abgrenzbarkeit des Betriebsteils und nur bei einem abgrenzbaren Betriebsteil lässt sich feststellen, welche Arbeitsverhältnisse aufgrund des Betriebsteilübergangs kraft Gesetzes übergegangen sind. Eine solche Zuordnung ist im vorliegenden Fall nicht möglich.

[...]

Dem hiesigen Ergebnis, dass kein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang ersichtlich ist, steht auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 09.09.2015 (C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito]) nicht entgegen. Denn der Streitfall unterscheidet sich vor allem darin, dass es in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes nur die eine wirtschaftliche Einheit des Charterflugbetriebs gab, die auf einen Erwerber übergegangen ist."

b. Der Vortrag der klagenden Partei im hiesigen Verfahren rechtfertigt keine Abweichung von der dargestellten Argumentation. Insbesondere ist es der klagenden Partei nicht gelungen darzustellen, dass und ggf. welche abgrenzbaren Betriebsteile bestanden haben sollen, die dann auf einen Erwerber übergegangen sein könnten. Auch die klagende Partei stellt folgerichtig Vermutungen darüber an, ob etwa die einzelnen Bases/Standorte oder (standortübergreifend) eigenverantwortlicher Flugbetrieb und wetlease abgrenzbare Betriebsteile waren.

Entgegen der von der klagenden Partei vertretenen Ansicht folgt - nach Auffassung der Kammer - auch aus § 5 Abs. 2 TV Pakt nicht, dass es sich bei dem Bereich wetlease um einen abgrenzbaren Betriebsteil handeln würde. Das dortige "Rückkehrrecht" setzt keine unterschiedlichen Betriebsteile voraus und dokumentiert auch keine auf Dauer angelegte organisatorische Verselbstständigung. Zudem war die Klägerin vor der Insolvenz diesem Bereich nicht abgrenzbar oder dauerhaft zugeordnet. Auch für andere Arbeitnehmer ist eine solche Zuordnung nicht ersichtlich. Selbst wenn mit Eintritt der Insolvenz und nach Einstellung des eigenverantwortlichen Flugbetriebs im Bereich des wetlease nun vorübergehend nur noch ein bestimmter Arbeitnehmerkreis eingesetzt worden sein sollte, so würde dies gerade keine auf Dauer (sondern nur äußerst kurzzeitig) angelegte organisatorisch abgetrennte Einheit darstellen. Dies zudem allein zum Zweck der Abwicklung des Geschäftsbetriebs.

Auch ein vollständiger oder jedenfalls überwiegender Übergang eines etwaig abgrenzbaren Betriebsteils auf einen Erwerber konnte nicht nachvollziehbar dargestellt werden. Die Annahme eines Teilbetriebsübergangs scheitert also sowohl an der fehlenden Möglichkeit der Bestimmung eines abgrenzbaren Betriebsteils, wie auch an der Darstellung der Übernahme eines solchen Betriebsteils durch einen Erwerber.

5. Die Schuldnerin und der Beklagte haben das Konsultationsverfahren gemäߠ§ 17 Abs. 2 KSchG ordnungsgemäß durchgeführt (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18), sodass die Kündigung nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 2 KSchG unwirksam ist.

a. Das Konsultationsverfahren ist mit dem Schreiben vom 12.Oktober 2017 eingeleitet worden. Mit dem Schreiben hat die Schuldnerin die PV Kabine über den Stilllegungsbeschluss vom 12. Oktober 2017 informiert und über die gemäß § 17 Abs. 2 S.1 Nr. 1-5 KSchG erforderlichen Angaben unterrichtet. Der Betreff des Schreibens weist ausdrücklich die Einleitung des Konsultationsverfahrens gem. § 17 KSchG aus. Damit ist das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden.

b. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob bzw. wann die PV Kabine hinreichend informiert gewesen ist, kann ohne Entscheidung durch die Kammer dahinstehen (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18). Die Kammer ist mit dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg davon überzeugt, dass der PV Kabine jedenfalls nach Einsichtnahme in die Dokumente des Datenraums am 21. November 2017 alle relevanten Informationen zur Verfügung standen. Es wird insoweit auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Dezember 2017 unter dem Aktenzeichen 6 TaBVGa 1484/17 (Anlage BKT 26) verwiesen.

c. Soweit die klagende Partei mit Nichtwissen bestreitet, dass das Konsultationsschreiben vom 12. Oktober 2017 und die diesem Schreiben beigefügten Anlagen bei der PV Kabine eingegangen sind, ist dieses Bestreiten unerheblich (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18). Denn die klagende Partei hat diese Behauptung des Beklagten lediglich mit Nichtwissen bestritten. Ein solches Bestreiten aber ist unbeachtlich, weil die Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Hat sich der Arbeitgeber nämlich substantiiert und vollständig zur Information der Personalvertretung geäußert, so kann sich der Arbeitnehmer nicht mit einem bloßen "Bestreiten mit Nichtwissen" begnügen. Denn § 138 Abs. 4 ZPO setzt voraus, dass die Partei sich das erforderliche Wissen nicht in zumutbarer Weise beschaffen kann. Insofern kommt auch eine Nachfrage bei der Personalvertretung in Betracht. Erst wenn eine solche Nachfrage die Darstellung des Arbeitgebers nicht bestätigt oder die Auskunft der Personalvertretung lückenhaft oder aus anderen Gründen unbrauchbar ist, kann der Arbeitnehmer sich auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen (LAG Köln 7. August 1998 - 11 Sa 218/98 - Rn. 14; LAG Köln, 31 Januar 1994 - 3 Sa 1136/93; implizit auch BAG 12. Februar 1997 - 7 AZR 317/96 - Rn. 16). Ob das Konsultationsschreiben vom 12. Oktober 2017 eingegangen ist und ob die Anlagen beigefügt waren, ließe sich durch die Personalvertretung auf Nachfrage mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten.

Zudem enthält das in Kopie zur Akte gereichte Schreiben vom 12. Oktober 2017 (Anlage B 14) auf der ersten Seite einen Hinweis auf die Entgegennahme am 16. Oktober 2017 2017 mit dem Zusatz "mit Anlagen".

d. Auch das Argument, dass die PV Kabine nicht zuständig gewesen sei, geht nach Auffassung der Kammer fehl. Die von der klagenden Partei angeführte Zuständigkeit einer Gesamtpersonalvertretung scheitert schon daran, dass eine solche nicht errichtet worden ist. Jedenfalls ist dies nicht nachvollziehbar dargestellt oder für die Kammer ansonsten ersichtlich. Die Personalvertretung Cockpit war für das Kabinenpersonal nicht zuständig.

e. Spätestens nachdem sich die Einigungsstelle am 11. Januar 2018 für unzuständig erklärt hat, durften die Schuldnerin und der Beklagte das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG für abgeschlossen erachten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bemühungen der Schuldnerin in Beratungen mit der PV Kabine gemäߠ§ 17 Abs. 2 KSchG einzutreten sowohl innerbetrieblich ohne Beteiligung einer Einigungsstelle, wie auch eine Beratung in Verbindung mit der Verhandlung eines Interessenausgleichs und Sozialplans innerhalb einer Einigungsstelle gescheitert.

6. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 KSchG unwirksam, weil die Schuldnerin keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstattet hat. Die Massenentlassungsanzeige ist ordnungsgemäß erfolgt (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

a. Die Pflicht zur Konsultation des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 KSchG und die in § 17 Abs. 1, 3 KSchG geregelte Anzeigepflicht gegenüber der Arbeitsagentur sind getrennt durchzuführende Verfahren, die in unterschiedlicher Weise der Erreichung des mit dem Massenentlassungsschutz nach § 17 KSchG verfolgten Ziels dienen und jeweils eigene Wirksamkeitsvoraussetzungen enthalten (ErfK/Kiel, 18.Auf. 2018, KSchG § 17 Rn.4). Vor diesem Hintergrund sind auch beide Verfahren vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß durchzuführen.

b. Die vorgelegte Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit vom 12. Januar 2018 (Anlage BKT 27) enthält die nach § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG erforderlichen "Muss-Angaben" (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

aa. Das mit Nichtwissen begründete Bestreiten der klagenden Partei, dass der Massenentlassungsanzeige alle in der Anzeige angekündigten Unterlagen beigefügt waren, ist unerheblich.

Wenn und soweit die klagende Partei bestreitet, dass der Massenentlassungsanzeige als Anlage die anonymisierte Arbeitnehmeraufstellung (lfd. Nummern der Arbeitnehmer) beigefügt war, so ist dies unerheblich. Zum einen konnte im Kammertermin durch Einsicht in die Listen verifiziert werden, dass die klagende Partei auf einer solchen Liste tatsächlich mit erfasst war. Zum anderen ist eine namentliche Auflistung der zu kündigenden Arbeitnehmer gegenüber der Agentur für Arbeit nicht als "Muss-Angabe" erforderlich. Es sind lediglich Zahl und Berufsgruppe der in der Regel beschäftigten und der zu entlassenden Arbeitnehmer mitzuteilen. Dies ist jedoch bereits mit der Anlage zu Punkte 3.31 geschehen (Anlage BKT 27).

Wenn und soweit die klagende Partei auch bezüglich dieser Anlage pauschal mit Nichtwissen bestreitet, dass die Anlage der Massenentlassungsanzeige beigefügt war, so ist auch dies nicht erheblich. Die Agentur für Arbeit hat mit Schreiben vom 12. Januar 2018 (Anlage B 15) bestätigt, dass die Massenentlassungsanzeige für das Kabinenpersonal "vollständig eingegangen" ist. Dieser Mitteilung kann nach Auffassung der Kammer zwar keine Aussage über die inhaltliche Richtigkeit entnommen werden, jedoch ist dieser Mitteilung jedenfalls zu entnehmen, dass alle angekündigten Angaben/Unterlagen bzw. Anlagen beigefügt waren. Die Agentur bestätigt gerade nicht nur den Eingang einer Massenentlassungsanzeige, sondern den "vollständigen Eingang". Es war an der klagenden Partei, konkrete Zweifel an der Vollständigkeit der Massenentlassungsanzeige aufzuzeigen.

bb. Richtigerweise bezieht sich die Anzeige nur auf die Beschäftigten in der Kabine. Die Mitarbeiter im Cockpit wurden gerichtsbekannt bereits im November 2017 - und damit nicht innerhalb des 30-Tageszeitraums entlassen, so dass für diese eine gesonderte Massenentlassungsanzeige zu erstatten war. Dies ist auch geschehen.

Die 15. Kammer hat in einem Parallelverfahren zum Cockpit-Personal (Urteil vom 19. April 2018, 15 Ca 6837/17) hierzu ausgeführt:

"Zunächst mag es sein, dass das entsprechende Formular (Bl. 403 d.A.) isoliert betrachtet den Eindruck erweckt, im Betrieb (§ 24 Abs. 2 KSchG) seien lediglich 1.301 Arbeitnehmer beschäftigt. Hierauf kommt es aber nicht an. Aus dem Begleitschreiben (Bl. 389 ff. d.A.) geht eindeutig hervor, dass es sich bei der genannten Zahl lediglich um das Cockpitpersonal handelt. Insofern war - wenn nicht bereits aus dem Formular selbst, dann aus dem Begleitschreiben - für jedermann erkennbar, dass der Betrieb an sich mehr in der Regel beschäftigte Arbeitnehmer hatte. Auf die Mitteilung der genauen Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer kommt es im vorliegenden Fall auch nicht an, da diese Angabe in dem Formular der Bundesagentur für Arbeit lediglich die Prüfung ermöglichen soll, ob angesichts der Quoten nach § 17 Abs. 1 KSchG überhaupt eine Massenentlassungsanzeige erforderlich ist. Insofern kann in einem derartigen Fall keine Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige und damit auch der Kündigung angenommen werden. Schließlich bezieht sich der Fehler auf eine Ungenauigkeit, die zudem den Kläger gar nicht erfasst, da schon die Entlassung der 1.301 Arbeitnehmer des Cockpitpersonals in jeder Hinsicht anzeigepflichtig waren (vgl. hierzu ErfK/Kiel, § 17 KSchG Rn. 35a)."

Diese Erwägungen gelten auch vorliegend. Die Schuldnerin hat im Begleitschreiben zur Massenentlassungsanzeige vom 12. Januar 2018 ausdrücklich auf die Massenentlassungsanzeigen vom 30. Oktober 2017 für das Bodenpersonal und vom 24. November 2017 für das Cockpitpersonal hingewiesen (Anlage BKT 27).

cc. Soweit die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer in der Massenentlassungsanzeige (3.126) geringfügig abweichen von der Klageerwiderung (3.362) angegeben ist, ist darauf hinzuweisen, dass in der Klageerwiderung von einem Stichtag August 2017 ausgegangen wurde. Zudem führen falsche Angaben zur Anzahl der in der Regel Beschäftigten nicht notwendig zur Unwirksamkeit der Anzeige, weil insoweit denkbar ist, dass die Arbeitsagentur nicht in ihrer sachlichen Prüfung beeinflusst wird (BAG 22. März 2001 - 8 AZR 565/00; NK-GK/Boemke § 17 KSchG Rn. 110). Hiervon ist im Streitfall auszugehen, da die mögliche Abweichung sich angesichts der Gesamtbeschäftigtenzahl als nicht wesentlich erweisen würde.

dd. Soweit der Klägervertreter darauf hinweist, dass sich der Zeitraum der beabsichtigten Entlassungen nicht aus dem Formular ergebe, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18). Der Zeitraum ist in dem Anschreiben vom 12. Januar 2018 angegeben worden, mit dem Zeitraum Januar 2018. Insoweit kann nicht argumentiert werden, dass der Januar 2018 31 Tage hatte und der Zeitraum, in dem gekündigt werden sollte, daher unklar war. Die Angabe kann sich nur auf die noch verbleibenden Tage im Januar 2018 beziehen, mithin auf den Zeitraum beginnend am 12. Januar 2018 bis zum 31. Januar 2018.

ee. Schließlich ist der klagenden Partei zuzugestehen, dass sich unter Ziffer 41 im Formular der Massenentlassungsanzeige ein fehlerhaft gesetztes Kreuz befindet. Dort ist unzutreffend ausgewiesen, dass eine Stellungnahme des Betriebsrates beigefügt sei. Weder gab es vorliegend eine solche Stellungnahme der PV Kabine, noch war sie der Massenentlassungsanzeige beigefügt.

Es handelt sich zum einen jedoch um einen offensichtlichen Fehler. Bei einer Angabe "Wenn ja" wären unter Ziffer 5 weitere Angaben zu machen gewesen. Dies ist nicht geschehen. Bei einer Angabe "Wenn nein" waren unter Ziffer 41 weitere Angaben zu machen. Dies ist tatsächlich geschehen. Zudem ergibt sich auch aus dem Anschreiben zur Massenentlassungsanzeige, dass die PV Kabine keine Stellungnahme abgegeben hat. Es war also offensichtlich erkennbar, dass keine Stellungnahme vorlag, die hätte beigefügt werden müssen. Zum andere ist dieser offensichtliche Fehler als eben solcher offensichtlich auch von der Agentur für Arbeit erkannt worden. Obwohl unter Ziffer 41 fälschlicherweise eine nicht beigefügte Stellungnahme der PV Kabine angekündigt wurde, bestätigte die Agentur für Arbeit den vollständigen Eingang der Massenentlassungsanzeige. Dies verdeutlicht, dass auch die Agentur für Arbeit zutreffend davon ausging, dass es keine Stellungnahme der PV Kabine gab.

c. Die Schuldnerin hat gegenüber der Agentur für Arbeit am 12. Januar 2018 zudem gemäß § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG glaubhaft gemacht, dass sie die PV Kabine mindestens zwei Wochen vor der Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 1-5 KSchG unterrichtet hat. Zudem hat sie den Stand der Beratungen gegenüber der Agentur für Arbeit dargelegt. Es wird insoweit auf die Ausführungen zu Ziffern 4. und 6. im Anschreiben zur Massenentlassungsanzeige vom 12. Januar 2018 (Anlage BKT 27) verwiesen.

Unerheblich ist insoweit, ob die Schuldnerin die PV Kabine bereits am 12. Oktober 2017 (wie gegenüber der Agentur für Arbeit mitgeteilt) hinreichend informiert hatte, oder ob dies (erst) am 21. November 2017 nach Einsicht in den Datenraum der Fall gewesen ist. Die PV Kabine war jedenfalls spätestens am 21. November 2017 und somit zwei Wochen vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige am 12. Januar 2018 hinreichend informiert. Eine etwaige Fehleinschätzung der Schuldnerin und eine entsprechende Mitteilung gegenüber der Agentur für Arbeit würde nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige führen (APS/Moll, 5 Aufl. 2017, KSchG § 17 Rn.120).

7. Die Schuldnerin hat die PV Kabine mit Schreiben vom 19. Januar 2018 ordnungsgemäß gemäß § 74 TV PV zu der beabsichtigten Kündigung der klagenden Partei angehört (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

a. Sie hat der Personalvertretung nach den Grundsätzen der subjektiven Determination alle erforderlichen Informationen mitgeteilt, die diese in die Lage versetzt haben, die Wirksamkeit der Kündigung zu beurteilen. Sie hat der PV Kabine mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Betrieb stillzulegen und sämtlichen beschäftigten Arbeitnehmern zu kündigen. Ferner hat sie mitgeteilt, dass die Leasingverträge für die Flugzeuge durch Kündigung bzw. Abschluss von Aufhebungsverträgen und Rückgabe der Flugzeuge sukzessive bis zum 31. Januar 2018 beendet würden, der operative Geschäftsbetrieb mit Ablauf des 27. Oktober 2017 eingestellt wurde und die Erbringung der Dienstleistung gegenüber der F. im Rahmen des sog. wetlease bis maximal 31. Januar 2018 erfolge. Weitergehende Informationen waren nicht erforderlich, insbesondere keine weitergehenden Angaben zur Abgrenzung einer Betriebsstilllegung von einem Betriebsübergang. Zudem sind die kontinuierlich weitergehend übermittelten Informationen (z.B. des Datenraums am 21. November 2017) zu berücksichtigen. Die Anhörung der Personalvertretung muss schließlich nicht den Umfang einer Klageerwiderung erreichen.

b. Die klagende Partei kann nicht mit Nichtwissen bestreiten, dass die vollständige Liste mit den Sozialdaten der zu kündigenden Arbeitnehmer sowie sonstige Anlagen der Anhörung beigefügt waren (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18). Ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen setzt nach § 138 Abs. 4 ZPO voraus, dass die Partei sich das erforderliche Wissen nicht in zumutbarer Weise beschaffen kann. Insofern kommt auch eine Nachfrage bei der Personalvertretung in Betracht (vgl. zu Anhörung des Betriebsrats: LAG Köln vom 07.08.1998 - 11 Sa 218/98 - Rn. 14; LAG Köln vom 31.01.1994 - 3 Sa 1136/93; in diesem Sinne auch BAG vom 12.02.1997 - 7 AZR 317/96 - Rn. 16). Ob die Anlagen dem Anhörungsschreiben beigefügt waren und ob der Kläger auf der Anlage aufgeführt war, ließe sich durch die PV Kabine auf Nachfrage mit einem einfachen ja oder nein beantworten. Die PV Kabine hat auf der Basis des Anhörungsschreibens zudem zu der beabsichtigten Kündigung Stellung genommen, ohne etwa das Fehlen von Anlagen zu beanstanden. Sie hat dabei insbesondere auch auf die Anlage 2 Bezug genommen und einzelne Sozialdaten als unzutreffend bezeichnet. Hierzu war sie aber denknotwendig nur dann in der Lage, wenn ihr die Liste mit den Sozialdaten auch vorlag.

c. Aus der Anhörung der PV Kabine wird auch hinreichend deutlich, dass der Beklagte beabsichtigte, die klagende Partei zum 30. April 2018 zu kündigen. Auch wenn als Kündigungsdatum der 31. März 2018 ausgewiesen ist, so ergibt sich aus der Nennung einer dreimonatigen Kündigungsfrist in einem Informationsschreiben vom 19. Januar 2018, dass eine Kündigung zum 30. April 2018 erfolgen soll. Dies gilt umso mehr, als dass in dem Anhörungsschreiben vom 19. Januar 2018 ausdrücklich auf die Abkürzung der Kündigungsfristen gemäß § 113 S. 1 InsO hingewiesen wurde und in der Anlage 2 nicht nur die Kündigungsfrist und das Kündigungsdatum benannt werden, sondern auch das Eintrittsdatum der klagenden Partei (23. Oktober 1981) genannt ist. Jedenfalls in der Gesamtschau war für die PV Kabine ohne weitere Nachfrage ersichtlich, dass die Kündigung zum 30. April 2018 erfolgen sollte.

Der Umstand, dass in der Anlage 2 lediglich der Wohnort und nicht die volle Anschrift der klagenden Partei mitgeteilt wurde, führt nach Auffassung der Kammer nicht zur Unwirksamkeit der Anhörung der PV Kabine.

d. Soweit die klagende Partei schließlich der Ansicht ist, dass in dem Anhörungsschreiben ihr Sonderkündigungsschutz hätte thematisiert werden müssen, so schließt sich die Kammer dem nicht an. Die klagende Partei hatte keinen tariflichen Sonderkündigungsschutz über den die PV Kabine hätte informiert werden können. Gemäß § 50 Abs. 3 MTV Nr. 11 ist Voraussetzung für den tariflichen Sonderkündigungsschutz, dass die klagende Partei das 50. Lebensjahr vollendet hat und mindestens 15 Jahre beschäftigt ist. Die klagende Partei ist am 2. geboren und war damit bei Zugang der Kündigung im Januar 2018 40 Jahre alt.

8. Die Kündigung ist schließlich auch nicht wegen des Nichtabschlusses eines Sozialtarifvertrags mit ver.di vor Ausspruch der Kündigung gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt unwirksam (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

a. § 2 Abs. 2 TV Pakt ist zunächst im vorliegenden Fall anwendbar. Er erfasst den hiesigen Sachverhalt. Eine einschränkende Auslegung dergestalt, dass die Regelung des § 2 Abs. 2 TV Pakt auf im Zuge einer Insolvenz ausgesprochenen Beendigungskündigungen keine Anwendung finde, ist mit dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nicht vereinbar.

§ 1 Abs. 1 TV Pakt nimmt Bezug auf ein am 27. September 2016 vorgestelltes neues Geschäftsmodell der Schuldnerin auf der Grundlage eines umfassenden Transformationsprozesses, welches den Bestand der Gesellschaft für die nächsten Jahre sichern soll. In § 2 Abs. 2 TV Pakt vereinbaren die Tarifvertragsparteien, aus Anlass bevorstehender Transformationsprozesse zusammenwirken zu wollen, um die Beschäftigung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kabine zu sichern, und nennt lediglich beispielhaft einzelne Maßnahmen. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 TV Pakt geht die Schuldnerin dann davon aus, bei einer erfolgreichen Umsetzung der Transformation keine betriebsbedingten Beendigungskündigungen durchführen zu müssen. Sollten diese dennoch "egal aus welchen Gründen" unvermeidbar werden, sei deren Ausspruch erst nach dem Abschluss eines Sozialtarifvertrages mit ver.di über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zulässig. Erstmalig kündbar ist der TV Pakt zum 31. Dezember 2020.

Der TV Pakt stellt damit nicht auf eine konkrete Maßnahme ab, sondern auf die bevorstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen und geht davon aus, mit diesen den Bestand der Schuldnerin und die Beschäftigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern. Wenn dann § 2 Abs. 2 TV Pakt aber betriebsbedingte Beendigungskündigungen "egal aus welchen Gründen" erst nach dem Abschluss eines Sozialtarifvertrages zulässt, sind damit alle betriebsbedingten Beendigungskündigungen während der Laufzeit des TV Pakt gemeint. Mit dem Zusatz "egal aus welchen Gründen" haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass der Anwendungsbereich denkbar weit sein soll (so auch die Einigungsstelle am 10. Januar 2018, Anlage BKT 23).

b. Die Regelung des § 2 Abs. 2 TV Pakt stellt nach Auffassung der Kammer im Ergebnis die Kodifizierung eines (bedingten) Kündigungsausschlusses und nicht lediglich die verfahrensmäßige Absicherung individuellen Kündigungsschutzes dar.

aa. Zwar nimmt das Bundesarbeitsgericht an, dass tarifliche Regelungen, die betriebsbedingte Kündigungen unter den Vorbehalt der Zustimmung des Betriebsrates stellen, im Fall der Insolvenz nicht von § 113 S. 1 InsO verdrängt werden, da es sich lediglich um die verfahrensmäßig Absicherung des individuellen Kündigungsschutzes auf kollektivrechtlicher Ebene handele. Ziel des § 113 S. 1 InsO sei es bildlich gesprochen, eine unendlich lange Kündigungsfrist auf höchsten drei Monate zu begrenzen. Ein tarifvertraglich vereinbartes Zustimmungserfordernis des Betriebsrats zu beabsichtigten Kündigungen sei hiervon zu jedoch unterscheiden. Ein solches Zustimmungserfordernis sei allerdings so auszulegen, dass im Falle der Insolvenz die Zustimmung des Betriebsrates nicht erforderlich ist (BAG, 19.01.2000, 4 AZR 911/98, Juris). Die Erwägungen zur Reichweite des § 113 S. 1 InsO waren für das Bundesarbeitsgericht insoweit konsequenterweise nicht urteilstragend. Die Frage, ob und wie eine fehlende Lösungsmöglichkeit für den Fall der Verweigerung der Zustimmung zu bewerten ist, hat das Bundesarbeitsgericht folgerichtig unbeantwortet gelassen.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 18.11.2015 (Az.: 4 Sa 478/15, Juris) die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aufgegriffen und pointiert. Es führt aus:

"c. Eine tarifvertragliche Regelung, die für einen befristeten Zeitraum betriebsbedingte Kündigungen nur bei Zustimmung des Betriebsrats und der Gewerkschaft zulässt, wird in der Insolvenz von § 113 Satz 1 InsO verdrängt.

Entgegen der vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung 4 AZR 911/98 geäußerten - nicht tragenden - Auffassung kann eine solche Regelung nicht als bloße verfahrensmäßige Absicherung des individuellen Kündigungsschutzes auf kollektiver Ebene angesehen werden, wenn - wie im vorliegenden Fall -keine Verfahrensregelung zur Herbeiführung einer Entscheidung über die Zustimmung des Betriebsrats oder der Gewerkschaft existiert. In diesem Fall beinhaltet die Ausnahme vom Kündigungsausschluss nicht lediglich eine verfahrensmäßige Absicherung durch ein Zustimmungserfordernis, sondern diese ist vollständig von der freien und nicht erzwingbaren Zustimmung Dritter abhängig. Der Insolvenzverwalter ist faktisch so gestellt, wie er bei einem völligen Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung stünde. Gerade in dieser Lage statuiert § 113 Satz 1 InsO den Vorrang des insolvenzrechtlichen Sonderkündigungsrechts.

Die Verweise des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung 4 AZR 911/98 auf ähnliche Regelungen in gesetzlichen Zustimmungserfordernissen für Funktionsträger in der Betriebsverfassung, für Schwerbehinderte, Schwangere und Arbeitnehmer in Elternzeit greifen nach Auffassung der Kammer nicht. Zum einen handelt es sich dabei um gesetzliche Regelungen, die mit § 113 InsO normativ gleichrangig sind. Sodann handelt es sich bei ihnen gerade nicht um einen "vereinbarten" Kündigungsschutz, auf den allein § 113 InsO abstellt. Und schließlich fehlt es im Gegensatz zu gesetzlich ausgestalteten Zustimmungsverfahren bei der hier streitigen tariflichen Regelung aus § 3 Sanierungstarifvertrag an einer Verfahrensregelung für die Herbeiführung einer Entscheidung. Es geht daher gar nicht darum, dass das Zustimmungserfordernis - sozusagen als Reflex - lediglich den möglichen Beendigungszeitpunkt zeitlich nach hinten verlagert, sondern darum, ob eine Kündigung überhaupt möglich ist. Jedenfalls in einer derartigen Lage erfordern es Sinn und Zweck des § 113 S. 1 InsO nach Auffassung der Kammer zwingend, dem insolvenzrechtlichen Sonderkündigungsrecht Geltung zu verschaffen."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich die Kammer für das streitige Verfahren vollumfänglich an (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

bb. Auch § 2 Abs. 2 TV Pakt führt dazu, dass der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen letztlich von dem Willen der Gewerkschaft ver.di abhängig wäre. Der TV Pakt sieht keine Möglichkeit zur Erzwingung eines Sozialtarifvertrages vor, der jedoch zunächst vereinbart sein müsste, um "zulässig" Kündigungen auszusprechen. Es ist an dieser Stelle besonders zu beachten, dass der nach § 2 Abs. 2 TV Pakt erforderliche Sozialtarifvertrag sich über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verhalten soll. Es müsste also in einem sehr frühen Stadium bereits eine Einigung mit ver.di erzielt werden.

Entscheidend ist, dass dem Arbeitgeber weder eine tarifvertragliche, noch eine gesetzliche Möglichkeit zukommt, ver.di zum Abschluss eines solchen Sozialtarifvertrags über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verpflichten. Es fehlt an einer Verfahrensregelung für die Herbeiführung einer Entscheidung. Es geht daher gar nicht darum, dass das Zustimmungserfordernis - sozusagen als Reflex - lediglich den möglichen Beendigungszeitpunkt zeitlich nach hinten verlagert, sondern darum, ob eine Kündigung überhaupt möglich ist.

Insbesondere scheidet eine analoge Anwendung von § 122 InsO von Beginn an aus. Es würde sich zum einen bereits um eine dreifach analoge Anwendung (1. Gewerkschaft "ver.di" statt Betriebsrat, 2. Sozialtarifvertrag über Interessenausgleich und Sozialplan statt Interessenausgleich gemäß § 112 BetrVG und 3. Zulassung von Kündigungen statt Überwindung von Nachteilsausgleichsansprüchen) handeln. Zum anderen würde auch eine Analogie nicht ausreichen, um dem Arbeitgeber eine wirksame Einflussmöglichkeit zu verschaffen. Der Anwendungsbereich des § 122 InsO lässt auf Rechtsfolgenseite die Durchführung der Betriebsänderung zu, ohne dass ein Verfahren gemäß § 112 Abs. 2 BetrVG (Versuch eines Interessenausgleichs, Erzwingbarkeit nur bzgl. Sozialplan - § 112 Abs. 4 BetrVG) vorangegangen ist. Nach § 2 Abs. 2 TV Pakt hat der mit ver.di zu vereinbarende Tarifsozialplan aber nicht lediglich über einen Sozialplan zu erfolgen, sondern auch über einen Interessenausgleich. Damit würde die dreifach analoge Anwendung des § 122 InsO nur einen Teil des gemäß § 2 Abs. 2 TV Pakt zu vereinbarenden Tarifsozialplans erfassen.

Es handelt sich also nicht bloß um eine "verfahrensmäßige Hürde" zur Absicherung des individuellen Kündigungsschutzes, sondern der Beklagte wäre als Insolvenzverwalter so gestellt wie bei einem völligen Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung.

c. Dieser in § 2 Abs. 2 TV Pakt vereinbarte Kündigungsausschluss wird vorliegend von der Regelung des § 113 S. 1 InsO verdrängt (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

Gemäß § 113 S. 1 InsO kann ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, in der Insolvenz ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Norm verdrängt auch tarifvertragliche Kündigungsausschüsse. Damit greift sie nicht in unzulässiger Weise in die Tarifautonomie ein (LAG Düsseldorf 18.11.2015 - 4 Sa 478/15, Juris m.w.N.). Die Voraussetzungen von § 113 S. 1 InsO sind erfüllt.

II.

Der Auskunftsanspruch ist ebenfalls nicht begründet.

Die Kammer weist insoweit auf die folgenden überzeugenden Ausführungen der 10. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf in einem Urteil vom 22.03.2018 (10 Ca 6813/17) hin und macht sie zum Gegenstand der eigenen Urteilsbegründung:

"Die Kammer vermochte für einen derartigen Auskunftsanspruch keine Anspruchsgrundlage zu erkennen. Der Anspruch folgt insbesondere nicht aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Die dem Arbeitsverhältnis immanente Treuepflicht geht nicht derart weit, dass ein Arbeitgeber verpflichtet wäre, einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses seine Klage im Hinblick auf einen möglichen Betriebsübergang "schlüssig zu machen". Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Arbeitgeber hat bei einer von ihm behaupteten Betriebsstilllegung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Er hat nachzuweisen, dass in Abgrenzung zu einer Betriebsstilllegung ein Betriebsübergang nicht vorliegt. Fehlt es an entsprechendem Tatsachenvortrag, ist der Kündigungsschutzklage stattzugeben. Hieraus folgt, dass es sich bei den seitens des Arbeitgebers abzugebenden Erklärungen um prozessuale Obliegenheiten und nicht um einklagbare Pflichten handelt. Der Arbeitgeber kann im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses zur Frage der Abgrenzung der Betriebsstilllegung zum Betriebsübergang auch schweigen - er hat dann allerdings die prozessualen Folgen der Stattgabe der Kündigungsschutzklage hinzunehmen. Es würde dem, dem arbeitsgerichtlichen Verfahren immanenten Beibringungsgrundsatz widersprechen, wenn man den Arbeitgeber über einen Auskunftsanspruch zu Auskünften verpflichten würde, zu denen er im Zivilprozess nicht gezwungen werden kann. Soweit die klagende Partei darauf hinweist, dass sie die beantragte Auskunft benötigt, weil sie ansonsten nicht in der Lage sei, ihren Beschäftigungsanspruch gegenüber dem Erwerber einzufordern und durchzusetzen, ist darauf hinzuweisen, dass es keinen Teilbetriebsübergang gegeben hat und somit auch kein Erwerber vorhanden ist, von dem die klagende Partei Weiterbeschäftigung verlangen könnte."

III.

Da der Kündigungsschutzantrag der klagenden Partei abzuweisen war, ist auch über die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche hinsichtlich eines etwaigen Nachteilsausgleichsanspruchs zu entscheiden.

Der klagenden Partei steht weder ein Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs, noch auf Feststellung, dass ein solcher Anspruch besteht, zu. Ein entsprechender Anspruch folgt weder aus § 113 BetrVG, noch aus § 83 Abs. 3 TVPV oder aus dem TV Pakt.

1. § 113 Abs. 3 BetrVG scheidet als Anspruchsgrundlage aus, da diese Regelung gemäß § 117 Abs. 2 S. 1 BetrVG im vorliegenden Fall keine Anwendung findet.

2. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 83 Abs. 3 TVPV. Auch dieser findet keine Anwendung (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18). Denn auf Grund der zwischen § 83 Abs. 3 TVPV und § 2 Abs. 2 TV Pakt bestehenden Konkurrenz verdrängt die jüngere Regelung des TV Pakt den "älteren" § 83 Abs. 3 TVPV. Der spätere Tarifvertrag geht dem früheren vor (BAG, 26.09.2007, 5 AZR 881/06, Juris). Eine abweichende Bestimmung wurde vorliegend nicht getroffen, insbesondere haben die Tarifvertragsparteien keine Übergangsregelung vorgesehen.

a. § 2 Abs. 2 TV Pakt ist anwendbar. Er erfasst den hiesigen Sachverhalt (siehe oben unter Ziffer I. 8. a) (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

b. Dem steht auch nicht die Regelung des § 3 TV Pakt entgegen, nach welchem die für das Kabinenpersonal geltenden Tarifverträge weiter uneingeschränkt zur Geltung kommen sollen. Die Tarifvertragsparteien haben konkurrierende Zuständigkeiten für die PV Kabine und ver.di hinsichtlich Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen geschaffen. Dies zeigt § 2 Abs. 3 TV Pakt, der für den Fall von Änderungskündigungen Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen vorrangig auf die betriebliche Ebene nach Maßgabe des TVPV verlagert. Die Tarifparteien haben die Konkurrenz damit insgesamt gesehen und bringen im Umkehrschluss zum Ausdruck, dass es - mit Ausnahme der Sondersituation von Interessenausgleichsverhandlungen, die sich auf Änderungskündigungen beschränken, bei der Zuständigkeit der Gewerkschaft nach § 2 Abs. 2 TV Pakt bleiben soll.

c. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kündigungsausschluss des § 2 Abs. 2 TV Pakt - wie dargestellt - im vorliegenden Fall der Insolvenz im Ergebnis nicht zur Anwendung kommt. Insbesondere wird § 2 Abs. 2 TV Pakt dadurch nicht zu einer inhaltsleeren oder unwirksamen Regelung mit der Folge, dass keine Konkurrenz mehr zwischen § 2 Abs. 2 TV Pakt und § 83 Abs. 3 TVPV besteht und daher wieder auf § 83 Abs. 3 TVPV zurückzugreifen wäre. Es entfällt lediglich das Kündigungsverbot, nicht aber das Erfordernis, einen Sozialtarifvertrag mit ver.di zu vereinbaren. Verhandlungspartner bleibt ver.di und nicht die PV Kabine, sodass auch hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Nichtverhandlung auf das Regelungsregime des TV Pakt und nicht des TVPV abzustellen ist.

Die Regelung des § 113 S. 1 InsO führt nicht zur Unwirksamkeit oder Unanwendbarkeit von § 2 Abs. 2 TV Pakt insgesamt, sondern lediglich zu einer partiellen Unanwendbarkeit in Bezug auf das Kündigungsverbot. Es bleibt damit auch für die Insolvenz bei der Anwendbarkeit und Wirksamkeit im Übrigen, insbesondere also bei dem Erfordernis, einen Sozialtarifvertrag abzuschließen.

Zum einen besteht nach Wortlaut und Sinn und Zweck der Regelung des § 113 S. 1 InsO keinerlei Notwendigkeit die Regelungen des § 2 Abs. 2 TV Pakt weitergehend einzuschränken, als das Kündigungsverbot außer Kraft zu setzen. Zum anderen ist die gemäß Art. 9 Abs. 3 GG garantiert Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien möglichst weitgehend zu erhalten und zu schützen.

d. Die Regelung des § 83 TV PV lebte schließlich auch nicht wegen der Regelung in § 4 des "Rahmentarifsozialplan Transfer" vom 29. September 2017 wieder auf. In § 4 des "Rahmentarifsozialplan Transfer" haben die Tarifvertragsparteien deklaratorisch darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der Verhandlung von Interessenausgleich und Sozialplan bei den bisher getroffenen Vereinbarungen verbleibe. Ausdrücklich weist die Regelung in § 4 des "Rahmentarifsozialplan Transfer" darauf hin, dass die bisherigen Regelungen "unberührt" von diesem Tarifvertrag bleiben sollen. Es kann der Regelung also im Ergebnis gerade nicht entnommen werden, dass hier von den ausdifferenzierten Regelungen des § 2 TV Pakt wieder abgewichen und zu den Regelungen des § 83 TV PV zurückgekehrt werden sollte.

3. Der TV Pakt sieht für den Fall des Ausspruchs von Beendigungskündigungen vor Abschluss eines Sozialtarifvertrags über einen Interessenausgleich und Sozialplan keine Nachteilsausgleichsansprüche vor. Insbesondere lässt sich § 2 Abs. 2 TV Pakt auch nicht dahingehend auslegen, dass ein entsprechender Nachteilsausgleichsanspruch bestünde (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

a. Auch tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung zugänglich, soweit damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine solche Auslegung hat daher außer Betracht zu bleiben, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht.

Demgegenüber haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Pflicht, eine unbewusste Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Die Tarifvertragsparteien haben in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Die Möglichkeit zur ergänzenden Tarifauslegung scheidet erst aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Lösung zu finden (BAG, 29.04.2004 - 6 AZR 101/03 -, Juris).

b. Hier bestehen im Ergebnis verschiedene Möglichkeiten, wie die Tarifvertragsparteien den Fall geregelt hätten, dass das Kündigungsverbot in § 2 Abs. 2 TV Pakt aufgrund einer Insolvenz von § 113 S. 1 InsO verdrängt wird (so auch Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2018 - 7 Ca 1127/18).

In Betracht kommt, dass sie einen entsprechenden Nachteilsausgleichsanspruch in § 2 Abs. 2 TV Pakt geregelt hätten (hierzu etwa BAG, 24.04.2007, 1 AZR 252/06, Juris). Denkbar wäre aber auch, dass sie ein Verfahren zur Erzwingung eines Sozialtarifvertrages vereinbart hätten. Möglich wäre ebenso, dass sie die Zuständigkeit für diesen Fall wieder auf die PV Kabine übertragen hätten, also ein Rückfall auf § 83 Abs. 3 TVPV.

Dieses Ergebnis mag als widersprüchlich empfunden werden, ist jedoch Ausfluss der aus Art. 9 Abs. 3 GG folgenden Tarifautonomie, die § 117 Abs. 2 BetrVG widerspiegelt. Die Tarifvertragsparteien können einen einmal gewährten Anspruch wieder entfallen lassen.

Wenn aber eine Lücke in der tarifvertraglichen Regelung entsteht und mehrere Regelungsmöglichkeiten bestehen, ist es nicht an den Arbeitsgerichten, diese Lücke zu schließen.

4. Da der klagenden Partei kein Nachteilsausgleichsanspruch zusteht, ist im Ergebnis nicht nur der auf die Zahlung des Nachteilsausgleichs gerichtete Klageantrag, sondern auch der hilfsweise geltend gemachte auf die Feststellung des Bestehens eines Nachteilsausgleichsanspruchs gerichtete Antrag abzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO.

Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Für den Kündigungsschutzantrag wurden drei Bruttomonatsgehälter der klagenden Partei festgesetzt, der auf Zahlung gerichtete Nachteilsausgleichanspruch und der Feststellungsantrag wurden einheitlich mit dem Nennwert des Zahlungsantrags berücksichtigt und der Auskunftsanspruch wurde mit dem Hilfswert in Höhe von 5.000,00 € bewertet.

Die Statthaftigkeit der Berufung ergibt sich für die klagende Partei bereits aus § 64 Abs. 2 Nr. c ArbGG, soweit sie die Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angreift; bzw. aus § 64 Abs. 2 Nr. b ArbGG, soweit sie die Entscheidung in einer den Wert des Beschwerdegegenstandes von 600,00 € übersteigenden Höhe mit der Berufung angreift.

Darüber hinaus besteht keine Veranlassung, die Berufung unterhalb dieses Beschwerdewertes gesondert zuzulassen. Es liegt keiner der gesetzlich normierten Zulassungsgründe gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG vor; insbesondere kommt der vorliegenden Einzelfallstreitigkeit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG) zu.

E.

Lukas Jozefaciuk