Hessischer VGH, Urteil vom 27.02.2019 - 4 C 1840/17.N
Der Eigentümer eines außerhalb des Geltungsbereichs des angegriffenen Bebauungsplans befindlichen Grundstücks kann seine Antragsbefugnis in einem Normenkontrollverfahren darauf stützen, eine Verschlechterung der lokalen klimaökologischen Funktionsabläufe trete dadurch ein, dass die geplante Bebauung eine Verringerung der Abluftvolumina oder der Abflussgeschwindigkeit von Kaltluftströmungen von mehr als 10 % im Bereich seines Grundstücks bewirkt. Die Abwasserbeseitigung gehört zu den Belangen, die nach Lage der Dinge regelmäßig in die nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotene Abwägung einzustellen sind. Der Planung muss zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses eine Konzeption zugrunde liegen, nach der das im Plangebiet anfallende Abwasser so beseitigt werden kann, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird (§ 55 Abs. 1 WHG).
Tenor
Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
Von den Kosten des Verfahrens haben der Antragsteller zu 1. 50% sowie die Antragsteller zu 2. und 3. als Gesamtschuldner die weiteren 50% zu tragen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan "Bierstadt-Nord" im Ortsbezirk Bierstadt der Antragsgegnerin.
In ihrer Sitzung vom 12. September 2013 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans "Bierstadt-Nord". Das Plangebiet befindet sich nördlich des vorhandenen Wohngebiets "Wolfsfeld" im Ortsteil Bierstadt. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 19. September 2013 im Wiesbadener Kurier und im Wiesbadener Tagblatt bekannt gemacht. Am 14. November 2013 führte die Antragsgegnerin die frühzeitige Bürgerbeteiligung in Form einer Bürgerversammlung im Gemeinschaftshaus Bierstadt durch. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 10. Juni 2015 frühzeitig beteiligt.
Die öffentliche Auslegung des Planentwurfs mit Begründung sowie der nach Einschätzung der Antragsgegnerin wesentlichen bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen fand nach entsprechender öffentlicher Bekanntmachung im Wiesbadener Kurier und Wiesbadener Tagblatt vom 11. April 2016 in der Zeit vom 19. April 2016 bis einschließlich 20. Mai 2016 statt. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 19. April 2016 von der Offenlage benachrichtigt. In ihrer Sitzung vom 30. März 2017 hat die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung beschlossen. Dieser Beschluss wurde am 22. Mai 2017 im Wiesbadener Kurier und dem Wiesbadener Tagblatt bekannt gemacht.
Der Geltungsbereich des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans hat eine Größe von ca. 16,3 ha. Neben der Fläche eines allgemeinen Wohngebiets von ca. 13,9 ha und einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Grünfläche, die durch eine von Westen nach Osten verlaufende Erschließungsstraße unterbrochen wird, umfasst der Plan (weitere) Straßenverkehrsflächen im Bereich der Bundesstraße B 455. Diese Straßenverkehrsflächen dienen der direkten Anbindung des neuen Wohngebiets an die Bundesstraße. Ziel der Planung ist es, ein hochwertiges, durchgrüntes Wohngebiet für ca. 425 Wohneinheiten zu realisieren. Die in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungen werden ausgeschlossen. In den Bereichen der Wohnhöfe und entlang des zentralen Grünbereichs sind zusätzlich der Versorgung des Gebiets dienende Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe unzulässig. Die äußere Erschließung des Wohngebiets erfolgt über einen herzustellenden Abzweig von der Bundesstraße B 455 (Nauroder Straße) sowie über die Wittenberger Straße und die Eisenacher Straße. Im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin ist der Planbereich als "Wohnbaufläche, Planung" sowie als "Grünfläche zum Teil mit Freizeiteinrichtungen, Planung" dargestellt.
Mit Schriftsatz vom 30. August 2017, eingegangen bei Gericht am 31. August 2017, haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt. Zu dessen Begründung tragen sie vor, sie seien antragsbefugt, da sie geltend machen könnten, durch den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Sie seien Eigentümer von Reihenhäusern, die sich an der Eisenacher Straße befänden. Die Eisenacher Straße sei bislang eine reine Wohnsackgasse und erschließe 48 Reihenhäuser. Durch die Öffnung der Straße zum Zwecke der Erschließung des neuen Baugebiets komme es in der bisherigen Sackgasse zu erheblichem Mehrverkehr. Auch der öffentliche Personennahverkehr in Form der Buslinie 17 solle durch die Eisenacher Straße geführt werden. Dies bedeute, dass werktäglich alle zehn Minuten ein Verkehrsbus durch die Straße fahre. Ferner bewirke das geplante Wohngebiet eine klimatische Verschlechterung im Umfeld ihrer - der Antragsteller - Grundstücke.
Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan leide an formellen Fehlern. So könne die Widmung der Eisenacher Straße als Sackgasse nicht durch Festsetzungen im angefochtenen Bebauungsplan geändert werden. Der Bebauungsplan "Wolfsfeld" aus dem Jahre 1969 werde durch den angegriffenen Bebauungsplan im Bereich der nördlichen Wittenberger Straße und im Bereich der nördlichen Eisenacher Straße geändert, ohne dass insoweit ein Aufstellungsbeschluss getroffen worden sei. Die Änderungen bestünden darin, dass beide Straßen ihre Eigenschaft als Sackgasse verlören.
Der Bebauungsplan sei ferner materiell-rechtlich fehlerhaft.
Es fehle ihm an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Eine städtebauliche Konzeption sei nicht zu erkennen. Es werde nicht deutlich, warum der Bau von Wohnungen gerade nördlich des Baugebiets "Wolfsfeld" erfolgen müsse. Anlässlich einer Vielzahl von Konfliktbereichen hätten sich innerhalb des Stadtgebiets Alternativen angeboten, beispielsweise in Bierstadt Süd, hinter der Fliedener Schule und dem Bürgerhaus sowie am Heinerberg. Ferner werde durch die Planung die Umgehungsstraße Fichte, die zwischenzeitlich in die höchste Prioritätsstufe des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen worden sei, faktisch unmöglich gemacht oder aber beeinträchtigt.
Der Bebauungsplan verletze das Abwägungsgebot in mehrfacher Hinsicht.
Die klimatischen Umweltauswirkungen seien nicht sachgerecht ermittelt und bewertet worden. Für den streitgegenständlichen Planbereich gebe es eine Vielzahl klimaökologischer Untersuchungen, die nicht berücksichtigt worden seien. Der Umweltbericht der Antragsgegnerin Nr. 22 aus dem Jahre 2011 führe aus, dass sich in einigen Ortsbezirken, so auch in Bierstadt, intensive Überwärmungsgebiete befänden. Wegen der hohen klimatischen Empfindlichkeit seien in diesen Zonen weitere bauliche Verdichtungen und Versiegelungen bedenklich und sollten grundsätzlich nicht erfolgen. In einer Klimaanalyse aus dem August 1993 werde die besondere Bedeutung unversiegelter Hangbereiche für die Kaltluftentstehung erläutert. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans liege in einem solchen Kaltluftentstehungsgebiet. In einem Fachgutachten aus dem Jahre 2005, das im Zusammenhang mit dem Bau des südöstlich des Plangebiets befindlichen Alten- und Pflegeheims erstellt worden sei, würden die Kaltluftproduktionsflächen, die Kaltluftproduktionsrate und das Kaltluftvolumen eingehend erläutert. Dort werde der Bau des Alten- und Pflegeheims klimatologisch noch als vertretbar eingestuft, weil gerade westlich des Vorhabens freie, unbebaute und unverstellte Flächen vorhanden seien. Diese würden nunmehr bebaut. Das von der Antragsgegnerin eingeholte Klimagutachten aus dem September 2014 sei im Übrigen in mehrfacher Hinsicht widersprüchlich, lückenhaft und komme zu keinem schlüssigen Ergebnis. Der Bierstädter Hang werde zwar als klimatisch hoch sensibel qualifiziert. Das Gutachten attestiere auch gravierende Belastungen der Bewohner des Baugebiets "Wolfsfeld"; es werde ein Verlust an Kaltluftvolumen von 11% bzw. für sie - die Antragsteller - sogar von 12% prognostiziert. Damit werde der Grenzwert der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003) von 10 % überschritten. Soweit in einer ergänzenden Stellungnahme vom März 2015 Varianten zur Optimierung der lokalen Belüftung im angrenzenden Wohngebiet "Wolfsfeld", insbesondere in der Eisenacher Straße und der Wittenberger Straße, vorgeschlagen würden, seien diese nicht plausibel. Die Gutachter empföhlen eine Grünzone mit einer trichterförmigen Öffnung im Norden von mehr als 100 m und im Süden von mindestens 75 m. Die offizielle Planzeichnung weise demgegenüber eine trichterförmige Öffnung der Grünzone im Norden von nur 90 m aus, die im Süden mit einer Breite von nur 60 m ende. Diese Verjüngung der "Grünen Mitte" in südlicher Richtung entspreche auch nicht den Vorgaben des Flächennutzungsplans. Die in der Planbegründung erwähnten Öffnungen von 20 m in den südlichen Baufeldern westlich und östlich der "Grünen Mitte" (sogenannte Ventilationsflächen) wiesen laut Planurkunde nur eine Breite von 16 m auf. Dort würden diese Flächen als "A(20)" bezeichnet. Dies bedeute, es handele sich dabei um Flächen für Stellplätze und Garagen, Nebenanlagen und Gemeinschaftsanlagen, auf denen maximal 20 Stellplätze hergerichtet werden dürften. Es bleibe unerklärlich, wie durch die Schaffung von zwei Ventilationsflächen mit geringem Flächenausmaß, die zudem noch an drei Seiten umbaut seien und darüber hinaus keinerlei Bezug zur Eisenacher Straße oder zur Wittenberger Straße aufwiesen, eine wesentliche Reduktion des zuvor ermittelten Verlustes des Kaltluftvolumenstromes erreicht werden könne. Die weitere in Nord-Süd-Richtung verlaufende Kaltluftleitbahn im östlichen Plangebiet habe nicht die im Umweltbericht angegebene Breite von mindestens 20 m. Selbst nach dem Gutachten werde im Übrigen die Verminderung des Kaltluftvolumenstroms gegenüber dem Ist-Zustand durch diese Ventilationsflächen lediglich auf ca. 10,6 % reduziert und liege damit nach wie vor über dem Zielwert der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003). Die kommunale Zielvorgabe, dass alle Kaltluftentstehungsgebiete und Kaltluftabflussbahnen von Bebauung freizuhalten seien, werde missachtet. Schließlich werde in dem Klimagutachten ausgeführt, dass bei dreigeschossiger Bauweise im Bereich des Grünzuges noch eine einseitige Umströmung möglich sei. Der Bebauungsplan sehe allerdings drei Vollgeschosse plus Dachgeschoss vor. Ferner werde nicht berücksichtigt, dass bereits Pläne zur Erweiterung des Verlagsgebäudes des E.-Verlages zwischen Nauroder Straße und Siedlung "Fichten" bestünden. Die vom Gutachter als klimaökologisch bedeutsam angesehene langfristige Sicherung des verbleibenden Freiraums sei damit nicht mehr gewährleistet. Letztlich sei der Grünstreifen entlang der B 455 keiner klimatologischen Begutachtung unterzogen worden.
Dem Verkehrsgutachten vom 20. Oktober 2016 liege eine videogestützte 24 Stunden-Verkehrserhebung vom 28. September 2016 zugrunde, die aber nur an dem Knotenpunkt Wittenberger Straße/Leipziger Straße stattgefunden habe. Somit sei nicht nachvollziehbar, wie aus diesen Daten die Verkehrsbelastung der Eisenacher Straße unter Einbeziehung des neuen Wohngebiets habe ermittelt werden können. Soweit ergänzend auf die Datenerhebung vom April 2012 zurückgegriffen worden sei, leide diese darunter, dass das neue Altenhilfezentrum zum damaligen Zeitpunkt seinen Betrieb noch nicht aufgenommen gehabt hätte. Das Zentrum verfüge über 120 Pflegeplätze und 40 Mitarbeiter für Pflege und Betreuung sowie weitere 50 Mitarbeiter für den sonstigen Betrieb. In der ursprünglichen Verkehrsuntersuchung vom April 2012 seien im Übrigen die Wittenberger Straße und die Eisenacher Straße vertauscht worden. Da die in der Verkehrsuntersuchung, Stand: 26. Juni 2013, berechneten Verkehrsbelastungen mit den bei der aktuellen Zählung ermittelten Faktoren auf Belastungen für 24 Stunden hochgerechnet worden seien, schlage die Kritik an der Verkehrsberechnung aus dem Jahre 2013 auch auf die Verkehrsberechnung vom Oktober 2016 durch. Ferner werde auf Seite 7 des Verkehrsgutachtens aus dem Oktober 2016 ein Verlauf der Buslinie 17 abgebildet, der nach ihrer - der Antragsteller - Kenntnis nicht der aktuellen Planung der Verkehrsbetriebe entspreche. Nach dem aktuellen Stand werde das Teilstück des Dresdner Rings zwischen Wittenberger Straße und Eisenacher Straße zweimal befahren. Die Prognose des durch das Neubaugebiet hinzukommenden Verkehrs gehe von falschen Voraussetzungen aus, wenn der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) mit nur 60 % geschätzt werde. Zwar werde die vorhandene Buslinie 17 durch das neue Wohngebiet geführt. Es werde aber nicht berücksichtigt, dass diese Buslinie zwar in die Innenstadt von Wiesbaden führe, nicht aber zu den Nahversorgungsmärkten in Bierstadt an der Rostocker Straße. Auch die Gesamtschule, die Sporthalle und das Evangelische Gemeindezentrum sowie das Bürgerhaus seien mit der Buslinie 17 nicht zu erreichen. Die unterstellte Verkehrsverteilung zwischen Wittenberger Straße und Eisenacher Straße mit 80 % zu 20 % sei nicht belegt. Vielmehr folge aus dem Bebauungsplan mit der Wohngebietsaufteilung, getrennt durch die Grünzone, dass ca. ein Drittel des Verkehrs auf die Wittenberger Straße entfalle und zwei Drittel auf die Eisenacher Straße.
Auch die beiden artenschutzrechtlichen Fachbeiträge aus dem November 2012 sowie die Ergänzung vom September 2014 litten unter gravierenden Mängeln. Sie erfassten das Plangebiet nur unvollständig. Nicht untersucht werde der Grünbereich auf der Westseite der Bundesstraße B 455. Das Erscheinungsbild des nicht untersuchten Grünbereichs mit dichtem Busch- und Baumbestand spreche dafür, dass hier weitere Detektoruntersuchungen hätten stattfinden müssen. Eine Untersuchung auf Höhlenbäume dränge sich aufgrund der natürlichen Gegebenheiten auf. Ebenso verhalte es sich in Bezug auf Reptilien, Kleinsäuger und Vögel. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass hier Haselmausvorkommen aufzufinden seien. Auch das Flurstück 40 aus der Flur 13, das nach dem Aufstellungsbeschluss in den Planbereich aufgenommen worden sei, sei nicht untersucht worden. Dieses Flurstück grenze unmittelbar an die festgestellte Potentialfläche für Zauneidechsen sowie an die festgestellten Höhlenbäume Nr. 14 und 15.
Der Bebauungsplan sei auch deshalb unwirksam, weil er kein nachvollziehbar begründetes Konzept für eine Oberflächenentwässerung enthalte. Der Umweltbericht gehe von einem dezentralen Regenwassermanagement mit dem Ziel aus, das gesamte anfallende Regenwasser auf dem Gelände zurückzuhalten und zu versickern. Es werde nicht erläutert, ob dies funktionieren könne. Auch die eingeholten Gutachten verhielten sich dazu nicht. Wie der Presseberichterstattung vom 20. April 2018 zu entnehmen sei, solle nunmehr für die Oberflächenentwässerung ein vorhandenes Retentionsbecken reaktiviert werden. Es sei auch nicht untersucht worden, ob das im Neubaugebiet entstehende Schmutzwasser tatsächlich über die vorhandenen Kanäle in der Eisenacher Straße und der Wittenberger Straße entsorgt werden könne.
Die Antragsgegnerin habe nicht nachgewiesen, dass der E.-Verlag die in seinem Eigentum stehenden Flächen, die zur Anbindung des neuen Wohngebiets an die B 455 erforderlich seien, zur Verfügung stellen werde. Dass der E.-Verlag seine Zustimmung zur Bereitstellung der entsprechenden Grundstücke erklärt habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass die Eisenacher Straße für die Buslinie 17 zu schmal sei. Ein beiderseitig ungehinderter Verkehrsfluss sei nicht gewährleistet.
Die Antragsteller beantragen,
den Bebauungsplan der Antragsgegnerin "Bierstadt-Nord" im Ortsbezirk Bierstadt für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass es den Antragstellern an der notwendigen Antragsbefugnis fehle, da sie nicht Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplans seien. Die Antragsteller könnten keine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots geltend machen. Die von ihnen aufgerufenen Belange seien objektiv allenfalls geringfügig tangiert. Die Reihenhäuser der Antragsteller grenzten nicht direkt an die Eisenacher Straße. In dem Bebauungsplan "Wolfsfeld" vom 5. Dezember 1967 werde die Eisenacher Straße nicht als Sackgasse festgesetzt. Die Antragsteller seien in ihrer Erwartung nicht schutzwürdig, dass diese Straße nicht auf der Grundlage eines nachfolgenden Bebauungsplans weitergeführt bzw. verlängert werde.
Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet.
In Wiesbaden bestehe ein hoher Bedarf an neuem Wohnraum. Dieser könne nicht allein durch die Schließung von Baulücken oder durch die Arrondierung vorhandener Wohngebiete erreicht werden. Daher sei die Umsetzung der im Flächennutzungsplan dargestellten Siedlungsflächen "Planung" von hoher Bedeutung für die Stadtentwicklung. Neben den Siedlungserweiterungsflächen "Hainweg" in Nordenstadt, "Im Boden" im Ortsbezirk Erbenheim, "Auf den Erlen-Süd" in Auringen, "Igstadt-Süd" im Ortsbezirk Igstadt und "Lange Seegewann" im Ortsbezirk Delkenheim stelle die Siedlungsfläche Planung in "Bierstadt-Nord" eine der wenigen größeren und zusammenhängenden Neubauflächen im östlichen Stadtgebiet dar. Die von den Antragstellern als Alternative angeführte Fläche südlich von Bierstadt liege im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die dort im Wesentlichen vorhandenen Kleingärten und wertvollen landwirtschaftlichen Flächen sichere. Darüber hinaus liege dieser Bereich im Landschaftsschutzgebiet - Zone 1.
In Bezug auf die klimatischen Verhältnisse sei ein Klimagutachten des Büros ÖKOPLANA vom 23. September 2014 eingeholt worden sowie eine ergänzende Stellungnahme vom 5. März 2015. Das Klimagutachten vom 23. September 2014 weise auf den Seiten 2, 8, 15 und 18 darauf hin, dass die Ergebnisse des Fachgutachtens zum Bau eines Alten-Pflegeheims in Wiesbaden aus dem Jahre 2005, die Klimadaten- und Klimafunktions- bzw. Klimabewertungskarten der Klimaanalysen von Taraxacum 1993 und 1994 sowie die Daten der Hessischen Landesanstalt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (Luftreinhaltepläne 1981, 1991 und 2005) berücksichtigt worden seien. Die methodischen Einwände gegen die Klimabegutachtung seien unbegründet. Die städtebaulichen Empfehlungen des Gutachtens zur Minderung der Reduzierung des Kaltluftabflussvolumens seien vollumfänglich in den Bebauungsplan übernommen und durch entsprechende Festsetzungen gesichert worden. Bei der räumlichen Ausdehnung der "Grünen Mitte" und den östlich und westlich davon befindlichen Ventilationsflächen sei zu berücksichtigen, dass auch in Hausgärten Kaltluft entstehe. Die Breite der Ventilationsflächen zwischen den Baufenstern in den südlichen Plangeltungsbereichen WA 1a und WA 1b betrage, wie in der Klimauntersuchung gefordert, über 20 m. Die in der Planurkunde vermaßte Fläche mit 16 m für Gemeinschaftsstellplätze gewährleiste lediglich eine funktionierende Anordnung der Stellplatzanlage und sei kein Hinweis auf die eigentliche Freihaltefläche. Ausschließlich im Teilgeltungsbereich 2b des Bebauungsplans seien aufgrund der festgesetzten maximalen Gebäudehöhe von 13 m insgesamt 8 Gebäude mit drei Vollgeschossen plus ein Staffelgeschoss zulässig. In diesen Gebäuden werde voraussichtlich der notwendige öffentlich geförderte Wohnungsbau realisiert werden. Dies sei wirtschaftlich nur ab einer Viergeschossigkeit möglich. Die im Teilgeltungsbereich 2 b vorgesehene Lage der Gebäude sei mit dem Büro ÖKOPLANA abgestimmt worden. Auf die ergänzende Stellungnahme vom 5. März 2015 werde verwiesen. Durch die Empfehlungen des Klimagutachtens werde die Verringerung des lokalen Kaltluftabflussvolumens nach der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), auf rund 10 % reduziert. Erst ab einer Verringerung der Abflussvolumina oder der Abflussgeschwindigkeit von mehr als 10 % sei ein gravierender Eingriff mit nachteiligen Folgen im Kaltluftzielgebiet anzunehmen. Der Grünordnungsplan der Stadt Wiesbaden stelle lediglich einen Belang in der Abwägung dar. Er formuliere keine unüberwindbaren Positionen. Die Planung des neuen Baugebiets berücksichtige auch die geplante Trassenführung der Umgehungsstraße Fichte.
Auch die Ermittlung des durch das neue Baugebiet entstehenden Mehrverkehrs sei nicht zu beanstanden. Dieser betrage 2.340 Kfz-Bewegungen je 24 Stunden. Die getroffenen Annahmen seien plausibel, nachvollziehbar und am oberen Rand der Prognosewerte ausgerichtet. Der angenommene Anteil des individuellen motorisierten Verkehrs (MIV-Anteil) sei aufgrund der guten Erschließung des Gebiets durch den öffentlichen Personennahverkehr angemessen. Mit 60% liege er im oberen Bereich. Die Hinweise der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrsplanung - Arbeitsgruppe Verkehrsplanung - zur Schätzung des Verkehrsaufkommens von Gebietstypen sähen in Abschnitt 3.2.5 für Wohngebiete einen MIV-Anteil von zwischen 30 und 70 % vor. Auch die Aufteilung dieses Mehrverkehrs in der Verkehrsuntersuchung vom 26. Juni 2013 sei plausibel. Dabei gehe der Gutachter zu Recht davon aus, dass die Haupterschließung des Plangebiets über die Anbindung an die Bundesstraße B 455 erfolge.
Es sei zutreffend, dass das Untersuchungsgebiet der artenschutzrechtlichen Prüfung nicht vollständig den Geltungsbereich des Bebauungsplans "Bierstadt-Nord" umfasse. Für die Erschließungsmaßnahmen an der B 455 sei im Auftrag des Tiefbau- und Vermessungsamtes in Abstimmung mit dem Umweltamt ein weiteres Artenschutzgutachten in Vorbereitung. Die artenschutzrechtlichen Verbote griffen erst bei der tatsächlichen Umsetzung des Bebauungsplans ein. Bis zum Bau der Erschließungsanlagen seien eventuelle Erhebungslücken in Bezug auf artenschutzrechtliche Daten behoben.
Was die Entwässerung des Plangebiets betreffe sei im Jahre 2015 der Vorentwurf der Oberflächenentwässerung und der Freiflächenplanung freigegeben worden. Die Entwurfsplanung mit umfangreichen Plan- und Berechnungsunterlagen sei im Juli 2017 abgeschlossen worden. Das nunmehr bestehende Konzept sehe eine zweigeteilte Behandlung des Oberflächenwassers vor. Das Wasser von den Straßenverkehrsflächen werde gesammelt und über Mulden der zentralen großen Grünfläche zugeführt. Zusätzlich werde es in Staukanälen zurückgehalten und gedrosselt ins vorhandene Kanalnetz eingeleitet. Das Wasser der Dachflächen und der privaten versiegelten Flächen werde in dezentralen Retentionszisternen gesammelt und der Überlauf in das Schmutzwassersystem eingeleitet. Die verbindlich festgesetzte Dachbegrünung aller Gebäude trage ebenfalls zu einer wirksamen Drosselung der Regenwassermengen bei. Der Nachweis der Einhaltung der zulässigen Einleitmengen ins Bestandssystem sei mehrfach geführt worden. Konkrete zeichnerische und textliche Festsetzungen zur Sicherung der Oberflächenentwässerung seien bereits in den Bebauungsplan eingearbeitet worden. Im Zuge der weiteren Ausführungsplanung sei das Entwässerungskonzept vor allem wegen der hohen Kosten weiter optimiert worden. Durch die nunmehr vorgesehene fast vollständige Ableitung des Oberflächenwassers aus den öffentlichen Flächen in den Aukammbach werde in das vorhandene öffentliche Kanalsystem im Ortsbezirk Bierstadt nur noch eine geringe Menge eingeleitet.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens (2 Hefter), die Planaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin (1 Leitzordner - Bebauungsplan Bierstadt-Nord -, 1 Leitzordner - Flächennutzungsplan, Landschaftsplan, Stadtplan - sowie eine DVD mit im Rahmen des Planungsverfahrens eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen). Die vorgenannten Unterlagen und Dokumente wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Gründe
Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet.
A. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
I. Der Antrag ist statthaft. Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan und damit gegen eine Satzung nach § 10 Abs. 1 BauGB, deren Gültigkeit vom Senat gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
II. Die Antragsteller sind auch gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, da sie geltend machen können, durch den Bebauungsplan möglicherweise in ihren Rechten verletzt zu sein.
Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis ist gegeben, wenn der Antragsteller geltend machen kann, durch die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Es genügt, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird. An dieser Möglichkeit fehlt es, wenn die Rechte des Antragstellers in einem Normenkontrollverfahren unter Zugrundelegung seines Vorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 -, NVwZ 2012, 185,186).
Das Grundstück A-Straße in Wiesbaden, das sich im Eigentum des Antragstellers zu 1. befindet, und das Grundstück A-Straße in Wiesbaden, dessen Eigentümer die Antragsteller zu 2. und 3. sind, liegen zwar nicht innerhalb des Geltungsbereichs des angegriffenen Bebauungsplans, sodass die Antragsteller keine unmittelbare Verletzung ihrer Eigentümerposition aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geltend machen können. Die Antragsteller haben aber Tatsachen vorgetragen, die eine Verletzung ihres Anspruchs aus § 1 Abs. 7 BauGB auf fehlerfreie Abwägung ihrer Eigentumsbelange möglich erscheinen lassen.
Das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die Abwägung erheblich sind. Es verleiht den von der Planung Betroffenen ein subjektives Recht darauf, dass ihre Belange entsprechend dem jeweiligen Gewicht in die Abwägung eingestellt werden. In einem Normenkontrollverfahren kann sich deshalb der Antragsteller im Rahmen des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO darauf berufen, dass seine abwägungsrelevanten Belange fehlerhaft abgewogen worden sind. Macht er eine Verletzung des Abwägungsgebots geltend, so muss er einen Belang als verletzt bezeichnen, der für die Abwägung beachtlich war. In der Abwägung ist nicht jeder private Belang zu berücksichtigen, sondern nur ein solcher, der in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug hat. Nicht abwägungsbeachtlich sind hiernach insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht. Nicht beachtlich sind ferner solche Belange, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Bebauungsplan nicht erkennbar gewesen sind (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 -, NVwZ 2012, 185 [187]; Hessischer VGH, Urteil vom 6. April 2017 - 4 C 969/16.N -, juris Rdnr. 40).
Ein abwägungsbeachtlicher Belang, den die Antragsteller hier geltend machen können, ist ihr Interesse, von einer Verschlechterung der lokalen klimaökologischen Funktionsabläufe verschont zu bleiben. In der konkreten Planungssituation ist dieses Interesse auch mehr als geringfügig beeinträchtigt. Nach der ergänzenden Stellungnahme des Büros ÖKOPLANA vom 5. März 2015 nimmt südlich des Geltungsbereichs des angegriffenen Bebauungsplans bis ungefähr zu einer Linie, die in Höhe des Dresdener Rings/der Leipziger Straße verläuft, der örtliche Kaltluftvolumenstrom infolge der ursprünglich geplanten Bebauung des nördlich befindlichen Hangs um ca. 12% ab. Laut VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), Seite 53, ist eine Verringerung der Abluftvolumina oder der Abflussgeschwindigkeit von Kaltluftströmungen von mehr als 10% gegenüber dem Ist-Zustand als "gravierender Eingriff" mit nachteiligen Folgen im Kaltluftzielgebiet zu bewerten. Prozentuale Änderungen gegenüber dem Ist-Zustand zwischen 5% und 10% sind als "mäßige Auswirkungen" zu bewerten. Bei Werten unter 5% sind im Allgemeinen nur "geringe klimatische Auswirkungen" im Kaltluftzielgebiet zu erwarten. Danach sind hier deutliche klimatologische Modifikationen im Bereich der Siedlung "Wolfsfeld" nördlich der Linie Leipziger Straße/Dresdener Ring zu bilanzieren, die mit der Schaffung von zwei zusätzlichen Ventilationsflächen mit Breiten von ca. 25 m östlich und westlich der "Grünen Mitte" auf eine Reduktion des Kaltluftvolumenstroms von (nur noch) ca. 10,6% vermindert werden soll. Abgesehen davon, dass die Antragsteller die Plausibilität und auch die ordnungsgemäße Umsetzung der in der Stellungnahme von ÖKOPLANA vorgeschlagenen Reduktionsmaßnahmen rügen, verbleibt noch ein nach der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), als gravierend zu bewertender Eingriff. Folglich ist das Interesse der Antragsteller von einer Verschlechterung der lokalen klimaökologischen Funktionsabläufe verschont zu bleiben, hier mehr als geringfügig und damit abwägungsbeachtlich beeinträchtigt.
III. Die Antragsteller haben ihren Normenkontrollantrag auch gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres nach der Bekanntgabe des Bebauungsplans gestellt. Der Bebauungsplan "Bierstadt-Nord" wurde am 22. Mai 2017 bekannt gemacht. Der Normenkontrollantrag ist am 31. August 2017 bei Gericht eingegangen.
B. Der Normenkontrollantrag ist unbegründet.
I. Der angegriffene Bebauungsplan leidet nicht an beachtlichen formellen Mängeln.
1. Formelle Mängel im Sinne des § 214 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BauGB sind - selbst wenn sie vorliegen sollten - unbeachtlich geworden, da sie nicht innerhalb der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gerügt worden sind.
2. Der angegriffene Bebauungsplan ist auch nicht deshalb formell fehlerhaft, weil im Bereich der Anbindungen des neuen Plangebiets an das Gebiet "Wolfsfeld" der dortige Bebauungsplan aus dem Jahre 1969 geändert wird, ohne dass ein entsprechender Aufstellungsbeschluss nach §§ 1 Abs. 8, 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB gefasst worden ist. Das Fehlen eines solchen Aufstellungsbeschlusses stellt keinen beachtlichen formellen Fehler dar.
Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB wird in der Aufzählung der ausschließlich beachtlichen Form- und Verfahrensfehler in § 214 Abs. 1 BauGB nicht genannt. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Mängel des Aufstellungsbeschlusses nicht erst wegen der "Heilungsvorschrift" des § 214 Abs. 1 BauGB unbeachtlich, sondern schon deshalb, weil ein Aufstellungsbeschluss für die Bauleitplanung (zwar wünschenswert, aber) bundesrechtlich nicht zwingend vorgeschrieben ist (BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2002 - 4 BN 53.02 -, juris Rdnr. 2).
Im Übrigen ist bei einer teilweisen Überplanung eines bestehenden Bebauungsplans auch keine förmliche Aufhebung des überplanten Geltungsbereichs erforderlich (vgl. Urteil des Senats vom 8. Mai 2018 - 4 C 1041/16.N -, juris Rdnr. 41). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 10. August 1990 - 4 C 3.90 -, juris Rdnr. 21) gilt auch für Bebauungspläne der gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtssatz, dass die spätere Norm die frühere verdrängt; das gewünschte und auch gebotene Ergebnis der Widerspruchsfreiheit planerischer Festsetzungen wird durch die Rechtsfolge dieser ungeschriebenen Rechtsregel (lex posterior derogat legi priori) erreicht.
3. Schließlich leidet der Bebauungsplan auch nicht deshalb unter einem "formellen" Fehler, weil durch ihn "die Widmung der Eisenacher Straße als Sackgasse" geändert worden sei. Bei der Bestimmung einer Straße als "Sackgasse" handelt es sich um eine straßenverkehrsrechtliche Regelung (Zeichen 357 nach Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO). Ungeachtet dessen ist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 HStrG hinzuweisen. Nach dieser Bestimmung gilt eine öffentliche Straße mit der Verkehrsübergabe als gewidmet, wenn sie aufgrund eines förmlichen Verfahrens nach einem anderen Gesetz gebaut worden ist. Der Erlass eines Bebauungsplans ist als förmliches Verfahren im Sinne dieser Bestimmung anzusehen. Folglich kann auch der Umfang der - fingierten - Widmung den Festsetzungen des Bebauungsplans entnommen werden (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 16. April 1991 - 2 UE 2858/88 -, juris Rdnr. 25).
II. Der Bebauungsplan ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Er widerspricht weder zwingendem Recht noch verstößt er gegen das Abwägungsgebot.
1. Der Bebauungsplan erweist sich als erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
a. Der Erforderlichkeit kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat angeschlossen hat, dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht. Diese besteht darin, eine Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BVerwGE 146, 137, m.w.N.; Urteil des Senat vom 13. Oktober 2016 - 4 C 962/15.N -, juris Rdnr. 43). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Für die Frage der Erforderlichkeit ist maßgebend, inwieweit der Bauleitplan nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist. Dabei ist die Erforderlichkeit auch dann zu bejahen, wenn sie auf eine städtebauliche Entwicklung bezogen ist. Die Erforderlichkeit kann sich insbesondere durch vorausgehende planerische Entscheidungen der Gemeinde über die örtlich anzustrebenden städtebaulichen Ziele ergeben (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 4 C 21.07 -, juris Rdnr. 17). Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinde, diejenige "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren Ordnungsvorstellungen entspricht (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 4 C 21.09 -, juris Rdnr. 17).
Die Vorgabe des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig ist. Ein solcher Plan vermag die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen (BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 m.w.N.).
In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 21. März 2002, a.a.O.), das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden (BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, a.a.O.).
b. Die Antragsteller gehen zu Unrecht davon aus, es fehle der Antragsgegnerin an einer hinreichenden Planungskonzeption. Das Wohngebiet ist bereits im Flächennutzungsplan als "Wohnbaufläche Planung" dargestellt. Auch der Regionalplan Südhessen legt den Geltungsbereich des Bebauungsplans als "Vorranggebiet Siedlung, Planung" fest. Der Nachweis, dass Wohnbauflächen nur an dieser Stelle des Gemeindegebiets geschaffen werden können, muss im Rahmen Prüfung der Erforderlichkeit nicht erbracht werden.
c. Die Antragssteller vermögen die Erforderlichkeit der Planung auch nicht mit dem Einwand in Frage zu stellen, für ein Wohngebiet bestehe angesichts der abzusehenden Bevölkerungsentwicklung, des Potentials an Innenentwicklungsflächen und der bereits erfolgten Ausweisung weiterer Wohngebiete kein hinreichender Bedarf. Wie oben bereits dargestellt, besitzt die Gemeinde in Bezug auf die Erforderlichkeit der Planung ein sehr weites planerisches Ermessen; sie muss vor einer Planung insbesondere keine "Bedarfsanalyse" anstellen. Zwar mag es an der Vollzugsfähigkeit eines Bebauungsplans dann fehlen, wenn die Planung überdimensioniert ist oder den Marktverhältnissen nicht entspricht, sie also nicht auf Verwirklichung in angemessener Zeit angelegt ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 25. Oktober 2005 - 25 N 04.642 -, BayVBl 2006, 601; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. Januar 2012 - 1 C 10546/11 -, juris Rdnr. 29; Urteil des Senats vom 13. Oktober 2016 - 4 C 962/15.N -, juris Rdnr. 46). Eine solche Planung an den Bedürfnissen des Markts vorbei oder eine Überdimensionierung müssen aber offensichtlich sein, um die Planrechtfertigung in Frage stellen zu können. Es muss offenkundig sein, dass eine Bebauung in dem Umfang, wie sie die Planung ermöglicht, in einem absehbaren Zeitraum nicht erwartet werden kann (so auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14. Februar 2013 - 2 K 122/11 -, BRS 81 Nr. 31). Eine derartige Situation ist hier von den Antragstellern weder substantiiert vorgetragen worden noch ist sie angesichts der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere auch im Rhein-Main-Gebiet, ersichtlich.
d. Der Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB steht auch keine auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit fehlende Vollzugsfähigkeit des Bebauungsplans entgegen. Eine solche Vollzugsunfähigkeit ergibt sich hier nicht aus artenschutzrechtlichen Verboten.
Die Prüfung, ob einem Planvorhaben naturschutzrechtliche Verbote, insbesondere Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG, entgegenstehen, setzt zunächst eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Planbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (Hessischer VGH, Urteil vom 20. März 2014 - 4 C 448/12.N -, juris Rdnr. 68; Urteil vom 22. April 2010 - 4 C 306/09 -, BRS 76 Nr. 5 = BauR 2010, 1531). Aus dem von der Antragsgegnerin eingeholten artenschutzrechtlichen Fachbeitrag der Beratungsgesellschaft Natur dbR, Stand: September 2014, ergibt sich für das Plangebiet östlich der Bundesstraße B 455, dass eine Verletzung oder Tötung von potentiell im Plangebiet vorkommenden besonders geschützten Arten durch eine Bauzeitenregelung ausgeschlossen werden kann. Zum Schutz von Individuen der potentiell vorkommenden Haselmaus ist auf Teilflächen kurzfristig vor Baubeginn eine Baufeldkontrolle vorzunehmen. Sollten sich Vorkommen bestätigen, sind entsprechende Maßnahmen - Vergrämung, ggf. Umsiedlung - einzuleiten. Zum Schutz der im Plangebiet nachgewiesenen Zauneidechse ist eine Vergrämung bzw. Umsiedlung vorzusehen, begleitet durch Aufwertung und Ausdehnung der vorhandenen geeigneten Habitate im näheren Umfeld. Bau- und betriebsbedingte Störungen des nördlich des Plangebiets brütenden Steinkauz führen nicht dazu, dass das Brutpaar sein angestammtes Revier verlässt und sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert, wenn ein Bündel von Vermeidungsmaßnahmen - von Bauzeitenregelungen bis zur Anbringung von Nisthilfen in störungsarmen Bereichen - durchgeführt werden. Eine Beschädigung und Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten kommt zwar für die Zauneidechse, die Haselmaus und die Feldlerche in Betracht. Für diese Arten bleibt jedoch die ökologische Funktion der ggf. betroffenen Lebensstätten angesichts der umgebenden Habitatstrukturen im räumlichen Zusammenhang gewahrt. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen werden allenfalls für die Zauneidechse erforderlich. Nach diesem Gutachten, dessen Richtigkeit von den Antragstellern nicht in Zweifel gezogen wird, hat sich die Antragsgegnerin die hinreichende Gewissheit davon verschafft, dass die Realisierung der planerischen Festsetzungen östlich der Bundesstraße B 455 nicht an den artenschutzrechtlichen Verboten der § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG und § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG in Verbindung mit § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG scheitern wird.
Soweit die Antragsteller rügen, in die artenschutzrechtliche Betrachtung sei das Grundstück Gemarkung C., Flur 13, Flurstück 40 am nördlichen Rand des Plangebiets nicht einbezogen worden, da das Plangebiet nach dem Aufstellungsbeschluss um dieses Grundstück erweitert worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Denn ausweislich der Abbildung 2 des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags aus dem September 2014 geht das Gebiet, das artenschutzrechtlich betrachtet wurde, im Norden weit über das Plangebiet hinaus und bezieht auch das vorgenannte Flurstück ein.
Den Eingriffsbereich westlich der Bundesstraße B 455 hat die Antragsgegnerin erstmals durch den Kurzbericht Artenschutz für die Erschließungsmaßnahme Bierstadt-Nord vom 19. Februar 2019 untersuchen lassen. Auch diese Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass Schädigungs- und Störungsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG durch die Umsetzung der Maßnahme nicht verwirklicht werden, wenn die Rodung von Gehölzen nur außerhalb der Vogelbrutzeit bzw. der Aktivitätszeiten von Fledermäusen vorgenommen wird und vorhandene Baumhöhlen rechtzeitig vor der Rodung kontrolliert und verschlossen werden.
Der Kurzbericht kann in diesem Verfahren auch noch Berücksichtigung finden, obwohl er zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 30. März 2017 noch nicht vorlag. Maßgeblich ist insoweit, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nachgewiesen ist, dass dem Bebauungsplan keine Vollzugshindernisse entgegenstehen. Dem steht die Reglung des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht entgegen, wonach die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses maßgeblich ist. Denn diese Vorschrift gilt nur für die Abwägung (BVerwG, Beschluss vom 8. März 2006 - 4 B 75.05 -, juris Rdnr. 12).
e. Der Bebauungsplan ist auch nicht deshalb vollzugsunfähig, weil die Flächen, die zur Anbindung des Baugebiets an die B 455 notwendig sind, (noch) nicht im Eigentum der Antragsgegnerin stehen. Die Aufstellung von Bauleitplänen bestimmt sich allein nach städtebaulichen Grundsätzen und ist unabhängig davon, ob die planbetroffenen Eigentümer oder sonstigen Berechtigten ihre Grundstücke zur Verfügung stellen (vgl. dazu Schrödter/Wahlhäuser in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 1 Rdnr. 48). Ungeachtet dessen hat der E.-Verlag in einer Vereinbarung mit der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2017/19. Februar 2017 - mithin vor dem Satzungsbeschluss - sein Einverständnis mit der Durchführung vorbereitender Maßnahmen auf den notwendigen Grundstücken erklärt. In einer weiteren vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Antragsgegnerin und dem E.-Verlag vom 12. Juni 2018/20. Juni 2018 hat der E.-Verlag seine Bereitschaft bekundet, die notwendigen Flächen zur Verfügung zu stellen.
In diesem Zusammenhang sei vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht davon ausgegangen ist, dass die Antragsgegnerin bereits Eigentümerin der entsprechenden Grundstücke ist. Auf Blatt 16 der Bebauungsplanbegründung wird ausdrücklich ausgeführt, dass sich die für die äußere Erschließung notwendigen Flächen zurzeit im Privatbesitz befinden.
2. Der Bebauungsplan "Bierstadt-Nord" verstößt nicht gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Der Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans ist im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin überwiegend als "Wohnbaufläche, Planung" dargestellt. Die Wohnbaufläche wird in Nord-Süd-Richtung durch eine dargestellte "Grünfläche, zum Teil mit Freizeiteinrichtungen, Planung" unterbrochen, die im Norden eine Breite von 100 m aufweist. Diese Breite behält die Fläche nach Süden auf einer Länge von ca. 250 m bei. Auf den letzten 50 m weitet sich die Grünfläche bis zum südlichen Rand des Plangebiets trichterförmig bis auf eine Breite von ca. 170 m auf. Die im Bebauungsplan festgesetzte "Grüne Mitte", die im Norden eine Breite von 80 m aufweist und sich nach Süden gleichmäßig bis auf eine Breite von 60 m verjüngt, ist aus dieser Darstellung im Flächennutzungsplan entwickelt worden. Das Entwicklungsgebot ermöglicht der Gemeinde, die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommende planerische Grundkonzeption weiterzuentwickeln. Der Gemeinde wird eine gestalterische Freiheit eingeräumt, die es ermöglicht, über ein bloßes Ausfüllen des Vorgegebenen hinaus eigenständig zu planen. Allerdings muss sich der Bebauungsplan innerhalb der wesentlichen Grundentscheidungen des Flächennutzungsplanes bewegen und damit die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommenden Grundzüge beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1975 - IV C 74.72 -, BVerwGE 48, 70; Urteil vom 29. September 1978 - IV C 30.76 -, BVerwGE 56, 283 [285 f.]). Die hier zu verzeichnende größenmäßige Abweichung der im Bebauungsplan festgesetzten "Grünen Mitte" von der im Flächennutzungsplan dargestellten Grünfläche ist von der der Antragsgegnerin eingeräumten gestalterischen Freiheit gedeckt.
Selbst wenn man dies anders sehen und einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot annehmen wollte, wäre dieser Mangel nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB unbeachtlich. Nach dieser Bestimmung ist es für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne unbeachtlich, wenn § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt wird. Dabei ist - entgegen der Auffassung der Antragsteller - nicht allein auf den Geltungsbereich des Bebauungsplans und die benachbarten Flächen abzustellen. Für die Frage, ob durch den nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplan im Sinne des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt wird, ist die planerische Konzeption des Flächennutzungsplans für den größeren Raum, in der Regel das gesamte Gemeindegebiet, maßgebend (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1999 - 4 CN 6.98 - juris, Rdnr. 21; Hessischer VGH, Urteil 6. November 2000 - 9 N 2265/99 -, juris; Urteil vom 21. März 2005 - 9 N 1630/01 -, juris Rdnr. 78). Dass hier aufgrund der flächenmäßigen Unterschreitung der im Flächennutzungsplan dargestellten Grünfläche die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung für einen größeren Raum oder gar für Wiesbaden insgesamt beeinflusst wird, wird weder behauptet noch ist dies ersichtlich. Selbst wenn die flächenmäßige Reduzierung der "Grünen Mitte" Auswirkungen auf das Kleinklima haben sollte, sind diese jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausführungen des maßgeblichen Gutachters im Termin zur mündlichen Verhandlung schon in der Ortsmitte von Bierstadt nicht mehr spürbar.
3. Der Bebauungsplan erfüllt auch die Anforderungen, die das Abwägungsgebot an eine rechtsstaatlichen Grundsätzen genügende Planungsentscheidung stellt.
Die Vorschriften der §§ 2 Abs. 3, 1 Abs. 7 BauGB verpflichten die Gemeinden, die von ihrer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange vollständig zu ermitteln, zu bewerten und sie gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn in die Abwägung nicht die Belange eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge berücksichtigt werden mussten, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist oder wenn der Ausgleich zwischen diesen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu deren objektivem Gewicht steht. Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bei einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301; Hessischer VGH, Urteil vom 20. März 2014 - 4 C 448/12.N -, juris Rdnr. 84).
a. Die von der Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung vorgenommene Prüfung von Alternativen zur letztlich beschlossenen Planung ist nicht zu beanstanden. Eine generelle Prüfung von Standortalternativen ist im Rahmen der Bauleitplanung - anders als bei der Fachplanung - nicht geboten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. April 2014 ? 4 N 49.13 -, juris Rdnr. 12 m.w.N.). Im Einzelfall kann eine Planungsentscheidung als Folge des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aber defizitär sein und sich auf das Abwägungsergebnis auswirken, wenn sich ernsthaft anbietende Alternativlösungen nicht erwogen worden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 2015 - 4 BN 24.15 -, juris Rdnr. 5). Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass in Wiesbaden ein großer Bedarf an neuem Wohnraum besteht, der nicht allein durch die Schließung von Baulücken oder durch die Arrondierung vorhandener Wohngebiete erreicht werden kann. Neben im Einzelnen aufgeführter Siedlungserweiterungsflächen stellt die Siedlungsfläche in Bierstadt-Nord eine der wenigen größeren und zusammenhängenden Neubauflächen im östlichen Stadtgebiet dar. Demgegenüber handelt es sich bei den von den Antragstellern angeführten Flächen südlich von Bierstadt um solche, die durch Bebauungsplan als vorhandene Kleingärten und wertvolle landwirtschaftliche Flächen gesichert werden bzw. im Geltungsbereich einer Landschaftsschutzverordnung liegen. Dem sind die Antragssteller nicht entgegengetreten. Soweit sie darauf hinweisen, dass Landschaftsschutzverordnungen aufgehoben werden könnten, vermag dies nicht zu belegen, dass es sich bei der entsprechenden Fläche um eine sich ernsthaft anbietende Alternativlösung handelt. Weitergehende Hinweise darauf, dass sich ernsthaft anbietende Alternativlösungen von der Antragstellerin aus sachwidrigen Erwägungen ausgeblendet worden sind, bestehen nicht.
b. Der Antragsgegnerin ist im Zusammenhang mit den Auswirkungen der angegriffenen Planung auf das Mikroklima kein Abwägungsfehler unterlaufen. Sie hat diese Auswirkungen hinreichend ermittelt und bewertet (§ 2 Abs. 3 BauGB). Die Entscheidung, nördlich des Wohngebiets "Wolfsfeld" eine weitere Bebauung zuzulassen, obwohl sich das Kleinklima dort - nördlich der Linie Leipziger Straße/Dresdener Ring - verschlechtert, ist angesichts der im angegriffenen Bebauungsplan vorgesehen Vermeidungsmaßnahmen unter abwägungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden
aa. In Fällen, in denen es keine verbindlichen normativen Vorgaben zur Beurteilung bestimmter planbedingter Auswirkungen auf abwägungsrelevante Belange gibt, richtet sich die von § 2 Abs. 3 BauGB geforderte Ermittlungstiefe wie in vergleichbaren Zusammenhängen nach dem Maßstab praktischer Vernunft. Das bedeutet, dass die Gemeinde zur Abschätzung der planbedingten Auswirkungen nur diejenigen Ermittlungen durchführen muss, die von ihr nach diesem Maßstab in der konkreten Planungssituation verlangt werden können (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. September 2014 - 2 D 87/13.NE -, juris Rdnr. 92; Urteil vom 6. Juli 2012 - 2 D 27/11.NE -, juris Rdnr. 67; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Juli 2018 - 3 S 1507/17 -, juris Rdnr. 64).
bb. Die Klimafunktions- und Klimabewertungskarte der Antragsgegnerin aus dem Jahre 2011 weist das Plangebiet als potenziell aktives Kalt- bzw. Frischluftentstehungsgebiet des Typs Ackerland mit mittlerer Reliefenergie aus. Danach bilden sich in Strahlungsnächten über den Flächen lokale Kaltluftabflüsse in Richtung der Siedlung "Wolfsfeld", wodurch die dortige sommerliche Wärmebelastung vermehrt abgebaut werden kann. Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin die kleinklimatischen Auswirkungen der Zulassung einer Bebauung nördlich des Wohngebiets "Wolfsfeld" eingehend untersuchen lassen. Sie hat ein "Vertiefendes Klimagutachten im Rahmen des Bauleitplanverfahrens 'Wohngebiet Bierstadt-Nord' in Wiesbaden" des Büros ÖKOPLANA vom 23. September 2014 sowie eine "Ergänzende Stellungnahme - Vertiefendes Klimagutachten im Rahmen des Bauleitplanverfahrens 'Wohngebiet Bierstadt-Nord' in Wiesbaden" des Büros ÖKOPLANA vom 5. März 2015 eingeholt.
Nach den Klimagutachten haben die Ergebnisse der durchgeführten Kaltluftabflussberechnungen gezeigt, dass in klimaökologisch besonders relevanten Strahlungsnächten über der südexponierten Hangzone kaltluftinduzierte Hangabwinde entstehen, die in gehölzfreien Hangbereichen Strömungsgeschwindigkeiten von ca. 1.0 bis 2.0 m/s erreichen. Die vertikale Kaltluftmächtigkeit schwankt zwischen ca. 5 m und 14 m. Am nördlichen Bebauungsrand der Siedlung "Wolfsfeld" wird die bodennah zuströmende Kaltluft durch die Bebauung angehoben und strömt teilweise über Dachniveau in Richtung Süden. Dabei kommt sie unter den Einfluss wärmerer Luftschichten, wodurch die abkühlende Wirkung deutlich verringert wird. Zwischen dem Verwaltungsgebäude des E.-Verlages im Westen und dem D.-Altenhilfe-Zentrum im Osten fließen knapp 3.000 m³/s Kaltluft ab. Die von der Kaltluft ausgehenden Belüftungseffekte beschränken sich allerdings auf die Siedlung "Wolfsfeld".
Laut VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003) ist bei Kaltluftströmungen eine Verringerung der Abflussvolumina oder der Abflussgeschwindigkeit von mehr als 10 % gegenüber dem Ist-Zustand als "gravierender Eingriff" mit nachteiligen Folgen im Kaltluftzielgebiet zu bewerten. Prozentuale Änderungen gegenüber dem Ist-Zustand zwischen 5 % und 10 % sind als "mäßige Auswirkung" zu bewerten. Bei Werten unter 5 % sind im Allgemeinen nur "geringe klimatische Auswirkungen" im Kaltluftzielgebiet zu erwarten. Die Klimabegutachtung durch das Büro ÖKOPLANA kommt zu der Schlussfolgerung, dass bei Realisierung des vorgelegten städtebaulichen Entwurfs, der eine sich trichterförmig verjüngende "Grüne Mitte" vorsieht (107,0 m bis 72.5 m) am Übergang zur bestehenden Siedlung "Wolfsfeld" zwischen E.-Verlag und D.-Altenhilfe-Zentrum mit einem Verlust an Kaltluftvolumen von ca. 12 % zu rechnen ist. Südlich der Linie Leipziger Straße/Dresdener Ring beträgt der Verlust an Kaltluftvolumenstrom dagegen nur noch ca. 2 %, da die Bestandsbebauung bereits als Strömungshindernis fungiert. Die Ergebnisse zeigen somit, dass sich mäßige bis gravierende klimatische Folgeerscheinungen auf den unmittelbaren nördlichen Randbereich der Siedlung "Wolfsfeld" beschränken. Da von den deutlichen klimatischen Modifikationen - leicht verzögerte und abgeschwächte nächtliche Abkühlung - kein intensiv überwärmtes und großflächig schwach belüftetes Siedlungsgebiet betroffen ist, kann nach Einschätzung des Gutachters der Verlust an Kaltluftzufluss aus klimaökologischer Sicht noch akzeptiert werden. Die Planung nehme somit die Forderung von Seiten der Klimaökologie auf, die Barrierewirkung für lokale und regionale Kaltluftbewegungen nicht gravierend zu erhöhen. Mit der Aufweitung der "Grünen Mitte" im nördlichen Teilbereich auf 107.0 m werde die Verengung auf 72.5 m im Süden weitgehend aufgefangen.
Um die Reduktion des Kaltluftvolumenstroms auch am nördlichen Bebauungsrand der Siedlung "Wolfsfeld" von 12 % zu minimieren, empfehlen die Klimagutachten aus klimaökologischer Sicht im südlichen Teilbereich der "Grünen Mitte" eine trichterförmige Öffnung auf ca. 120 m. Auch zusätzliche Ventilationsflächen im Bereich der westlich und östlich angrenzenden Doppelhaus- und Reihenhausstrukturen könnten die Belüftungsintensität im Bereich "Wolfsfeld" wirksam steigern (siehe Abbildung 1 der "Ergänzende Stellungnahme - Vertiefendes Klimagutachten im Rahmen des Bauleitplanverfahrens 'Wohngebiet Bierstadt-Nord' in Wiesbaden"). Zusätzliche Kaltluftleitbahnen bildeten die Erschließungsstraßen in Nord-Süd-Richtung, sowie die angedachte ca. 19 m bis 28 m breite Grünachse (mit Erschließungsweg) nördlich des Mehrgenerationenhauses. Der vorgelegte städtebauliche Entwurf "Bierstadt-Nord" lasse insgesamt keine gravierenden Negativeffekte erwarten, die einer Realisierung entgegenstünden. Der Entwurf ermögliche die Ausbildung eines günstigen Eigenklimas und die Sicherung der wesentlichen Belüftungseffekte in der Bestandsbebauung des Planungsumfeldes. Er stehe nicht in Widerspruch zum stadtklimatischen Leitbild des Landeshauptstadt Wiesbaden. Mit der Schaffung von zwei zusätzlichen Ventilationsflächen mit Breiten von ca. 25 m östlich und westlich der "Grünen Mitte" könne die Reduktion des Kaltluftvolumenstroms gegenüber dem Ist-Zustand auf ca. 10,6 % reduziert werden. Dabei werde vorausgesetzt, dass im Bereich der zusätzlichen Ventilationsflächen auch keine Nebenanlagen (Garagen, Carports) ermöglicht würden. Sollten an die benachbarten Wohngebäude Stellplätze anschließen, so seien diese allenfalls mit Rasengittersteinen zu befestigen. Asphaltbeläge seien in den neuen Gebäudezwischenräumen auszuschließen.
cc. Die von den Antragstellern gegen die Richtigkeit der Klimagutachten erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
(1) Die von den Antragstellern erhobenen methodischen Einwände gegen die Klimagutachten überzeugen nicht. Nach den Angaben des Gutachters, die dieser im Termin zur mündlichen Verhandlung nochmals erläutert hat, sind die auf der Grundlage eines erkenntnistheoretischen Ansatzes beruhenden Annahmen zu den lokalen Kaltluftbewegungen mit dem anerkannten mesoskalischen Kaltluftabflussmodell KLAM_21 des Deutscher Wetterdienst vertieft bzw. konkretisiert worden. Dabei wird auch das Planungsumfeld betrachtet. Regional angelegte Ausgleichsströmungen zwischen Taunus und Rhein-Main-Ebene/Wiesbadener Bucht wurden berücksichtigt. Eine mikroskalische Betrachtung der Klimaverhältnisse ist demgegenüber derzeit mit gängigen Kaltluftabflussmodellen nicht möglich. Bei den (mesoskalischen) Kaltluftabflussmodellen können zwar Einzelhindernisse eingestellt werden. Demgegenüber kann eine detaillierte Baustruktur nicht sinnvoll in ein 10 Meter-Raster, das den mesoskalischen Kaltluftmodellen zugrunde liegt, überführt werden. Siedlungen und gewerbliche Flächen werden daher in diesen Modellen als teilweise durchströmbare (poröse) Hindernisse berücksichtigt. Damit gelingt es zwar, die großflächige Strömungsverdrängung von Siedlungskörpern in ihrer Gesamtheit in Übereinstimmung mit Beobachtungen zu modellieren, die Auswirkungen einzelner Gebäude können jedoch nicht abgebildet werden. Dies bestätigt im Übrigen auch die von den Antragstellern in das Verfahren eingeführte Stellungnahme von Prof. Dr. Bruse in der E-Mail vom 31. Mai 2017 an den Antragsteller zu 1.
Im Übrigen weist der Gutachter darauf hin, dass eine markante weitreichende Hinderniswirkung von einzelnen Baukörpern, wie sie beispielsweise in Talzügen mit hochreichender Kaltluft auftreten kann, im Geltungsbereich des hier angegriffenen Bebauungsplans am Übergang zur Bestandsbebauung im Süden nicht zu erwarten ist. Damit ist der von ÖKOPLANA gewählte Ansatz geeignet, die Beeinträchtigung der kaltluftbedingten Lüftung durch lokale und regionale Strömungsprozesse hinreichend abzubilden. Eine "mikroskalische Untersuchung" kann nach dem eingangs dargestellten Maßstab der praktischen Vernunft nicht verlangt werden.
(2) Die Klimagutachten halten dem Einwand stand, vorangegangene klimaökologische Untersuchungen, die auch den Bereich Bierstadt beträfen, würden nicht berücksichtigt. Ausweislich Blatt 2 des Gutachtens vom 23. September 2014 wurden die qualitative und quantitative Bewertung der derzeitigen klimaökologischen Situation sowie die Abschätzung des Einflusses der vorgesehenen Bebauung auf das örtliche klimatische Wirkungsgefüge auf Grundlage vorhandener Klimadaten vorgenommen. Diese vorhandenen Klimadaten wurden den Klimaanalysen Wiesbaden (1993) und Wiesbaden (1994) des Büros TARAXACUM, Kassel, sowie dem Fachgutachten Klimabewertung - Auswirkungen des Alten- und Pflegeheims in Wiesbaden - der Universität Kassel aus dem Jahre 2005 entnommen. Ferner wurde der Luftreinhalteplan Rhein-Main 1981/2005 berücksichtigt.
(3) Auch der Einwand der Antragsteller, das Gutachten sei widersprüchlich, weil selbst bei Umsetzung der vorgeschlagenen Optimierungsmaßnahmen die Reduktion des Kaltluftvolumenstroms noch bei 10,6 % und damit oberhalb des "Grenzwerts" der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), von 10 % liege, sodass die Begutachtung nicht zu dem Ergebnis hätte kommen dürfen, dass gegen die Planung aus klimaökologischer Sicht keine Bedenken bestünden, greift nicht durch. Mit diesem Einwand verkennen die Antragsteller, dass es sich bei dem in der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), genannten Wert nicht um einen gesetzlichen Grenzwert handelt, der zwingend einzuhalten ist. Gerade in Ermangelung gesetzlich zwingender Vorgaben zur Bewertung der durch die Planung zu erwartenden Beeinträchtigungen des Kaltluftstromes ist auf die in der VDI-Richtlinie 3787, Bl. 5 (Umweltmeteorologie, Lokale Kaltluft) enthaltenen Einschätzungen zurückzugreifen. Hiernach sind die planerischen Auswirkungen bezogen auf einen Kaltluftvolumenstrom von etwa 10.000 m³/sec bei einer Reduktion um mehr als 10 % als hoch anzusehen und meist negativ zu bewerten. Dieser Grenzziehung kommt aber gerade kein verbindlicher Charakter zu, sondern er stellt sich als auf fachkundiger Grundlage beruhender Vorschlag für eine Bewertung der Reduzierung des Kaltluftabflusses dar (vgl. Nr. 5.3 der VDI Richtlinie 3787, Blatt 5 [2003]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Oktober 2010 - 8 C 10150/10 -, juris Rdnr. 117).
Dies bedeutet, dass in begründeten Einzelfällen eine Planung abwägungsfehlerfrei sein kann, die zu einer Reduktion des Kaltluftvolumenstroms von - wie hier - mehr als 10 % führt. Vor allem in Ballungsräumen mit einem großen Bedarf an neuen Wohnbauflächen ist es unter Umständen nicht zu vermeiden, Bereiche zu bebauen, auch wenn die Bebauung zu einer mehr als mäßigen Verminderung von Kaltluftströmen führen kann. Es kann daher im Einzelfall zulässig sein, Wohnbauflächen in kleinklimabedeutsame Bereiche zu planen, die hohe Auswirkungen auf das Mikroklima haben. Die VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), kann bei der Bauleitplanung lediglich als Orientierungshilfe bzw. als grober Anhalt herangezogen werden. Sie stellt selbst darauf ab, dass die Einhaltung der Zielwerte "wünschenswert" sei. Im Hinblick hierauf richtet sich das Ausmaß der Reduktion des Kaltluftvolumenstroms, das den Bewohnern eines bestehenden Wohngebiets zugemutet werden darf, nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Von der planenden Gemeinde ist aber zu beachten, dass die für die Planung eines Wohngebiets angeführten städtebaulichen Gründe umso gewichtiger sein müssen, je mehr die Reduktion des Kaltluftvolumenstroms den Zielwert der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), für die Reduktion des Kaltluftvolumenstroms von 10 % überschreitet.
Im Hinblick hierauf durfte die Antragsgegnerin die Belange der Bewohner des Wohngebiets "Wolfsfeld" nördlich der Linie Leipziger Straße/Dresdener Ring in der Weise berücksichtigen, dass sie ihr Planungsziel unter Umsetzung der gutachterlich vorgeschlagenen Optimierungsmaßnahmen auf eine nahezu erfolgende Einhaltung des Zielwerts der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), ausrichtet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass von der geringfügigen Zielwertüberschreitung nur die Bewohner des Wohngebiets "Wolfsfeld" betroffen sind, die nördlich der oben angeführten Linie wohnhaft sind. Zum anderen hat die Antragsgegnerin in ihrer Planbegründung berechtigte städtebauliche Gründe angeführt, die die geringe Zielwertüberschreitung in dem überschaubaren Gebiet rechtfertigen. Diese ergeben sich insbesondere aus der erheblichen Nachfrage nach neuen Wohnbauflächen in ihrem Stadtgebiet, die bereits dazu geführt hat, dass der Geltungsbereich des Bebauungsplans im Regionalplan Südhessen 2010 als "Wohnbaufläche, Planung" festgelegt wurde. Seit dieser Zeit hat sich die Bedarfssituation nach Kenntnis des Senats noch verschärft.
(4.) Soweit die Antragsteller die Vorschläge zur Optimierung der lokalen Belüftung als nicht plausibel kritisieren, haben die Erläuterungen des Gutachters im Termin zur mündlichen Verhandlung ergeben, dass insbesondere auch die beiden zusätzlichen Ventilationsflächen im Bereich der östlich und westlich an die zentrale Grünachse angrenzenden Gebäudestrukturen, die im Bebauungsplan mit A 20 gekennzeichnet sind, eine den Eingriff mindernde Funktion haben, selbst wenn sie dreiseitig von Bebauung umgeben sind. Denn hinter der nördlich der Ventilationsflächen befindlichen Bebauung sinkt die Kaltluft auf Bodennähe und vermag deshalb die Kaltluftversorgung des nördlichen Bereichs des Baugebiets "Wolfsfeld" zu verbessern. Dass diese beiden Ventilationsflächen als Stellplätze nutzbar sind, führt nach den Angaben des Gutachters im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht zu einer signifikanten Minderung der vorbeschriebenen klimaökologischen Wirkung.
dd. Die Vorschläge zur Verminderung der Reduzierung des Kaltluftstroms wurden im Bebauungsplan umgesetzt, sodass die Antragsgegnerin davon ausgehen durfte, dass auch im Bereich nördlich einer gedachten Linie Leipziger Straße/Dresdener Ring der Zielwert der VDI-Richtlinie 3787, Blatt 5 (2003), für die Reduktion des Kaltluftvolumenstroms mit 10,6 % nur geringfügig überschritten wird.
Die "Grüne Mitte" weist zwar, wenn man auf die festgesetzte Grünfläche abstellt im Norden lediglich einen Breite von 80 m und im Süden eine Breite von 60 m auf. Dies ist jedoch unerheblich, da auch die privaten Hausgärten den "Ventilationsflächen" zuzurechnen sind. Dies hat der Gutachter im Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt. Von Baugrenze zu Baugrenze beträgt die Breite der "Grünen Mitte" im Norden geringfügig mehr als 100 m und im Süden ca. 85 m. Die Tatsache, dass auch auf den nichtüberbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen errichtet werden dürfen (§ 23 Abs. 5 BauNVO), führt nach den Angaben des Gutachters im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht zu einer erheblichen Einschränkung deren kleinklimatischer Funktion. Dies gilt umso mehr, als nach Nr. A. 5.9 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nebenanlagen im Sinne des § 14 Abs. 1 BauNVO auf den nichtüberbaubaren Grundstücksflächen nur bis zu einem umbauten Raum von maximal 20 m³ je Grundstück zulässig sind. Die teilweise versetzte Anordnung der Gebäude entlang der "Grünen Mitte" bewirkt ebenfalls keine bedeutsame Minderung der das Kleinklima schützenden Funktion dieser Fläche.
Die vom Gutachter vorgeschlagenen zusätzlichen Ventilationsflächen im Bereich der östlich und westlich an die "Grüne Mitte" angrenzenden Gebäudestrukturen (vgl. Abb. 1 des Gutachtens vom 5. März 2015) sind in der empfohlen Breite von mindestens 20 m in der Planurkunde festgesetzt worden. Auch hier ist die Breite zwischen den Baugrenzen maßgeblich. Auf diesen Flächen sind nach A Nr. 5.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans bis zu 20 nichtüberdachte Stellplätze zulässig. Nach B 4.1 der textlichen Festsetzungen sind die Stellplatzflächen mit versickerungsfähigen Belägen herzustellen.
Die weitere in Nord-Süd-Richtung verlaufende Kaltluftleitbahn im östlichen Plangebiet hat die im Umweltbericht angegebene und im Klimagutachten geforderte Breite von mindestens 20 m. Auch insoweit ist das Maß zwischen den Baugrenzen maßgeblich.
Soweit die Antragsteller kritisieren, dass entgegen den Empfehlungen im Klimagutachten vom 23. September 2014 in den Teilgeltungsbereichen WA 2 b westlich und östlich der "Grünen Mitte" die Gebäudehöhe nicht auf drei Geschosse beschränkt worden sei, sondern drei Vollgeschosse mit Dachgeschoss mit einer Gebäudehöhe von bis zu 13 m zugelassen würden, führt auch dies nicht zu einem Abwägungsfehler. Nach der Ergänzenden Stellungnahme von ÖKOPLANA vom 5. März 2015 ergeben sich daraus keine relevanten zusätzlichen Negativwirkungen auf die ortsspezifischen klimaökologischen Funktionsabläufe, da im Rahmen der Modellrechnungen für eine dreigeschossige Bebauung entlang der Grünachse auch im Rahmen der früheren Untersuchung bereits von eine Gebäudehöhe von 12 m ausgegangen worden ist. Dies hat der Gutachter im Termin zur mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt.
c. Die von den Antragstellern im Zusammenhang mit der Untersuchung des durch das neue Baugebiet erzeugten Mehrverkehrs behaupteten Abwägungsfehler sind nicht gegeben. Die geäußerten Zweifel an dem in der Verkehrsuntersuchung der mociety consult GmbH vom 26. Juni 2013 prognostizierten durch das neue Baugebiete generierten Verkehrsaufkommen sind unbegründet.
Die Verkehrsuntersuchung (Stand: 26. Juni 2013) legt ein Wohngebiet mit bis zu 480 Wohneinheiten zugrunde. Darin liegt insoweit eine deutliche Überschätzung, als die Planbegründung lediglich von ca. 425 Wohneinheiten ausgeht. Im Übrigen nimmt der Gutachter die Abschätzung des Mehrverkehrs nach den Vorgaben in den "Hinweisen zur Schätzung des Verkehrsaufkommens von Gebietstypen" der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen - Arbeitsgruppe Verkehrsplanung -, Ausgabe 2006" (im Folgenden: FGSV-Hinweise) vor, die nach wie vor den aktuellen Stand der Verkehrswissenschaft wiedergeben und vom Senat anerkannt sind (vgl. bspw. Urteil vom 17. August 2017 - 4 C 2760/16.N. -, juris Rdnr. 29). Der Gutachter geht von 2,3 Personen je Wohneinheit aus. Je Bewohner hat er 4,0 Wege pro Tag angenommen. Den Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV-Anteil) veranschlagt die Verkehrsuntersuchung mit 60 %. Ferner wird ein bewohnerbezogener Wirtschaftsverkehr von 0,05 Kfz/Tag und Einwohner angesetzt.
Wenn die Antragsteller den MIV-Anteil mit 60 % als zu niedrig bemessen kritisieren, vermag dies nicht zu überzeugen. Nach Nr. 3.2.5 der FGSV-Hinweise liegt der Anteil der Wege, die in einem Wohngebiet mit Pkw als Fahrer oder Mitfahrer unternommen werden zwischen 30 % und 70 %. Damit liegt die Schätzung des MIV-Anteils im oberen Bereich. Dass ein noch höherer Anteil hätte in Ansatz gebracht werden müssen, lässt sich den Angaben der Antragsteller auch nach entsprechender Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht entnehmen.
Die Verkehrsuntersuchung prognostiziert einen durch das neue Baugebiet erzeugten Mehrverkehr von 2.340 Kfz/24h. Unter Berücksichtigung der in der Tabelle 4.1 auf Seite 12 der Schalltechnischen Untersuchung vom 3. November 2016 dargestellten Zahlen verteilt sich dieser Mehrverkehr auf die das neue Baugebiet erschließenden Straßen wie folgt:direkte Anbindung an die B 455 1.458 Kfz/24h (63,3 %),Wittenberger Straße 661 Kfz/24h (28,3 %),Eisenacher Straße 221 Kfz/24h (9,4 %).Unter Berücksichtigung der erläuternden Ausführung des maßgeblichen Gutachters im Termin zur mündlichen Verhandlung erachtet der Senat diese Aufteilung für angemessen. Die Antragsteller haben nicht in Zweifel gezogen, dass der Großteil des durch das neue Baugebiet entstehenden Individualverkehrs über die direkte Anbindung des Baugebiets an die B 455 abgewickelt wird. Soweit sie die Aufteilung der verbleibenden Verkehrsbewegungen von 882 Kfz/24h auf die Wittenberger Straße und die Eisenacher Straße kritisieren, vermag auch dies die angestellte Verkehrsprognose nicht in Zweifel zu ziehen. Angesichts des Umstandes, dass die Bundesstraße B 455, die den Ortsteil Bierstadt mit dem überörtlichen Verkehr verbindet, und auch das Zentrum Wiesbadens westlich des Baugebiets "Bierstadt-Nord" liegen, ist es durchaus plausibel und nachvollziehbar, dass diejenigen Fahrten aus dem Baugebiet heraus, die nicht über die direkte Anbindung an die B 455 führen, über die westlich gelegene Wittenberger Straße abgewickelt werden. Denkbar ist allenfalls, dass die Bewohner der Gebäude, die östlich der "Grünen Mitte" und südlich der von Osten nach Westen verlaufenden Erschließungsstraße liegen, das neue Baugebiet über die Eisenacher Straße verlassen und anfahren werden. Lediglich für diejenigen Bewohner der östlich der "Grünen Mitte" errichteten Gebäude, die ein Ziel östlich des Dresdener Rings aufsuchen wollen, erscheint die Benutzung der Eisenacher Straße überhaupt sinnvoll. An dieser Betrachtung vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass sich südöstlich des Plangebiets an der Rostocker Straße diverse nahegelegenen Einkaufsmöglichkeiten befinden. Ausweislich des vorliegenden Stadtplans sowie der Erläuterungen des Gutachters im Termin zur mündlichen Verhandlung, wird die Rostocker Straße von Süden über die K 659 (Am Wolfsfeld) angefahren. Somit wird sich auch nur für die Bewohner des Bereichs östlich der "Grünen Mitte" der Weg über die Eisenacher Straße in die Rostocker Straße als gleichwertige Alternative zur Benutzung der Wittenberger Straße darstellen. Somit ist die Annahme, dass ca. 9,4 % der durch das neue Baugebiet erzeugten Verkehrsbewegungen über die Eisenacher Straße abgewickelt werden, plausibel und nachvollziehbar.
d. Soweit die Antragsteller bezweifeln, dass die auf die Verkehrsuntersuchung aufbauende "Schalltechnische Untersuchung" der Ingenieurgesellschaft Dr. F. vom 3. November 2016, gegen deren Richtigkeit im Übrigen keine Einwendungen erhoben werden, Gegenstand der Abwägung geworden ist, ist dem nicht zu folgen. Die Untersuchung wird zwar in der Aufzählung der Fachbeiträge und Gutachten unter Nr. 5 der Begründung des Bebauungsplans nicht aufgeführt. Die Schalltechnische Untersuchung vom 3. November 2016 wird jedoch auf Blatt 14 der Begründung im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Anbindung des neuen Wohngebiets an die vorhandenen Verkehrsanlagen ausdrücklich genannt.
e. Auch mit ihrem Einwand, die Entwässerung des Plangebiets und der einzelnen Grundstücke sei unklar geblieben und eine abschließende Prüfung der Aufnahmefähigkeit der vorhandenen Kanäle in der Eisenacher Straße und der Wittenberger Straße sei unterblieben, zeigen die Antragsteller keinen Abwägungsfehler auf.
aa. Die Abwasserbeseitigung gehört zu den Belangen, die nach Lage der Dinge regelmäßig in die nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotene Abwägung einzustellen sind (vgl. auch § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. e BauGB). Abwasser, zu dem auch das Niederschlagswasser gehört (vgl. § 55 Abs. 2 WHG), ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird (§ 55 Abs. 1 WHG). Zur Beachtung dieser allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und den Eigentumsschutz hat die Gemeinde schon bei der Planung und nicht erst bei der bauordnungsrechtlichen Prüfung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens Gefahrensituationen zu ermitteln und in die planerische Abwägung einzustellen, die als Folge der Planung entstehen oder verfestigt werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 CN 14.00 -, juris Rdnr. 13). Der Planung muss eine Erschließungskonzeption zugrunde liegen, nach der das im Plangebiet anfallende Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen diesseits und jenseits der Plangrenzen keinen Schaden nehmen. Dadurch wird der bauleitplanerischen Gestaltungsfreiheit eine mit einer "gerechten Abwägung" nicht überwindbare Grenze gesetzt. Erforderlichenfalls hat die Gemeinde Vorkehrungen zu treffen, durch die sichergestellt wird, dass die Beeinträchtigungen jedenfalls auf das Maß zurückgeführt werden, das die Schutzgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch zulässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 ? 4 CN 14.00 -, juris Rdnr. 15, m.w.N.).
bb. Im Zusammenhang mit der Behandlung des Niederschlagswassers ergibt sich aus der Planbegründung (S. 17), dass für das Baugebiet in einem früheren Projektstadium eine umfangreiche entwässerungstechnische Vorplanung mit begleitender Baugrunderkundung durchgeführt worden ist. Auf der Grundlage eines städtebaulichen Entwurfs/Rahmenplans und des Bebauungsplanvorentwurfs sind konkrete Berechnungen der zu erwartenden Abflussmengen durchgeführt worden. Danach war beabsichtigt, das Oberflächenwasser, das auf den öffentlichen Verkehrsflächen anfällt, in der "Grünen Mitte" in offenen Mulden zurückzuhalten. Sodann sollte es zeitversetzt abgeführt und in das vorhandene Abwassersystem von Bierstadt eingeleitet werden. Eine Versickerung im Plangebiet - so die Planbegründung - konnte aufgrund der schlechten Versickerungsfähigkeit des Bodens nicht durchgeführt werden. Für dieses Konzept sind in der öffentlichen Grünfläche Flächen für die Regelung des Wasserabflusses festgesetzt worden. Das Oberflächenwasser der im östlichen Plangebiet vorgesehen Straßen sollte in einem Staukanal unter der Straßenverkehrsfläche und das auf den Dachflächen und den versiegelten Grundstücksflächen anfallende Regenwasser auf den jeweiligen Grundstücken zurückgehalten und gedrosselt in das Abwassersystem eingeleitet werden. Die Überläufe der jeweiligen Regenrückhalteanlagen sollten sodann an den Schmutzwasserkanal angeschlossen werden. Um Schäden auf den Wohngrundstücken am nördlichen Siedlungsrand durch das Oberflächenwasser der landwirtschaftlichen Flächen nördlich des Baugebiets zu vermeiden, sind an den nördlichen Grundstücksgrenzen Mulden vorgesehen, deren Abfluss ebenfalls in die "Grüne Mitte" geführt wird.Die Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung haben ergeben, dass zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses der Planung das geschilderte Entwässerungskonzept zugrundlag und dass dieses Konzept auch zu einer gefahrlosen Beseitigung des anfallenden Niederschlagswassers geeignet war. Insoweit wird auch auf den im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichten Entwässerungsplan vom 10. Oktober 2016 verwiesen.Den Antragstellern ist zwar zuzugestehen, dass im Umweltbericht (S. 38) von einem dezentralen Regenwassermanagement, mit dem Ziel, das gesamte anfallende Regenwasser auf dem Gelände zurückzuhalten und zu versickern, die Rede ist. Angesichts der detaillierten Ausführungen zur Oberflächenwasserentsorgung, die sich in der Planbegründung unter dem Gliederungspunkt "Behandlung des Niederschlagswassers" befinden, ist davon auszugehen, dass es sich der Aussage im Umweltbericht um eine offensichtlich versehentliche fehlerhafte Darstellung handelt, die keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans hat.
cc. Es erweist sich auch nicht als abwägungsfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Beseitigung des Oberflächenwassers - mit Ausnahme der Flächen für die Regulierung des Wasserabflusses in der "Grünen Mitte" - keine Festsetzungen getroffen hat, sondern das vorgesehene Entwässerungskonzept erst bei der Erschließung und Bebauung des Gebiets zu beachten ist. Der sachgerechte Umgang mit Abwässern gehört zwar - wie oben bereits ausgeführt - zu den abwägungsrelevanten Belangen (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. e BauGB). Der Planung muss eine Konzeption zugrunde liegen, nach der das im Plangebiet anfallende Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass Belange der Planbetroffenen innerhalb und außerhalb des Plangebiets nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Die Antragsgegnerin hat die abwägungsrelevanten Belange im Hinblick auf die Niederschlagswasserbeseitigung zutreffend ermittelt. Hierzu lagen eine entwässerungstechnische Grundsatzplanung im Auftrag der Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden durch das Büro BGS Wasser aus dem Dezember 2011, eine Baugrunduntersuchung zur Versickerungsfähigkeit - 1. Bericht der Dr. Hug GeoConsult GmbH aus dem Februar 2010 -, eine Verdichtende Baugrunduntersuchung, - 2. Bericht, Dr. Hug GeoConsult GmbH aus dem Januar 2011 - sowie der Vorentwurf der Oberflächenentwässerung, HPC Aachen aus dem April 2015 vor. Daraus ergibt sich, dass das in der Planbegründung dargestellte Entwässerungskonzept machbar ist und die an es zu stellenden Anforderungen erfüllt (vgl. auch Gutachten aus dem Dezember 2011 - Kurzfassung -, Seite 16), was auch die entsprechende Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Dies genügt unter abwägungsrechtlichen Gesichtspunkten.Die Antragsteller bemängeln schließlich, dass derzeit eine Veränderung dieses Abwasserkonzepts erwogen werde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ? entsprechend den obigen Ausführungen - die Abwasserbeseitigung zu den Belangen zählt, die in die nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotene Abwägung einzustellen sind. Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan als Satzung maßgebend. Infolgedessen ist maßgeblich, dass zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ein Konzept vorlag, das geeignet war, den durch die Planung hervorgerufenen Konflikt zu bewältigen. Ob und wie dieses Konzept - wie die Antragsgegnerin ausführt aus Kostengründen - verändert oder gar optimiert wird, tangiert die Wirksamkeit des Bebauungsplans nicht.Schließlich hat die Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlungen auch ergeben, dass das vorhandene Kanalnetz geeignet ist, das im Plangebiet anfallende Schmutzwasser und auch das nach dem Entwässerungskonzept zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses anfallende Oberflächenwasser aufzunehmen. Den entsprechenden Darlegungen der Antragsgegnerin sind die Antragsteller nicht entgegengetreten.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 VwGO liegen nicht vor.Streitwertbeschluss:Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 40.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Das Interesse an einem Obsiegen in einem Normenkontrollverfahren bewertet der Senat in ständiger Rechtsprechung mit 20.000,00 € je bebautem Grundstück. Da der Antragsteller zu 1. Eigentümer eines bebauten Grundstücks ist und die Antragsteller zu 2. und 3. Eigentümer eines weiteren bebauten Grundstücks sind, ist der Streitwert auf 40.000,00 € festzusetzen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).