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LAG Köln, Urteil vom 10.05.2017 - 11 Sa 72/16

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil desArbeitsgerichts Köln vom 05.11.2015 - 5 Ca 3194/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Übergangsversorgung und Altersversorgung.

Die Klägerin ist am . .19 geboren, die Beklagte ist eine deutsche Luftverkehrsgesellschaft.

Mit Schreiben vom 27.01.1989 teilte die Firma C A I (C ), eine l Frachtfluggesellschaft, an der die Beklagte zu 25 % beteiligt war, der Klägerin u. a. mit, dass sie von der der G C S GmbH (G ) als Kandidatin einer Grundschulung ausgewählt worden sei, die mit dem 01.12.1989 beginne. Die G war eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten. In der Anlage des Schreibens war mit der Bitte um Gegenzeichnung ein Arbeitsvertrag mit Datum 26.01.1989 mit der S. (S ), die ihren Sitz in M hatte, beigefügt, wonach die Klägerin ab dem 01.12.1989 als Erste Offizierin eingestellt wurde. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 27.01.1989 nebst Anlage wird auf Bl. 341 ff. d .A. verwiesen. Der Anstellungsvertrag wurde von der Klägerin unterzeichnet.

Im Jahre 1990 verpflichtete sich die G gegenüber dem Landesarbeitsamt im Zuge laufender Ermittlungen wegen möglicher unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung, fliegendes Personal nicht mehr aufgrund ausländischer Arbeitsverträge einzusetzen.

Zum 01.01.1991 begründete die Klägerin sodann ein Arbeitsverhältnis mit der G als Erster Offizier auf dem Flugzeugmuster D auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 28.09.1990 (Bl. 120 f. d. A.). Als fiktives Eintrittsdatum wurde der Eintritt in die G -Operation vereinbart, die Rechte und Pflichten sollten sich gemäß § 2 des Anstellungsvertrags aus der Beschäftigungsordnung der G und den jeweils gültigen Dienstvorschriften ergeben. Die Klägerin hat den Arbeitsvertrag in unterschriebener Form an die G mit Anschreiben vom 27.12.1990 (Bl. 443 d. A.) übersandt. Sie nahm den Anstellungsvertrag unter dem Vorbehalt an, dass nicht bereits aufgrund der bisherigen Beschäftigung ein Arbeitsverhältnis mit der G aufgrund der Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zustande gekommen sei. Gemäß Schreiben der G vom 28.12.1990 (Bl. 122 d. A.) bezieht sich das fiktive Eintrittsdatum auf die Urlaubs- und Kündigungsregelung. Es werde auch bei zukünftigen Arbeitsvertragsbestandteilen, für die ein Eintrittsdatum sinnvoll wäre, angewendet.

Hinsichtlich der Einzelheiten der Beschäftigungsordnung für das Cockpitpersonal der G mit Stand 01.09.1990 wird auf Bl. 765 ff. d. A., wegen der Einzelheiten des Personalstatuts für das fliegende Personal der G , Ausgabe 1992, wird auf Bl. 770 ff. d. A. verwiesen.

Die G wurde u. a. auch von der Beklagten mit der Durchführung von Frachtflügen beauftragt.(*1) Die Personalverwaltung oblag gegen Kostenerstattung dem zentralen Personaldienst der Beklagten. Die Flugdienstleiter der G waren bei der Beklagten angestellt, das Flugbetriebshandbuch der G entsprach inhaltlich dem Flugbetriebshandbuch der Beklagten. Zur betrieblichen Struktur der GCS wird auf das von der Klägerin eingereichte Organigramm 1989 (Bl. 431 d.A.) verwiesen. Zwischen der G und der Beklagten bestand ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsbetrag.

Weder die S noch die G verfügten über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.

Am 27.11.1994 wurde die Klägerin zur Kapitänin ernannt.

Am 15.01.1996 hat die Klägerin einen Arbeitsvertrag mit der L AG (L , Bl. 117 ff. d. A.) ab dem 01.01.1991 als Flugzeugführerin geschlossen. Als fiktives Eintrittsdatum wurde der 01.12.1989 vereinbart.

Die L bestimmte mit Schreiben vom 20.02.1996 (Bl. 839 f. d. A.) den 01.12.1989 als Senioritätsdatum.

Ab dem Jahre 1998 flog die Klägerin auch den Flugzeugtyp B .

In dem Zeitraum vom 01.10.2002 bis zum 31.05.2013 stand die Klägerin als Flugzeugführerin in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrags vom 01.10.2002 wird auf Bl. 115 f. d. A. verwiesen. Sie wechselte auf ein Flugzeug des Typs A . Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten endete aufgrund Dienstuntauglichkeit.

Unter dem 17.04.2013 gab die Beklagte gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund den Beschäftigungsbeginn mit dem 01.01.1991 an (Bl. 837 d. A.).

Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten ab dem 01.12.1989, hilfsweise ab dem 01.01.1991, sowie die Verpflichtung einer Übergangsversorgung und einer Betriebsrente aufgrund der bei der Beklagten geltenden tariflichen Regelungen unter Beachtung der genannten Eintrittsdaten begehrt.

Hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren thematisierten tariflichen Regelungen wird aus Übersichtsgründen wie folgt verwiesen:

-          Tarifvertrag Betriebliche Altersversorgung für ehemalige G -Mitarbeiter der L vom 01.07.1999 (Bl. 200 ff. d. A.)

-          Ergänzungstarifvertrag zum Versorgungstarifvertrag Nr. 3 vom 10.05.1994 (Bl. 123 ff. d. A.)

-          10. Änderungs- Ergänzungstarifvertrag zum Versorgungstarifvertrag Nr. 3 vom 19.12.1979 vom 15.05.2000 (Bl. 689 ff. d. A.)

-          Tarifvertrag zur Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung für das Cockpitpersonal vom 04.12.2004 (Bl. 126 ff. d. A.)

-          Tarifvertrag L -Betriebsrente für das Cockpitpersonal vom 04.12.2004 (Bl. 157 ff. d. A.)

-          Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpitpersonal vom 13.09.1989 (Bl. 689 ff. d. A.)

-          Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpitpersonal vom 15.05.2000 i. d. F. vom 08.06.2001 (Bl. 208 ff. d. A.)

-          Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der L mit Einstellungsdatum vor dem 27.09.1995 vom 05.11.2002 (Bl. 230 ff. d. A.)

-          Tarifvereinbarung Geschäftsgrundlage zum Konzern-Tarifvertrag Cockpitpersonal vom 09.05.1994 (Bl. 339 f. d. A.)

-          Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 3a vom 11.08.2011 (TV WeFö Bl. 177 ff. d.A.)

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 05.11.2015 (Bl 470 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung im Verhältnis zur Beklagten sei nicht gegeben. Die G habe über einen eigenen Flugbetrieb verfügt, für den Zeitraum bis zum 01.01.1990 komme allenfalls eine Arbeitnehmerüberlassung im Verhältnis zur C in Betracht, die nicht streitgegenständlich sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihr am 11.12.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.01.2016 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 11.03.2016 begründet.

Die Klägerin trägt vor, bei der S habe es sich nur um eine „Briefkastenfirma" gehandelt. Das Bürogebäude sei erst im April 1989 bezogen worden. Die Klägerin meint, die G habe keinen eigenen Flugbetrieb unterhalten. Dies zeige sich daran, dass die G ab dem 01.01.1991 lediglich die Flugzeugführer angestellt habe und weder Eigentümerin der von der Klägerin geführten Flugzeuge D gewesen sei noch diese Flugzeuge von der C geleast habe. Vielmehr sei die Klägerin vollständig in den Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen und habe Flugzeuge, die im Eigentum der Beklagten gestanden hätten, geflogen. Es sei nicht zutreffend, dass die C die Flugzeuge im Wege des „Wet-Lease" der G zur Verfügung gestellt habe, was sich daran zeige, dass im Geschäftsbericht der C für das Jahr 1990 (Bl. 858 ff. d. A.) keine Leasingraten für die D Maschinen verbucht seien. In den Geschäftsberichten der C befänden sich für den Zeitraum ab dem Jahre 1985 keine Angaben zum Eigentum oder zu Leasingverträgen von D Maschinen. Das Wet-Lease eines in Deutschland zugelassenen Flugzeugs von und durch einen ausländischen Flugbetrieb sei schon aus luftverkehrsrechtlichen Gründen nicht zulässig. Die angebliche Käuferin der Flugzeuge, die D L AG (DL AG), habe im August 1988 noch nicht existiert, sondern sei erst am 16.08.1999 gegründet worden. Auch tarifvertraglich sei im TV Förderaufstieg, der bis zum 30.11.1993 gegolten habe, das Eigentum der Beklagten an den D Maschinen festgehalten worden. Die Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der Beklagten zeige sich z. B. daran, dass – entgegen ursprünglicher klägerischer Darlegung im Schriftsatz vom 16.10.2015 - nur die Beklagte über eine behördliche Genehmigung zum Betreiben eines Flugbetriebs nach der LuftVZO verfügt und das Flugbetriebshandbuch erstellt habe. Weder die G noch die L hätten die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Flugbetrieb erfüllt. Die Bezüge der Geschäftsleitung der G /L habe die Beklagte wirtschaftlich getragen. Die Beschäftigungsordnung der G habe für die Klägerin nicht gegolten, da sie nicht in K , sondern F stationiert gewesen sei. Entgegen dem Personalstatut der G habe die Klägerin die bei der Beklagten geltende tarifliche Vergütung erhalten. Selbst wenn die G einen eigenen Betrieb unterhalten habe, sei von einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung im Konzern auszugehen, die mangels Genehmigung zu einem gesetzlich fingierten Arbeitsverhältnis führe. Auch zusätzliche Arbeitsanweisungen habe die Klägerin von der Beklagten erhalten, die D -Flotte sei in Frankfurt stationiert gewesen, Schulungen und Tests ausschließlich von der Beklagten durchgeführt und die Fluglizenzen von der Beklagten ausgestellt worden. Die Klägerin habe Uniformen der Beklagten getragen und einen Firmenausweis zum Betreten der sicherheitskritischen Bereiche im Flughafen von der Beklagten erhalten. Von der Flugdienstberatung der Beklagten habe die Klägerin ihre Flugplanungs- und Durchführungsunterlagen erhalten. Die gesamte Abfertigung des Flugs sei von der Beklagten durchgeführt worden, die Beklagte habe die erforderlichen Ein- und Ausreisedokumente erstellt. Für sämtliche Personalangelegenheiten sei die Beklagte zuständig gewesen. Da die G die Klägerin im Betrieb der Beklagten eingesetzt habe liege ein sog. Ketten- bzw. Zwischenverleih vor. Die Klägerin sei also nicht an die G , sondern letztlich an die Beklagte überlassen worden. Somit sei bereits seit dem 01.12.1989 durch die gesetzliche Fiktion des § 10 Abs. 1 AÜG a. F. ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten entstanden, was ggfs. ab dem Januar 1991 zeitweise geruht habe. Nach der sog. Rucksackregelung erhalte die Klägerin auch dann eine Übergangsversorgung der Beklagten, wenn die L nach deren Ausgliederung aus der Beklagten ab dem Januar 1995 einen eigenen Flugbetrieb gehabt haben sollte, da sie dann die in den Vorjahren erworbene Übergangsversorgung der Beklagten zur L mitgenommen habe. Schließlich sei auf die Tarifvereinbarung Bestandssicherung (Bl. 887 ff. d.A.) hinzuweisen, nach der die tarifrechtlichen Lufthansa-Arbeitsbedingungen weitergelten würden, wenn ein Arbeitsverhältnis in eine rechtlich verselbständigte Tochtergesellschaft übergehe bzw. der Mitarbeiter dort eingestellt werde.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.11.2015- 5 Ca 3194/15 - abzuändern und

2. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin seit dem 01.06.2013 eine Übergangsversorgung gemäß dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpit-Personal der D AG in der Neufassung vom 15./16.05.2000 nebst sämtlichen Ergänzungs- und Änderungstarifverträgen und unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit seit dem 01.12.1989, hilfsweise seit dem 01.01.1991, zu gewähren sowie

3. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin auch eine Betriebsrente auf der Basis des Tarifvertrags L -Betriebsrente für das Cockpitpersonal vom 04.12.2004 nebst sämtlichen Ergänzungs- und Änderungstarifverträgen und unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit seit dem 01.12.1989, hilfsweise seit dem 01.01.1991, zu gewähren hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die G habe einen eigenen Betrieb unterhalten. Dies folge bereits daraus, dass sie Flugzeugführer, die den zentralen Personalkörper einer Luftfrachtgesellschaft darstellten, eingestellt habe. Die C habe eigene kollektive Regelungen für ihr Personal gehabt und mit geleasten Flugzeugen (Wet-Lease), eigenem Personal, eigenen Geschäftsführern, eigenem Flugdienstleiter und allen erforderlichen Genehmigungen ihren Betrieb geführt. Die D -Flotte sei von der Beklagten am 03.08.1988 an die D , B H , verkauft worden. Zeitgleich sei ein Dry-Lease-Vertrag zwischen der D und der C sowie ein Wet-Lease-Vertrag als Unterleasingvertrag zwischen der C und der C geschlossen worden. Der Abschluss des Wet-Lease-Vertrages zwischen der G und der C ergebe sich aus der Niederschrift der Aufsichtsratssitzung vom 15.08.1988 (Bl. 940 ff. d. A.). Die luftverkehrsrechtliche Genehmigungsurkunde der G sei zum heutigen Zeitpunkt über das Luftfahrtbundesamt nicht mehr verfügbar, die Beklagte verfüge auch über keine Kopie der Urkunde. Aus der Aufsichtsratsvorlage ergebe sich, dass die D Eigentümer der Flugzeuge gewesen sei, die C Halter der Maschinen. Auch die Instandhaltung der Flugzeuge sei von der G durchgeführt worden. Zum damaligen Zeitpunkt seien externe Flugzeugführer über die C im Wege des Wet-Lease als auch unmittelbare Besatzungen der Beklagten für die G eingesetzt worden. Der Verkauf der DC Maschinen an die D werde zudem belegt durch den testierten Jahresabschluss und Konzernabschluss 31.12.1988, geprüft von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treuarbeit (Bl. 946 ff. d. A.). Die Beklagte habe die GCS aus Kostengründen und im Hinblick auf damals geltende IATA-Restriktionen beauftragt. Die Klägerin habe damals die Qualitätsanforderungen der Beklagten für die Einstellung als Flugzeugführerin nicht erfüllt, da sie keine Ausbildung bei der L F T GmbH durchlaufen habe. Das Flugbetriebshandbuch der Beklagten habe der C für die Erarbeitung eines eigenen Flugbetriebshandbuchs lediglich als Vorlage gedient. Es seien wechselseitige Dienstleistungen der Gesellschaften innerhalb eines Konzerns erbracht worden, so etwa im Bereich der Ausbildung oder der technischen Flugabwicklung. Arbeitsanweisungen habe die Beklagte nicht erteilt. Die Tatsache, dass der Flugdienstleiter in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden habe, stehe der Annahme, die C habe einen eigenen Flugdienstleiter gehabt, nicht entgegen. Die Durchführung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durch die Beklagte stelle keine Arbeitnehmerüberlassung dar. Die Uniformen der G hätten lediglich eine Ähnlichkeit zu denen der Beklagten aufgewiesen. Der Lufthansaausweis werde auch Mitarbeiter von Konzerngesellschaften ausgegeben, Fremdfirmenausweise begründeten lediglich eine Zugangsberechtigung. Es werde bestritten, dass die Mitarbeiter S oder der G Urlaubsanträge und Krankmeldungen bei der Beklagten hätten einreichen müssen. Es sei ausgeschlossen, dass die Beklagte unmittelbar die Dienstpläne für die genannte Mitarbeitergruppe erstellt habe. Im Konzern der Beklagten gelte gemäß § 7 Abs. 11 TV WeFö das sog. Rucksackprinzip im Hinblick auf die Übergangs- und Altersversorgung. Bei einem Arbeitgeberwechsel würden die bisherigen Regelungen, hier der G /L , fortgelten. Die L habe die luftverkehrsrechtlichen Lizenzen der G fortgeführt. Schließlich fehle es an einer vertraglichen Vereinbarung zur Arbeitnehmerüberlassung, Vereinbarungen zwischen der S oder der C hätten nur zur G bestanden, deren Betriebszwecke habe die Tätigkeit der Klägerin gedient. Hinsichtlich des Zeitraums 1989 bis 1991 werde die Einrede der Verjährung erhoben und der Einwand der Verwirkung geltend gemacht. Die Klägerin habe bewusst in Kenntnis der tatsächlichen Umstände ein Arbeitsverhältnis mir der G begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 11.03.2016, 20.05.2016, 16.09.2016, 26.09.2016, 17.11.2016, 30.12.2016 und 02.05.2017, die Sitzungsniederschrift vom 10.05.2017 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

I.              Die Berufung der Klägerin ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet.

II.              Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte ist weder verpflichtet, der Klägerin seit dem 01.06.2013 eine Übergangsversorgung gemäß dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpit-Personal der D L AG in der Neufassung vom 15./16.05.2000 nebst sämtlichen Ergänzungs- und Änderungstarifverträgen und unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit seit dem 01.12.1989, hilfsweise seit dem 01.01.1991, zu gewähren noch der Klägerin eine Betriebsrente auf der Basis des Tarifvertrags Lufthansa-Betriebsrente für das Cockpitpersonal vom 04.12.2004 nebst sämtlichen Ergänzungs- und Änderungstarifverträgen und unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit seit dem 01.12.1989, hilfsweise seit dem 01.01.1991, zu gewähren.

Die Klägerin unterfällt nicht dem Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpit-Personal der D L AG in der Neufassung vom 15./16.05.2000, denn sie war weder seit dem 01.12.1989 bzw. 01.01.1991 Arbeitnehmerin der Beklagten noch ist hat sie nach dem 27.09.1995 erstmals ein Arbeitsverhältnis bei der L aufgenommen, wie dies nach den „Allgemeinen Regeln“ des genannten Tarifvertrages erforderlich ist. Darüber hinaus ist der Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 des Tarifvertrags L -Betriebsrente für das Cockpitpersonal vom 04.12.2004 nicht gegeben, da die Klägerin zum 31.12.1994 weder Arbeitnehmerin der Beklagten, der L , der L F T GmbH, der C F GmbH oder der Co B GmbH war. Zwischen der Klägerin ist weder aus § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG a. F. noch aus sonstigen Rechtsgründen ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ab dem 01.12.1989 oder 01.01.1991 begründet worden.

1.a)              Eine Überlassung zur Arbeitsleistung im Sinne des § 1 Abs. 1 AÜG liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen. Nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz ist als Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG zu werten. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen (BAG, Urt. v. 17.01.2017 – 9 AZR 76/16 – m. w. N.). Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat (BAG, Urt. v. 20.09.2016 - 9 AZR 735/15 -).

b)              Von der Arbeitnehmerüberlassung sind einerseits der drittbezogene Personaleinsatz aufgrund von Dienst- oder Werkverträgen zu trennen, andererseits aber auch die Fälle, bei denen der Arbeitgeber einem Dritten Maschinen oder Geräte mit Bedienungspersonal derart zur Verfügung stellt, dass der Dritte den Einsatz der Maschinen oder Geräte mit dem dazugehörigen Personal nach seinen eigenen betrieblichen Erfordernissen selbst bestimmt und organisiert. Derartige gemischte Verträge werden von den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes jedenfalls dann nicht erfasst, wenn nicht die Überlassung von Arbeitnehmern, sondern die Gebrauchsüberlassung des Gerätes oder der Maschine den Inhalt des Vertrages prägt. Maßgebend ist dabei, ob nach Sinn und Zweck des gemischten Vertrages die Gebrauchsüberlassung des Gerätes im Vordergrund steht und die zur Verfügungstellung des Personals nur dienende Funktion hat, indem sie den Einsatz des Gerätes erst ermöglichen soll, oder ob der Vertrag schwerpunktmäßig auf die Verschaffung der Arbeitsleistung des Personals gerichtet ist und die Überlassung des Gerätes demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung hat. Die Gebrauchsüberlassung von Flugzeugen einschließlich fliegendem Personal stellt in der Regel keine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung dar, wenn ohne die Gestellung der notwendigen Flugzeugbesatzungen die Flugzeuge für den Nutzer nur „totes Kapital" sind (BAG, Urt. v. 22.02.1994 - 7 AZR 167/92 -, BAG, Urt. v. 22.02.1994 - 7 AZR 101/93 -, BAG, Urt. v. 17.02.1993 - 7 AZR 167/92 - jew. m. w. N.).

c)              Die die Darlegungs- und Beweislast für die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses nach den Vorschriften des AÜG trägt die klagende Partei (BAG, Urt. v. 24.05.2006 - 7 AZR 365/05 -). Die Darlegungslast ist abgestuft. Ein Arbeitnehmer, der die vertraglichen Vereinbarungen zwischen seinem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten nicht kennt, muss zunächst hinreichende Tatsachen vortragen, die eine Würdigung rechtfertigen, wonach der Arbeitnehmer einem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassen ist. Es ist dann Aufgabe des Vertragsarbeitgebers, die Tatsachen darzulegen, die gegen das Vorliegen des Überlassungstatbestands sprechen (vgl.: BAG, Urt. v. 20.09.2016 – 9 AZR 735/15 – m. w. N.).

2.              Hinsichtlich des Zeitraums 01.12.1989 bis zum 31.12.1990 war aufgrund Arbeitsvertrag vom 26.01.1989 die S Vertragsarbeitgeberin der Klägerin. Diese Gesellschaft hat keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zur Beklagten unterhalten. Sie hatte die Flugzeugführer angestellt, die ihrerseits auf Flugzeugen eingesetzt wurden, die von der C der G zur Verfügung gestellt wurden. Die Zurverfügungstellung erfolgte nach dem Tatbestand der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 22.02.1994 (7 AZR 77/93, 7 AZR 101/93) aufgrund eines sog. Unterleasingvertrages vom 03.08.1999, wonach u.a. fünf Frachtflugzeuge des Typs D nebst Flugbesatzungen gegen Zahlung einer jährlichen Leasing-Rate von 22,3 Millionen US-Dollar der G zum Einsatz überlassen worden sind. Selbst wenn luftverkehrsrechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Wet-Lease-Vertrages aufgrund des ausländischen Standorts bestehen würden, besagt dies nicht, dass das Vertragsverhältnis nicht tatsächlich praktiziert wurde. Die Darlegungen der Klägerin zu den Eigentums- und Besitzverhältnisse an den Flugzeugen sind nicht geeignet, diese Feststellungen nachhaltig in Zweifel zu ziehen. Zwar behauptet die Klägerin ab dem Jahre 1985 ließen sich in den Geschäftsberichten der Cargolux keine Angaben zum Eigentum oder zu den Leasingverträgen der Maschinen finden, legt aber auszugsweise nur einen Bestandteil eines einzelnen Geschäftsberichts für das Jahr 1990 vor, der die die D F Maschinen nicht unter der Auflistung der geleasten Flugzeuge erwähnt. Ob der Geschäftsbericht 1990 zutreffend ist, kann nicht nachvollzogen werden, jedenfalls besagt dies noch nicht zwingend, dass das dargelegte Unterleasingverhältnis nicht praktiziert worden ist. Im Gegenteil für die die Existenz des Unterleasingvertrags spricht vielmehr die Vorlage zur Aufsichtsratssitzung vom 15.08.1998, wonach zeitgleich mit dem Verkauf der D -Flotte ein Wet-Lease-Vertrag geschlossen wurde, zu dessen Zustimmung der Aufsichtsrat gebeten wurde. Der wesentliche Inhalt des Wet-Lease-Vertrags war als Anlage 1 der Vorlage beigefügt. Auch der testierte Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treuarbeit zur Prüfung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses zum 31.12.1988 hält auf Blatt 6 ausdrücklich fest, dass die G mit der C einen Unterleasingvertrag über die fünf Flugzeuge des Typs D geschlossen hat. Der primäre Zweck des Unterleasing-Vertrags war nach den überzeugenden Gründen des Bundesarbeitsgerichts die Gebrauchsüberlassung der Frachtflugzeuge des Typs D . Bei den Flugzeugen handelte es sich um hochwertiges technisches Gerät. Es ging bei dem Vertrag zwischen der G und der C darum, die Flugzeuge im Rahmen des Lufttransportunternehmens zur Verfügung zu stellen und einzusetzen. Das war aber für die G nur mit Hilfe des dafür besonders ausgebildeten Personals mit entsprechender Zulassung für das betreffende Flugzeugmuster möglich. Ohne die Gestellung der notwendigen Flugzeugbesatzung wären die Flugzeuge deshalb für die G totes Kapital gewesen. Unter diesem Gesichtspunkt kommt der Personalüberlassung gegenüber der Gebrauchsüberlassung der Flugzeuge nur dienende Funktion zur Erreichung des eigentlichen Vertragszwecks zu (BAG, Urt. v. 22.02.1994- 7 AZR 167/92 -, BAG, Urt. v. 22.02.1994 - 7 AZR 101/93 -). Darüber hinaus käme eine Arbeitnehmerüberlassung allenfalls im Verhältnis der S zur C in Betracht, denn die S . hat die Flugzeugführer angestellt und der C zur weiteren Verwendung im Rahmen des Wet-Lease-Vertrages überlassen. Dieser Einsatz bei Dritten war bereits im Anstellungsvertrag 26.01.1989 (Artikel 1 „Anstellung") angelegt. Hinreichende Anhaltspunkte ausdrücklicher oder konkludenter vertraglicher Abreden für einen Kettenverleih, von der S über die C zur G und schließlich zur Beklagten sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Es lassen sich keine übereinstimmenden vertraglichen Abreden der genannten Firmen im Sinne einer Personalüberlassung mit der Zielsetzung der Förderung der Betriebszwecke der Beklagten feststellen. Es bleibt bereits offen, welche Vereinbarungen am Anfang der angeblichen Überlassungskette zwischen der S und der C getroffen wurden.

3.              Hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01.01.1991 scheitert die Annahme einer gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung an die Beklagte daran, dass der Einsatz der Klägerin primär zur Erfüllung des Betriebszwecks der G , der Beförderung von Luftfracht, erfolgte. Die G hat die Arbeitskraft der Klägerin nicht der Beklagten aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Förderung der Betriebszwecke der Beklagten zur Verfügung gestellt. Entgegen der Annahme der Klägerin ist davon auszugehen, dass die G – ungeachtet von Lizenzierungsfragen - tatsächlich einen eigenen Flugbetrieb unterhalten hat, in dessen Rahmen sie ihre arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Flugzeugführerin erbracht hat. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass eine im Konzern nicht unübliche, intensive Verquickung der unternehmerischen Zusammenarbeit zwischen der G und der Beklagten, etwa im Bereich der Aus- und Fortbildung und der technischen Flugabwicklung, vorgelegen hat. Jedoch verfolgte die G als Frachtfluggesellschaft eigene Betriebszwecke. Sie war Vertragsarbeitgeberin der Flugzeugführer und hatte eine eigene betriebliche Organisation, die sich u.a. im Organigramm aus dem Jahre 1989 zeigt. Neben der Geschäftsführung waren hiernach die Bereiche Betriebswirtschaft und Rechnungswesen, der Technische Betrieb, die Flugbetriebsleitung, der Verkauf und das Marketing sowie die Verkehrs- und Frachtabwicklung als eigenständige Bereiche etabliert. Die Flugdienst- bzw. Flugbetriebsleiter der G waren zwar bei der Beklagten angestellt, jedoch führten sie ihre Funktion für die und im Interesse der G aus. Die G verfügte über eine eigene betriebliche Ordnung, die in der Beschäftigungsordnung und dem Personalstatut niedergelegt ist, welche im Übrigen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme (§ 2 des Arbeitsvertrags vom 28.09.1990) auch auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung fanden. Die G hatte ein eigenes Flugbetriebshandbuch im Sinn von § 37 LuftBO, auch wenn es inhaltlich den Bestimmungen des Flugbetriebshandbuchs der Beklagten folgte. Sie konnte im Rahmen des Wet-Lease-Vertrags mit der C über die Verwendung der Frachtflugzeuge entscheiden und die notwendigen Dispositionen treffen. Der drittbezogene Einsatz der Klägerin erfolgte zum Transport von Luftfrachtgut, mithin war sie Erfüllungsgehilfin der G zur Erledigung der Verpflichtungen aus dem Frachtauftrag. Vor diesem Hintergrund kann von einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung im Konzern nicht ausgegangen werden.

III.              Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.              Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

(*1)Am 06.12.2017 erging folgender Berichtigungsbeschluss:Auf den Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin vom 06.10.2017 wird der Tatbestand des Urteils des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10.05.2017 – 11 Sa 72/16 – im ersten Satz auf Seite 3 dahingehend berichtigt, dass er nunmehr wie folgt lautet:

Die G wurde von der Beklagten mit der Durchführung von Frachtflügen beauftragt.

Gründe:

              Die Tatbestandsberichtigung beruht auf § 320 Abs. 1 ZPO. Unstreitig zwischen den Parteien war die Beauftragung der G durch die Beklagte mit Frachtflügen. Streitig und offen ist die Beauftragung Dritter. Dass die G ausschließlich von der Beklagten mit der Durchführung von Frachtflügen beauftragt wurde, hat die Klägerin zwar nicht ausdrücklich behauptet, andererseits hat die Beklagte auch nicht dargetan, dass und mit welchen anderen Auftraggebern die G geschäftliche Verbindungen hatte. Dem unstreitigen Tatbestand wird die Berichtigung gerecht, ohne dass damit zugleich ausgesagt wird, dass die G ausschließlich von der Beklagten mit Aufträgen bedient wurde.