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OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.03.2019 - 1 U 74/18

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Krefeld unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Kläger von der Forderung der A GmbH, ..., Stadt 1 aus der Rechnung vom 14.06.2017 zur Rechnungsnummer RE ... über weitere 551,42 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagten zu 94 % und der Kläger zu 6 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 57 % und der Kläger zu 43 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten noch um die Regulierung weiterer Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall, der in der Nacht vom 08.05.2017 auf den 09.05.2017 stattfand und für dessen Folgen die Beklagten unstreitig in vollem Umfang einzustehen haben.

Die Kosten der Fahrzeugreparatur, die wegen eines Lieferengpasses für benötigte Ersatzteile vom 09.05.2017 bis zum 08.06.2017 andauerte, beliefen sich auf 6.657,47 €. In dieser Zeit nutzte der Kläger einen Mietwagen der Klasse 5 nach der Mietwagenklasse aufgrund der Schwackeliste für Automietwagenklassen, wofür ihm das Mietwagenunternehmen A GmbH inklusive Abholung, Zustellung und Umsatzsteuer 2.414,16 € in Rechnung stellte. Die Beklagte zu 2. zahlte hierauf 1.118,60 €.

Der Kläger ist der Auffassung, die ihm in Rechnung gestellten Mietwagenkosten seien auch in der Höhe erforderlich im Sinne des § 249 BGB gewesen. Das Mietwagenunternehmen habe die Miethöhe anhand eines Mittelwertes dem Schwacke-Mietpreisspiegel und des Marktpreisspiegels des Fraunhofer Instituts berechnet. Ein Verstoß gegen eine Schadensminderungspflicht scheide aus, weil er nicht von Anfang an habe wissen können, dass sich die Reparatur durch die Lieferprobleme der Ersatzteile derart verzögern werde. Es habe daher kein Anlass bestanden, den Mietwagen zwischendurch zu wechseln und einen günstigeren Wagen anzumieten. Er habe täglich mit der Fertigstellung der Reparatur seines Fahrzeugs gerechnet.

Die zunächst darüber hinaus geltend gemachten Forderungen hat die Beklagte zu 2. teils zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit der Klage, teilweise nach Rechtshängigkeit der Klage beglichen. Insoweit hat der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen bzw. den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Er hat sodann beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihn von der Forderung der A GmbH, ..., Stadt 1 aus der Rechnung vom 14.06.2017 zur Rechnungsnummer RE ... über weitere 1.295,56 € freizustellen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten halten die von ihnen erstatteten Mietwagenkosten für ausreichend. Diese entsprächen dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel für Mietwagen, der nach der Rechtsprechung des Senats heranzuziehen sei.

Das Landgericht hat die verbleibende Klage abgewiesen, weil dem Kläger kein weiterer Anspruch auf Zahlung von Mietwagenkosten zustehe. Entsprechend der Rechtsprechung des Senats richte sich die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten allein nach dem Fraunhofer Marktpreisspiegel. Insoweit sei von drei Wochentarifen in Höhe von jeweils 234,50 € und damit 703,50 €, einem 3-Tagestarif i.H.v. 152,75 € sowie Abholungs- und Zustellungskosten i.H.v. 55,00 € und damit von Kosten i.H.v. insgesamt 911,24 € auszugehen. Werde dann noch der 10%ige Abschlag wegen ersparter Aufwendungen vorgenommen, verbleibe kein weiterer Anspruch des Klägers.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter. Es sei unbefriedigend, dass das Kostenrisiko von überhöhten Mietwagenkosten auch bei Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs allein beim Geschädigten liege. Vielmehr sei es an dem Schädiger, unberechtigte Ansprüche des Mietwagenunternehmens von ihm abzuwenden. Er habe, da er lange Zeit in kein Unfallgeschehen verwickelt gewesen sei, über keine Erfahrung mit Kosten eines Mietwagens verfügt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass er zum damaligen Zeitpunkt einen anderen Mietwagen zu günstigeren Konditionen hätte mieten können. Die soweit von Beklagtenseite vorgelegten Alternativangebote beträfen andere Zeiträume. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass er von Tag zu Tag erwartet habe, das Fahrzeug zurückzuerhalten, so dass es ihm nicht möglich gewesen sei, von vornherein etwa einen Monatstarif zu wählen. Die von ihm verlangten Mietwagenkosten seien daher erforderlich und angemessen.

Die Akten der StA Krefeld - 19 Js 861/17 - lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Freistellung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 551,42 € zu, §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. VVG. Die darüber hinaus geltend gemachten Kosten sind nicht als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand anzusehen.

1)

Der Kläger kann sich im Rahmen des von ihm geltend gemachten Freistellungsanspruchs nicht darauf berufen, dass die Beklagten als Schädiger den Streit über die Höhe der Mietkosten mit dem Mietwagenunternehmen führen müssten. Seine Auffassung, nach der der Freistellungsanspruch auch die Pflicht des Schädigers zur Abwehr unbegründeter Ansprüche beinhaltet, trifft auf den streitgegenständlichen Freistellungsanspruch des Klägers nicht zu. Der Kläger argumentiert, dass ihn das Mietwagenunternehmen darauf hätte hinweisen müssen, dass es höhere Mietwagenkosten verlange, als er als Geschädigter nach der Rechtsprechung ersetzt verlangen könne. Ihn als Geschädigtem treffe anderenfalls ein unzumutbares Kostenrisiko. Der Kläger muss sich jedoch entgegenhalten lassen, dass der von ihm geltend gemachte Befreiungsanspruch nicht den Inhalt hat, der gemäß § 257 BGB einem Befreiungsanspruch bei einem Ersatz von Aufwendungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen regelmäßig zukommen dürfte und der auch den Anspruch auf Befreiung von einer einredebehafteten Verbindlichkeit enthält (vgl. MüKoBGB/Krüger, 8. Aufl. 2019, BGB § 257 Rn. 3). Denn der Kläger hat gegen die Beklagten keinen vertraglichen Anspruch, sondern einen deliktischen Anspruch auf Schadenersatz, der nur zu einem Befreiungsanspruch wegen berechtigterweise eingegangenen Verbindlichkeiten führt. Das für den Geschädigten nach § 249 bestehende Risiko, das er nur den für die Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen kann, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.2013 - VI ZR 290/11, NJW 2013, 1149, hier zitiert nach juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 18.12.2012- VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539 f.; Senat, Urteil vom 24.03.2015 - 1 U 42/14, juris Rn. 17) und das ihn bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Forderungen trifft, kann er nicht dadurch auf den Schädiger verlagern, das er statt eines Zahlungsanspruchs einen Anspruch auf Freistellung geltend macht. Inhalt des vom Kläger geltend gemachten Freistellungsanspruchs ist daher nur das Recht, die Freistellung von der Belastung mit einer dem Grund und der Höhe nach ersatzfähigen Verbindlichkeit zu verlangen.

2)

Der Kläger kann die Erstattung von Mietwagenkosten in dem tenorierten Umfang verlangen. Diese stellen den erforderlichen Wiederherstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar.

a)

Grundsätzlich darf der Geschädigte zum Ausgleich der unfallbedingt verlorenen Nutzungsmöglichkeit seines Wagens für die Dauer der notwendigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung einen Mietwagen in Anspruch nehmen. Der Umfang dieses Anspruches bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an dem Aufwand, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Dieser kann nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot dabei für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen (BGH, Urteil vom 14.02.2006 - VI ZR 126/05, juris Rdn. 5; Urteil vom 14.10.2008 - VI ZR 308/07, juris Rdn. 9; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, juris PK-Straßenverkehrsrecht, § 249 BGB Rdn. 187 ff. m.w.Nw.).

Darüber hinausgehende bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war (BGH, Urteil vom 18.12.2012 - VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539 f. m. w. N.; Senat, Urteil vom 24. März 2015 - I-1 U 42/14 -, Rn. 17, juris).

Es ist Sache des Geschädigten darzulegen und zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt - zumindest auf Nachfrage - kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Unterlässt der Geschädigte die Nachfrage nach günstigeren Tarifen, geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat (BGH, Urteil vom 14.10.2008 - VI ZR 308/07, juris Rdn. 14).

b)

Hier hat der Kläger keinerlei Bemühungen auf sich genommen hätte, sich bei Konkurrenzunternehmen in Stadt 1 nach den verlangten Mietpreisen zu erkundigen. Jedenfalls ist solches weder dargelegt noch ist es sonst ersichtlich. Vielmehr hat er sich allein an die A GmbH gewandt und von ihr ein Ersatzfahrzeug erhalten. Die bloße Vorlage der Mietwagen-Rechnung vermag aber nicht zu belegen, dass der Kläger dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt hat und diese Aufwendungen auch erforderlich waren. Ob sie als Indiz hierfür gelten könnte, wenn der Kläger sie bezahlt hätte - wie der BGH dies im Kontext der Ersatzfähigkeit von Gutachterkosten anerkannt hat (BGH, Urteil vom 05.06.2018 - VI ZR 171/16, juris Rdn. 16 m.w.Nw.) - kann hier dahin stehen; denn die Rechnung ist vom Kläger bislang noch nicht beglichen.

Eine subjektbezogene Schadensbetrachtung verhilft dem Kläger gleichfalls nicht zu einem Erstattungsanspruch. Er hat keine Umstände vorgetragen, die ihn gehindert hätten, sich über das sonstige konkrete Mietwagenangebot in Stadt 1 zu orientieren. Dies hat der Kläger weder zum Zeitpunkt der Anmietung noch zu einem späteren Zeitpunkt getan. Selbst wenn es ihm nicht unmittelbar zum Zeitpunkt der Anmietung möglich gewesen wäre, weitere Angebote einzuholen, hätte er dies doch dann tun können und müssen, als sich eine längere Reparaturzeit des Fahrzeugs abzeichnete. Bereits nach dem Schadensgutachten der B AG vom 10.05.2017 war von einer Reparaturdauer von immerhin 3 Arbeitstagen auszugehen, d.h. selbst wenn der Reparaturauftrag noch am gleichen Tag erteilt worden wäre, hätte der Kläger den Mietwagen noch weitere 5 Kalendertage in Anspruch nehmen müssen. Schon dieser Umstand hätte ihm Veranlassung geben müssen, die Höhe der von ihm verlangten Mietzinsen einer Überprüfung zu unterziehen.

Angesichts dessen ist für die Bestimmung der erforderlichen Mietkosten auf die objektive Marktlage abzustellen. Entscheidend ist, zu welchen Bedingungen der Kläger in Stadt 1 einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen und sich über die örtlich zugänglichen Mietwagenangebote unterrichtet hätte (vgl. zum Ganzen Senat, a.a.O., Rdn. 21).

3)

Die Ermittlung der Schadenshöhe und damit des örtlich und zeitlich gegebenen Mietwagenangebotes ist Aufgabe des gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zur Schadensschätzung berufenen Tatrichters. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Sie wird auch vom Bundesgerichtshof nicht vorgegeben (BGH, Urteil vom 18.12.2012 - VI ZR 316/11, juris Rdn. 10). Nach dessen Rechtsprechung darf die Schadenshöhe lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Nach diesen Grundsätzen ist der Tatrichter grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die "Schwacke-Liste" noch den Fraunhofer-Marktpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Dabei dienen die Listen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von diesen - etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf den sich aus ihnen ergebenden "Normaltarif - abweichen (BGH a.a.O.; Senat, Urteil vom 21. April 2015 - I-1 U 114/14, juris Rn. 6).

a)

Der Heranziehung von Tabellen kann im Einzelfall auf Bedenken stoßen, wenn seitens der Parteien deutlich günstigere oder ungünstigere Angebote anderer Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung aufgezeigt werden (BGH, Urteil vom 18.12.2012 -VI ZR 316/11, NJW 2013, 1539 f. Rn. 10 f.; Senat, a.a.O. Rn. 22 a.E.; OLG Hamm, Urteil vom 18.03.2016 - 9 U 142/15, NZV 2016, 336 ff., hier zitiert nach juris Rn. 19). Voraussetzung ist allerdings eine hinreichend konkrete Bezeichnung der Alternativangebote (OLG Celle, Urteil vom 01.02.2017 - 14 U 61/16, juris Rdn. 17). Die von den Beklagten vorgelegten Internetangebote erfüllen diese Anforderung schon deshalb nicht, weil sie andere Zeiträume betreffen (Bl. 55 ff. d.A.: 20.10.2017 - 19.11.2017 statt 09.05. - 08.06.2017).

b)

Der Senat ist auch nicht gehindert, abweichend vom Landgericht auf eine andere Schätzungsgrundlage zurückzugreifen. Vielmehr kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes das Berufungsgericht im Fall einer auf § 287 ZPO gründenden Entscheidung den Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen ohne Bindung an die Ermessensausübung des erstinstanzlichen Gerichts selbständig nach allen Richtungen von neuem prüfen und bewerten. Selbst wenn es die erstinstanzliche Entscheidung zwar für vertretbar hält, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, darf es nach seinem Ermessen eine eigene Bewertung vornehmen (BGH, Urteil vom 12.11.2011 - VI ZR 300/09, NJW 2011, 1947, juris Rn. 22 m.w.N.).

c)

Der Senat legt seiner Schätzung das arithmetische Mittel zwischen dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel und dem Schwacke-Mietpreisspiegel zugrunde. Seine bisherige, vor allem in seinem Urteil vom 24.03.2015 (1 U 42/14) näher begründete Auffassung, nach der die ortsüblichen Mietpreiskosten allein auf der Grundlage der Fraunhofer Markterhebung zu ermitteln sind, gibt er auf.

Ungeachtet der Vorzüge, die die Fraunhofer-Erhebung einerseits und die Schwacke-Liste andererseits für sich beanspruchen können, muss bei der Auswahl der maßgeblichen Schätzgrundlage der Gedanke der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung Berücksichtigung finden. Der Richter muss Rechtsgleichheit schaffen nicht nur durch die Anwendung derselben Normen, sondern auch durch die gleichmäßige Berücksichtigung derselben Tatsachen. Die bedeutet aber auch, dass die Instrumente und Hilfsmittel, deren sich die Rechtsprechung zur Tatsachenfeststellung bedient, möglichst die gleichen Ergebnisse zeitigen sollten.

Der Senat ist mit seinem Urteil vom 24.03.2015 einer erheblichen Zerspitterung in der Rechtsanwendung entgegen getreten, die sich im Bezirk dieses Oberlandesgerichtes ausgebreitet und dafür gesorgt hatte, dass wenige Kilometer voneinander entfernt liegende Gerichte unterschiedlich judizierten und die Entscheidung einzelner Berufungsgerichte nicht mehr voraussehbar waren (vgl. zur älteren Rechtsprechung im Bezirk: Scholten, DAR 2014, 72 ff.). Seine Entscheidung hat bezirksweit fast ausnahmslos zu der gewünschten Vereinheitlichung geführt, entgegen einer - vielleicht unberechtigten Hoffnung - bei den Gerichten außerhalb aber nur wenige Nachahmer gefunden (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 03.03.2016 - 4 U 164/15, juris Rdn. 18). Stattdessen hat sich das OLG Hamm 2016 in einer beachtenswerten Entscheidung für das arithmetische Mittel zwischen Fraunhofer und Schwacke ausgesprochen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 18. März 2016 - I-9 U 142/15, juris Rn. 22). Und das OLG Köln, das seiner Schätzung des Normaltarifs schon früher das arithmetische Mittel von Schwacke- und Fraunhoferliste zugrunde gelegt hatte, hat zu erkennen gegeben, dass es an dieser Rechtsprechung festhalten will (OLG Köln, Urteil vom 10.11. 2016 - I-15 U 59/16, juris Rdn. 5). Auch außerhalb des Landes haben sich eine Reihe von Oberlandesgerichten für diesen Kompromiss entschieden (OLG Celle, Urteil vom 01.02. 2017 - 14 U 61/16, juris Rdn.14; KG, Urteil vom 08.05.2014 - 22 U 119/13, juris Rdn. 8; OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.01.2014 - 1 U 165/11 , juris Rn. 16; OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.02. 2013 - 1 U 130/12, juris Rn. 78), wenngleich andere auch heute noch auf Schwacke setzen (OLG Frankfurt, Urteil 22.09.2016- 1 U 231/14, juris Rdn. 12) oder in Ansehung der nach wie vor bundesweit uneinheitlichen Praxis von einer Leitentscheidung für ihren Bezirk absehen wollen (so OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.10.2018 - 2 U 1578/18, MDR 2019, 223).

Hinzu kommt, dass die im Anschluss an die Entscheidung vom 24.03.2015 an den Senat herangetragenen Fallgestaltungen - auch wenn es bei diesen vielfach nicht zu einer Entscheidung durch den Senat gekommen ist - nochmals aufgezeigt haben, dass die alleinige Anwendung des Marktpreisspiegels des Fraunhofer Instituts häufiger als zuvor vom Senat eingeschätzt als nicht sachgerecht einzuordnen ist. Insoweit hat sich insbesondere gezeigt, dass die Nichtanmietung über Internetangebote, das Nichtvorhandensein einer Kreditkarte beim Geschädigten und der Umstand, dass der Fraunhofer Marktpreisspiegel eine einwöchige Vorlaufzeit für die Buchung berücksichtigt (vgl. insoweit auch OLG Hamm, Urteil vom 18.03.2016 - I-9 U 142/15, juris Rdn. 23) durchaus Umstände sind, die aus nachvollziehbaren Gründen höhere Mietwagenkosten mit sich bringen. Diese Gesichtspunkte bleiben jedoch zunächst unberücksichtigt, wenn im Grundsatz allein auf den Marktpreisspiegel des Fraunhofer Instituts zur Bestimmung der erforderlichen Mietwagenkosten zurückgegriffen wird und diese sodann aufgrund der aufgezeigten Randumstände nach oben angepasst werden müssen.

Da andererseits aber auch eine alleinige Anwendung des Schwacke-Mietpreisspiegels nicht sachgerecht erscheint - insoweit ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im bereits zitierten Urteil vom 24.03.2015 (1 U 42/14) zu verweisen (vgl. auch LG Frankfurt, Urteil vom 20.12.2018 - 2-01 S 212/17, juris Rdn. 26) -, wird der Senat trotz der Erschwernis, nunmehr auf zwei Listenwerke zugreifen zu müssen, zukünftig im Regelfall für die Berechnung erforderlicher Mietwagenkosten auf das arithmetische Mittel der beiden vorgenannten Listenwerke ("Fracke") zurückgreifen. Damit sind jedenfalls für das Land Nordrhein-Westfalen die Voraussetzungen für eine einheitliche Rechtsanwendung in dieser Frage geschaffen.

d)

Für die weitere Berechnung der Forderung ist der Einwand des Klägers, es habe sich erst im Laufe der Anmietzeit die endgültige Dauer für den benötigten Ersatzwagen gezeigt, so dass er nicht in der Lage gewesen sei, zu einem günstigerem Wochentarif abzuschließen, ohne Belang. Denn obwohl der Kläger den Mietvertrag nicht von vornherein wochenweise abgeschlossen hat, hat die A GmbH ausweislich der vorgelegten Rechnung dem Kläger 4 Wochentarife und 3 Zusatztage in Rechnung gestellt. Die Tarife weichen im Übrigen nicht voneinander ab. So ergibt sich bei einem Wochentarif in Höhe von 336,92 € netto ohne Vollkaskoversicherung ein Tagesmietpreis in Höhe von 48,13 €, der auch dem Tagestarif für die "Zusatztage" entspricht.

Danach erklärt sich die Höhe der Mietkosten nicht durch eine Verweigerung des Mietwagenunternehmens, dem Kläger ex post die Abrechnung über Wochentarife zukommen zu lassen. Vielmehr zeigt die Rechnung, dass zunächst Wochentarife und für die verbleibenden Zusatztage Tagestarife ermittelt werden, die sich bei der Division des Wochentarifs durch 7 Wochentage ergeben. Somit ist für den Stadt 1er Markt von Mietwagenunternehmen davon auszugehen, dass diese auch bei einer sich erst im Laufe der Mietzeit ergebenden längeren Mietdauer dem Geschädigten letztlich Wochentarife in Rechnung stellen. Somit ist bei der Ermittlung des angemessenen "Normaltarifs" nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel aus der tatsächlichen Gesamtmietzeit der davon umfasste größte im Fraunhofer-Marktpreisspiegel berücksichtigte Anmietzeitraum (1-Tages-Wert, 3-Tagest-Wert oder Wochenpauschale) heranzuziehen und der sich daraus ergebende 1-Tages-Wert mit der Anzahl der Gesamtmiettage zu multiplizieren (vgl. auch Senat, Urteil vom 21.04.2015 - I-1 U 114/14, juris). Entsprechendes gilt für den Mietpreisspiegel von Schwacke.

4)

Weiter ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein pauschaler Abzug in Höhe von 5 % der Mietkosten im Wege der Vorteilsausgleichung vorzunehmen, weil der Geschädigte regelmäßig Eigenaufwendungen erspart (z.B. von sog. "beweglichen Betriebskosten" wie Öl-Nachfüllkosten, Reparatur, Wartung und Reifen wie auch den sog. "ersparten Verschleißkosten" durch die vorübergehende Nichtbenutzung des eigenen Fahrzeugs, vgl. ausführlich Senat, Urteil vom 03. November 1997 - 1 U 104/96 -, Rn. 39, juris).

5)

Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze ergibt sich folgende Abrechnung:

Mietpreisspiegel Schwacke für Normaltarif 2017 im PLZ-Gebiet ..., Klasse 5:

Wochenpauschale 568,92 € : 7 = 81,27 € x 31 Tage = 2.519,50 €

Marktpreisspiegel Fraunhofer für Normaltarif 2017 im PLZ-Gebiet ..., Klasse 5:

Wochentarif 225,02 € : 7 = 32,14 € x 31 Tage = 996,34 €

Summe beider Tarife: 3.515,84 €

geteilt durch 2: 1.757,92 €

abz. 5 % ersparter Aufwendungen (= 87,90 €) 1.670,02 €

Unter Berücksichtigung der von den Beklagten gezahlten 1.118,60 € ergibt sich eine offene Forderung des Klägers in Höhe von 551,42 €.

6)

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug: 1.295,56 €.

Lukas Jozefaciuk