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OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.04.2019 - 1 U 170/16

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 09. September 2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Kleve (3 O 24/16) unter (äußerst geringfügiger) Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.307,06 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Oktober 2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 297,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Mai 2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 13 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 87 %. Die Kosten des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadenersatz infolge eines Unfalles, der sich am 18. September 2015 gegen 21:30 Uhr auf der Autobahn A XX in Fahrtrichtung XXX im Bereich der Auffahrt von der A XX und der Abfahrt XXX ereignete.

Der Beklagte zu 2) befuhr mit einem auf die Beklagte zu 1) zugelassenen und bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten LKW, bestehend aus einer Zugmaschine der Marke Scania und einem Anhänger, einem sogenannten Haubenauflieger, am 18. September 2015 gegen 21:30 Uhr die Autobahn A XX in Fahrtrichtung XX im Bereich der Auffahrt von der A XX und der Abfahrt XXX. Er fuhr auf der rechten der drei Fahrspuren.

Der Zeuge XXX, der Sohn der Klägerin, befuhr mit dem klägerischen BMW 335i in einer Kolonne mit drei Freunden den gleichen Autobahnabschnitt in derselben Fahrtrichtung auf dem mittleren der drei Fahrstreifen versetzt hinter dem LKW der Beklagten zu 1). Es war dunkel. Hinter dem klägerischen BMW fuhr der Zeuge XXX, vor dem klägerischen BMW der Zeuge XXX und vor diesem der Zeuge XXX. Letzter befand sich bereits auf der rechten Spur vor dem LKW.

Nachdem der Beklagte zu 2) von der Autobahn abgefahren war, stoppte der Zeuge XXX den LKW und behauptete, der Beklagte zu 2) habe einen Gegenstand verloren, der den klägerischen BMW beschädigt und mit schwarzem Fett verschmiert habe. Herbeigerufene Polizeibeamte konnten auf der Autobahn keinen Gegenstand finden. In der Verkehrsunfallanzeige hielten sie fest, dass schwarze Schmierfettanhaftungen an dem LKW nicht erkennbar waren.

Die Klägerin beauftragte die Sachverständigengesellschaft XXX mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Ihr wurden dafür 662,83 € berechnet.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 06. Oktober 2015 machte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 20. Oktober 2015 gegenüber der Beklagten zu 3) folgende Schadenspositionen geltend:

Reparaturkosten (brutto) laut Gutachten 5.056,58 €

Sachverständigenkosten 662,83 €

Nutzungsausfallschaden (5 Tage zu je 74,00 €) 370,00 €

Auslagenpauschale 25,00 €

Summe 6.114,41 €.

Die Klägerin hat behauptet, es habe sich ein Gegenstand - eine Fußmatte, ein Stück Gummi, vielleicht ein Textilstück oder eine Antirutschmatte - aus dem Bereich hinter dem Führerhaus vom Hänger des vom Beklagten zu 2) gefahrenen LKWs gelöst, sei weggeflogen und auf dem klägerischen BMW aufgeschlagen. Der Gegenstand sei vollkommen mit Fett verschmiert gewesen und habe den klägerischen BMW beschädigt. Der Gegenstand sei nicht von der Straße hochgeschleudert worden. Vielmehr sei dieser Gegenstand nicht richtig auf dem Lkw befestigt gewesen.

Sie hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 6.114,41 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 337,07 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben eine Verursachung des Schadens durch den Lkw der Beklagten zu 1) bestritten und behauptet, es sei zu keinem Ladungsverlust oder dem Herunterfallen irgendeines Gegenstandes vom Lkw gekommen. Es habe sich allenfalls um einen von der Fahrbahn aufgewirbelten Gegenstand, etwa eine Dose mit schwarzem Schmierfett gehandelt. Sie sind der Ansicht gewesen, daher handele es sich für die Beklagten um ein unabwendbares Ereignis. Ferner haben sie behauptet, die Schäden seien nicht plausibel zu dem und nicht kompatibel mit dem behaupteten Schaden.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen XXX und XXX sowie durch Parteivernehmung des Beklagten zu 2) gemäß § 448 ZPO.

Sodann hat das Landgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, nach der durchgeführten Beweisaufnahme stehe zwar fest, dass das klägerische Fahrzeug durch einen fliegenden Gegenstand beschädigt worden sei, der aus Richtung des LKWs der Beklagten zu 1) gekommen sei. Es stehe aber auch fest, dass es sich nicht um (nicht ordnungsgemäß gesichertes) Ladungsgut des Lkws handele. Die Zeugen XXX und XXX hätten nicht genau angeben können, wo der Gegenstand hergekommen sei; soweit sie die "Aufliegerkiste" angegeben hätten, handele es sich um Schlussfolgerungen. Maßgeblich sei, dass der Beklagte zu 2) - soweit es im Urteil "der Beklagte zu 3)" heißt, handelt es sich um einen offenkundiges Schreibversehen - im Rahmen einer nach § 448 ZPO durchgeführten Parteivernehmung glaubhaft angegeben habe, keinen fettverschmierten Gegenstand mitgeführt zu haben. Die Flugbahn spräche eher für ein Hochschleudern des Gegenstandes durch den LKW als für ein Herunterfallen vom LKW. Nach der Lebenserfahrung könnten mit Schmierfett gefüllte Gefäße aber auch Matten oder Ähnliches hochgeschleudert werden. Eine weitergehende Aufklärung sei nicht mehr möglich, da der Gegenstand nach Angaben des Zeugen XXX beim Aufprall "zerplatzt" und eine Sicherstellung durch die Polizei nicht erfolgt sei. Eine Haftung der Beklagten für einen vom LKW hochgeschleuderten Gegenstand bestände nicht, denn die Beklagten hätten den Unabwendbarkeitsnachweis geführt. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei es dunkel gewesen und der Gegenstand nicht ausreichend erkennbar. Ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot liege nicht vor, denn ein Kraftfahrer müsse auf Autobahnen seine Geschwindigkeit nur im Hinblick auf normale, durchschnittlich erkennbar größere Hindernisse einstellen, nicht dagegen auf solche, die wegen ihrer Beschaffenheit ungewöhnlich schwer zu erkennen seien. Um einen solch‘ schwer erkennbaren Gegenstand habe es sich gehandelt, wobei offenbleiben könne, ob es sich, wie die Zeugen XXX, XXX und XXX bekundet haben, um eine Matte mit einer Größe von etwa 30 cm mal 30 cm oder eine Dose mit schwarzen Schmierfett gehandelt habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie sich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts wendet und rügt, den Angaben des Beklagten zu 2) komme keine maßgebliche Bedeutung zu, da die Zeugen, anders als der Beklagte zu 2), gesehen hätten, dass der Gegenstand vom LKW der Beklagten zu 1) heruntergefallen bzw. weggeflogen sei. Das Landgericht habe sich nicht ausreichend mit der Aussage des Zeugen XXX beschäftigt, der gesehen habe, dass der Gegenstand von oben zwischen Fahrerkabine und Führerhaus hervorgeflogen sei. Wäre der Gegenstand heraufgeschleudert worden, hätte der Zeuge ihn von seiner Position aus nicht sehen können. Das Landgericht habe zudem nicht beachtet, dass der Zeuge XXX auf Grund seiner Position auf dem rechten Fahrstreifen den Gegenstand ebenfalls hätte überfahren müssen. Stattdessen habe er geschildert, die Autobahn sei frei gewesen und es hätten dort keine Gegenstände gelegen. Mit dieser Aussage beschäftige sich das Landgericht ebenso wenig wie mit den Angaben des Zeugen XXX. Zudem habe das Landgericht als Hilfserwägung einen Erfahrungssatz zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht, indem es anhand einer nicht näher bezeichneten Flugbahn und einer zurückgelegten Entfernung eher auf ein Hochschleudern als ein Herabfallen geschlossen habe, den es nicht gäbe. Zumindest hätte ein solcher Erfahrungsgrundsatz ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht aufgestellt werden können.Die Klägerin mache aber nunmehr lediglich die Netto-Reparaturkosten geltend, da die Reparatur in Eigenregie erfolgt sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Kleve vom 09. September 2016 aufzuheben und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 5.307,06 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 337,07 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angegriffene Urteil. Insbesondere sei der Klägerin der Nachweis eines Ladungsverlustes nicht gelungen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachten und Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. XXX Wegen der Einzelheiten wird auf den Beweisbeschluss vom 12. September 2017 (Bl. 153 f. GA) sowie das verkehrsunfallanalytische Gutachten vom 14. Mai 2018 und das Ergänzungsgutachten vom 16. Oktober 2018 (Bl. 220 ff. GA) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat bis auf eine ganz geringfügige Zurückweisung wegen des Zinsbeginns Erfolg.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) aus §§ 7, 18 Abs. 1 StVG, gegen die Beklagte zu 1) aus § 7 Abs. 1 StVG und gegen die Beklagte zu 3) aus § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit den vorgenannten Vorschriften einen Anspruch auf vollen Ersatz des ihr durch den Unfall entstandenen Schadens. Denn der Schaden am klägerischen BMW ist bei dem Betrieb des LKWs der Beklagten zu 1) entstanden. Der Anspruch gegen die Beklagten ist nicht ausgeschlossen, denn sie haben nicht bewiesen, dass der Schaden nicht durch ein Verschulden des Beklagten zu 2) verursacht worden ist (§ 18 Abs. 1 S. 2 StVG) bzw. dass es sich bei dem Unfall um ein für sie unabwendbares Ereignis gehandelt hat (§ 17 Abs. 3 StVG). Da die Klägerin aber bewiesen hat, dass es sich für den Fahrer ihres BMW, dem Zeugen XXX, um ein unabwendbares Ereignis (§ 17 Abs. 3 StVG) handelte, haften die Beklagten als Gesamtschuldner (§ 840 BGB) alleine in voller Höhe.

a)

Der Schaden am Fahrzeug der Klägerin ist beim Betrieb des vom Beklagten zu 2) geführten LKWs der Beklagten zu 1), der bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert ist, entstanden.

aa)

Das Merkmal "bei Betrieb" im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG ist entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Dabei rechtfertigt die Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle allein noch nicht die Annahme, der Unfall sei bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen haben bzw. dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (BGH, Urteil vom 24.03.2015, VI ZR 265/14, juris, Rn. 5 m.w.N.; BGH, Urteil vom 19.04.1988, VI ZR 96/87, juris, Rn. 7; Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 7 StVG, Rn. 27).

bb)

Das Landgericht hat für den Senat bindend (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) festgestellt, dass der klägerische BMW durch einen Gegenstand beschädigt wurde, der aus der Richtung des LKWs der Beklagten zu 1) gekommen ist. Dabei hat das Landgericht zu Recht auf die Aussagen der Zeugen abgestellt.

In beiden danach in Betracht kommenden Alternativen steht der Gegenstand, der den klägerischen BMW getroffen hat, in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Betrieb des LKWs der Beklagten zu 1), denn sowohl durch das (einerseits denkbare) Hochschleudern von Gegenständen beim Überfahren wie durch das (andererseits denkbare) Herabfallen von Ladung oder Fahrzeugteilen realisiert sich die mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs verbundene Gefährlichkeit (Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 7 StVG, Rn. 53 und Rn. 61).

cc)

Die Klägerin muss nicht beweisen, welche dieser beiden Alternativen sich ereignet hat. Dies führt auch zu keiner unzulässigen Verschiebung der Beweislast zu Lasten des In-Anspruch-Genommenen (so aber LG Wiesbaden, Urteil vom 28.01.2016, 9 S 36/15, juris, Rn. 20 m.w.N.). Denn dass der Schädiger hinsichtlich aller möglichen Ereignisse, für die - wie hier - tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, einen Entlastungsbeweis führen muss, ist in der Rechtsprechung anerkannt (BGH, Urteil vom 17.02.1970, VI ZR 135/68, juris, Rn. 20; Urteil vom 11.06.1974, VI ZR 37/73, juris, Rn. 22; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 16.10.2003, 12 U 78/03, juris, Rn. 47).

b)

Die Ersatzpflicht des Beklagten zu 2) ist nicht nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG, die der Beklagten zu 1) und 3) nicht nach § 17 Abs. 3 StVG ausgeschlossen.

aa)

Der Beklagte zu 2) als Führer des LKWs hat sich nicht entlastet, weil er nicht nachgewiesen hat, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet und damit nicht schuldhaft (§ 18 Abs. 1 S. 2 StVG) zum Unfall beigetragen hat.

(1)

Das wäre nur der Fall, wenn er nachgewiesen hätte, dass er alles einem ordentlichen Durchschnittskraftfahrer Zumutbare getan hat, um den Unfall zu vermeiden (vgl. Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 18 StVG, Rn. 18 f.), nicht erforderlich ist, dass er sich wie der "Idealfahrer" verhalten hat.

Der Beklagte zu 2) hat aber nicht für beide hier ernsthaft in Betracht kommenden Varianten den Entlastungsbeweis geführt.

Er hat nicht nachgewiesen, dass er sämtliche Ladung verkehrssicher nach den anerkannten Regeln der Technik i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 1 und S. 2 StVO so verstaut hat, dass sie nicht herabfallen konnte. Er hat Sicherungsmaßnahmen schon nicht vorgetragen, sondern sich darauf beschränkt zu behaupten, dass er (allenfalls) einen am Boden liegenden Gegenstand beim Überfahren hochgewirbelt habe, weil er überhaupt keinen fettigen Gegenstand mitgeführt habe. Dieser Beweis ist ihm nicht gelungen.

(2)

Der Senat ist an die Feststellung des Landgerichts, dass der Gegenstand nicht vom LKW der Beklagten zu 1) stammt, also nicht von diesem herabgefallen ist, nicht gebunden, weil konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist vielmehr nicht mit hinreichender Sicherheit (§ 286 Abs. 1 ZPO) aufklärbar, welche der beiden Varianten zutrifft.

Das Landgericht hat sich auf die Angaben des Beklagten zu 2) in seiner Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO gestützt, dass er keine fettverschmierten Gegenstände mitgeführt habe. Tatsächlich liegen erhebliche objektive Umstände vor, die einer solchen Überzeugungsbildung (§ 286 Abs. 1 ZPO) allein aufgrund der Parteivernehmung entgegenstehen.

(a)

Auch wenn die vom Landgericht vernommenen Zeugen, insbesondere die Zeugen XXX und XXX, nicht hinreichend konkret bekunden konnten, woher der Gegenstand hergeflogen sei, um festzustellen, dass er vom LKW heruntergefallen ist, deuten ihre Schilderungen, der Gegenstand sei aus dem Bereich zwischen Zugmaschine und Anhänger hergekommen, aber darauf hin. Auch hat der Zeuge XXX, der vor dem LKW der Beklagten zu 1) auf der rechten Spur vorneweg fuhr, weder einen Gegenstand auf der Straße gesehen noch einen solchen aufgewirbelt. Das spricht dagegen, dass ein solcher auf der Straße gelegen hat, selbst wenn dies danach nicht ausgeschlossen ist. Weiter haben die Zeugen XXX, XXX und XXX ausdrücklich bekundet, dass der Beklagte zu 2) - bevor die Polizei den Anhänger kontrollierte - dort herum geräumt habe. Dies war für den Beklagten zu 2) eine Gelegenheit Spuren zu beseitigen. Ob seine Angaben bei der Parteivernehmung, er habe nachgesehen, ob alles an den richtigen Stellen sei, zutreffend oder eine bloße Schutzbehauptung ist, lässt sich nicht hinreichend sicher klären.

Im Zusammenhang mit den Zeugenaussagen hat der Sachverständige überzeugend dargelegt, dass die Aussage des Zeugen XXX der Gegenstand sei zerplatzt bzw. in 100 Teile geflogen, subjektiv technisch nachvollziehbar sei. Er hat nachvollziehbar dargelegt, dass er Fußgänger/PKW Kollisionen bearbeitet habe, bei denen es infolge eines Anpralls zur Erzeugung von Flüssigkeitsfeldern oder (bei Glas) zu Splitterfeldern gekommen sei. Auch der Senat kann dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Gegenstand fettverschmiert gewesen ist und diese bei einem Aufprall abspritzen kann, nachvollziehen.

(b)

Auch aus dem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten ergeben sich objektive Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Gegenstand um nicht hinreichend gesicherte Ladung des LKW gehandelt hat.

Der Sachverständige hat zwar keine konkreten Feststellungen dazu treffen können, dass dies tatsächlich der Fall war, sondern nur geprüft, ob grundsätzlich eine fett- oder schmutzverschmierte Matte vom LKW geweht sein könnte und die Schäden am klägerischen PKW erzeugt haben könnte. Auch hat er den von ihm festgestellten ölverschmierten Hydraulikzylinder am LKW der Beklagten zu 1) nicht mit dem Unfall in Zusammenhang gebracht.

Der Sachverständige kommt aber nach einer Untersuchung des LKWs der Beklagten zu 1) überzeugend zu dem Ergebnis, es sei technisch möglich, dass z.B. eine fettverschmierte Matte aus dem Freiraum hinter der Führerkabine bzw. an der Front des Haubenaufbaus durch Öffnungen entweicht (z.B. heraus geweht wird). Denn dort befinden sich an der hinteren Seite etwa 15 cm breite Spalten bzw. Öffnungen und im hinteren Bodenbereich vier bis zu 15 cm lange Öffnungen. Insoweit ist es technisch nachvollziehbar, dass ein Gegenstand durch Fahrtwind veranlasst wird, auf die Fahrbahn zu wehen. Durch diese Öffnungen kann auch eine etwa 30x30cm Matte hinausweht werden, da diese nicht starr ist und auch - z.B. aufgerollt oder geknickt - durch etwas kleinere Öffnungen passt. Gerade weil ein Gegenstand durch solche Öffnungen durchrutschen und weggeweht werden kann, gebe es - so der Sachverständige - Vorschriften zur Ladungssicherung.

Auch hat der Sachverständige anlässlich seiner Besichtigung des Sattelanhängers in dem Freiraum einen weißen Eimer mit Granulat sowie ein Vierkantholz ohne jegliche weitere Sicherung festgestellt. Zudem war bei einer vergleichbaren Zugmaschine ein Eimer bloß mit Gummibändern links hinter dem Fahrerhaus befestigt, was keine geeignete Sicherung darstellt. Dies beweist zwar nicht, dass der Unfall durch einen nicht hinreichend gesicherten Gegenstand erfolgt ist, zeigt aber auf, in welcher Weise im Betrieb der Beklagten zu 1) generell Gegenstände auf Zugmaschinen bzw. Anhängern (nicht hinreichend gesichert) verwahrt werden. Dabei erscheint auffällig, dass selbst bei einer angekündigten Besichtigung durch einen Sachverständigen es nicht für erforderlich erachtet wurde, Gegenstände ausreichend zu sichern.

Auch kommt dem unstreitigen Umstand, dass die herbeigerufenen Polizeibeamten schwarze Schmierfettanhaftungen an dem LKW nicht erkennbar konnten, insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil zum einen die Möglichkeit besteht, dass sich Schmierfett auch lediglich in einer Art und Weise an dem Gegenstand befunden hat, dass es nicht in Berührung mit dem LKW gekommen ist und zum anderen - wie bereits ausgeführt - der Beklagte zu 2) an der Box herumgeräumt hat, und daher die Möglichkeit besteht, dass er Spuren beseitigt hat.

Die von den Beklagten angeregte erneute Begutachtung ist nicht geboten, weil der Senat das Gutachten nicht für ungenügend erachtet, § 412 Abs. 1 ZPO.

bb)

Dies zu Grunde gelegt ist auch die Haftung der Beklagten zu 1) und 3) nicht ausgeschlossen. Das wäre nur der Fall, wenn es ein für sie unabwendbares Ereignis gehandelt hätte, mithin auch der Beklagte zu 2) sich wie ein Idealfahrer verhalten hätte. An einen Idealfahrer werden aber noch höhere Anforderungen (dazu sogleich) gestellt als im Rahmen des (hier nicht erfolgreich geführten) Entlastungsbeweisen nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG.

c)

Allerdings ist die Haftung der Klägerin für das Unfallereignis nach § 17 Abs. 3 ausgeschlossen, da es sich für den Fahrer des klägerischen BMW, dem Zeugen XXX, um ein unabwendbares Ereignis gehandelt hat.

aa)

§ 17 Abs. 3 Satz 2 StVG bestimmt, dass als unabwendbar ein Ereignis nur gilt, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeuges jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Dies erfordert ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt im Sinne von § 276 BGB hinaus. Der Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein "Idealfahrer" verhalten (BGH, Urteil vom 17.03.1992, VI ZR 62/91, BGHZ 117, 337, juris, Rn. 10; Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2016, § 17 StVG, Rn. 14). Die Beweislast trägt dabei derjenige, der sich nach § 17 Abs. 3 StVG entlasten möchte (Engel in: Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, 2017, § 17 StVG, Rn. 36; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage, 2017, § 17 StVG, Rn. 23).

bb)

Dies zu Grunde gelegt ist der Unfall auf Grund der unstreitigen bzw. von der Klägerin bewiesenen Tatsachen für den Zeugen XXX unabwendbar gewesen. Auch ein Idealfahrer an seiner Stelle hätte die Kollision mit dem Gegenstand nicht vermeiden können (vgl. auch für vom LKW fallende Steine LG Heidelberg, Urteil vom 21.10.2011, 5 S 30/11, juris, Rn. 18; LG Bonn, Urteil vom 29.07.2004, 6 S 117/04, juris, Rn. 12)

Denn es handelte sich um einen kleineren, dunkleren Gegenstand, der sich im dunklen plötzlich und unvermittelt aus der Richtung des LKWs her auf den klägerischen BMW zubewegte. Berücksichtigt man weiter, dass der Zeuge XXX glaubhaft ausgesagt hat, er sei nur ein bis zwei Autolängen hinter dem LKW gewesen, als er den Gegenstand gesehen habe, hätte auch ein Idealfahrer unter Berücksichtigung der auch diesem zustehenden (wenn auch kurzen) Reaktionszeit nicht mehr ausweichen können, zumal die PKWs mit einer Geschwindigkeit von etwa 100 km/h fuhren und er sich vor einem Ausweichmanöver sorgfältig hätte vergewissern müssen, dass die linke Fahrbahn zum Ausweichen frei wäre, um einen noch gravierenden Unfall mit einem anderen Fahrzeug zu vermeiden.

c)

Ist danach die Mithaftung der Klägerin im Rahmen des § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG ausgeschlossen trifft die Beklagten die volle Haftung aus dem Unfall.

d)

Die Klägerin kann vollen Ersatz des von ihr im Berufungsverfahren noch geltenden gemachten Schadens von insgesamt 5.307,62 € zzgl. vorgerichtlich angefalllener Rechtsanwaltskosten verlangen.

aa)

Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass die Schäden am klägerischen BMW kompatibel mit dem Schadensereignis sind.

Die Schäden, eine Vielzahl von kleineren einzelnen Verkratzungen insbesondere an der rechten Karosserieseite, lassen sich - so der Sachverständige - von vorne oben nach hinten unten gerichteten Anstößen zuordnen. Entsprechende Schäden sind dem Sachverständigen aus steinschlagähnlichen Fällen bekannt und können durch den Kontakt mit einer verschmutzen bzw. verschmierten Matte entstehen, bei der in der Verschmutzung noch Steinchen oder andere poröse Teile vorhanden waren.

Insbesondere hat der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass z.B. eine Matte ein nachgebender Gegenstand ist, der bei einer entsprechenden Verwirbelung unterschiedliche Formen annehmen kann und daher gerade, wenn sich an ihr noch Fett befinde, unterschiedliche Kontaktspuren erzeugen kann. Daher können - was nachvollziehbar ist - gerade die unterschiedlich angeordneten Schäden am klägerischen BMW einer solchen Matte zugeordnet werden.

Die Klägerin macht auch nur noch die Nettoreparaturkosten (4.249,23 €) geltend, nachdem die Beklagten zu Recht eingewandt haben, dass die Klägerin den Anfall der Mehrwertsteuer nicht dargelegt hat.

bb)

Die Berechtigung und die Höhe der Sachverständigenkosten (662,83 €), des Nutzungsausfallschadens (370,00 €) und der Auslagenpauschale (25,00 €) steht nicht in Streit.

cc)

Der Klägerin steht zudem ein Anspruch auf Zahlung der Kosten für die außergerichtliche Bevollmächtigung ihres Rechtsanwalts in Höhe von 267,62 € zu, weil diese als Kosten der Rechtsverfolgung Bestandteil des Schadenersatzes sind.

Der maßgebliche Gegenstandswert für die Bestimmung der nach Maßgabe des § 249 BGB ersatzfähigen Anwaltskosten richtet sich nach der Summe der begründeten Schadensersatzforderungen, mit deren Durchsetzung der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor Eintritt der Rechtshängigkeit befasst war. Dieser beträgt lediglich 5.307,06 € und führt bei Zugrundelegung einer Geschäftsgebühr von 1,3 (1,3 x 354,00 € = 460,20 €) zzgl. Auslagen (20,00 €) - unter Berücksichtigung der von der Klägerin selbst vorgenommenen hälftigen Anrechnung der Verfahrensgebühr - sowie dem Ansatz der Umsatzsteuer auf den Gesamtbetrag von 250,01 € zu dem vorgenannten Betrag.

e)

Die Zinsentscheidung folgt jeweils - hinsichtlich der Haupt- und der Nebenforderung - aus Verzug, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Allerdings kann die Klägerin Zinsen auf die Hauptforderung erst ab dem 21. Oktober 2015 (statt wie beantragt ab dem 20. Oktober 2015) verlangen, nachdem sie eine Zahlungsfrist bis zum 20. Oktober 2015 gesetzt hatte, § 187 Abs. 1 BGB (analog).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, 100 Abs. 4 ZPO. Das äußerst geringfügige Unterliegen bei der Zinsforderung wirkt sich nicht aus.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713, 543, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug wird auf 5.307,06 € festgesetzt.

Lukas Jozefaciuk