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OLG Hamm, Beschluss vom 07.03.2017 - 1 RBs 167/16

Nach dem 30.04.2014 erfolgende Eintragungen im Fahreignungsregister sind generell nicht geeignet, für die bis zu diesem Zeitpunkt nach altem Recht erfolgten Eintragungen eine Tilgungshemmung herbeizuführen (zustimmend zu OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09. Mai 2016 - 2 (7) SsRs 199/16 -, juris).

Tenor

Die Sache wird gemäß § 80 Abs. 3 S. 1 OWiG dem 1. Senat für Bußgeldsachen in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

(Entscheidung der zuständigen Einzelrichterin gemäß § 80a Abs. 1 OWiG).

Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Höhe der Geldbuße auf 160,00 Euro festgesetzt wird.

Die Kosten der Rechtsbeschwerde trägt der Betroffene; jedoch wird die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren um 1/8 ermäßigt. In diesem Umfang werden auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse auferlegt.

Gründe

I.

Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Lünen vom 19.05.2016 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 200,00 € verurteilt worden. Außerdem wurde gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub gemäß § 25 Abs. 2a StVG verhängt.

Das Amtsgericht hat folgende fünf Eintragungen des Betroffenen im Fahreignungsregister festgestellt:

Datum der

Bußgeldentscheidung

Datum der Rechtskraft

Tatzeit

Ordnungswidrigkeit

Bußgeld

1.) 20.07.2012

09.08.2012

26.03.2012

Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 28 km/h

80,00 €

2.) 10.03.2014

04.04.2014

03.03.2014

Verbotswidrige Nutzung

eines Mobiltelefons als

Kraftfahrzeugführer

51,00 €

3.) 11.07.2014

06.08.2014

27.04.2014

Überschreitung der

zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h

95,00 €

4) 11.07.2014

22.08.2014

01.05.2014

Missachtens des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage

90,00 €

5.) 28.07.2015

20.08.2014

15.07.2014

Nichtbefolgen des Haltegebots eines Polizeibeamten anlässlich einer Verkehrskontrolle und Nutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer

120,00 €

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts zur Sache überschritt der Betroffene am 22.07.2015 um 09:18 Uhr mit dem von ihm geführten Pkw, amtliches Kennzeichen ..., auf der 3-spurig ausgebauten BAB 2 in Fahrtrichtung Hannover bei km 419,300 im Bereich Lünen die dort wegen eines Baustellenbereichs durch Verkehrszeichen auf 80 km/h beschränkte zulässige Höchstgeschwindigkeit um zumindest 29 km/h (gemessene Geschwindigkeit 113 km/h abzüglich einer Messtoleranz von 4 km/h). Der Betroffene passierte auf seiner Fahrt bis zur Messstelle acht jeweils in einem Abstand von einem Kilometer beidseitig aufgestellte Verkehrszeichen 274, die eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h aufwiesen, wobei er zumindest eines der Verkehrszeichen bewusst wahrgenommen hat. Hinter der Messstelle bestand die Geschwindigkeitsbeschränkung noch bis km 414,800 fort. Der Betroffene konnte die Geschwindigkeitsüberschreitung von zumindest 29 km/h bzw. im Umfang von mindestens 36,25 % anhand des Vergleichs mit der Geschwindigkeit weiterer dort fahrender Fahrzeuge erkennen. Auf der vom Betroffenen befahrenen Fahrstrecke herrschte zur Tatzeit - wochentags im morgendlichen Berufsverkehr - reger Verkehr. Im Bereich der Messstelle war die Fahrbahn baustellenbedingt verengt und beidseitig abgebarkt. Die Messung des Fahrzeugs des Betroffenen erfolgte mit einem Messgerät des Typs Poliscan Speed.

Das Amtsgericht ist von einer von den Betroffenen zumindest bedingt vorsätzlich begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um zumindest 29 km/h ausgegangen und hat gemäß § 3 Abs. 4a BKatV unter Verdopplung der nach der Bußgeldkatalog-Verordnung für eine fahrlässig begangene Geschwindigkeitsüberschreitung in diesem Umfang vorgesehenen Regelgeldbuße von 80,00 € Euro gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 160,00 € festgesetzt. "In Ansehung der zahlreichen bestehenden Voreintragungen" hielt das Amtsgericht außerdem eine Erhöhung der vorgenannten Geldbuße auf 200,00 € für angemessen.

Darüber hinaus hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen ein einmonatiges Fahrverbot festgesetzt und zur Begründung ausgeführt:

"Daneben hat der Betroffene durch seine im Fahrereignungsregister eingetragenen Voreintragungen sowie die hiesige Ordnungswidrigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass der Betroffene in beharrlicher Weise gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verstößt. Gemäß § 4 Abs. 2 BKatV war insoweit ein Regelfahrverbot von einem Monat festzusetzen. Hierbei war zu berücksichtigen, dass aufgrund der Voreintragung vom 15.07.2014 - rechtskräftig seit dem 06.08.2014 - der Regeltatbestand des § 4 Abs. 2 BKatV bereits erfüllt worden wäre, wenn der Betroffene bei vorgenanntem Verstoß um 1 km/h schneller gefahren wäre. Zusätzlich war hier zu berücksichtigen, dass der Betroffene im Jahre 2014 in einem Zeitraum von lediglich vier Monaten insgesamt viermal in eintragungspflichtiger Weise gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verstoßen hat. Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 BKatV war die Dauer des Fahrverbots auf einen Monat zu begrenzen. Da dem Betroffenen zum ersten Mal ein Fahrverbot auferlegt wurde, konnte die 4-Monatsfrist gewährt werden."

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit eine Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.

II.

Die zuständige Einzelrichterin hat die Sache gemäß § 80a Abs. 3 OWiG zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Frage der Tilgung von Voreintragungen, die auf vor dem 30.04.2014 ergangenen Bußgeldbescheiden beruhen, auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

III.

1.

Die Rechtsbeschwerde war, soweit sie sich gegen den Schuldausspruch wendet, gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO i. V. m § 79 Abs. 3 OWiG als unbegründet zu verwerfen, da die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf der Grundlage der Rechtsbeschwerdebegründung insoweit keinen Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen ergeben hat. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht von einem vorsätzlichen Handeln des Betroffenen ausgegangen ist. Der Betroffene hatte nach den Feststellungen des Amtsgerichts vor Erreichen der Messstelle eine Baustelle auf einer Strecke von acht Kilometern mit einer durchgehenden Geschwindigkeitsbeschränkung durchfahren und zumindest eines der insgesamt acht die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h anzeigenden Verkehrszeichen wahrgenommen. Angesichts des herrschenden regen Berufsverkehrs auf den drei Spuren der BAB 2 und der Tatsache, dass sich die für den Betroffenen maßgebliche Fahrbahn im Bereich der Messstelle verengte und daher Anlass zur besonderen Vorsicht und Aufmerksamkeit bei der Weiterfahrt gab, sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass anzunehmen ist, dass infolge der Fahrbahnverengung die Fahrzeuge in einem geringeren Abstand als zuvor nebeneinander fuhren, konnte dem Betroffenen nicht verborgen bleiben, dass sich die Fahrzeuge des übrigen Verkehrs deutlich langsamer fortbewegten als er, zumal davon auszugehen ist, dass der Betroffene die ihm vorgeworfene Geschwindigkeit von 109 km/h bei regem Verkehr nur einhalten konnte, wenn er andere Fahrzeuge, die mit der zulässigen Geschwindigkeit fuhren, überholte, so dass ihm sein rascheres Vorbeiziehen an diesen Fahrzeugen hätte auffallen müssen.

2.

Hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs hat die Rechtsbeschwerde mit der erhobenen Sachrüge in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang hinsichtlich der Höhe des Bußgeldes teilweise Erfolg. Im Übrigen war die Rechtsbeschwerde auch in Bezug auf den Rechtsfolgenausspruch entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO i. V. m. § 79 Abs. 3 OWiG als unbegründet zu verwerfen, da sich jedenfalls kein durchgreifender Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen ergeben hat.

a)

Das Amtsgericht hat bei der Festsetzung der Rechtsfolgen die festgestellten fünf Voreintragungen zu Lasten des Betroffenen herangezogen. Die ersten beiden Voreintragungen durfte das Amtsgericht aber nicht mehr verwerten, da diese Bußgeldentscheidungen zum Zeitpunkt des Erlasses des amtsgerichtlichen Urteils am 19.05.2016 bereits tilgungsreif waren.

Nach der in § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG getroffene Übergangsregelung werden Entscheidungen, die nach § 28 Abs. 3 StVG in der bis zum 30.04.2014 geltenden Fassung (im folgenden: a. F.) im Verkehrszentralregister gespeichert worden sind und auch nach § 28 Abs. 3 StVG n. F. in der ab dem 01.05.2014 geltenden Fassung (im folgenden: n. F.) im Fahreignungsregister zu speichern sind - dies trifft hier bezüglich der ersten beiden Voreintragung des Betroffenen zu - nach § 65 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 StVG noch für die Dauer von fünf Jahren, also bis zum Ablauf des 30.04.2019 nach dem bisherigen Recht, d.h. nach den Bestimmungen des § 29 StVG a. F. getilgt und gelöscht. Damit bleiben während dieser fünfjährigen Übergangszeit auch die bisherigen Regelungen des § 29 Abs. 6 StVG a. F. über die Hemmung des Ablaufs der Tilgungsfristen anwendbar. Für Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30.04.2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden, aber erst ab dem 01.05.2014 im Fahrereignungsregister gespeichert werden, ist nach § 65 Abs. 3 Nr. 3 StVG die Neuregelung anzuwenden.

Der die 1. Voreintragung betreffende Bußgeldbescheid vom 20.07.2012 ist am 09.08.2012 rechtskräftig geworden. Seine Tilgung richtet sich daher nach 29 Abs. 1 Nr. 1 StVG a. F. Die danach geltende zweijährige Tilgungsfrist bis zum 09.08.2014 ist allerdings durch die nachfolgende Eintragung - Bußgeldbescheid vom 10.03.2014, rechtskräftig seit dem 04.04.2014 - nach § 29 Abs. 6 S. 1 StVG a. F. gehemmt worden. Denn es ist davon auszugehen, dass diese Vorahndung bereits vor dem 01.05.2014 und damit nach der vor dem 30.04.2014 geltenden Fassung des § 28 Abs. 3 StVG in das Verkehrszentralregister eingetragen worden ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass rechtskräftige Entscheidungen unverzüglich durch die zur Mitteilung verpflichtete Stelle dem Verkehrszentralregister mitzuteilen waren. Hinzu kommt, dass Auskunft über die erste Voreintragung des Betroffenen, deren zweijährige Tilgungsfrist zum Zeitpunkt der Begehung der hier in Rede stehenden Verkehrsordnungswidrigkeit und auch bei Erlass des Bußgeldbescheides im vorliegenden Verfahren bereits abgelaufen war, gegenüber der Verwaltungsbehörde bzw. dem Amtsgericht durch das Kraftfahrt-Bundesamt gemäß § 29 Abs. 7 StVG a. F. nicht hätte erteilt werden dürfen, es sei denn, es wäre durch eine weitere Eintragung eine Ablaufhemmung hinsichtlich der Tilgungsfrist dieser Eintragung gemäß § 29 Abs. 2 StVG a. F. eingetreten. Davon ist unter Zugrundelegung eines gesetzesmäßigen Handelns durch das Kraftfahrt-Bundesamt auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass das Kraftfahrt-Bundesamt ohne Vorliegen der zuletzt genannten Voraussetzungen und damit unter Verstoß gegen das ausdrückliche Auskunftsverbot des § 29 Abs. 7 StVG a. F. der Verwaltungsbehörde bzw. dem Amtsgericht die erste Voreintragung mitgeteilt hat, sind nicht ersichtlich.

Die Tilgungsfrist hinsichtlich der beiden ersten Voreintragungen lief somit am 04.04.2016 und damit vor Erlass des angefochtenen Urteils ab.

Eine Ablaufhemmung hinsichtlich dieser Tilgungsfrist ist durch die nachfolgende 3. Voreintragung betreffend die erst nach dem 01.05.2014 rechtskräftig gewordene und demgemäß auch erst nach der Gesetzesänderung eingetragene Bußgeldentscheidung vom 11.07.2014 nicht eingetreten.

Ursprünglich war zwar eine neue Fassung des § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG vorgesehen gewesen, die keine Beschränkung in Bezug auf die Ablaufhemmung von Altfällen durch nach der Gesetzesänderung eingetragene Bußgeldentscheidungen vorgesehen hatte (Art. 1 Nr. 16 des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 06.03.2013 [vgl. BT-Drucksache 17/12636, S. 11]). In der Begründung dieses Entwurfs war insofern ausdrücklich ausgeführt, dass insbesondere für Alteintragungen die Regelungen zur Tilgungshemmung fortgelten würden. Auch neue Eintragungen nach Inkrafttreten des Gesetzes könnten so eine Tilgungshemmung für alte Entscheidungen auslösen. Die so in ihrer Tilgung gehemmten alten Eintragungen würden für ihre Tilgung damit von den neuen Entscheidungen abhängig, welche die Tilgungshemmung ausgelöst hätten, und damit bereits abhängig von den neuen Tilgungsfristen (vgl. BT-Drucksache 17/12636, S. 49).

Zur Begründung der dann in Kraft getretenen Fassung des § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG ist den Gesetzesmaterialien (BT-Drucksache 17/13452, S. 7) dagegen ausdrücklich ausgeführt:

"In Nr. 2 wird zum einen ein neuer S. 2 eingefügt. Diese Einfügung dient der Vereinfachung der Registerführung und der Minimierung des Verwaltungsaufwandes bei der registerführenden Behörde. Mit dieser Einfügung soll die Weiterführung der Tilgungshemmung auf den bei Inkrafttreten der Reform vorhandenen Registerbestand und die bereits ausgelösten Ablaufhemmungen beschränkt werden. Eintragungen nach Inkrafttreten der Reform sollen unabhängig von Tattag und Entscheidungsdatum keine Tilgungshemmung mehr auslösen können. Damit wird bereits in der Übergangszeit die abzuschaffende Tilgungshemmung so weit wie möglich reduziert."

Zwar ist in der Übergangsregelung des § 65 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 StVG n. F. hinsichtlich einer etwaigen Ablaufhemmung durch neue Eintragungen nach dem 30.04.2014 ausdrücklich eine Regelung nur insofern getroffen worden, als danach eine Ablaufhemmung nach § 29 Abs. 6 S. 2 StVG a. F., d. h. durch neue Taten, die während der Tilgungsfrist der Voreintragung begangen, aber erst danach in der sich anschließenden Überliegefrist eingetragen werden, nicht durch Entscheidungen ausgelöst werden kann, die die erst ab Inkrafttreten des Änderungsgesetzes am 01.05.2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden. Noch vor Ablauf der Tilgungsfrist, aber nach dem 30.04.2014 erfolgende weitere Eintragungen werden in dieser Vorschrift dagegen nicht erwähnt.

Der Senat folgt aber der vom Oberlandesgericht Karlsruhe (Beschluss vom 09.05.2016 - 2 (7) SsRs 199/16 -, BeckRS 2016, 09261) vertretenen Auffassung, dass gleichwohl generell nach dem 30.04.2014 erfolgende Eintragungen keine Ablaufhemmung auslösen können. Der Gesetzgeber - so das Oberlandesgericht - habe im Rahmen der Einfügung von § 65 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 StVG die zusätzliche Aufnahme von § 29 Abs. 6 S. 1 StVG a. F. zum - uneingeschränkt beabsichtigten - gänzlichen Ausschluss einer Ablaufhemmung durch nach dem 30.04.2014 erfolgende Eintragungen nicht für erforderlich gehalten. Während § 29 Abs. 6 S. 2 StVG a. F. von einer "neuen Tat" spreche und daher zur Klarstellung die Übergangsregelung erfordert habe, ergebe sich der Ausschluss einer tilgungshemmenden Wirkung für § 29 Abs. 6 S. 1 StVG a. F. bereits aus seinem Wortlaut. Insoweit könne § 29 StVG a. F. nur auf § 28 StVG a. F. verweisen. Es seien daher nur nach § 28 Abs. 3 StVG a. F., also bis zum 30.04.2014 eingetragene Entscheidungen von § 29 Abs. 6 S. 1 StVG a. F. erfasst und mit tilgungshemmender Wirkung belegt. Diese Überlegung sei bei der Begründung zum ursprünglichen Gesetzesentwurf - die Fassung des § 65 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 StVG n. F. sei nämlich unverändert geblieben - offensichtlich nicht bedacht worden. Diese Auffassung entspreche, wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergebe, dem Willen des Gesetzgebers und lasse sich auch mit dem Wortlaut des Gesetzes jedenfalls in Einklang bringen. Zudem vermeide diese Auslegung einen wenig einsichtigen Wertungswiderspruch zwischen den Fällen des § 29 Abs. 6 S. 2 StVG a. F. und denen des § 29 Abs. 6 S. 1 StVG a. F., der aber vorliege, wenn man allein entscheidend auf den Zeitpunkt der weiteren Eintragung abstelle (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.; ebenso im Ergebnis VG Köln, Beschluss vom 10.06.2016 - 9 L 1181/16 -, juris, sowie OLG Bamberg, Beschluss vom 29.04.2016 - 2 Ss OWi 5/16 - BeckRS 2016, 12143, das allerdings maßgeblich auf den in den Gesetzesmaterialien zu § 65 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 StVG n. F. eindeutig zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, Eintragungen nach Inkrafttreten der Reform sollten unabhängig vom Tattag und Entscheidungsdatum keine Tilgungshemmung mehr auslösen können und die abzuschaffende Tilgungshemmung solle bereits in der Übergangszeit soweit wie möglich reduziert werden, abstellt; a. A. OLG Hamm, Beschluss vom 22.03.2016 - III - 3 RBs 84/16; Dauer in Henschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage, § 29 StVG, Rn. 43, die maßgebend auf den Wortlaut der Vorschrift des § 65 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 StVG, in der nur § 29 Abs. 6 S. 2 StVG a. F., nicht aber § 29 Abs. 6 S. 1 StVG a. F. erwähnt wird, abstellen und die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift § 65 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 StVG deshalb für Eintragungen, die zwar nach dem 30.04.2014 aber innerhalb der Tilgungsfrist der Voreintragung erfolgen, keine Regelung trifft und daher insoweit eine Ablaufhemmung nicht ausschließt).

b)

Der aufgezeigte Rechtsfehler hat sich allerdings hinsichtlich der Verhängung des einmonatigen Fahrverbotes wegen eines beharrlichen Verstoßes gegen die Pflichten eines Fahrzeugführers im Ergebnis nicht zu Lasten des Betroffenen ausgewirkt. Denn der Senat kann insoweit ausschließen, dass das Amtsgericht von der Verhängung des Fahrverbotes abgesehen hätte, wenn es die beiden ersten Voreintragungen unberücksichtigt gelassen hätte. Zwar werden die Erwägungen, mit denen die Verhängung des Fahrverbots begründet wird, in dem angefochtenen Urteil mit dem Satz eingeleitet, der Betroffene habe durch seine im Fahreignungsregister enthaltenen Voreintragungen und die abzuurteilende Ordnungswidrigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er in beharrlicher Weise gegen die Pflichten eines Fahrzeugführers verstoße. Wie sich aus der weiteren Begründung ergibt, hat der Amtsrichter aber maßgeblich auf die - ebenfalls eine nicht unerhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung betreffende - Voreintragung vom 15.07.2014 sowie auf den Umstand abgestellt, dass der Betroffene während eines relativ kurzen Zeitraums im Jahre 2014 gleich mehrmals in "eintragungspflichtiger Weise" gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verstoßen habe. Die die 1. Voreintragung betreffende Bußgeldentscheidung vom 20.07.2012, die bereits länger zurücklag und daher zu den Ordnungswidrigkeiten, die Gegenstand der nachfolgenden Voreintragungen sind, nicht mehr in einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang steht, ist dagegen durch den Amtsrichter, obwohl sie ebenfalls eine Geschwindigkeitsüberschreitung betraf, nicht weiter erwähnt worden, was den Rückschluss zulässt, dass sie für die Verhängung des Fahrverbots nicht maßgebend war. Auch ist auszuschließen, dass für die Verhängung des Fahrverbotes gerade die konkrete Anzahl der im Jahre 2014 von den Betroffenen begangenen Ordnungswidrigkeiten ausschlaggebend war und der Amtsrichter von der Anordnung des Fahrverbotes abgesehen hätte, wenn er unter Beachtung der des Verwertungsverbotes auch der 2. Voreintragung nicht vier Verstöße gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers während eines Zeitraums von vier Monaten im Jahr 2014, sondern "nur" die drei Verstöße, die während eines Zeitraums von nur einem Monat (August 2014) begangen worden sind und die ebenfalls eine rasche Rückfallgeschwindigkeit erkennen ließen, zu Lasten des Betroffenen berücksichtigt hätte. Maßgebend für die Entscheidung des Amtsgerichts war vielmehr, dass der Betroffene im Jahre 2014 innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums mehrmals wegen nicht unerheblicher Verkehrsordnungswidrigkeiten in Erscheinung getreten war, die nach Auffassung des Amtsrichters zeigen, dass es bei ihm an der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und - bezogen auf die abzuurteilende Ordnungswidrigkeit - auch an der notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht mangelt.

Da sich auch im Übrigen keine Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen im Bezug auf die Verhängung des Fahrverbotes ergeben haben, hat der Rechtsfolgenausspruch insoweit Bestand.

c)

Die für die vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung verhängte Geldbuße von 160,00 € entspricht dem nach der Bußgeldkatalog-Verordnung für eine vorsätzliche Begehungsweise nach § 3 Abs. 4a BKatV vorgesehenen Regelsatz und ist daher nicht zu beanstanden. Dagegen konnte die weitere Erhöhung dieser Geldbuße auf 200,00 € keinen Bestand haben, da der Senat insoweit nicht ausschließen kann, dass angesichts der nicht näher differenzierten Begründung dieser Bußgelderhöhung, die lediglich auf die zahlreichen bestehenden Voreintragungen des Betroffenen verweist, dass sich eine Berücksichtigung der beiden nicht mehr verwertbaren Voreintragungen zu Lasten des Betroffenen ausgewirkt haben kann. Wegen dieses Rechtsfehlers bedarf es aber keiner Zurückweisung der Sache an das Amtsgericht. Vielmehr hat der Senat von der Möglichkeit gemäß § 79 Abs. 6 OWiG Gebrauch gemacht, selbst in der Sache zu entscheiden. Hierbei war, da es sich insoweit um eine eigene Sachentscheidung des Senats handelt, zu berücksichtigen, dass gemäß § 29 Abs. 1 S. Nr. 1 StVG n. F. auch hinsichtlich der restlichen drei Voreintragungen des Betroffenen aus dem Jahre 2014 inzwischen (seit dem 20.02.2017) die Tilgungsfristen abgelaufen sind und auch diese Voreintragungen daher jetzt nicht mehr zu Lasten des Betroffenen verwertet werden dürfen (vgl. Gürtler in Göhler, OWiG, 16. Auflage, § 17 Rn 20a m.w.N.). Der Senat hat daher die verhängte Geldbuße auf die Regelgeldbuße von 160,00 € reduziert.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG.