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OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.01.2019 - 8 A 10/17

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 10. November 2016 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier für die vom Kläger angeführten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO) nicht der Fall.

I. Es sind keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben.

Ernstliche Zweifel in diesem Sinne bestehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt. Sie liegen jedoch dann nicht vor, wenn zwar einzelne Rechtssätze oder tatsächliche Feststellungen, welche das Urteil tragen, zu Zweifeln Anlass bieten, das Urteil aber im Ergebnis aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist. Auf solche anderen Gründe ist nur dann abzustellen, wenn sie ohne Weiteres auf der Hand liegen, ihre Heranziehung also nicht über den Aufwand hinausgeht, der in einem Zulassungsverfahren mit Blick auf dessen Zweck vernünftigerweise zu leisten ist.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Juni 2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 16 (zum Vorliegen ernstlicher Zweifel), vom 9. Juni 2016 - 1 BvR 2453/12 -, juris Rn. 17, und vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 -, juris Rn. 36, 40; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 7 ff.; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 102 f.

Ausgehend davon ist die Berufung nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Nachdem die Bezirksregierung Detmold im gerichtlichen Verfahren die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung mit neuen Ermessenserwägungen unterlegt und dies im Berufungszulassungsverfahren ausdrücklich klargestellt hat, erweist sich das angefochtene Urteil im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über den Antrag auf Zulassung der Berufung jedenfalls im Ergebnis als offensichtlich richtig.

Die neuen Ermessenserwägungen sind im Verfahren auf Zulassung der Berufung zu berücksichtigen (dazu 1.). Damit ist die verkehrsrechtliche Anordnung zur Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h auf der A 2 zwischen den Anschlussstellen Bielefeld-Süd und Bielefeld-Ost in Fahrtrichtung Hannover (zwischen Streckenkilometer 330,825 und 327,790) rechtmäßig. Sie verletzt den in S. -X. geborenen, in H. wohnenden und als Monteur berufstätigen Kläger, der nach seinen Angaben erstmals am 22. August 2014 das die streitgegenständliche Anordnung verkörpernde Verkehrszeichen wahrgenommen haben will, nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (dazu 2.).

1. Das Vorbringen neuer Ermessenserwägungen ist bei der Entscheidung des Senats über den Antrag auf Zulassung der Berufung in prozessualer und materiellrechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen.

Ob ein angefochtenes Urteil ernstlichen Zweifel an seiner Richtigkeit i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begegnet, beurteilt sich allein nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2003- 7 AV 2.03 -, juris Rn. 10.

Dementsprechend ist dieser Zeitpunkt auch maßgeblich für die Berücksichtigung einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage. Grundsätzlich ist eine solche Änderung nur in dem durch die Darlegungen des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn sich das angefochtene Urteil aufgrund einer inzwischen eingetretenen und nach materiellem Recht zu berücksichtigenden Tatsachen- oder Rechtsänderung aus anderen Gründen als richtig darstellt und zunächst bestehende Zweifel an seiner Richtigkeit damit beseitigt sind, wie es z. B. bei einer nachträglichen Ergänzung von Ermessenserwägungen der Fall sein kann.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Januar 2018- 2 A 2747/15 -, juris Rn. 4, 7, 13, und vom 29. April 2011 - 18 A 1491/10 -, juris Rn. 4 ff.; Bay. VGH, Beschlüsse vom 25. August 2016 - 9 ZB 13.1993 -, juris Rn. 12, vom 13. Mai 2016 - 9 ZB 13.1991 -, juris Rn. 11, und vom 29. Mai 2012 - 1 ZB 10.1292 und 1 ZB 10.1623 -, juris Rn. 11; Hess. VGH, Beschluss vom 6. Dezember 2014 - 2 UZ 3375/04 -, juris Rn. 3 ff.; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 6. Dezember 2013 - OVG 10 N 24.11 -, juris Rn. 8 ff.; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 94, 97.

Materiellrechtlich maßgeblich für den Erfolg einer gegen einen Dauerverwaltungsakt - wie der hier in Rede stehenden verkehrsrechtlichen Anordnung - gerichteten Anfechtungsklage ist regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung bzw. Entscheidung, wenn eine mündliche Verhandlung nicht stattfindet.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. September 2017 - 3 B 50.16 -, juris Rn. 8, und Urteil vom 23. September 2010 - 3 C 37.09 -, juris Rn. 21.

Liegt eine verkehrsrechtliche Anordnung viele Jahre oder gar Jahrzehnte zurück und haben sich die der Anordnung zugrunde liegenden tatsächlichen und/oder rechtlichen Verhältnisse geändert, muss die Straßenverkehrsbehörde die Rechtmäßigkeit dieses Dauerverwaltungsakts überprüfen und dabei (erneut) Ermessen ausüben.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2017 - 8 A 1256/14 -, juris Rn. 19.

Sie muss also die Voraussetzungen für eine getroffene Anordnung fortlaufend "unter Kontrolle" halten. Dementsprechend kann sie bis zu einer Entscheidung in der Tatsacheninstanz neue Umstände oder (neue) Ermessenserwägungen vorbringen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 - 3 C 37.09 -, juris Rn. 28.

Trägt die Behörde derartige Umstände bzw. Änderungen erst in einem laufenden Verwaltungsprozess vor, so muss sie unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich, was wiederum mit der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren wäre.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris Rn. 35.

Aus § 114 Satz 2 VwGO ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen. Diese Vorschrift regelt nicht die Voraussetzungen für die materiellrechtliche und verwaltungsverfahrensrechtliche Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen, sondern betrifft nur deren Geltendmachung im Prozess. Ihr Zweck ist es klarzustellen, dass ein materiell- und verwaltungsverfahrensrechtlich zulässiges Nachholen von Ermessenserwägungen nicht an prozessualen Hindernissen scheitert.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2014 - 9 B 57.13 -, juris Rn. 11, und Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris Rn. 34.

Nach Maßgabe des Vorstehenden ist das Vorbringen neuer Ermessenserwägungen bei der Entscheidung des Senats über den Zulassungsantrag zu berücksichtigen. Die Bezirksregierung Detmold hat durch ihren Schriftsatz vom 27. August 2018 klargestellt, dass sie sich mit ihren im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Ermessenserwägungen nicht lediglich prozessual verteidigt hat, sondern das ihr bei Erlass der streitgegenständlichen geschwindigkeitsbeschränkenden Anordnung zustehende Ermessen unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände ausgeübt hat. Dies ergibt sich aus ihren ausdrücklichen Erklärungen auf den Seiten 1 und 2 dieses Schriftsatzes. Danach seien ihre Schriftsätze im erstinstanzlichen Verfahren und im Zulassungsverfahren so zu verstehen, dass es sich dabei nicht nur um prozessuales Vorbringen, sondern um eine bestätigende Ermessensausübung handele, die die Anordnung in ihrer Begründung ändere und die damals getroffene Ermessensentscheidung im Ergebnis bestätige. Die aus ihrer Sicht maßgeblichen Ermessenserwägungen für die Geschwindigkeitsbeschränkung hat sie in diesem Schriftsatz zusammengefasst wiedergegeben. Jedenfalls diese Klarstellung ist hinreichend deutlich und erfüllt ihren aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Zweck, den Kläger über die der Anordnung zugrunde liegenden Ermessenserwägungen in Kenntnis zu setzen und ihm eine sachgemäße Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob und mit welchem Vorbringen er seine Rechtsverfolgung fortsetzt oder ob er sie, etwa durch Abgabe einer Erledigungserklärung, beenden möchte. Der Kläger hat sich zu dieser Ermessensausübung der Bezirksregierung Detmold, insbesondere zu der entsprechenden Klarstellung, eingelassen. Auch sind die Ermessenserwägungen inhaltlich nicht neu, sondern schon zuvor von den Beteiligten während des gesamten gerichtlichen Verfahrens ausführlich thematisiert worden.

Das im gerichtlichen Verfahren ausgeübte Ermessen führt dazu, dass die Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über den Zulassungsantrag rechtmäßig (dazu sogleich unter 2.) und das angefochtene Urteil im Ergebnis richtig ist.

2. Die verkehrsrechtliche Anordnung zur Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h auf dem in Rede stehenden Abschnitt der A 2 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Dabei geht der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht davon aus, dass es eine solche Anordnung gibt. Dass keine schriftlichen Unterlagen mehr zu der Anordnung vorliegen, die nach den Angaben des Beklagten schon vor dem Jahre 1980 getroffen worden ist, steht dem nicht entgegen. Dem gesamten Akteninhalt ist zu entnehmen, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Wissen und Wollen der Bezirksregierung Detmold beruht: Diese hat mitgeteilt, die Geschwindigkeitsbeschränkung wie auch alle anderen Verkehrszeichen regelmäßig zu überprüfen; etwaige illegal aufgestellte Zeichen würden sofort beseitigt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben wahrheitswidrig und damit dienstpflichtwidrig gemacht sein könnten, sind weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Den Schreiben der Bezirksregierung Detmold an den Landesbetrieb Straßenbau NRW vom 5. Dezember 2008 und vom 22. Januar 2009 ist weiter zu entnehmen, dass der Behörde die dort angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bekannt ist und einzelne Schilder mit dem Zusatzzeichen "Radarkontrolle" versehen werden sollten. Dies zeigt beispielhaft, dass die Behörde die streitbefangene Geschwindigkeitsbeschränkung in ihren Willen aufgenommen hat. Diese Anordnung erfasst auch die Aufstellung der beiden im Hilfsantrag des Klägers genannten Verkehrszeichen. Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung des Klägers, dass die Verkehrszeichen ohne Anordnung der dafür zuständigen Behörde z. B. durch die Straßenbaubehörde oder die Stadt Bielefeld aufgestellt worden sein könnten, eine bloße Mutmaßung, die in den vorgenannten Tatsachen keine Bestätigung findet. Auch verfängt danach sein Einwand nicht, dass die A 2 seit den 1980er Jahren sechsstreifig ausgebaut worden sei und sich das angeblich in den 1980er Jahren jeweils rechts von der Fahrbahn befindliche Verkehrszeichen heute zwischen der rechten und der mittleren (ehemals rechten) Fahrspur befinden müsse.

b) Die Geschwindigkeitsbeschränkung findet ihre Grundlage in § 45 Abs. 1 und 9 StVO. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO in der derzeit geltenden Fassung können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt (Abs. 9 Satz 3).

§ 45 Abs. 1 StVO i. V. m. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO setzt für Verbote und Beschränkungen des fließenden Verkehrs auf Autobahnen eine qualifizierte konkrete Gefahrenlage voraus. Diese muss - erstens - auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen sein und - zweitens - das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (hier insbesondere: Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigen. Die für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs erforderliche Gefahrenlage kann aus einer Gemengelage verschiedener Faktoren bestehen. Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO können insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen (z. B. Nebel, Schnee- und Eisglätte), der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein. Sie liegen in Bezug auf Geschwindigkeitsbeschränkungen etwa dann vor, wenn eine Bundesautobahn den Charakter einer innerstädtischen Schnellstraße angenommen hat, bei der unterschiedliche Verkehrsströme zusammengeführt oder getrennt werden und wo deshalb eine erhöhte Unfallgefahr gegeben sein kann, oder wenn der Streckenverlauf durch eng aufeinanderfolgende Autobahnkreuze oder -dreiecke und eine Vielzahl von sonstigen Ab- und Zufahrten geprägt wird. Neben diesen auf die Streckenführung bezogenen Faktoren kann die Verkehrsbelastung relevant sein, wie etwa der durchschnittliche Tagesverkehr (DTV-Wert) oder ein überproportional hoher Anteil des Schwerlastverkehrs. Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit vermehrter Schadensfälle wird sich in der konkreten Situation kaum je dartun lassen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es bei Verkehrsbeschränkungen und -verboten im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO regelmäßig um die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben und bedeutende Sachwerte geht. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts ist jedoch, wenn derart hochrangige Rechtsgüter betroffen sind, ein behördliches Einschreiten bereits bei einer geringeren Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zulässig und geboten. Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit wird daher von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO nicht gefordert. Die Vorschrift setzt nur - aber immerhin - eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraus. Erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete Gefahr, die auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruht. Die Beantwortung der Frage, ob eine solche qualifizierte Gefahrenlage besteht, bedarf einer Prognose, für deren Tatsachenbasis der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 - 3 C 32.09 -, juris Rn. 19 ff., m. w. N., und Beschluss vom 23. April 2013 - 3 B 59.12 -, juris Rn. 9 (zur Gemengelage).

Maßnahmen im Regelungsbereich des § 45 Abs. 9 StVO stehen im Ermessen der zuständigen Behörde (vgl. § 45 Abs. 9 Satz 3 i. V. m. § 45 Abs. 1 StVO). Die Auswahl der Mittel, mit denen die konkrete Gefahr bekämpft oder gemildert werden soll, muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Bei der Frage, welche von mehreren in Betracht zu ziehenden Maßnahmen den bestmöglichen Erfolg verspricht, steht der Straßenverkehrsbehörde aufgrund ihres Sachverstandes und ihres Erfahrungswissens eine Einschätzungsprärogative zu.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 - 3 C 32.09 -, juris Rn. 35 f., m. w. N.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht zu beanstanden. Es besteht eine qualifizierte Gefahrenlage im eben genannten Sinne (dazu aa)). Die Bezirksregierung Detmold hat das ihr zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt (dazu bb)). Die dagegen erhobenen Einwände des Klägers greifen nicht durch (dazu cc)).

aa) Die besonderen örtlichen Verhältnisse i. S. v. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO an dem in Rede stehenden Autobahnabschnitt am Bielefelder Berg ergeben sich hier sowohl aus der Streckenführung und dem Ausbauzustand als auch aus der Verkehrsbelastung.

Der Streckenabschnitt weist zwischen km 330,441 und 329,405 über eine Länge von insgesamt 1.036 m (541 m + 495 m) ein Längsgefälle von zunächst 4,0129 % (bis km 329,9) und anschließend von 4 % auf. Nach weiteren 785,3 m mit einem Gefälle von nur 2,0031 % folgt ein erneutes Längsgefälle von 4 % über eine Strecke von 795,07 m (von km 328,6197 bis 327,82463). Dieser Wert liegt im Grenzbereich der von Nr. 5.3.1 (S. 29) der "Richtlinien für die Anlage von Autobahnen" der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Straßenentwurf, Ausgabe 2008 (im Folgenden: RAA), vorgesehenen Höchstlängsneigung von 4 % für Fernautobahnen wie der A 2. Auf einem Teilabschnitt in Fahrtrichtung Hannover von 730 m (zwischen km 330,550 und 329,820) können die nach den RAA erforderlichen Haltesichtweiten bei Nässe nur mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h eingehalten werden, auf weiteren 90 m (zwischen km 329,120 und 329,030) gilt dies nur bei einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. In diesem Abschnitt hat eine relativ enge Linkskurve einen Radius von 800 m, der geringer ist als der bei Fernautobahnen für erforderlich gehaltene Mindestradius von 900 m (vgl. Nr. 5.2.2 der RAA, S. 27). Zudem fehlen weitgehend die Übergangsbögen zwischen den Kreisbögen und Geraden, die bewirken sollen, dass die Kurve nur langsam und nicht sprungartig enger oder weiter wird, und ein allmähliches Ein- und Auslenken beim Befahren der Kurve ermöglichen. Der geschwindigkeitsbeschränkte Abschnitt befindet sich in einem Bereich mit geringeren Knotenpunktabständen als in den RAA empfohlen (nach Nr. 6.2.2, S. 42 der RAA 8 km für Fernautobahnen). Der Abstand zwischen den Anschlussstellen Bielefeld-Süd und Bielefeld-Ost beträgt 6,2 km. Außerdem ist die Verkehrsbelastung hoch: Im Jahre 2013 betrug der DTV-Wert an der Dauerzählstelle Bielefeld, die sich etwa 4 km vor dem streitgegenständlichen Abschnitt zwischen dem Autobahnkreuz Bielefeld und der Anschlussstelle Bielefeld-Süd bei Streckenkilometer 334,7 befindet, 86.429 gegenüber einem Durchschnittswert von 57.750 für alle Autobahndauerzählstellen. Bei der Straßenverkehrszählung aus dem Jahre 2015 ergab sich für den Autobahnabschnitt zwischen Bielefeld-Süd und Bielefeld-Ost ein DTV-Wert von 90.100. Der Anteil des Schwerlastverkehrs im Jahre 2013 betrug an der Dauerzählstelle Bielefeld 20,1 % und für die Tage von Montag bis Freitag sogar 24,9 %, landesweit dagegen nur 13,5 %.

Die pauschale Vermutung des Klägers, die Angaben des Beklagten zur Längs- und Querneigung, zum Kurvenradius, zum DTV, zu den erforderlichen Haltesichtweiten und zu den Übergangsbögen seien schon deswegen falsch, weil sie allein auf Angaben des Landesbetriebs Straßen NRW beruhten (und deshalb wohl nicht objektiv ermittelt seien), ist durch nichts belegt. Aus den im angefochtenen Urteil (Seite 15 f.) angeführten und vom Kläger insoweit nicht beanstandeten Gründen besteht kein hinreichender Grund, an der Richtigkeit der entsprechenden Angaben zu zweifeln.

Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Bezirksregierung Detmold, anders als der Kläger, bei der Berechnung der erforderlichen Haltesichtweiten entsprechend den Vorgaben in Anhang 7 der RAA eine Bremsverzögerung auf nasser Fahrbahn von 3,7 m/s und eine Reaktionsdauer von 2 Sekunden zugrunde gelegt hat. Haltesichtweiten müssen auch bei Nässe eingehalten werden können. Erfahrungsgemäß fährt nicht jeder Verkehrsteilnehmer jederzeit so aufmerksam, dass er immer schon nach einer Sekunde auf unerwartete Situationen angemessen reagieren kann (vgl. Nr. 5.5.2, Seite 35 der RAA, wonach wegen der speziellen Bedingungen des Fahrverhaltens auf Autobahnen zur Berechnung der Haltesichtweiten größere Werte als die physiologisch begründeten Mindestwerte für die Reaktionszeit und fahrdynamisch möglichen Bremswege bei Gefahrenbremsungen zugrunde gelegt werden).

Aus den dargestellten besonderen örtlichen Verhältnissen ergibt sich eine konkrete Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung von Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie von öffentlichem und privatem Sacheigentum deutlich übersteigt: Ein stärkeres Gefälle stellt erfahrungsgemäß gerade bei hohen Geschwindigkeiten ein Risiko für die Verkehrssicherheit dar und ist häufig mitursächlich für ein erhöhtes Unfallaufkommen. Speziell für die Autobahnen im Regierungsbezirk Detmold wurde nach den insoweit unbestrittenen Angaben der Bezirksregierung Detmold ermittelt, dass an Streckenabschnitten mit einer Längsneigung von mehr als 3 % deutlich mehr Unfälle pro Streckenkilometer auftreten als auf ebenen Abschnitten. Wenn die erforderlichen Haltesichtweiten (bei Nässe) nicht eingehalten werden können, steigt die Gefahr, vor unvermittelt auftauchenden Hindernissen nicht rechtzeitig abbremsen zu können. Die engere Linkskurve und die fehlenden Übergangsbögen verlangen bei hohen Geschwindigkeiten eine erhöhte Aufmerksamkeit der Fahrer, um ihr Fahrzeug unter Kontrolle zu behalten. Der geringere Knotenpunktabstand führt zu häufigerem Ein- und Ausfahren mit dadurch bedingten Spurwechseln und reduzierten Geschwindigkeiten als auf Streckenabschnitten ohne Anschlussstelle. Aus der hohen Gesamtverkehrsbelastung in Kombination mit dem hohen Schwerverkehrsanteil ergibt sich eine weitere Gefahrenquelle. Wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeitsniveaus von Pkw und Lkw kann der hohe Lkw-Anteil insbesondere bei Überholmanövern von Lastkraftwagen zu gefährlichen Situationen führen. Wenn herannahende Personenkraftwagenfahrer überholende Lkw gerade bei hohen Geschwindigkeiten erst spät bemerken, können wegen der hohen Verkehrsdichte Schwierigkeiten entstehen, noch auf die linke Spur auszuweichen.

bb) Die Bezirksregierung Detmold hat das ihr zustehende Ermessen mit ihren im Schriftsatz vom 27. August 2018 zusammenfassend wiedergegebenen maßgeblichen Erwägungen fehlerfrei ausgeübt (vgl. § 40 VwVfG NRW, § 114 Satz 1 VwGO). Sie hat im Wesentlichen auf die Haltesichtweiten, das hohe Verkehrsaufkommen mit besonders viel Schwerlastverkehr sowie die Streckenführung und Trassierungsparameter (relativ enge Linkskurve, starkes Längsgefälle) verwiesen und ausgeführt, dass und warum sie die Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h für erforderlich hält, um die sich aus den genannten Umständen ergebenden Gefahren effektiv zu reduzieren. Sie hat in diesem Schriftsatz und dem darin in Bezug genommenen Schriftsatz vom 18. Juni 2015 weiter erläutert, aus welchen konkreten Gründen insbesondere die vom Kläger vorgeschlagenen anderen Maßnahmen nicht als milderes, aber gleich geeignetes Mittel in Betracht kommen: Ein "Überholverbot für Lkw", ein "Fahrspurverbot für Lkw" oder ein "Fahrspurwechselverbot" würde die aus der Streckenführung (Linkskurve mit engem Radius, Längsgefälle) resultierenden Gefahren nicht abwenden. Dasselbe gilt für Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295 der Anlage 2 zur StVO - durchgezogene weiße Linie) oder Verbote für Kraftfahrzeuge über 3,5 t, die beiden linken Fahrspuren zu benutzen (Zeichen 253 der Anlage 2 zur StVO). Beim Heraufsetzen der Höchstgeschwindigkeit auf über 100 km/h könnten die erforderlichen Haltesichtweiten bei Nässe nicht durchgehend eingehalten werden. Eine nur bei Nässe geltende Geschwindigkeitsbeschränkung oder Gefahrenzeichen wie "Gefahrstelle", "Kurve", "Gefälle", "Schleuder- oder Rutschgefahr bei Nässe oder Schmutz" oder "Stau" könnten die Gefahren nicht vermindern, die sich aus dem Gefälle und dem hohen Verkehrsaufkommen mit vielen Lkw ergeben. Da der Schwerlastverkehr fast doppelt so hoch ist wie im Landesdurchschnitt, gilt dies auch unter Berücksichtigung des sechsspurigen Ausbaus des Autobahnabschnitts. Die stetig verbesserte Sicherheitstechnik in Kraftfahrzeugen kann die Gefahren ebenfalls nicht beseitigen, zumal nicht alle Autos mit der neuesten Technik ausgestattet sind.

Diese Ermessenserwägungen der Bezirksregierung Detmold sind unter Berücksichtigung ihrer Einschätzungsprärogative nicht zu beanstanden. Bei einer solchen Gemengelage verschiedener Faktoren war auch nicht im Einzelnen zu ermitteln und auszuführen, welche dieser örtlichen Gegebenheiten zu welcher Gefahr führen kann. Die Bezirksregierung hat ihrem Ermessen zulässigerweise eine Gesamtschau aller relevanter Faktoren zugrunde gelegt. Insbesondere ist es sachgerecht, dass die Bezirksregierung Detmold bei dieser Gefahrenlage trotz bundesweit zurückgehender Unfallzahlen nicht darauf vertraut, das Einhalten der ohnehin geltenden allgemeinen Verkehrsregeln (wie Rücksichtnahmegebot, Rechtsfahrgebot, Rechtsüberholverbot, Nötigungsverbot oder Abbiegeregeln) werde genügen, um auf dem streitgegenständlichen Streckenabschnitt gefährliche Verkehrssituationen in ausreichendem Maße zu verhindern.

cc) Auch die gegen die Geschwindigkeitsbeschränkung im Übrigen vorgebrachten Einwände des Klägers führen offensichtlich nicht zum Erfolg seines Zulassungsantrags.

Soweit der Kläger aus den vom Verwaltungsgericht angeführten örtlichen Verhältnissen des in Rede stehenden Autobahnabschnitts andere Schlüsse zieht als dieses, setzt er seine Bewertung derjenigen des Verwaltungsgerichts gegenüber, ohne substantiiert darzulegen, warum die besseren Argumente für seine Ansicht sprechen sollen. Dies begründet weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils noch stellt es die aus den oben genannten Gründen ermessensfehlerfreien Erwägungen der Bezirksregierung Detmold durchgreifend in Frage.

Die Rügen des Klägers zur Aktualität des ermittelten Tagesdurchschnittsverkehrs sind der Sache nach überholt. Die Bezirksregierung Detmold hat in ihrem Schriftsatz vom 27. August 2018 (dort Seite 3) ausdrücklich auf ihren Schriftsatz vom 20. Februar 2017 Bezug genommen (dort Seite 4 und 5) und auf diese Weise inzwischen den im Vergleich zu den vorherigen Zahlen noch weiter erhöhten DTV-Wert aus der Verkehrszählung 2015 bei ihrer Ermessensausübung berücksichtigt.

II. Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten liegen dann vor, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. März 2017- 8 A 2915/15 -, juris Rn. 51 f., und vom 19. Januar 2016 - 8 A 2523/15 - (n. v., Beschlussabdruck, S. 8).

Dies ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht der Fall. Nichts anderes würde gelten, wenn für das Vorliegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO darauf abgestellt würde, dass die Rechtssache überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht.

Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 17. Dezember 1999 - 5 A 4915/98 -, juris Rn. 14; Dehoust, in: Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2018, Kap. Q Rn. 55.

III. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist eine Rechtssache, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung und Anwendung geboten erscheint, und die sich nicht ohne Weiteres unter Heranziehung der bisherigen Rechtsprechung und unter Anwendung der anerkannten Auslegungsmethoden beantworten lässt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 17.

1. Die zusammenhängend formulierten Fragen,

ob die RAA zu der Frage des Bestehens "besonderer" örtlicher Gegebenheiten auf Autobahnen als antizipierte Sachverständigengutachten heranzuziehen sind, ob und ggf. wie sich Abweichungen von den in den RAA vorgeschlagenen Werten auf den Ermessensspielraum der Straßenverkehrsbehörde auswirken und sich das erstinstanzliche Tatsachengericht damit bescheiden kann, Abweichungen negativ zu bewerten, oder ob es auch der Verkehrssicherheit zuträgliche Abweichungen zu berücksichtigen hat,

sind nicht fallübergreifend grundsätzlich bedeutsam. Der Sache nach zielt der Kläger mit diesen Fragen auf die konkrete Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall und dessen Bewertung der hier gegebenen örtlichen Verhältnisse als gefährlich i. S. v. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO. Dies ist nicht mit der Grundsatzrüge angreifbar.

Dessen ungeachtet ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die RAA eine maßgebliche Erkenntnisquelle etwa zur maximalen Kapazität und zum aus Sicherheitsgründen erforderlichen Regelquerschnitt einer Straße sind.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Oktober 2017 - 9 A 14.16 -, juris Rn. 21, vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 -, juris Rn. 56, und vom 28. März 2013 - 9 A 22.11 -, juris Rn. 31.

2. Auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage,

ob die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes und der Grundsatz eines fairen Verfahrens dadurch verletzt wird, dass das Ausgangsgericht, das ein Gericht des beklagten Bundeslandes ist, das der Gesetzgeber über § 124a VwGO als grundsätzlich einzige Tatsacheninstanz installiert hat, dem Kläger (auf eigenes Kostenrisiko im Falle des Unterliegens) nicht die Gelegenheit einräumt, die Behauptungen eines beklagteneigenen, dem Kläger bei Weitem an Sachverstand überlegenen, Fachbetriebs mittels eines Sachverständigengutachtens zu widerlegen,

kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie betrifft die konkrete Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht und dessen Sachverhaltsermittlung im Einzelfall. Wie oben ausgeführt, hatte das Verwaltungsgericht keinen Anlass dafür, die Angaben des Landesbetriebs Straßen NRW zum Ausbau des in Rede stehenden Streckenabschnitts anzuzweifeln und dazu ein Sachverständigengutachten einzuholen.

IV. Die Berufung ist nicht wegen einer Divergenz i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

Eine die Berufung eröffnende Abweichung im Sinne dieser Vorschrift ist nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur dann hinreichend bezeichnet, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender Rechtssatz dargelegt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. November 2015 - 8 A 1846/15 -, juris Rn. 21 f., m. w. N.

Dies ist hier nicht der Fall.

1. Der Kläger rügt ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht sei von dem in Rn. 22 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. September 2010 - 3 C 32.09 - aufgestellten Rechtssatz abgewichen, wonach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO [jetzt: Satz 3] eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraussetze. Das Verwaltungsgericht habe es demgegenüber ausreichen lassen, dass eine solche Wahrscheinlichkeit drohe, bzw. sei es unklar, ob es ein "Drohen" oder ein "Vorliegen" geprüft habe (Urteilsabdruck, Seite 13).

Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht keinen von dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Vielmehr hat es in der vom Kläger zitierten Passage die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in diesem Urteil offensichtlich paraphrasiert wiedergegeben, ohne sich von dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz zu entfernen. Ausweislich seiner Subsumtion ist es in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, dass hier eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts tatsächlich vorliegt. Dies belegen etwa folgende Ausführungen: "Die oben dargestellten örtlichen Verhältnisse [...] führen zum anderen auch zu einer das allgemeine Risiko übersteigenden Gefährdung" (Urteilsabdruck, Seite 16). "Aus der Vielzahl der besonderen gefahrerhöhenden Merkmale ergibt sich hier jedenfalls in der Gesamtschau eine konkrete Gefahr für die betroffenen Rechtsgüter, die das allgemeine Risiko erheblich überschreitet" (Urteilsabdruck, Seite 21).

2. Es liegt auch keine Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. April 2001 - 3 C 23.00 - vor. Der Kläger meint, das Bundesverwaltungsgericht habe in dieser Entscheidung für die konkrete Gefahr maßgeblich auf den DTV-Wert auf einer überwiegend, aber nicht durchgehend dreispurig ausgebauten Strecke abgestellt, der doppelt so hoch sei wie für das gesamte Autobahnnetz. Da dies hier nicht gegeben sei, lägen keine besonderen örtlichen Verhältnisse vor. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht schon keinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass besondere örtliche Verhältnisse erst dann vorlägen, wenn der DTV-Wert doppelt so hoch sei wie für das gesamte Autobahnnetz. Es hat vielmehr bei der Subsumtion im konkreten Fall auf "zahlreiche erschwerende Umstände" abgestellt, zu denen auch der DTV-Wert im zu entscheidenden Fall gehörte (bei juris Rn. 24 f.).

V. Der Kläger hat schließlich keine der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmängel geltend gemacht, auf denen das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

1. Die Rüge, die Angelegenheit hätte wegen der Bedeutung der Sache von der gesamten Kammer statt vom Einzelrichter entschieden werden müssen, begründet keinen Verfahrensfehler in diesem Sinne.

Beschlüsse nach § 6 Abs. 1 VwGO sind gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VwGO unanfechtbar. Daher ist auch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich hieran gebunden und sind hierauf bezogene Verfahrensrügen einer inhaltlichen Überprüfung selbst im Hauptsacheverfahren entzogen (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. den §§ 512, 557 Abs. 2 ZPO). Verstöße gegen § 6 VwGO allein sollen nicht zum Erfolg eines Rechtsmittels führen. Ein dem Übertragungsbeschluss anhaftender Rechtsfehler im Rechtsmittelverfahren ist ausnahmsweise nur dann beachtlich, wenn er als Folge der beanstandeten Vorentscheidung der angefochtenen Sachentscheidung anhaftet und zugleich die verfassungsrechtlich gewährleisteten Prozessrechte (z. B. rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, gesetzlicher Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 1999 - 6 C 30.98 -, juris Rn. 15 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 2. November 2017 - 4 B 891/17 -, juris Rn. 9.

Dass die zuletzt genannten Voraussetzungen hier gegeben sein könnten, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

2. Soweit der Kläger sich zur Darlegung der Verfahrensrüge im Übrigen auf seine Ausführungen zur Grundsatzbedeutung bezieht, liegt aus den unter III. angeführten Gründen kein Verfahrensmangel i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor. Insbesondere durfte das Verwaltungsgericht auf die RAA zurückgreifen und musste keinen Sachverständigen beauftragen, um die Gefährlichkeit der besonderen örtlichen Verhältnisse zu beurteilen. Diese rechtliche Einschätzung ist vom Gericht selbst zu treffen und keines Sachverständigenbeweises zugänglich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).