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OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.06.2019 - 7 A 2386/17

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Nachbarrechtswidrigkeit einer der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für den Umbau eines ehemaligen Kaufhauses in einen großflächigen Lebensmittelmarkt und einen Drogeriemarkt sowie die Errichtung von ergänzenden Wohnnutzungen nebst Tiefgarage in L..

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung F., Flur, 71, Flurstück 2292/72 mit der Bezeichnung Q.-straße 23 in L.. Das Grundstück ist zur Straße hin mit einem dreigeschossigen Wohnhaus und im rückwärtigen Teil mit einer Halle bebaut, in der der Kläger ein Fotostudio betreibt. Das Vorhaben der Beigeladenen soll auf Grundstücken mit der Bezeichnung W. Straße 310-316 verwirklicht werden. Die Grundstücke sind teilweise mit ein- bis dreigeschossigen Gebäuden bebaut; die Gebäude waren bis zum Frühjahr 2013 als Warenhaus unter der Bezeichnung X. sowie durch Büros genutzt worden. Die Grundstücke der Beigeladenen und des Klägers liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 64460/07. Die Grundstücke der Beigeladenen liegen in einem Gebiet zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung (besonderes Wohngebiet). Ferner setzt der Plan südlich der W. Straße und westlich der U.-straße ein größeres Kerngebiet fest. Im festgesetzten Kerngebiet sind Wohnungen im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO allgemein zulässig. Die Planurkunde enthält eine Zeichnung im Maßstab 1:2.500.

Das Vorhabengrundstück liegt in einem Bereich, der durch das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Beklagten vom 17.12.2013 als zentraler Versorgungsbereich "Bezirkszentrum F." festgesetzt ist. In der Umgebung des Vorhabens befinden sich verschiedene großflächige Einzelhandelsbetriebe, u. a. ein Rewe-City mit ca. 900 m² Verkaufsfläche und ein Kaufland SB-Warenhaus mit einer Verkaufsfläche von knapp 6.000 m², die etwa 300 m bzw. 500 m südöstlich des Vorhabengrundstücks liegen.

Die Beigeladene beantragte am 7.12.2015 die Genehmigung für den Neubau eines Wohngebäudes und die Sanierung und Umnutzung eines bestehenden Gewerbegebäudes auf den Grundstücken W. Straße 310-316. Der Antrag wurde später geändert. Unter dem 17.3.2017 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung in Garagen mit mehr als 1.000 m² Nutzfläche als Tiefgarage (63 Stellplätze, Zufahrt in Hansemannstraße) in Verbindung mit Grundrissänderungen vom Untergeschoss bis zum 2. Obergeschoss im Bestand, Nutzung im Erdgeschoss zu zwei Ladenlokalen mit 1.285 und 741 m² Verkaufsfläche und Fassadenneugestaltung (W. Straße 310-316) sowie Errichtung eines straßenseitigen Wohngebäudes mit fünf Wohneinheiten über der Durchfahrt im Erdgeschoss zum überdachten Anlieferbereich in der Q.-straße auf den genannten Vorhabengrundstücken. Zum Bestandteil der Baugenehmigung machte die Beklagte unter anderem den Übersichtsplan zur Darstellung der Anlieferung in Q.- und W. Straße (als Anlageplan zur Verkehrsuntersuchung, Stand 19.1.2017, Auflage Nr. 23), die Verkehrsuntersuchung des Büros für Stadt- und Verkehrsplanung Dr.-Ing. C. GmbH (B.) vom 21.2.2017, und die Schallimmissionsprognose zum Betrieb der haustechnischen Anlagen und der Anlieferung, Beratungsbüro Dr. K. vom 17.3.2016. Die Baugenehmigung enthält verschiedene Nebenbestimmungen unter anderem zur Erschließung und zum Immissionsschutz. In der Nebenbestimmung Nr. 21 wird für die Anlieferung über die Q.-straße die Menge der Fahrzeuge an Werktagen auf grundsätzlich 5 Fahrzeuge pro Tag und den Zeitraum 7.00-20.00 Uhr begrenzt und auf die Abmessungen der Fahrzeuge im Verkehrsgutachten und dem Belieferungskonzept vom 16.1.2017 verwiesen.

Am 2.5.2017 hat der Kläger Klage erhoben. Der Kläger hat zur Begründung der Klage im Wesentlichen vorgetragen: Das Anlieferungskonzept führe dazu, dass das gesamte Straßengeviert I.-straße , T.-straße , Q.-straße und W. Straße von Schwerlastverkehr betroffen sei. Die Lastkraftwagen müssten teilweise die Gehwege überfahren, um überhaupt zu der geplanten Anlieferung an der Q.-straße gelangen zu können. Die Planung berücksichtige nicht, dass ein zweiter, wartender Lastkraftwagen die gesamte Q.-straße blockiere. Außerdem finde unmittelbar vor seinem Grundstück ein regelmäßiges Rangieren der Lastkraftwagen statt, da diese rückwärts in die Anlieferungszone einfahren müssten. Auf dem Vorhabengrundstück solle in unmittelbarer Nähe zu seinem rückwärtigen Grundstücksbereich eine Abluftanlage installiert werden. Der gesamte Hinterhofbereich seines Grundstücks werde aufgrund des geplanten Vorhabens durch eine 6 m hohe Mauer auf der Grundstücksgrenze abgegrenzt, so dass sein rückwärtiger Grundstücksbereich im Erdgeschoss und auch im ersten und zweiten Obergeschoss vollständig verschattet werde. Eine solche geschlossene Bebauung entlang der gesamten Grundstücksgrenze sei nicht zulässig. Die Abstandsflächen seien nicht ansatzweise eingehalten.

Der Kläger hat beantragt,

die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 17.3.2017 (Az.: 63/B14/5203/2015) aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen: Die verkehrliche Erschließung des geplanten REWE-Markts sei über die Q.-straße möglich. Die Beigeladene dürfe das Nachbargrundstück zum Grundstück des Klägers in der gesamten Tiefe bebauen, im Hinblick auf die großflächige Bebauung im Hinterland des Klägers verleihe § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) BauO NRW a. F. der Beigeladenen auch das Recht, ohne Abstand zur Grenze zum Grundstück des Klägers zu bauen.

Die Beigeladene hat im Wesentlichen vorgetragen: Die genehmigte Bebauung durch ihr Vorhaben verstoße nicht gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans als besonderes Wohngebiet. Mit der Ansiedlung des Markts seien keine zunehmenden Immissionen verbunden. Im Gegenteil solle die Verkaufsfläche im Verhältnis zur früheren Nutzung deutlich reduziert werden und es würden weitere Maßnahmen getroffen, um Störungen der Nachbarschaft zu vermeiden. Es liege keine unzumutbare Störung vor. Die zum Gegenstand der Genehmigung gemachte Schallimmissionsprognose beschäftige sich auch in hinreichender Weise mit der bisherigen Vorbelastung und der zu erwartenden Lärmentwicklung. Die Anlieferungsfahrten über die Q.-straße seien auf grundsätzlich 5 Fahrten pro Werktag von 7.00 Uhr bis 20:00 Uhr begrenzt. Für den Stadtverkehr in einem urbanen Innenbereich sei auch bei einer Einbahnstraße wie der Q.-straße das rückwärts gerichtete Anfahren eines Lieferbereichs unter dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Verkehrsteilnehmer zulässig. Mit dem Rangieren der Lastkraftwagen sei kein übermäßig hohes Stocken des Verkehrs verbunden. Auch eine erneute Überprüfung der Erschließungssituation des geplanten Markts im August 2017 habe ergeben, dass die Erschließung ausreichend gesichert sei. Die in der Planungsphase durchdachten Alternativplanungen zur Anlieferung hätten sich als nicht praktikabel erwiesen. Eine Komplettversorgung der Anlieferung sowohl des geplanten REWE-Markts als auch des dm-Drogeriemarkts über die W. Straße führe zu einem erheblichen Mehraufwand für den REWE-Markt und zu erhöhten Beeinträchtigungen des Drogeriemarkts. Eine doppelseitige Befahrung der Q.-straße direkt über die W. Straße zur Anlieferung scheitere an der tatsächlichen Straßensituation, insbesondere dem Fehlen von Wendemöglichkeiten für Pkw. Die engen Straßenräume machten zwar einen beidseitigen Straßenverkehr unmöglich, stellten aber keine erhöhten Anforderungen an den Anlieferverkehr des geplanten Projekts. Die Beigeladene hat u. a. eine ergänzende Verkehrsuntersuchung des Sachverständigenbüros B. vom 21.8.2017 vorgelegt, die sich u. a. zur Anlieferung mit kleineren LKW verhält.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Berichterstatterin des Verwaltungsgerichts hat die Örtlichkeit am 12.7.2017 besichtigt. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 5.9.2017

stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Vorhaben stehe ein Gebietsgewährleistungsanspruch entgegen.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO nicht widerlegt sei. Es bestünden mehrere Anhaltspunkte dafür, dass Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO durch den genehmigten REWE-Markt nicht vorlägen.

Ein gewichtiger Anhaltspunkt sei bereits, dass die Größe ihres Stadtgebiets und des Ortsteils F. deutlich aus dem Rahmen falle. Der Verordnungsgeber der Baunutzungsverordnung gehe davon aus, dass sich ein Einzelhandelsbetrieb mit 1.200 m² Geschossfläche in einer kleinen Gemeinde anders auswirke als ein Betrieb gleicher Größe in einer Großstadt. Je größer die Gemeinde sei, in der der Betrieb angesiedelt werden solle, desto eher sei die Annahme gerechtfertigt, dass sich die negativen städtebaulichen Folgen relativierten. Das Vorhaben liege in der größten Stadt Nordrhein-Westfalens und zugleich in der viertgrößten Stadt des Bundesgebiets. Zudem sei die Zulassung des Vorhabens auch unter dem Aspekt der Sicherung einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und zugleich der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche als günstig anzusehen. Eine abweichende städtebauliche Situation könne auch darin bestehen, dass der Betrieb in zentraler und für die Wohnbevölkerung gut erreichbarer Lage, d. h. städtebaulich integriert, errichtet werden solle. Des Weiteren sei bei § 11 Abs. 3 Satz 4, zweiter Teil des Satzes BauNVO das Warenangebot des genehmigten Betriebs in den Blick zu nehmen. Das Vorhaben entspreche dem Prototyp eines Lebensmittelgeschäfts mit ausschließlich nahversorgungsrelevantem Sortiment, das zum wohnortnahen Versorgungseinkauf mit den Waren des täglichen Bedarfs aufgesucht werde. Auch damit liege ein Anhaltspunkt für einen atypisch gelagerten Sachverhalt vor. Danach sei, anders als vom Verwaltungsgericht angenommen, eine Bewertung vorzunehmen, nach der sich das Vorhaben nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nur unwesentlich auswirken könne. Weder seien Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung zu erwarten, noch Auswirkungen auf den Verkehr. Motorisierter Kundenverkehr werde im Wesentlichen nicht vom Vorhaben, sondern von den umliegenden REWE-Märkten angezogen. Insbesondere gehe das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Verkehrsbewegungen durch den Kundenverkehr von falschen Voraussetzungen aus. Die Kraftfahrer könnten auch durch die T.-straße nach Nordwesten den F1. erreichen oder durch die H.-straße die T1. Straße anfahren. Auch hinsichtlich des Anlieferverkehrs gehe das Verwaltungsgericht von falschen Annahmen aus. Rechnerisch seien werktäglich nur 2,5 Anlieferfahrten mit Lastkraftwagen in der Q.-straße zu erwarten. Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich des geplanten Markts und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche seien ebenso wenig zu befürchten.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene macht zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung

im Wesentlichen geltend: Das Urteil sei bereits deshalb fehlerhaft, weil entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts innerhalb eines besonderen Wohngebiets im Sinne von § 4a BauNVO ein Gebietsbewahrungsanspruch nicht bestehen könne. Unabhängig davon sei auch davon auszugehen, dass § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO keinen subjektiven Schutzanspruch vermittele. Das Verwaltungsgericht verkenne zudem, dass innerhalb besonderer Wohngebiete grundsätzlich auch großflächige Läden zulässig sein könnten. Das Vorhaben sei nicht etwa kerngebiets- oder sondergebietspflichtig. Die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO sei hier aus den von der Beklagten aufgezeigten Gründen widerlegt.

Die Beigeladene beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er trägt im Wesentlichen vor: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei richtig. Die Regelvermutung des § 11 Abs. 3 BauNVO sei nicht widerlegt. Es sei mit unzumutbaren Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen. Die Beklagte habe bei der Genehmigungserteilung verkannt, dass nach der Bebauungsplanbegründung kein Bestandsschutz für das Vorhaben eingreife. Änderungen der Betriebsform seien bei Gewerbebetrieben danach nämlich nur dann zulässig, wenn keine Verschlechterung der Emissionssituation zu erwarten sei. Die Belieferung des Kaufhauses, das bis 2013 betrieben worden sei, habe sich anders dargestellt. Es habe max. 2 bis 3mal pro Woche Anlieferungen gegeben. Seinerzeit habe eine breite Öffnung bestanden, durch die die Lastkraftwagen problemlos hätten vorwärts oder rückwärts ohne großes Rangieren hineinfahren können. Durch die Umnutzung in einen Frischemarkt werde die Anlieferungsintensität um ein Mehrfaches vervielfältigt. Die Baugenehmigung leide im Übrigen an weiteren Mängeln, die das Verwaltungsgericht nicht mehr habe ausführen müssen. Durch die Bebauung werde sein Innenhof linksseitig durch eine etwa 6 m hohe Wand begrenzt. Abstandsflächen würden nicht im Geringsten eingehalten. Zudem habe die Beklagte in willkürlicher Weise das Bauvorhaben geteilt und so die Bezirksvertretung umgangen. Die Baugenehmigung umfasse insgesamt einen Bereich von rund 6.000 m². Bei einheitlicher Bearbeitung hätte die Bezirksvertretung eingeschaltet werden müssen. Die Bezirksvertretung habe in ihren Sitzungen am 6.4.2017 und 5.12.2017 zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem Bauvorhaben nicht einverstanden sei.

Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 16.5.2019 besichtigt. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die dazu gefertigte Niederschrift Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten - auch zu dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 7 B 1225/17 und der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten - sowie der Gerichtsakten zu den Verfahren der Anfechtungsklagen bzw. vorläufigen Rechtsschutzgesuche anderer Kläger bzw. Antragsteller gegen die Baugenehmigung der Beigeladenen 7 A 2387/17 und 7 B 1226/17 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen haben jeweils Erfolg.

Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet. Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 17.3.2017 verletzt keine Nachbarrechte des Klägers. Die Genehmigung ist nicht wegen einer Verletzung eines Gebietsgewährleistungsanspruchs (dazu 1.) oder eines Verstoßes gegen das allgemeine planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot nachbarrechtswidrig (dazu 2.) und verletzt auch nicht zulasten des Klägers Vorschriften des Abstandsrechts (dazu 3.) oder andere Bestimmungen, auf deren Verletzung er sich berufen könnte (dazu 4.).

1. Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, die Baugenehmigung sei im Hinblick auf einen Gebietsgewährleistungsanspruch nachbarrechtswidrig. Es kann dahinstehen, ob ein Gebietsgewährleistungsanspruch innerhalb eines besonderen Wohngebiets im Sinne von § 4a BauNVO gegeben sein kann, einem solchen Anspruch steht hier jedenfalls entgegen, dass es an einer wirksamen Festsetzung eines entsprechenden Gebiets ebenso fehlt wie an den Voraussetzungen für die Annahme eines faktischen Baugebiets im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB, in dem das Vorhaben unzulässig wäre (dazu a); ungeachtet dessen ist das Vorhaben der Beigeladenen aber ohnehin nicht als ein Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO zu werten, das im besonderen Wohngebiet gebietsunverträglich ist (dazu b).

a) Es kann dahinstehen, ob ein Gebietsgewährleistungsanspruch im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,

vgl. dazu allg. BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28.91 -, BRS 55 Nr. 110 = BauR 1994, 223,

auch innerhalb eines besonderen Wohngebiets im Sinne von § 4a BauNVO gegeben sein kann. Dagegen sprechen etwa die von der Beigeladenen in der Berufungsbegründung aufgezeigten Gesichtspunkte. Dem geltend gemachten Anspruch steht jedenfalls entgegen, dass es an einer wirksamen Festsetzung eines Baugebiets fehlt, in dem die Vorhabengrundstücke und das Grundstück des Klägers liegen (dazu aa)), und dass auch nicht auf ein faktisches Baugebiet abgestellt werden kann (dazu bb)).

aa) Es fehlt an einer wirksamen Festsetzung eines Baugebiets, weil der Bebauungsplan Nr. 64460/07, der 1992 bekannt gemacht worden ist, insgesamt unwirksam ist. Der Plan leidet an einem durchgreifenden Bestimmtheitsmangel (dazu aaa)); ob er auch an einem durchgreifenden Mangel der Kerngebietsfestsetzung leidet, kann offen bleiben (dazu bbb)).

aaa) Der Plan Nr. 64460/07 ist nicht hinreichend bestimmt, nach den vorliegenden Einzelfallumständen ist der Maßstab der Planzeichnung von 1:2500 zu ungenau.

Zwar gibt es, worauf klägerseitig in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen worden ist, keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem ein Bebauungsplan nur bei Wahrung eines bestimmten Maßstabs hinreichend bestimmt ist. Das Gebot hinreichender Bestimmtheit von Rechtsnormen ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Es gilt auch für Bebauungspläne. Dies gilt für die zeichnerischen und die textlichen Festsetzungen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13.2.2014 - 7 D 102/12.NE-, juris, m. w. N.

Bei einer Planzeichnung kommt es darauf an, ob sie hinreichend lesbar ist.

Vgl. etwa: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 4. Aufl., Rn. 746, m. w. N.

An der hinreichenden Lesbarkeit fehlt es im vorliegenden Einzelfall indes schon im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen Baugebieten und öffentlichen Verkehrsflächen. Die Linien, die die festgesetzten öffentlichen Verkehrsflächen von den festgesetzten Baugebieten abgrenzen, sind in der Planzeichnung so dargestellt, dass sie eine Breite von deutlich mehr als 1 mm überdecken. Sie erfassen damit in der Örtlichkeit einen Grundstücksstreifen von über 2,5 m Breite. Aus der Legende zur Planzeichnung ist auch nicht etwa ersichtlich, dass nach der Vorstellung des Plangebers jeweils eine bestimmte Außenkante einer solchen Linie, etwa die straßenzugewandte oder die baugebietszugewandte, für die Abgrenzung maßgeblich sein soll. Damit lässt sich aus dem Plan nicht hinreichend eindeutig ablesen, ob erhebliche Flächenanteile in der Örtlichkeit als öffentliche Verkehrsfläche oder als Baugebiete festgesetzt sein sollen.

Diese Unbestimmtheit in Bezug auf die Abgrenzung zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und Baugebieten führt insgesamt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans.

Die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen führt nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 BGB) dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und außerdem hinzu kommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Die Teilunwirksamkeit stellt danach eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme zur Gesamtunwirksamkeit dar.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.5.2015 - 4 C 4.14 -, BRS 83 Nr. 8 = BauR 2015, 1620.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist hier von einer Gesamtunwirksamkeit auszugehen. Es kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden, dass die Beklagte zumindest die als eindeutig dargestellt erkennbaren Teilbereiche der Baugebiete bzw. Verkehrsflächen entsprechend beschlossen hätte, weil eine hinreichende Abgrenzung zwischen Verkehrsflächen und Baugebieten ein wesentlicher Bestandteil der planerischen Konzeption ist.

bbb) Es spricht im Übrigen Vieles dafür, dass die Festsetzung zur allgemeinen Zulässigkeit von sonstigen Wohnungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO im Kerngebiet durch die textliche Festsetzung Nr. 3.2 mangels Rechtsgrundlage unwirksam ist. Sonstige Wohnungen im Sinne von § 7 Absatz 2 Nr. 7 BauNVO sind solche ohne die Zweckbindung nach § 7 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO. Für die mit einer textlichen Festsetzung verfolgte Zielsetzung, Wohnungen in nahezu allen Kerngebieten umfangreich zu ermöglichen, dürfte es an einer Rechtsgrundlage fehlen, weil eine flächendeckende Zulassung sonstiger Wohnungen grundsätzlich die durch § 7 BauNVO gezogenen Grenzen überschreitet.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.12.2009 - 7 D 62/08.NE -, juris; OVG NRW, Urteil vom 2.12.2016 - 2 D 121/14.NE -, juris, OVG NRW, Urteil vom 10.5.2019 - 7 A 1419/17 -.

bb) Auf ein faktisches besonderes Wohngebiet oder ein sonstiges faktisches Baugebiet (reines oder allgemeines Wohngebiet oder Mischgebiet) als Anknüpfungspunkt für einen Gebietsgewährleistungsanspruch kann nicht abgestellt werden.

Vgl. zum Anspruch auf Gebietsgewährleistung in einem faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB: BVerwG, Beschluss vom 11.4.1996 - 4 B 51.96 -, BRS 58 Nr. 82.

Ein faktisches besonderes Wohngebiet kommt im Rechtssinne nicht gemäß § 34 Abs. 2 BauGB als faktisches Baugebiet in Betracht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.1992 - 4 B 209.92 -, DÖV 1993, 621 = juris.

Die maßgebliche nähere Umgebung der Vorhabengrundstücke und des Grundstücks des Klägers lässt sich auch nicht als ein Gebiet verstehen, das ein sonstiges Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung wäre, in dem großflächiger Einzelhandel unzulässig und das Wohngebäude des Klägers zulässig wäre (reines oder allgemeines Wohngebiet oder Mischgebiet).

Als prägende nähere Umgebung ist im Hinblick auf die Art der Nutzung der Bereich des Bezirkszentrums F. anzusehen. In dieser näheren Umgebung ist neben umfangreicher Wohnbebauung zumindest ein prägender großflächiger Einzelhandelsbetrieb vorhanden, das Kaufland-SB-Warenhaus mit knapp 6.000 m² Verkaufsfläche, das unstreitig gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO kerngebiets- bzw. sondergebietspflichtig ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage der vorliegenden Akten, insbesondere der von der Beigeladenen im abgeschlossenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren - 7 B 1225/17 - gleichen Rubrums vorgelegten sachverständigen Stellungnahme der B. vom Oktober 2017, S. 7 und 9 sowie den Eindrücken, die der Berichterstatter des Senats bei der Besichtigung der Örtlichkeit auch im Bereich des Bezirkszentrums gewonnen und den übrigen Senatsmitgliedern in der Beratung vermittelt hat. Danach kann die nähere Umgebung nicht als ein sonstiges Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung (Wohngebiet, Mischgebiet) charakterisiert werden, in dem ein dem Vorhaben der Beigeladenen entgegen stehender Gebietsgewährleistungsanspruch bestehen könnte.

b) Ungeachtet der Unwirksamkeit des Plans ist das Vorhaben aber ohnehin nicht im besonderen Wohngebiet gebietsunverträglich; es ist nicht generell kerngebietspflichtig oder sondergebietspflichtig, weil es aus den von der Beigeladenen und der Beklagten im Berufungsverfahren aufgezeigten Gründen nicht die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO erfüllt.

Für die Auslegung des § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO geht der Senat in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von folgenden Grundsätzen aus: Nach § 11 Abs. 3 BauNVO ist für die städtebauliche Einordnung großflächiger Einzelhandelsbetriebe entscheidend, ob sie sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können. Die Auswirkungen umschreibt die Verordnung näher als schädliche Umwelteinwirkungen sowie Auswirkungen auf die infrastrukturellen Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Nur wenn derartige Auswirkungen zu bejahen sind, ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb in ein Kern- oder Sondergebiet zu verweisen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO sind derartige Auswirkungen in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet. Die Regel gilt nach Satz 4 der Vorschrift allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.200 m² Geschossfläche nicht vorliegen. Unterhalb des genannten Werts ist die Genehmigungsbehörde darlegungspflichtig dafür, dass mit derartigen Auswirkungen zu rechnen ist, während bei Betrieben oberhalb dieser Größe der Bauantragsteller die Darlegungslast für das Fehlen solcher Auswirkungen trägt. Bei dieser Prüfung sind nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen. In der Begründung des Verordnungsgebers zu der 1986 erfolgten Ergänzung um den Satz 4 (Bundesratsdrucksache 541/86, Seite 4 und 5) wird hervorgehoben, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe bereits unterhalb der Größenordnung von 1.200 m² Geschossfläche vor allem in Ortsteilen von großen Städten, kleinen Orten oder Orten im ländlichen Raum je nach Warenangebot und Standort raumordnerische und besondere städtebauliche Auswirkungen haben könnten. Ein Einzelhandelsbetrieb mit 1.200 m² Geschossfläche in einer kleinen Gemeinde wirke sich anders aus als der Betrieb von gleicher Größe in einer Großstadt. Zugleich wird betont, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe, vor allem, wenn sie wegen ihres Warenangebots (z. B. Möbelmärkte, Kraftfahrzeughandel) auf größere Flächen angewiesen sind, bei einer größeren Geschossfläche als 1.200 m² keine nachteiligen Auswirkungen haben könnten. Somit verbietet sich eine lediglich an der Verkaufsfläche und der Geschossfläche anknüpfende schematische Handhabung. Vielmehr erlaubt die differenzierte Regelung eine die verschiedenen aufgeführten Gesichtspunkte beachtende sachgerechte Handhabung. Ob die Vermutung widerlegt werden kann, hängt maßgeblich davon ab, welche Waren angeboten werden, auf welchen Einzugsbereich der Betrieb angelegt ist und in welchem Umfang zusätzlicher Verkehr hervorgerufen wird. Entscheidend ist, ob der Betrieb über den Nahbereich hinauswirkt und dadurch, dass er unter Gefährdung funktionsgerecht gewachsener städtebaulicher Strukturen weiträumig Kaufkraft abzieht, auch in weiter entfernten Wohngebieten die Gefahr heraufbeschwört, dass Geschäfte schließen, auf die insbesondere nicht motorisierte Bevölkerungsgruppen angewiesen sind. Nachteilige Wirkungen dieser Art werden noch verstärkt, wenn der Betrieb in erheblichem Umfang zusätzlichen gebietsfremden Verkehr auslöst. Je deutlicher die Regelgrenze von 1.200 m² Geschossfläche überschritten ist, mit desto größerem Gewicht kommt die Vermutungswirkung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO zum Tragen. Dabei kann allerdings die jeweilige Siedlungsstruktur nicht außer Betracht bleiben. Je größer die Gemeinde oder der Ortsteil ist, in dem der Einzelhandelsbetrieb angesiedelt werden soll, desto eher ist die Annahme gerechtfertigt, dass sich die potentiellen negativen städtebaulichen Folgen relativieren. Für den Bereich des Lebensmitteleinzelhandels ist die Arbeitsgruppe "Strukturwandel im Einzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO" zu dem Ergebnis gelangt, dass es insbesondere auf die Größe der Gemeinde/des Ortsteils, auf die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs ankommt. Bei der gebotenen Einzelfallprüfung könne es an negativen Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung und den Verkehr insbesondere dann fehlen, wenn der Non-Food-Anteil weniger als 10 v.H. der Verkaufsfläche beträgt und der Standort verbrauchernah und hinsichtlich des induzierten Verkehrsaufkommens "verträglich" sowie städtebaulich integriert ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.04 -, BRS 69 Nr. 71 = BauR 2006, 639.

In Anwendung dieser Grundsätze ist hier von einer Widerlegung der Vermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO auszugehen.

Soll ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, der die Grenze von 1.200 m² überschreitet, in einem zentralen Versorgungsbereich errichtet werden, kann dies ein Anhaltspunkt dafür sein, dass von dem Betrieb keine nachteiligen Auswirkungen zu erwarten sind. Denn es entspricht einem besonderen städtebaulichen Anliegen, dass Einzelhandelsbetriebe in zentralen Versorgungsbereichen errichtet werden, dies gilt insbesondere, wenn die Ansiedlung des betreffenden Einzelhandelsbetriebs zu einer Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs beiträgt, er also der Erhaltung und Entwicklung eines zentralen Versorgungsbereichs dient.

Vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Loseblatt, § 11 BauNVO, Rn. 84 f (Bearbeitung Juli 2014) sowie OVG NRW, Urteil vom 2.12.2013 - 2 A 1510/12 -, BauR 2014, 1248 = BRS 81 Nr. 95.

Das Vorhaben befindet sich in einer integrierten Lage und innerhalb eines zentralen Versorgungsbereichs. Es dient der Stärkung dieses Bereichs, etwa auch im Hinblick auf Beeinträchtigungen durch nahe, aber außerhalb des Bereichs angesiedelte Discounter wie Aldi am H1. Weg und Netto an der W1. Straße. Aufgrund der integrierten Lage, der guten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr bei gleichzeitig geringem Stellplatzangebot in der Tiefgarage von 24 Plätzen für REWE, bzw. insgesamt einschließlich dm 47 Plätzen, ist mithin die Vermutungsregel des Satzes 3 hier nicht einschlägig.

Ist danach mangels Geltung der Vermutung hier im Einzelfall zu prüfen, ob mit Auswirkungen im Sinne negativer Fernwirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO nicht zu rechnen ist,

vgl. zum Prüfungsprogramm Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11 BauNVO, Rn. 81,

fällt diese Prüfung hier zugunsten des Vorhabens der Beigeladenen aus.

Anderes folgt auch nicht aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sowie des Klägers zu den Wirkungen des Kundenverkehrs und des Lieferverkehrs.

Das Verwaltungsgericht führt aus, auch das durch den Kundenverkehr des REWE-Markts verursachte Verkehrsaufkommen könne im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO Auswirkungen auf den Verkehr haben. Der durch motorisierte Kunden verursachte Ziel- und Quellverkehr nehme seinen Weg zur Einfahrt der Tiefgarage mit insgesamt 47 nachgewiesenen Stellplätzen für den REWE-Markt und den Drogeriemarkt im gleichen Gebäude, von der W. Straße kommend in die Einbahnstraße I.-straße. Die Ausfahrt aus der Tiefgarage erfolge ebenfalls über die I.-straße, wobei der Verkehr anschließend rechts abbiege und lediglich auf die T.-straße gelange, um sodann entweder über die Q.-straße oder im weiteren Verlauf über die L1.-straße wieder auf die W. Straße zu gelangen. Bei vollständiger Auslastung der Tiefgaragenplätze für den REWE-Markt soll es nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts auch der Lebenswirklichkeit entsprechen, dass im genannten Straßengeviert erhöhter Parksuchverkehr mit den entsprechenden Rangiervorgängen anzutreffen sein werde.

Hierzu hat die Beigeladene unter Bezugnahme auf das zum Gegenstand der Genehmigung gemachte Verkehrsgutachten vom 21.2.2017 darauf hingewiesen, dass nur eine vergleichsweise geringe zusätzliche Verkehrsbelastung des genannten Straßenbereichs zu erwarten ist. Deshalb sei der zusätzliche Verkehr für die Leistungsfähigkeit der genannten Straßen unbedenklich. Dies wird durch die ergänzende Stellungnahme des Verkehrsgutachters des Büros B. vom 6.10.2017, eingereicht im abgeschlossenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, bestätigt. Des Weiteren hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass der abfließende Kundenverkehr durch die T.-straße auch nach Nordwesten den F1. oder durch die T.-straße die T1. Straße erreichen kann und deshalb nicht alle Kunden beim Verlassen der Tiefgarage durch die I.-straße und die T.-straße über die Q.-straße zur W. Straße fahren müssen.

Nachteilige verkehrliche Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO ergeben sich ebenso wenig im Hinblick auf den Lieferverkehr für das Vorhaben.

Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Die Anlieferung mit den nach der Genehmigung zugelassenen Lastkraftwagen sei wegen der Einbahnstraßenregelungen in dem von der W. Straße, I.-straße, T.-straße und Q.-straße gebildeten Straßengeviert nur möglich, indem die Lieferfahrzeuge von der W. Straße her kommend in die I.-straße einbögen, von dort rechts in die T.-straße und rechts in die Q.-straße einführen, um anschließend rückwärts in die im Einfahrtsbereich lediglich 6 m breite Anlieferungszone auf dem Grundstück Q.-straße 9 zu rangieren. Bei diesem Verlauf des Anlieferungsverkehrs mit großen Lastkraftwagen durch lediglich etwa 5 Meter breite Straßen mit Fahrbahnverschwenkungen und an den Straßenkreuzungen engen Kurvenradien in einem innenstadtnahen Stadtviertel mit einem hohen Anteil an Wohnbevölkerung und dem daraus resultierenden hohen Parkdruck sowie den daraus folgend auftretenden Parkverstößen mit zum Teil Verkehrsbehinderungen entspreche es der Lebenswirklichkeit, dass Störungen und Verzögerungen des Anlieferverkehrs (gehäuft) auftreten könnten, zumindest aber nicht auszuschließen seien. Ebenfalls sei es mehr als wahrscheinlich, dass sich hinter den in den Anlieferungsbereich in der Q.-straße rückwärts rangierenden Lastkraftwagen anderweitiger Individualverkehr (Anwohner, Handwerker, Müllentsorgung, Parksuchverkehr) mehrmals täglich zurückstauen könne, ohne dass die anderen Verkehrsteilnehmer in den schmalen Straßen im genannten Straßengeviert die Möglichkeit hätten, einem solchen Rückstau auszuweichen bzw. diesen zu umgehen.

Daraus ergeben sich indes aus den von der Beigeladenen und der Beklagten im Berufungsverfahren aufgezeigten Gründen die befürchteten nachteiligen Verkehrsauswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO nicht.

Zunächst geht das Verwaltungsgericht danach von unzutreffenden Voraussetzungen in Bezug auf die Verkehrsabläufe aus, soweit die liefernden Lastkraftwagen nicht allein auf eine Anfahrt über die I.-straße angewiesen sind, sondern auch den aufgezeigten anderen Weg über den F1. und die T.-straße oder die H.-straße in die Q.-straße nehmen können. Der befürchtete Rückstau während der Liefervorgänge führt zu keiner anderen Beurteilung. Dies hat die Beigeladene zutreffend aufgezeigt. Nach dem Verkehrsgutachten ist lediglich mit Rangier-Vorgängen von einer Dauer von deutlich unter 2 Minuten zu rechnen. Insoweit ist angesichts der Begrenzung der Zahl dieser Vorgänge durch die Baugenehmigung auf 5 Lieferungen pro Tag eine erhebliche Beeinträchtigung der Verkehrssituation im Bereich insbesondere der Q.-straße nicht anzunehmen. Vielmehr ist es den Verkehrsteilnehmern insoweit zuzumuten, den Abschluss des Liefervorgangs abzuwarten.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Annahme des Verwaltungsgerichts, es seien Parkverstöße zu erwarten und daraus resultierend Verzögerungen bei dem Anliegerverkehr zu befürchten. Grundlage der Genehmigung ist das zum Gegenstand der Entscheidung gemachte Verkehrsgutachten vom 21.2.2017 mit entsprechenden Vorgaben auch zu der Gestaltung der Flächen für den ruhenden Verkehr im Anlieferbereich. Danach sind den Kurvenverlauf störende Stellplätze nicht mehr vorgesehen. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Rahmen der Aufgabe der Überwachung des ruhenden Verkehrs dafür Sorge zu tragen, dass in diesem besonders sensiblen Bereich keine die Lieferung hindernden Stellplätze angelegt werden und dass es nicht zu Parkverstößen kommt, die den Anlieferungsverkehr in wesentlicher Hinsicht beeinträchtigen. Hierzu ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass, sollte die Beklagte diesem Auftrag - wider Erwarten - nicht nachkommen, den Anliegern Möglichkeiten verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zur Verfügung stünden, um Ansprüche auf ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten durchzusetzen.

2. Es liegt auch keine Verletzung des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots vor.

Vgl. zum Rücksichtnahmegebot allg.: BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, BRS 73 Nr. 82

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ergibt sich weder aus den geltend gemachten Einwänden zur Beeinträchtigung der Erschließungssituation (dazu a)) noch aus den geltend gemachten Beeinträchtigungen durch vorhabenbedingten Lärm (dazu b)) oder aus der geltend gemachten Verschattung des Innenhofs des Klägers durch die Einhausung des Anlieferbereichs mit einer ca. 6 m hohen Mauer (dazu c)).

a) Entgegen der Auffassung des Klägers führt der vorhabenbedingte Verkehr, insbesondere der Anlieferungsverkehr durch Lastkraftwagen, nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Erschließungssituation, die unter dem Aspekt des Gebots der Rücksichtnahme nachbarrechtsrelevant sein könnte.

Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann ausnahmsweise auch dann zu bejahen sein, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück des Betroffenen erschließenden Straße oder durch unkontrollierten Parksuchverkehr erheblich verschlechtert und die entstehende Gesamtbelastung infolgedessen bei Abwägung aller Belange unzumutbar ist; organisatorische Vorkehrungen zur Vermeidung von unzumutbaren Verkehrs- und Erschließungsverhältnissen sind in einer Baugenehmigung regelbar.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.5.2013 - 2 A 3009/11 -, juris.

Auf der Grundlage des maßgeblichen Inhalts der Baugenehmigung ist danach nicht davon auszugehen, dass es zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Erschließung des Grundstücks des Klägers kommen wird.

Nach dem zum Gegenstand der Baugenehmigung gemachten Verkehrsgutachten vom 21.2.2017 und dem Anlieferungskonzept vom 16.1.2017 sowie den Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung sind täglich max. 5 Anlieferungsfahrten anzunehmen. Lediglich zur Weihnachtszeit (1. bis 24.12.) sind zusätzliche Anlieferungen einzuplanen. Nach den zum Gegenstand der Genehmigung gemachten Vorgaben über die Modalitäten der Anlieferung über die Zufahrt an der Q.-straße ist davon auszugehen, dass die Anlieferung durch große Lastkraftwagen über das mit einem Handsender zu öffnende Tor zum Einfahrtsbereich ohne erhebliche Probleme stattfinden kann. Nach dem Inhalt der Genehmigung sind nur solche Lastkraftwagen für die Anlieferung zugelassen, die bestimmte Längenmaße (10,10 m), Radabstände und Radeinschlagswinkel aufweisen. Auf der Grundlage dieser Vorgaben und unter Maßgabe der zusätzlichen Annahme der Genehmigung, dass zwei öffentliche Stellplätze, die die Einfahrt erschweren könnten, wegfallen, bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass es zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Erschließung des Grundstücks des Klägers kommt.

b) Es bestehen auch keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das genehmigte Vorhaben gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt, weil es zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen des Klägers führt.

Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich im Nachbarschaftsverhältnis gewährleisten. Die Abwägung der gegenläufigen Interessen hat sich an der Frage auszurichten, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmebegünstigten ist, desto mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger Rücksicht hat auch derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, zu nehmen. Berechtigte Belange muss er nicht zurückstellen, um gleichwertige fremde Belange zu schonen. Sind von einem Vorhaben Immissionen zu erwarten, ist das Kriterium der Zumutbarkeit in der Regel anhand der Grundsätze und Begriffe des Bundesimmissionsschutzgesetzes auszufüllen, weil es die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht allgemein bestimmt. Immissionen, die das nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschreiten, begründen auch unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Abwehr- oder Schutzansprüche. Ob Belästigungen im Sinne des Immissionsschutzrechts erheblich sind, richtet sich nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und nach den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen bestimmen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4.5.2016 - 7 A 615/14 -, juris.

Aus dem Lärmgutachten vom 17.3.2016, das Bestandteil der Baugenehmigung ist, ergibt sich, dass die Immissionsrichtwerte von 40 dB(A) nachts und 60 dB(A) tags auch bei Verwirklichung durch das Vorhaben am für den Kläger maßgeblichen Immissionspunkt I0 7 eingehalten werden können. Anhaltspunkte dafür, dass diese Richtwerte zulasten des Klägers zu hoch angesetzt worden sein könnten - die Beklagte hat für die Tagzeit einen Mischgebietswert und für die Nachtzeit einen Wert für allgemeine Wohngebiete angesetzt - vermag der Senat nicht zu erkennen. Die gegen das Lärmgutachten gerichteten Einwände greifen nicht durch. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass es zu zusätzlichen Beeinträchtigungen durch ein Rangieren der LKW kommt, das ein Ausmaß erreicht, das vom Gutachter nicht in Rechnung gestellt wurde. In die gutachterliche Betrachtung ist zudem auch die gerügte Geräuschbelastung durch Abluftanlagen hinreichend einbezogen worden.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Vorgaben der Nr. 7.4 TA-Lärm. Hierzu kann auf das vorliegende Verkehrsgutachten vom 21.2.2017 und das Lärmgutachten vom 17.3.2016 Bezug genommen werden.

c) Die geltend gemachte Verschattung des Innenhofbereichs des Grundstücks des Klägers durch die Einhausung des Anlieferbereichs rechtfertigt ebenso wenig die Annahme eines Verstoßes gegen das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot.

Die grenzständige Bebauung ist hier planungsrechtlich durch die in der maßgeblichen näheren Umgebung prägende Bauweise grundsätzlich zugelassen. Die in dieser Umgebung vorhandene Bauweise ist nach dem Inhalt der vorliegenden Akten und dem Eindruck des Berichterstatters, den er bei der Ortsbesichtigung gewonnen und den übrigen Senatsmitgliedern in der Beratung vermittelt hat, als geschlossene Bauweise zu charakterisieren, in der gemäß dem entsprechend geltenden § 22 Abs. 3, erster Halbsatz BauNVO Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet werden.

Davon muss hier auch nicht etwa in entsprechender Anwendung des § 22 Abs. 3 zweiter Halbsatz BauNVO - zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot - abgewichen werden. Grundstückseigentümer haben es innerhalb bebauter innerstädtischer Bereiche grundsätzlich hinzunehmen, dass Grundstücke innerhalb des Rahmens baulich genutzt werden, den das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht vorgeben und dass es dadurch auch zu einer gewisse Verschattung von Grundstücken kommt, die in innerstädtischen bebauten Bereichen üblich ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3.8.2017 - 7 A 1830/16 -, juris, m. w. N.

3. Das genehmigte Vorhaben ist mit den Vorgaben des Abstandsrechts vereinbar. Verstöße gegen Vorgaben des Abstandsrechts ergeben sich weder aus dem Vorbringen zu der Grenzmauer im Bereich der Anlieferung am Innenhof des Klägers (dazu a) noch aus dem Vorbringen zu dem hofseitigen Dachaufbau des mit der Genehmigung zugelassenen Wohngebäudes auf dem Grundstück Q.-straße 9 (dazu b).

a) Die grenzständige Mauer im hinteren Grundstücksbereich ist abstandflächenrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den vorrangig zu beachtenden Vorgaben des Planungsrechts (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b BauO NRW a.F.) ist bei der - wie ausgeführt - hier prägenden geschlossenen Bauweise grundsätzlich an die Grenze zu bauen. Anhaltspunkte dafür, dass in entsprechender Anwendung des § 22 Abs. 3 BauNVO mit Blick auf das Gebot der Rücksichtnahme ein Abstand eingehalten werden müsste, vermag der Senat, wie oben dargelegt, nicht zu erkennen.

b) Ein Abstandsflächenverstoß ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den Dachaufbau im rückwärtigen Bereich des geplanten Wohngebäudes auf dem Grundstück Q.-straße 9, der vom Kläger im gerichtlichen Verfahren beanstandet worden ist. Dieser Aufbau ist als Dachgaube zu werten und abstandrechtlich nicht relevant.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW a. F. sind vor Außenwänden von Gebäuden Flächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten (Abstandsflächen). Unter Außenwänden im Sinne des § 6 BauO NRW a. F. sind die über der Geländeoberfläche liegenden Wände zu verstehen, die von außen sichtbar sind und das Gebäude gegen die Außenluft abschließen. Danach können äußere Begrenzungen eines Dachaufbaus als Außenwände in die Betrachtung zum Abstandsflächenrecht einzubeziehen sein. Eine Beurteilung als Außenwand mit der Folge einer seitlichen Abstandsfläche ist aber dann nicht gerechtfertigt, wenn es sich nur um einen unselbstständigen Bestandteil des Dachs handelt. Ist ein Dachaufbau bloßer Bestandteil des Dachs, auf dem er errichtet ist, machen seine äußeren Begrenzungen die Einhaltung eigener Abstandsflächen nicht erforderlich. Erweist sich ein Dachaufbau dagegen als ein vom Dach losgelöster selbstständiger Bauteil, sind seine äußeren Begrenzungen einschließlich etwaiger Fensterfronten regelmäßig als Außenwände oder als Teil von Außenwänden des Gebäudes anzusehen, die Abstandsflächen auslösen. Maßgeblich für die Beurteilung sind die Umstände des Einzelfalls, wobei als Kriterien für die vorzunehmende Wertung beispielsweise die Unterordnung des Dachaufbaus nach Ausmaß und Gestaltung im Verhältnis zum Dach, die Funktion des Dachaufbaus und der Umfang der zusätzlichen Auswirkungen, die der Dachaufbau auf die durch die Abstandsflächenvorschriften geschützten Belange haben kann, in Betracht kommen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26.6.2014 - 7 A 2057/12 -, BauR 2014, 1924.

Die Gaube ist danach kein selbständiges Bauteil, das einen Abstand halten oder direkt an die Grenze gesetzt werden müsste.

Ausweislich der grün gestempelten Bauvorlagen, die die Ansicht von der Hofseite sowie das Gebäude im Schnitt darstellen, handelt es sich schon nach den Ausmaßen um einen Dachaufbau, der deutlich hinter die Traufkante zurücktritt und Abstand zum First einhält, und der in der seitlichen Ausdehnung deutlich weniger als die Hälfte der Länge des Dachs einnimmt und sich danach insgesamt als untergeordnet darstellt. Aus der Funktion, zusätzliche Belüftung und Belichtung durch ein Fenster innerhalb der Gaube für den Dachraum zu schaffen, und unter dem Aspekt der Belichtung und Belüftung von Nachbargrundstücken sowie der aus Gründen des Brandschutzes gebotenen Einhaltung bestimmter Abstände ergeben sich keine anderen Aspekte.

4. Andere Bestimmungen, auf deren Verletzung sich der Kläger berufen könnte, sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren die Teilung der Genehmigungsverfahren im Kontext der Auflage 20 der Baugenehmigung rügt, ergibt sich daraus keine Rechtsverletzung. Die genehmigungsrechtliche Teilung eines Vorhabens ist als solche nachbarrechtlich nicht relevant. Anderes folgt auch nicht daraus, dass dadurch, wie der Kläger geltend macht, Zuständigkeiten der Bezirksvertretung umgangen worden sein sollen. Soweit hier der Aspekt einer hinreichenden Regelung der Erschließung im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit der Tiefgarage angesprochen wird, verkennt der Kläger, dass diese Erreichbarkeit durch die Genehmigung hinreichend gesichert ist (vgl. dazu die Nebenbestimmung Nr. 20).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, im Berufungsverfahren hat sie das Rechtsmittel geführt, im ersten Rechtszug hat sie einen Antrag gestellt und sich damit einem prozessualen Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO); deshalb entspricht es der Billigkeit, dass ihre außergerichtlichen Kosten dem Kläger auferlegt werden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO; Zulassungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Lukas Jozefaciuk