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VG Aachen, Urteil vom 28.10.2019 - 6 K 1526/19

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des beklagten Landes, wonach an seiner atomrechtlichen Zuverlässigkeit Zweifel bestehen.

Er war bis zum 25. April 2019 bei der K. (im Folgenden: K) in K1 tätig.

Die Hauptaufgabe der K ist der Rückbau der an ihrem Standort befindlichen kerntechnischen Anlagen. Dazu gehört u.a. der vollständige Rückbau des sogenannten B-Hochtemperaturreaktors, der von 1967 bis 1988 betrieben wurde und nunmehr aufgrund Verwaltungsvereinbarung des Bundes und des beklagten Landes aus dem Jahr 2003 vollständig zurückzubauen ist bis zur "grünen Wiese". Die für den Abbau erforderliche atomrechtliche Genehmigung wurde durch das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: MWIDE) mit Bescheid Nr. 7/16 B vom 31. März 2009 erteilt.

Der Reaktorbehälter selbst wurde am 23. Mai 2015 in ein Zwischenlager der K gebracht. Daneben sind auch andere Einbauten und Bereiche des B-Reaktors kontaminiert und werden derzeit soweit möglich dekontaminiert. Alle radioaktiven Stoffe müssen für die spätere Endlagerung fachgerecht konditioniert werden. Auf dem Betriebsgelände der K wird außerdem weiterhin im sogenannten B-Behälterlager der Kernbrennstoff aus dem ehemaligen B-Reaktor aufbewahrt.

Der Kläger war seit 2006 zunächst bei der B1 (B) und anschließend bei der K tätig. Er wurde mit Wirkung zum 1. September 2014 bis auf Widerruf zur Verantwortung tragenden Person (VtP) und zum Strahlenschutzbeauftragten mit eingeschränktem Entscheidungsbereich im Rahmen der Schicht für Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr bestellt sowie zum Betriebsmeister benannt.

Das MWIDE führte auf Antrag des K und mit der unter dem 15. August 2016 erteilten Zustimmung des Klägers eine umfassende Zuverlässigkeitsprüfung (Kategorie 1) gem. § 2b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 7 AtG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtZüV durch. Diese ergab zunächst keine Erkenntnisse, die die Zuverlässigkeit des Klägers in Zweifel gezogen hätten.

Im Jahr 2017 gingen beim MWIDE jedoch Nachberichte von verschiedenen behördlichen Erkenntnisstellen, u.a. des Verfassungsschutzes, ein sowie eine Mitteilung der K vom 16. August 2017, wonach der Kläger als Angehöriger der Reichsbürgerbewegung in Erscheinung getreten sei. Diese Mitteilungen basierten auf zahlreichen Facebook-Einträgen des Klägers, hinsichtlich derer im Einzelnen auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs verwiesen wird (Bl. 49 - 73). Außerdem hatte der Kläger einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt, der ihm durch den Kreis Düren unter dem 23. März 2016 ausgestellt worden war. Weiterhin hatte er auf dem Kennzeichen seines Pkw " " das Euro-Feld mit einem Aufkleber überklebt, der die Bundesflagge abbildet. Daraufhin trat das MWIDE in eine erneute Zuverlässigkeitsprüfung ein, die zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Klägers führte. Mit Schreiben vom 1. Juni 2018 gab das MWIDE dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 14. Juni 2018 und 14. August 2018 trug der Kläger vor, an seiner Zuverlässigkeit habe sich seit seiner ersten Überprüfung nichts geändert, er sei kein Reichbürger und er lehne auch nicht die rechtlichen Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland sowie die damit verbundene freiheitliche demokratische Grundordnung ab. Er legte dazu seinen Staatsangehörigkeitsausweis, umfangreiche Korrespondenz mit verschiedenen Behörden und weitere Dokumente vor. Hinsichtlich des Inhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs verwiesen (Bl. 285 - 313).

Mit lediglich maschinenschriftlich mit "Atomrechtliche Aufsichtsbehörde Nordrhein-Westfalen - Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW" unterzeichnetem Bescheid vom 23. April 2019, dem Kläger zugestellt am 25. April 2019, stellte das MWIDE fest, dass die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers nicht ausgeräumt seien und das erneute Überprüfungsverfahren damit nicht zu einem positiven Ergebnis geführt habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, Zweifel an der atomrechtlichen Zuverlässigkeit kämen insbesondere in Betracht, wenn der Betroffene Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 BVerfSchG verfolge oder unterstütze und die freiheitliche demokratische Grundordnung in Abrede stelle. Bezogen auf den Kläger bestünden Zweifel an der erforderlichen Zuverlässigkeit aufgrund von Hinweisen, dass er der Szene der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter nahestehe. Dies lasse sich insbesondere seinen offen einsehbaren Aktivitäten in sozialen Netzwerken entnehmen. Auch seine Kommentare in der vorgelegten Korrespondenz entsprächen dem Duktus der Reichbürgerideologie. Hierfür sei die förmliche Mitgliedschaft nicht erforderlich. Von seinen Äußerungen habe er sich auch im Anhörungsschreiben gerade nicht glaubhaft distanziert. Vielmehr hätten die übermittelten Anlagen den Eindruck verfestigt, dass er die rechtlichen Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland in Frage stelle. Er habe in seiner Stellungnahme lediglich pauschal angegeben, sich von der Reichsbürgerbewegung zu distanzieren und die rechtlichen Grundlagen der Bundesrepublik sowie die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht abzulehnen. Dabei habe er sich nur offizieller Quellen bedient, seinen Staatsangehörigkeitsausweis in Ablichtung, seine Korrespondenz mit verschiedenen Behörden und Literatur zur Gründung der Bundesrepublik beigefügt, sei aber auf die ihm vorgehaltenen Äußerungen in sozialen Netzwerken nicht eingegangen. In den vorgelegten Literaturquellen habe er außerdem gerade Ausführungen in der Diskussion des parlamentarischen Rates hervorgehoben, in denen der provisorische Charakter der Bundesrepublik angesichts eines damals fehlenden Friedensvertrages für ganz Deutschland betont werde.

Zugleich erging gegenüber der K ein entsprechender Bescheid, in dem hinsichtlich der Untersagung der weiteren Beschäftigung des Klägers im Sicherheitsbereich einer kerntechnischen Anlage die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Die K zog den Kläger daraufhin von seinem Arbeitsplatz ab, stellte ihn von seiner Tätigkeit frei und kündigte schließlich das Arbeitsverhältnis.

Mit Schreiben vom 26. April 2019 machte der Kläger gegenüber dem MWIDE erneut geltend, er habe sich nie der Reichsbürgerbewegung angeschlossen und er habe auch keine Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zum Ziel. Durch die Antwort auf eine Anfrage seinerseits an das Bundesministerium des Innern 2015 sei er neugierig geworden und die Informationsflut des Internets sowie schlecht zu durchschauende Fehlinterpretationen und Falschmeldungen seien auch an ihm nicht vorbeigegangen. Er habe in seiner Stellungnahme zum Anhörungsschreiben nichts zu Äußerungen auf Facebook geschrieben, da er dort einen Fehler begangen und, wenn er sich recht erinnere, den kompletten Account habe löschen lassen. Er habe seinen Fehler eingesehen und sei ihm mit der Löschung entgegengetreten. Mit dem Staatsangehörigkeitsausweis habe er gerade seine Nähe zum deutschen Staat zeigen wollen. Beim Bundesministerium habe man ihm gesagt, dass sich daraus keine negativen Auswirkungen für ihn ergäben. Er habe auf dem nach dem AtZüV auszufüllenden Erklärungsbogen die Staatsangehörigkeit eintragen müssen und habe dem Ministerium zeigen wollen, dass hier jemand stehe, auf den man sich verlassen könne.

Der Kläger hat am 20. Mai 2019 Klage erhoben. Er trägt vor, er sei in atomrechtlicher Hinsicht nicht als unzuverlässig einzustufen und gehöre nicht der Reichsbürgerbewegung an. Die Beklagte verweise im angegriffenen Bescheid zwar auf entsprechende Äußerungen seinerseits in sozialen Medien, erläutere deren Inhalt aber nicht. Weiterhin sei die im Anhörungsverfahren vorgelegte Korrespondenz, die er insbesondere mit dem Generalbundesanwalt, dem Bundesministerium der Justiz, dem Bundesministerium des Innern sowie dem Deutschen Bundestag geführt habe, zu seinen Lasten gewertet worden. Dies sei aber ungerechtfertigt, denn er habe darin mehrfach erklärt, weder er noch andere Familienmitglieder seien Teil der Reichsbürgerbewegung. Er habe außerdem lediglich politische und rechtliche Diskussionen zwischen Bürger und Behörde geführt und von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht. Außerdem habe er, unmittelbar nachdem er wegen der beanstandeten Facebook-Einträge eine Abmahnung erhalten habe, seinen Account gelöscht. Inhaltlich habe er historisch soweit verifizierbar zutreffende Fakten zugrunde gelegt, allerdings in einem Fall eine falsche Schlussfolgerung daraus gezogen. Diese Aspekte habe das beklagte Land nicht berücksichtigt, was zu einer Ermessensfehlgewichtung führe. Das beklagte Land habe ihm keine der in § 7 Abs. 2 und 3 AtZüV aufgeführten Kriterien, insbesondere keine Bestrebungen gegen Verfassungsgrundätze und erst recht nicht gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung i.S.d. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nachweisen können. Es gehe außerdem fehl in der Annahme, es sei keine Mitgliedschaft in einer solche Bestrebungen verfolgenden Vereinigung notwendig, um von einer atomrechtlichen Unzuverlässigkeit auszugehen. Weiterhin habe sich das beklagte Land nicht die Mühe gemacht, festzustellen, welcher Gruppierung innerhalb der Reichsbürgerbewegung er angeblich angehöre. Die einzelnen Gruppierungen würden sich aber im Hinblick auf Gewaltpotenzial und verfassungsfeindliche Bestrebungen maßgeblich unterscheiden. Sie würden nur teilweise vom jeweiligen Landesverfassungsschutz beobachtet. Jedenfalls sei hinsichtlich seiner Person nicht von der Gefahr einer Entwendung oder erheblichen Freisetzung radioaktiver Stoffe auszugehen. Eine Überprüfung unter diesem Gesichtspunkt habe die Beklagte auch gar nicht vorgenommen. Sein Autokennzeichen sei ein Wunschkennzeichen und knüpfe an den "Hummer H", ein Geländewagenmodell eines amerikanischen Militär-Herstellers, an. Das Bekleben des Kennzeichens mit einer Bundesflagge stelle ein klares Bekenntnis zur Bundesrepublik dar. Er habe schließlich gerade nicht die Reichsflagge gewählt. Im Übrigen handle es sich nicht um eine Ordnungswidrigkeit.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des beklagten Landes vom 23. April 2019 aufzuheben.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt vor, der Kläger unterliege in Anbetracht seines Aufgabenbereichs als sonstige als Verantwortlicher benannte Person bzw. verantwortliche Person i.S.d. § 12b Abs. Satz 1 Nr. 1 AtG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtZüV der atomrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung der Kategorie 1. Zudem sei nach dem Strahlenschutzrecht Voraussetzung der Erteilung der Genehmigungen für den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen durch die Bezirksregierung Köln gewesen, dass keine Tatsachen vorlägen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten oder des Strahlenschutzbeauftragten ergäben. Zum Strahlenschutzbeauftragten dürften nur Personen bestellt werden, bei denen keine Tatsachen vorlägen, aus denen sich Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit ergäben. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers, da er wiederholt schriftlich und zu einem großen Anteil auch öffentlich dem Gedankengut der Reichsbürgerbewegung entlehnte Äußerungen getätigt habe und szenetypische Verhaltensweisen zeige. Dies ergebe sich aus seinen Facebook-Kommentaren sowie der Korrespondenz mit Behörden, der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises und der Manipulation an seinem Kennzeichen, bei dem es sich außerdem augenscheinlich um ein Wunschkennzeichen handle. Er habe auch nachträglich seinen Facebook-Account nicht gelöscht, sondern nur die beanstandeten Einträge entweder gelöscht oder zumindest öffentlich unzugänglich gemacht. Weiterhin habe sich herausgestellt, dass er im April 2016 beim Bundesverwaltungsamt einen Antrag auf Selbstauskunft aus dem Register Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten gestellt und in den Antragsunterlagen als Geburtsstaat "Königreich Preußen [Deutschland_als_Ganzes]" angegeben habe. In einer weiteren Mail vom 15. März 2017 habe er behauptet, die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 sei nach wie vor gültig und er habe die "Staatszugehörigkeit zum Bundesstaat Preußen". Mit Mail vom 29. Dezember 2017 habe er beim Bundesverwaltungsamt die "Entlassung aus der deutschen Staatsangehörigkeit" beantragt und unter dem 9. Januar 2018 habe er gegenüber dem Standesamt vorgetragen, er sei ein ‚Altfall‘ des RuStAG 1913. Er verwirkliche damit das Regelbeispiel für Zweifel an der Zuverlässigkeit des § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AtZüV, da er mit den Reichsbürgern eine Gruppierung unterstütze, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie den Bestand des Bundes und der Länder gerichtet sei, indem sie die Legalität und Legitimität der Bundesrepublik Deutschland, der Bundesländer, der deutschen Gesetzgebungsorgane und der demokratischen Wahlen bestreite oder zumindest in Zweifel ziehe. Der Kläger habe sich wesentliche Inhalte ihrer Ideologie zu eigen gemacht und diese (teilweise sogar von seinem Arbeitsplatz aus) verbreitet. Dabei fielen auch Anzahl, Intensität und Vielgestaltigkeit seiner Handlungen ins Gewicht. Auf eine konkrete Zuordnung zu einer Untergruppe komme es dabei ebensowenig an wie auf die formale Mitgliedschaft. Zudem beteilige er sich an der Verbreitung von Verschwörungstheorien. Er biete vor diesem Hintergrund nicht die Gewähr dafür, dass er das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen werde, um die Belange der Sicherheit und der Sicherung der kerntechnischen Anlage zu wahren und die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Eingriffen, insbesondere vor der Entwendung oder Freisetzung radioaktiver Stoffe, jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung zum Schutz der Bevölkerung vor erheblichen Gefahren bei der Zuverlässigkeitsprüfung einen engen Maßstab anlege. Insbesondere sei keine bereits eingetretene konkrete Gefährdungslage erforderlich, um die Zuverlässigkeit zu verneinen. Die erheblichen Interessen der Allgemeinheit an der Sicherheit und Sicherung kerntechnischer Anlagen durch die Beschäftigung ausschließlich zuverlässigen Personals überwiege das Interesse des Klägers an einer Vermeidung der vom streitgegenständlichen Bescheid ausgehenden Belastungen. Dabei sei weiter zu berücksichtigen, dass er seine berufliche Tätigkeit an einem anderen Arbeitsplatz fortsetzen könne.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des beklagten Landes Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

A. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Bei der angegriffenen Entscheidung des MWIDE vom 23. April 2019 darüber, dass die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers nicht ausgeräumt sind und das erneute Überprüfungsverfahren damit nicht zu einem positiven Ergebnis geführt hat, handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt. Dieser legt mit der Feststellung der mangelnden Zuverlässigkeit die Rechtslage verbindlich fest und hat deshalb Regelungscharakter, indem dem Betroffenen der Zutritt zur Anlage und die Aufnahme bzw. Fortsetzung der vorgesehenen Tätigkeit verwehrt wird. Da der Betroffene selbst - anders als der Anlagenbetreiber - nach der Gesetzeslage nicht berechtigt ist, einen Antrag auf (erneute) Zuverlässigkeitsprüfung zu stellen, kommt eine Verpflichtungsklage hingegen nicht in Betracht.

Vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 5; VG Stuttgart, Urteil vom 21. Februar 2019 - 10 K 16295/17 -, n.v., S. 11 f.

B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des beklagten Landes vom 23. April 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

I. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf formelle Mängel des Bescheides vom 23. April 2019 berufen.

Die Zuständigkeit des MWIDE ergibt sich aus §§ 12b Abs. 1 Satz 1, 24 Abs. 1 und 2 AtG i.V.m. der Verordnung der Landesregierung NRW zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes, ZustVO ArbtG, Anlage 2 Nr. 8.1.

Dem Kläger wurde gem. § 12b Abs. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 5 Satz 1 AtZüV vor Erlass des Bescheides Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Weiterhin kann sich der Kläger nicht auf einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis nach § 7 Abs. 6 Satz 4, Abs. 5 Satz 3 AtZüV berufen. Zwar schreibt § 37 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW vor, dass ein schriftlicher Verwaltungsakt die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten muss, was vorliegend nicht der Fall ist. Die Kammer kann nach der Aktenlage auch nichts ansatzweise feststellen, dass aufgrund einer etwaigen Bedrohungssituation Anlass bestanden hätte, von einer Unterschrift abzusehen. Dennoch kann der Kläger aus diesem formellen Rechtsverstoß keine Rechte ableiten. Die Kammer lässt dahinstehen, ob das Fehlen einer Unterschrift schon als unbeachtlich einzustufen ist, wenn - wie hier in Anbetracht des maschinenschriftlichen Abschlusses des Bescheides durch Nennung der Behörde - aus den gesamten Umständen zweifelsfrei hervorgeht, dass es sich um eine abschließende für den Bürger bestimmte Entscheidung handelt.

Vgl. entsprechend zu bestimmenden Schriftsätzen im Prozess: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 37 Rn. 32, und zur Aushändigung einer Kopie: OVG NRW, Beschluss vom 22. August 2011 - 1 B 469/11 -, juris Rn. 11 ff.

Denn unabhängig davon führt selbst ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis (außer in dem hier nicht gegebenen Fall, dass die Form einer Urkunde vorgesehen ist, § 44 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW) nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW, wonach ein Verwaltungsakt nichtig ist, wenn er die erlassende Behörde nicht erkennen lässt. Folglich ist es für die Nichtigkeit nicht hinreichend, dass lediglich die Unterschrift fehlt, während die ausstellende Behörde erkennbar ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2017 - 2 B 1226/16 - , juris Rn. 14; Mann/Sennekamp/Uechtritz, Nomos Kommentar zum VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 37 Rn. 162 und § 44 Rn. 14; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 44 Rn. 135; BeckOK, VwVfG, Stand: 1. Juli 2019, § 44 Rn. 42.

Die bloße Rechtswidrigkeit vermag dem Kläger aber nicht zum Vorteil zu gereichen. Nach § 46 VwVfG NRW kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die Form zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Vorliegend ist eine Beeinflussung der Entscheidung in der Sache durch den Formfehler von vornherein ausgeschlossen. Zum einen ist weder dargetan noch anderweitig ersichtlich, welche inhaltlichen Konsequenzen sich aus dem Formfehler hätten ergeben sollten. Zum anderen handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, sodass dem MWIDE ohnehin kein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum verblieb, auf den sich ein formeller Fehler hätte auswirken können.

Vgl. zur Anwendbarkeit von § 46 VwVfG NRW auf den Fall der fehlenden Unterschrift: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Nomos Kommentar zum VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 37 Rn. 162, und Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 44 Rn. 106.

Zuletzt ist der Bescheid hinreichend begründet i.S.d. § 39 Abs. 1 VwVfG NRW. Der Kläger rügt insoweit, die für die Einstufung seiner Person als Reichsbürger herangezogenen Beiträge in sozialen Medien seien nicht im Einzelnen aufgeführt worden. Dabei verkennt er jedoch, dass im angegriffenen Bescheid Auszüge seines Facebook-Eintrags vom 19. September 2017 wörtlich wiedergegeben werden. Außerdem hat der Kläger hinreichende Kenntnis darüber, was er selbst bei Facebook gepostet hat. Unabhängig davon würde auch insoweit in Anbetracht der gebundenen Entscheidung § 46 VwVfG NRW greifen.

II. Der Bescheid vom 23. April 2019 erweist sich auch als materiell rechtmäßig.

Gem. § 12b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AtG führen die nach den §§ 23d und 24 AtG sowie die nach den §§ 184, 185, 186, 189, 190 und 191 StrlSchG zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden zum Schutz gegen unbefugte Handlungen, die zu einer Entwendung oder Freisetzung radioaktiver Stoffe führen können, eine Überprüfung der Zuverlässigkeit u.a. von Personen durch, die Antragsteller oder Genehmigungsinhaber und sonstige als Verantwortliche benannte Personen in Genehmigungs-, Planfeststellungs- und Aufsichtsverfahren, die sich auf Anlagen oder Tätigkeiten nach den §§ 4, 6, 7, 9, 9a Abs. 3 AtG oder auf Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung nach § 5 Abs. 2 StrSchG beziehen (Nr. 1) sowie von Personen, die bei der Errichtung oder dem Betrieb von Anlagen im Sinne des § 7 AtG, von Anlagen des Bundes nach § 9a Abs. 3 AtG oder von Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung nach § 5 Abs. 2 StrlSchG tätig sind (Nr. 2), durch. Werden der zuständigen Behörde nach Abschluss der Überprüfung Tatsachen bekannt, aus denen sich Zweifel an der bereits festgestellten Zuverlässigkeit einer Person ergeben können, kann sie von Amts wegen vor Ablauf der Geltungsdauer einer bereits ausgestellten Feststellung über die Zuverlässigkeit von regelmäßig fünf Jahren, § 8 Abs. 1 AtZüV, eine erneute Überprüfung oder andere Ermittlungen zur Zuverlässigkeit veranlassen, § 7 Abs. 6 AtZüV. Das Verfahren richtet sich sodann gem. § 7 Abs. 6 Satz 4 AtZüV nach § 7 Abs. 5 AtZüV.

Nach §§ 2 Nr. 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtZüV ist eine umfassende Zuverlässigkeitsprüfung (Kategorie 1) u.a. durchzuführen bei Verantwortlichen für die Errichtung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder dessen Stilllegung aufgrund ihrer Funktion oder Tätigkeit und deren Vertretern.

Die zuständige Behörde bewertet die übermittelten Erkenntnisse gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 AtZüV aufgrund einer am Zweck des § 12b Abs. 1 Satz 1 AtG orientierten Gesamtwürdigung des Einzelfalles, insbesondere im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit. Kommt die zuständige Behörde zu dem Ergebnis, dass aufgrund der eingeholten Auskünfte Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen, so teilt sie dies gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 AtZüV dem Betroffenen mit und gibt ihm vor der abschließenden Entscheidung Gelegenheit, sich zum Ergebnis der Prüfung zu äußern. Bestehen nach der Entscheidung der zuständigen Behörde die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betroffenen fort, so teilt sie dies dem Antragsberechtigten schriftlich ohne Angabe von Gründen und dem Betroffenen schriftlich unter Angabe von Gründen mit, § 7 Abs. 5 Satz 3 AtZüV.

1. Es ergeben sich zunächst keine durchgreifenden Zweifel an der inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides i.S.d. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, auch wenn das beklagte Land - in ungewöhnlicher und wenig übersichtlicher Vorgehensweise - auf einen dem Fließtext vorangehenden und von der Begründung abgegrenzten Tenor verzichtet hat. Aus dem Fließtext ergibt sich jedoch für den Adressaten eindeutig die Feststellung, dass das beklagte Land ihn nicht als atomrechtlich zuverlässig einstuft.

2. Bei dem Kläger handelt es sich um eine sonstige als Verantwortlicher benannte Person i.S.d. § 12b Abs. Satz 1 Nr. 1 AtG in einem Genehmigungsverfahren nach § 7 AtG bzw. einen Verantwortlichen für die Errichtung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder dessen Stilllegung oder dessen Vertreter i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AtZüV. Der B-Reaktor ist eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen i.S.d. § 7 Abs. 1 AtG, um deren gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 AtG genehmigungsbedürftigen Abbau es vorliegend geht. Der Kläger wurde mit Wirkung zum 1. September 2014 bis auf Widerruf zur Verantwortung tragenden Person (VtP) und zum Strahlenschutzbeauftragten mit eingeschränktem Entscheidungsbereich im Rahmen der Schicht für Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr bestellt sowie zum Betriebsmeister benannt. Er war u.a. dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass nur der jeweils befugte Personenkreis das Gelände betrat.

3. Der Kläger besitzt nicht die erforderlich atomrechtliche Zuverlässigkeit.

Nach der im Gewerberecht, dem das Atom- und Strahlenschutzrecht letztlich entstammt, anerkannten Definition ist zuverlässig, wer die Gewähr dafür bietet, dass er die genehmigte Tätigkeit ordnungsgemäß ausführen wird. Dies gilt auch im Atomrecht.

Vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 1. Dezember 2017 - B 1 K 15.666 -, juris Rn. 68.

Zweck des Atomgesetzes ist es nach § 1 Nr. 2 AtG, Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen zu schützen, sowie nach § 1 Nr. 3 AtG, zu verhindern, dass durch Anwendung oder Freiwerden der Kernenergie oder ionisierender Strahlen die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet wird. Dieser Schutz soll für den Bereich der persönlichen Sicherheitsmerkmale dadurch erreicht werden, dass keine Personen beschäftigt werden, durch deren Verhalten die Entwendung oder erhebliche Freisetzung radioaktiver Stoffe zu besorgen ist. Zuverlässig ist deshalb nur derjenige, der die Gewähr bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutz der Sicherheit der kerntechnischen Anlage zu tun. Der Betreffende muss nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen, selbst bei dem Inaussichtstellen von Vorteilen oder bei der Androhung von Nachteilen die Belange der Sicherheit der kerntechnischen Anlage zu wahren und die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Eingriffen, insbesondere vor der Entwendung oder Freisetzung radioaktiver Stoffe, jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Dabei ist mit Blick auf die in Rede stehenden Rechtsgüter ein strenger Maßstab anzulegen. Aus § 1 Nr. 2 AtG ist zu folgern, dass von der atomrechtlichen Zuverlässigkeit nur ausgegangen werden kann, soweit keine Zweifel bleiben. Die Zuverlässigkeit ist also schon bei geringen Zweifeln zu verneinen, ohne dass sich hieraus im Hinblick auf das inmitten stehende Recht des Betroffenen aus Art. 12 GG Bedenken ergeben. Die Zuverlässigkeit wird danach regelmäßig bereits dann nicht festgestellt werden können, wenn ausreichend begründete Anhaltspunkte vorhanden sind, die auf einen charakterlichen Mangel oder eine sonstige Schwäche der Persönlichkeit hinweisen, die sich ihrerseits gefährdend auf die Belange der Sicherheit der kerntechnischen Anlage auswirken können.

Vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 9; VG Stuttgart, Urteil vom 21. Februar 2019 - 10 K 16295/17 -, n.v., S. 16 f.; zur Zuverlässigkeit des Betreibers: BVerwG, Urteil vom 11. März 1993 - 7 C 4.92 -, juris Rn. 28; BayVGH, Gerichtsbescheid vom 11. April 2000 - 22 A 99.40013 u.a. -, juris Rn. 17, und zu § 7 LuftSiG OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2018 - 20 A 89/15 -, juris Rn. 11 und 16 sowie Beschluss vom 1. März 2018 - 20 B 1340/17 -, juris Rn. 10 und 18.

Dabei kommt es nicht darauf an, dass etwaige Straftaten, Verfehlungen oder sonstige gegen die Zuverlässigkeit sprechenden Umstände im Zusammenhang mit der Sicherheit der kerntechnischen Anlage stehen oder einen sonstigen unmittelbaren atomrechtlichen Bezug aufweisen.

Vgl. zu § 7 LuftSiG: OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2018 - 20 A 89/15 -, juris Rn. 25, und Beschluss vom 1. März 2018 - 20 B 1340/17 -, juris Rn. 22.

Die Zuverlässigkeitsprüfung erfolgt auf der Grundlage einer prognostischen Einschätzung, wozu die Erkenntnisse in der Vergangenheit herangezogen werden, und zwar gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AtZüV bei der hier einschlägigen Zuverlässigkeitsprüfung der Kategorie 1 Sachverhalte, die sich innerhalb der letzten zehn Jahre zugetragen haben. Erkenntnisse über länger zurückliegende Sachverhalte sind nur zu berücksichtigen, wenn sie wegen ihrer Besonderheit und ihres Umfanges geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen erheblich zu verstärken, und der Schutz der Allgemeinheit ihre Berücksichtigung zwingend gebietet, § 7 Abs. 1 Satz 3 AtZüV.

Die Feststellung der (Un-)Zuverlässigkeit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung.

Vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 7.

Ausgehend hiervon stellt sich die Prognoseentscheidung des beklagten Landes im Bescheid vom 23. April 2019 nach Überprüfung durch das Gericht als zutreffend dar. Die vorliegenden Tatsachen rechtfertigen es, den Kläger als atomrechtlich unzuverlässig einzustufen

Für den Bereich der waffen- und luftverkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit ist anerkannt, dass Personen, die ihren Äußerungen und/oder ihrem sonstigen Verhalten nach erkennbar die Existenz und staatliche Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland und/oder ihrer Bundesländer und damit die geltende Rechtsordnung offensiv ablehnen und/oder ignorieren, keine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die bestehenden gesetzlichen Vorschriften beachten. Wer erklärtermaßen bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften nicht als für sich verbindlich anerkennt und sich deshalb nicht verpflichtet sieht, die darin enthaltenen, dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Regelungen zu beachten, gibt Anlass zu der Besorgnis, dass er die geltenden Bestimmungen nicht strikt befolgen wird. Ein solches Verhalten kann bei Personen anzunehmen sein, die der sogenannten "Reichsbürgerbewegung" zuzuordnen sind und deren Ideologie folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negieren und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennen. Auf die Frage einer förmlichen oder tatsächlichen Mitgliedschaft des Betroffenen kommt es in diesen Fällen nicht in entscheidungserheblicher Weise an, was nicht zuletzt in der Heterogenität der unter diesem Begriff erfassten Szene begründet liegt.

Vgl. zum Waffenrecht: OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2018 - 20 B 1624/17 -, juris Rn. 17 ff.; HessVGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 - 4 B 1090/18 -, juris Rn. 5 und 10; BayVGH, Beschuss vom 12. März 2018 - 21 CS 17.1678 -, juris Rn. 15 und 19, Beschluss vom 15. Januar 2018 - 21 CS 17.1519 -, juris R. 12 und 14, und Beschluss vom 19. Dezember 2017 - 21 CS 17.2029 -, juris Rn. 11 und 13; OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2017 - 20 B 339/17 -, juris Rn. 17 und zum LuftSiG: VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Juni 2018 - 6 L 1452/18 -, juris Rn. 14 f.

Aus diesem Grund ist auch für die Annahme, dass sich eine Person mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Ideologie dieser Bewegung zu eigen gemacht hat, nicht vorauszusetzen, dass alle typischen Merkmale erfüllt sind. Eine Zuordnung kann vielmehr stets nur im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Verhaltens einer Person erfolgen.

Vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 7; zum Waffenrecht: OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2018 - 20 B 1624/17 -, juris Rn. 31; HessVGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 - 4 B 1090/18 -, juris 10.

Der Verfassungsschutzbericht 2018 definiert Reichbürger und Selbstverwalter als sowohl organisatorisch als auch ideologisch äußerst heterogene Szene, der jedoch die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung im oben beschriebenen Sinne gemein ist. In ihrer Gesamtheit ist die Szene als staatsfeindlich einzustufen. Es handelt sich um Gruppierungen oder Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen - u.a. unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstechnische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht - die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Sie sprechen den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Deshalb besteht die Besorgnis, dass sie Verstöße gegen die Rechtsordnung begehen. Ihr Ziel ist es u.a., den behördlichen und rechtsstaatlichen Ablauf empfindlich zu stören bis hin zur versuchsweisen Einschüchterung behördlicher Mitarbeiter, wobei sich mitunter insbesondere bei der Gegenwehr gegen Exekutivmaßnahmen ein erhebliches Gewaltpotential zeigt.

Vgl. Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, S. 94 ff.

Die vorgenannten Ausführungen sind auf den atomrechtlichen Zuverlässigkeitsbegriff übertragbar,

vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 8,

dies insbesondere mit Blick darauf, dass § 7 Abs. 5 AtZüV bereits Zweifel an der Zuverlässigkeit ausreichen lässt. Der Gesetzgeber differenziert in den einzelnen Rechtsgebieten, in denen Zuverlässigkeit Erlaubnis- oder Genehmigungsvoraussetzung oder Unzuverlässigkeit Grund zur Versagung oder zum Widerruf einer Erlaubnis oder Genehmigung ist, nach dem bereichsspezifischen Gefahrenpotential und setzt jeweils eine unterschiedlich hohe Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden voraus. Diese bereichsspezifisch unterschiedlich hohe Risikoschwelle kommt auch im Wortlaut einzelner die Zuverlässigkeit voraussetzender gesetzlicher Vorschriften zum Ausdruck. So setzt die Untersagung eines Gewerbes nach § 35 GewO voraus, dass Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit dartun. Nach § 5 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit jedoch schon dann nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie z.B. Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden; bei Verurteilungen wegen bestimmter Delikte besitzen die betreffenden Personen die erforderliche Zuverlässigkeit grundsätzlich oder "in der Regel" nicht. § 4 Abs. 1 Nr. 3 LuftVG lässt es für die Versagung der Luftfahrerlaubnis ausreichen, dass Tatsachen vorliegen, die den Bewerber als unzuverlässig erscheinen lassen. Im Atomrecht ist Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis oder Genehmigung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 AtG, dass keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit ergeben. Im Einklang damit stellt § 7 Abs. 5 AtZüV auf Zweifel an der Zuverlässigkeit ab.

Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 20.90 -, juris Rn. 17 f.

In der Gesamtschau ist damit gerade im Atomrecht in Anbetracht der besonders hoch zu bewertenden Schutzgüter und des enormen Umfangs des drohenden Schadens die Schwelle, ab der die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr angenommen/bescheinigt werden kann, im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten niedriger anzusetzen.

Da die atomrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung letztlich den Schutz der Allgemeinheit, mithin den Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit bezweckt, muss dabei angesichts der erheblichen Gefahren für diese Rechtsgüter ein Restrisiko nicht hingenommen werden.

Vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 8, und zum Waffenrecht BayVGH, Beschluss vom 15. Januar 2018 - 21 CS 17.1519 -, juris R. 19, sowie Beschluss vom 5. Oktober 2017 - 21 CS 17.1300 -, juris Rn. 11; OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2017 - 20 B 339/17 -, juris Rn. 15.

Dem Luftverkehr vergleichbar, zeigt sich auch im Bereich kerntechnischer Anlagen eine große Anfälligkeit für sog. Innenangriffe, insbesondere durch sog. Sabotageakte. Angesichts der schweren Folgen potenzieller Schädigungen ist somit im Fall der atomrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung ein strenger Maßstab anzulegen. Dies umso mehr, wenn die Betroffenen - wie vorliegend - mit einer Freigabe nach Kategorie 1 Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen haben.

Dies zugrunde gelegt, sprechen zahlreiche Gesichtspunkte dafür, dass der Kläger der Reichbürgerbewegung zugehörig ist oder sich zumindest in wesentlichen Teilen deren Ideologie zu eigen gemacht hat sowie Existenz und Legitimität der Bundesrepublik Deutschland und deren bestehender Rechtsordnung in Abrede stellt.

Zwar hat er in seiner Korrespondenz mit verschiedenen Behörden wiederholt erklärt, weder er noch ein anderes Familienmitglied gehöre der Reichbürgerbewegung an, er habe sich umfassend erkundigt, um sicherzustellen, dass er mit der Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises nicht gegen geltendes Recht verstoße, und er habe, nachdem er wegen der beanstandeten Facebook-Kommentare abgemahnt worden sei, seinen Account gelöscht.

Hinsichtlich der Facebook-Kommentare ist jedoch zunächst einmal bezeichnend, dass er sie überhaupt verfasst hat. Die nachträgliche Löschung lässt sich schon nicht sicher feststellen. Unabhängig davon stellt selbst eine unterstellte Löschung lediglich eine nachträgliche Reaktion auf arbeitsrechtliche Konsequenzen dar, vermag aber gerade keine Distanzierung zur Reichbürgerbewegung zu belegen. Vielmehr hätte der Kläger, würde er sich die Ideologie der Reichsbürgerbewegung nicht zu eigen machen, die Kommentare erst gar nicht geschrieben. Aus ihnen ergibt sich klar und deutlich, dass der Kläger die Ansichten der Reichsbürgerbewegung teilt und die Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehende Rechtsordnung ablehnt:

Eintrag vom 19. September 2017: "Wie kann ein Verwaltungskonstrukt freie und demokratische Wahlen abhalten, zumal sämtliche Rechtsgrundlagen einfach missachtet werden? Im Grundgesetz wird geregelt, welche Bundesländer Mitglieder in den Bundesrat oder Bundestag entsenden dürfen. Diese Bundesländer sind aufgeführt im Artikel 23 GG, der [,] wie bekannt sein dürfte [,] gestrichen wurde (...) das (sic!) es völlig egal ist [,] wem (sic!) oder was man wählt. Es geht lediglich um die Wahlbeteiligung, denn daraus zieht die BRD als Treuhandverwaltung ihre Legitimation. Wenn die Deutschen also weiterhin das Angebot des installierten Verwaltungskonstruktes annehmen und immer wieder fleissig (sic!) zur Bundestagswahl rennen, dann legitimieren sie damit einzig und allein das aktuelle System, hier für weitere vier Jahre die Verwaltung zu übernehmen. Die Parteien [,] die zur Wahl stehen, sind alle und ohne Ausnahme immer Parteien des Systems. Eine systemfeindliche Partei oder Bewegung würde niemals zur Wahl zugelassen werden. Die AfD ist ebenfalls eine Systempartei [,] die nur eine Aufgabe hat, sie soll möglichst viele Wähler einfangen, um die Legitimation der BRD Treuhandverwaltung sicherzustellen. Daher auch ‚Alternativparteien‘. Mit der AfD hat sich das System mindestens 8-12 Jahre mehr Zeit verschafft [,] um die Menschen weiterhin aus zu beuten (sic!).";

Eintrag vom 24. Oktober 2017: "(...) da steht doch glatt in den Datenbanken der EU, das (sic!) es die BRD seit 1990 nicht mehr gibt.";

Eintrag vom 1. November 2017: Like eines Links, der auf einen Beitrag mit dem Titel "Besatzungsrecht in Kraft - Verband deutscher Rechtssachverständiger" verwies und in dem behauptet wurde, dass "BRD Funktionsträger" eine "Erlaubnis des SHAEF Gesetzgebers" benötigen würden;

Eintrag vom 1. November 2017: Like eines Facebook-Eintrags, in dem u.a. behauptet wurde, es seien 120.000 Deutsche in "sowjetischen KZ-Lagern" zu Tode gekommen, 100.000 Deutsche seien von "jüdischen Kommandos in Polen umgebracht" worden, 5.700.000 Deutsche seien "durch die Hungerpolitik in den Westzonen" gestorben und über 12 Millionen Deutsche seien nach der Beendigung des Krieges "für das Leben des deutschen Volkes und die Freiheit Europas" gestorben;

Eintrag vom 2. November 2017: "Einfache und unkomplizierte frage (sic!) an die Deutschen: welchem (sic!) Staat gehörst Du an?" und auf Antwort eines Dritten dahingehend, dass er dem Staat Preußen durch Geburt angehöre, "Laut Gesetz Preuße, genau.";

Eintrag vom 12. November 2017: Post einer mit "Deutsche Staatsangehörigkeit" und "Gleichschaltungsgesetz - Gesetz v. 05.02.1934" überschriebene Bilddatei, die einen Auszug aus der "Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit" im Reichsgesetzblatt von 1934 u.a. mit der Regelung beinhaltete: "Es gibt nur noch eine deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit)" sowie eine Bilddatei, die einen Auszug aus dem "Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz" im Reichsgesetzblatt von 1913 beinhaltete;

Eintrag vom 12. November 2017: Like einer Bilddatei eines Polizeiautos sowie des dazugehörigen Kommentars eines Dritten, der lautete "Eindeutiger geht das nicht. Polizei als Firma.";

Diskussion ab dem 14. November 2017: Beteiligung an der Facebook-Gruppe "Wir sind K1": Winston Churchill sei einer "derjenigen [,] die das unendliche Leid über das deutsche Volk brachte. (...) Mir gehts (sic!) hier nicht darum [,] die deutsche Seite besser dar zu stellen (sic!). Dafür läuft seid (sic!) über 70 Jahren genug Propaganda. (...) Aber wenn selbst jüdisch Stämmige (sic!) Menschen gegen die Propaganda reden, kann meine Auffassung nicht so ganz falsch sein. (...) Der Holocaust interessiert mich nicht. Was die Geschichte festhält [,] ist, das (sic!) man das deutsche Volk [,] darunter auch Jüdische (sic!) sowie andere Menschen anderer Länder [,] zweimal durch fremde Hände in Kriege geführt hat. (...) Diese Zahl [sechs Millionen Holocaust-Opfer, Anm.d.Verf.] wurde doch schon von den sogenannten Historiker (sic!) refidiert (sic!). (...) ‚wir freien Deutschen‘! Der Staatsangehörigkeitsausweis ist Ihnen sicherlich ein Begriff. Recherchieren Sie doch mal [,] welchen Zeitpunkt die Behörden angeben [,] ab wann man als Deutsche (sic!) behandelt wird. Denn (sic!) Antrag würden Sie sowohl (sic!) wie viele andere genauso stellen. Und dann schauen Sie mal ins Deutsche Reichsgesetzblatt vom 6. Februar 1934 Nr. 14, dieses führt die Bundesregierung heute noch weiter. (...) ich als Preuße habe nur die Schnauze voll [,] das (sic!) man dem Deutschen Volk die alleinige Schuld für all das gibt. (...) wenn die heutige Regierung daran festhält, das (sic!) das Deutsche Reich nicht Untergegangen (sic!) ist [,] was hat Hitler dann aufgelöst? Das Deutsche Reich ist nur Handlungsfähigkeit und die Bundesrepublik ist nicht dessen Rechtsnachfolger. (...) Deutscher ist aber keine Staatsangehörigkeit. denn (sic!) einen deutschen Staat gab es nicht und gibts (sic!) nicht. (...) Was hat Deutscher mit Deutschem Staat zu tun? (...) und da ich 1970 geboren [bin] und bis dato das RUStAG 1913 gültig [ist], wird davon abgeleitet. (...) Sie sagen [,] Sie sind geborener Deutscher, haben aber keine Staatsangehörigkeit [,] die Sie belegen können. Ein Staatenloser (sic!) Deutscher. Welche Rechte haben Sie dann? (...) Warum hat Polen sich nicht mit A. H. zusammengesetzt und über den 12 Punkte Plan diskutiert oder verhandelt? A.H. hat den Angriff zweimal verschoben [,] um eine Antwort von Englischer (sic!) Seite zu bekommen des Frieden willens (sic!). (...) Sie reden von ‚Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland‘, wie soll das nach Staatsdefinition gehen? (...) Das (sic!) die Rechtslage in der Bundesrepublik nicht geklärt ist, stellte der Bundesgerichtshof schon fest. (...) Sehen Sie, uns wird immer vorgegaukelt [,] das (sic!) das Grundgesetz vom Volke abgesegnet wurde. In der NRW Verfassung steht, das (sic!) das Grundgesetz dem Volke nie vorgelegt wurde. (...) Bis 33 galt das Abstimmungsprinzip RuStAG 1913. Nach der Verordnung vom 5.2.1934 fiel die Staatsangehörigkeit in den Ländern fort. Es gibt nur noch eine deutsche Staatsangehörigkeit (Reichsangehörigkeit). Das Gesetz vom 5.2.1934 wurde am 15.7.1999 aufgehoben. Was sind jetzt laut Gesetz 34 die zwischen 34 und 99 geboren wurden (sic!)?".

Einen erheblichen Teil der Diskussionsbeiträge verfasste der Kläger im Übrigen während seiner Arbeitszeit beim K, was nach den unbestritten gebliebenen Angaben des beklagten Landes eine Abmahnung unter dem 16. Januar 2018 nach sich zog.

Vor diesem Hintergrund ist seine wiederholte Behauptung, weder er noch andere Familienmitglieder seien Teil der Reichsbürgerbewegung, als reine Schutzbehauptung einzustufen, die durch sein Verhalten im Übrigen gerade nicht gestützt, sondern widerlegt wird. Dies ergibt sich nicht nur aus den beschriebenen Kommentaren in sozialen Netzwerken, sondern auch aus seiner Korrespondenz mit den Behörden:

Mail des Bundesministeriums des Innern vom 14. Januar 2016, aus der hervorgeht, dass der Kläger dort Nachfragen zur Einstufung der Bundesrepublik Deutschland als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gestellt hatte;

Mail des Bundesministeriums des Innern vom 14. Januar 2016, aus der hervorgeht, dass der Kläger dort Nachfragen zur (fehlenden) Identität der Bundesrepublik Deutschland mit dem Deutschen Reich und zum Fortbestand des Letzteren gestellt hatte;

Mail vom April 2016 an das Bundesverwaltungsamt: Antrag auf Selbstauskunft aus dem Register Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten mit Angabe Geburtsstaat: "Königreich Preußen [Deutschland_als_Ganzes]";

Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 9. Mai 2016 auf Anfrage des Klägers, aus der deutlich wird, dass der Kläger dort Erkundigungen zum Fortbestand des Deutschen Reiches und zur Fortgeltung von Reichsrecht einholte;

Mail vom 15. März 2017 an das Bundesverwaltungsamt: "Diesbezüglich sind dann die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 sowie die einzelnen Verfassungen der einzelnen Bundesstaaten existent und gültig (...) Demzufolge haben wir die Staatszugehörigkeit zum Bundesstaat Preußen (...) Das (sic!) die Bundesrepublik Deutschland keine eigene Staatsangehörigkeit hat, war auch nach zu lesen (sic!).";

Mail vom 25. März 2017 an den Bundesminister Maas und den Generalbundesanwalt: "Laut Gesetz und Recht haben wir unsere Abstammung von unseren Ahnen des Deutschen Reichs, des Bundesstaates Preußen geerbt.";

Mail vom 25. Juli 2017 an Behörde: "Nach einer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.07.2012 sieht es doch so aus, dass unter der ‚Geltung‘ des Bundeswahlgesetzes (...) noch nie ‚ein verfassungsmäßiger Gesetzgeber‘ am Werk war und somit insbesondere alle erlassenen ‚Gesetze‘ und ‚Verordnungen‘ seit 1956 nichtig sind. (...) in der mir vorliegenden NRW Fassung steht, das (sic!) dem Volk das Grundgesetz nie vorgelegt wurde! Also hat das Volk diesem nie zugestimmt.";

Mail vom 4. August 2017 an eine Vollstreckungsbehörde: "Sie sollten auch mal darüber Nachdenken (sic!) [,] weshalb viele Paragraphen ‚nach‘ und nicht ‚auf Grund‘ [von] Verordnungen und Gesetze (sic!) durchgesetzt werden. (...) haben Sie Eigentum in der Art einer Immobilie oder Grundstück (sic!)? Ich kann ihnen (sic!) nur soviel sagen, das (sic!) [,] wenn Sie nichts anderes dazu getan haben [,] diese zu Erwerben (sic!) wie der normale Bürger - diese Ihnen nicht gehören!";

Mail vom 8. August 2017 an Vollziehungsbeamten: "Aufgewachte wissen, dass die Militärgesetze zum großen Teil nie abgeschafft worden sind und spätestens mit dem zweiten Bundesbereinigungsgesetz (2. BMJBBG) durch die Aufhebung der Aufhebung des Besatzungsrechts wieder eingeführt worden sind. (...) sechs Jahre nach der angeblichen Erlangung der Souveränität der BRD durch den 2+4 Vertrag (...) Das Militärregierungsgesetz Nr. 53 gilt als Bundesrecht weiter!!! Es gibt demnach keinen Schutz für "Beamte", die wissentlich oder unwissentlich gegen das Militärgesetz Nr. 53 verstoßen. Sie verstoßen tagtäglich gegen das Militärgesetz Nr. 53, denn sie müssen gemäß dessen Bestimmungen zugelassen sein und den darin festgelegten Eid abgelegt haben. ‚Das BVerfG hat bereits in der Vergangenheit mehrfach entschieden (...), daß die Voraussetzungen der Strafbarkeit nach Art. VIII MRG Nr. 53 ausreichend bestimmt sind.‘ (...) Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Oder haben Sie eine gesonderte Versicherung abgeschlossen, die Sie gesondert privat schützt? Ich möchte Ihnen nur zeigen, das (sic!) man mit uns allen ein falsches und perfides Spiel treibt. Und es in unser allem (sic!) Interesse sein müsste, zum Wohle unserer Kinder und dessen (sic!) Kinder daran etwas zu ändern.";

Mail vom 8. August 2017 an Vollziehungsbeamten: "Dann sind Sie wie ich laut BVA Köln nachgewiesener Angehöriger des Bundesstaates Preußen im Rechtsstand 1 Tag vor Ausbruch des 1. Weltkrieges und kein Angehöriger der Bundesrepublik?";

Mail vom 29. Dezember 2017 an das Bundesverwaltungsamt mit dem Betreff "Entlassung aus der deutschen Staatsangehörigkeit": "Ich bin im besitz (sic!) einer Staatsangehörigkeitsurkunde und bin Deutscher nach Abstammung durch Geburt § 4 Abs. 1 RuStAG 1913. Da mir unwissentlich durch Verwaltungsakt auch die deutsche Staatsangehörigkeit [,] auch ‚deutsche Staatsbürgerschaft‘ genannt [,] anhaftet, bin ich Doppelstaatler. Um denn nun als Deutscher behandelt zu werden und meine Staatsangehörigkeit Königreich Preußen die durch Abstammung erworben (sic!) bei zu behalten (sic!), muss ich laut §§ 20 und 21 des RuStAG v. 1913 und nicht nach § 18 des StAG die deutsche Staatsangehörigkeit nach StAG ablegen.";

Mail vom 9. Januar 2018 an Standesamt "Ich bin 1970 geboren und gelte somit als ‚Altfall‘ des RuStAG 1913. Meine Abstammung habe ich von meinen Vorfahren vererbt bekommen. Ich bin Deutscher gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG 1913. Welche Staatsangehörigkeit das ist, können Sie dem RuStAG 1913 entnehmen."

Er legte weiterhin im Widerspruchsverfahren eine Rede des SPD-Abgeordneten Schmid im Parlamentarischen Rat vom 8. September 1948 vor, in der er u.a folgende Passagen markiert hatte:

"Man wird aber da nicht von Verfassungen sprechen, wenn Worte ihren Sinn behalten sollen; denn es fehlt diesen Gebilden der Charakter des keinem fremden Willen unterworfenen Selbstbestimmtseins. Es handelt sich dabei um Organisation und nicht um Konstitution. (...) wo ein Volk sich unter Fremdherrschaft und unter deren Anerkennung zu organisieren hat, konstituiert es sich nicht - es sei denn gegen die Fremdherrschaft selbst -, sondern es organisiert sich lediglich, vielleicht sehr staatsähnlich, aber nicht als Staat im demokratischen Sinn. (...) Am 8. Mai 1945 hat die deutsche Wehrmacht bedingungslos kapituliert. (...) Die bedingungslose Kapitulation hatte Rechtswirkungen ausschließlich auf militärischem Gebiet. (...) Die debellatio vernichtet für sich allein die Staatlichkeit nicht. (...) Es ist etwas geschehen, aber eben nicht die Vernichtung der deutschen Staatlichkeit. (...) Die Gesamtstaatsgewalt wird zum mindesten auf bestimmten Sachgebieten durch die Besatzungsmächte, durch den Kontrollrat im ganzen und durch die Militärbefehlshaber in den einzelnen Zonen ausgeübt. Durch diese Treuhänderschaft von oben wird der Zusammenhang aufrechterhalten. Die Hoheitsgewalt in Deutschland ist also nicht untergegangen; sie hat lediglich den Träger gewechselt, indem sie in Treuhänderschaft übergegangen ist. (...) Provisorium"

In einem Aufsatz des Professors für Politische Theorie und Ideengeschichte Vorländer hatte er außerdem folgende Passagen farblich hervorgehoben:

"Das Grundgesetz war eben keine Verfassung. Und es wurde auch nicht vom Volk in einem Referendum ratifiziert. (...) C’est le provisoire qui dure..."

Der Einwand des Klägers in diesem Zusammenhang, die Korrespondenz stelle eine politische und rechtliche Diskussion zwischen Bürger und Behörde dar, in der er von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht habe, mag zutreffen, bleibt aber ohne Aussagekraft. Vielmehr hat er mit diesen Thesen die freiheitliche demokratische Grundordnung, das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland und nicht zuletzt die Existenz der staatlichen Strukturen und Ordnungen nach dem Grundgesetz infrage gestellt.

Auch der Umstand, dass der Kläger die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises beantragt hat, deutet mit Gewicht darauf hin, dass er der sogenannten Reichsbürgerbewegung angehört. Personen, die der "Reichsbürger-Szene" zuzuordnen sind, sind dafür bekannt, dass sie sich gegenüber Behörden explizit auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 oder die Verfassung des Deutschen Reiches von 1919 ("Weimarer Reichsverfassung") beziehen und sich beispielsweise als Staatsbürger des Freistaats oder Königreichs Preußen bezeichnen. Außerdem beantragen "Reichsbürger" vielfach die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Dieses amtliche Dokument der Bundesrepublik Deutschland, mit dem der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit dokumentiert wird, wird im (Rechts-)Verkehr nur in seltenen Fällen als ein über den Personalausweis hinausgehender Beleg der deutschen Staatsangehörigkeit benötigt. Die Beantragung eines solchen Staatsangehörigkeitsausweises durch sogenannte "Reichsbürger" beruht darauf, dass in der Reichsbürger-Szene die Behauptung kursiert, das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in seiner Fassung vom 22. Juli 1913 sei unverändert gültig und daher müsse man, um der Staatenlosigkeit und dem damit einhergehenden "Sklavenstatus" zu entgehen, nach den damaligen Gesetzen einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2018 - 20 B 1624/17 -, juris Rn. 24 f.; BayVGH, Beschluss vom 15. Januar 2018 - 21 CS 17.1519 -, juris Rn. 16, und Beschluss vom 19. Dezember 2017 - 21 CS 17.2029 -, juris Rn. 16.

Hinzu kommt, dass aus der Korrespondenz des Klägers bezeichnenderweise mit keinem Wort hervorgeht, wofür er den Staatsangehörigkeitsnachweis denn benötigt, wenn nicht, um die innere Überzeugung der Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung zum Ausdruck zu bringen. Entgegen der Ausführungen seines Prozessbevollmächtigten gibt die Mail des Klägers vom 18. Januar 2018 hierüber gerade keinen Aufschluss. Dass es sich bei seiner im Nachgang zum angegriffenen Bescheid gegenüber dem MWIDE getätigten Behauptung, er habe auf dem nach dem AtZüV auszufüllenden Erklärungsbogen die Staatsangehörigkeit eintragen müssen und habe dem Ministerium zeigen wollen, dass hier jemand stehe, auf den man sich verlassen könne, um eine bloße Schutzbehauptung handelt, steht außer Zweifel. Denn er hat selbst vorgetragen, sich vorab über etwaige negative Auswirkungen der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises erkundigt zu haben. Dass man eine Handlung, bei der man sich gegen etwaige Konsequenzen vorab absichert, nicht in der Erwartung vornimmt, damit seine besondere Verlässlichkeit zu beweisen, bedarf keiner näheren Erläuterung. Die weitere Behauptung, mit dem Staatsangehörigkeitsausweis habe er gerade seine Nähe zum deutschen Staat zeigen wollen, bleibt in ihrer Pauschalität inhaltsleer. Neben dem Personalausweis hat der Staatsangehörigkeitsausweis somit für den Kläger keinerlei objektiven Nutzen. Denn es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass der Kläger z.B. aufgrund längeren Auslandsaufenthaltes oder Annahme einer anderen Staatsangehörigkeit ein sachliches Interesse daran hätte, seine Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Er hat selbst unter dem 16. Januar 2016 gegenüber den Behörden erklärt, ob es nun zweckmäßig sei, den Staatsangehörigkeitsausweis zu beantragen, lasse er erstmal dahingestellt.

Weiterhin hat er auf dem Kennzeichen seines Pkw " " das Euro-Feld mit einem Aufkleber überklebt, der die Bundesflagge abbildet. Dies stellt bei nach obligatorischer Einführung des Euro-Kennzeichens im Jahr 2000 zugelassenen Fahrzeugen einen Rechtsverstoß gegen § 10 Abs. 2 und Abs. 12 FZV da.

Vgl. VG Köln, Urteil vom 12. Januar 2017 - 18 K 5857/16 -, juris Rn. 13, und VG Stuttgart, Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2015 - 8 K 4792/14 -, juris Rn. 23.

Die durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers hiergegen angeführte Rechtsprechung bezieht sich lediglich auf eine etwaige Strafbarkeit. Betreffend des Vorliegens einer Ordnungswidrigkeit geht sein Vortrag an der Sache vorbei. Im Übrigen bringt das Überkleben des Europakennzeichens aber auch unabhängig von den rechtlichen Konsequenzen eine europafeindliche Einstellung des Klägers klar zum Ausdruck. Darauf, ob die Bundes- oder die Reichsflagge gewählt wurde, kommt es insoweit nicht mehr entscheidungserheblich an. Weiterhin nimmt die Kammer dem Kläger seine Behauptung, das selbst gewählte Kennzeichen " " knüpfe an den "Hummer H" an, schlichtweg nicht ab und wertet sie als Schutzbehauptung. Dass der Kläger, dessen Anschauungen in den aufgeführten Facebook-Kommentaren und der aufgeführten Korrespondenz klar zum Ausdruck kommen, ein eindeutig besetztes "HH"-kennzeichen rein zufällig in Anknüpfung an ein Fahrzeugmodell ausgesucht haben will, ist abwegig.

Seine schlichte - sowohl im Verwaltungs- als auch im Klageverfahren stereotyp wiederholte - Behauptung, er habe mit der Reichsbürgerbewegung oder deren ideologischen Vorstellungen nichts zu tun, vermag die indizielle Wirkung seines Verhaltens nicht zu beseitigen. Auch im Widerspruchsverfahren vermochte er den Inhalt seiner Facebook-Einträge nicht zu entkräften; vielmehr bestätigen die dort vorgelegten Dokumente wie aufgezeigt seine Einstufung als Reichsbürger. Es entsteht aus der Korrespondenz insgesamt, vor allem aber aus den Beteuerungen, nicht der rechten Szene anzugehören, und den Erkundigungen, ob aus der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises Nachteile entstehen könnten, der Eindruck von jemandem, der das Gedankengut der Reichsbürgerbewegung vertritt, aber nach außen hin darauf bedacht ist, sich formal nicht angreifbar zu machen. Eine andere nachvollziehbare Erklärung dafür, dass dem Kläger augenscheinlich die Gefahr, durch den Staatsangehörigkeitsausweis möglicherweise in den Verdacht einer Nähe zur Reichsbürgerbewegung zu geraten, stets bewusst war, er diesen aber dennoch - und zwar ohne sachlichen Nutzen - beantragte, erschließt sich der Kammer nicht. Die Kammer stuft seine Beteuerungen daher als verfahrenstaktisch motiviert ein.

Insgesamt zeigt sich somit, dass der Kläger die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht für sich als verbindlich anerkennt bzw. zukünftig auch nicht anerkennen wird. Bei verständiger Würdigung dieser Umstände besteht damit eine hinreichende Gefahr, dass er aufgrund seiner persönlichen Einstellung zur Rechtsordnung die atomrechtlichen Vorgaben nicht ordnungsgemäß einhalten wird. Personen, die - wie der Kläger - in ihren Äußerungen und/oder ihrem sonstigen Verhalten erkennbar die Existenz und staatliche Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland und damit die geltende Rechtsordnung offensiv ablehnen und/oder ignorieren, bieten keine hinreichende Gewähr dafür, dass sie bereit sind, auch in atomrechtlichen Zusammenhängen jederzeit für die Geltung und Durchsetzung der Rechtsordnung einzustehen. Wer erklärtermaßen gesetzliche Vorschriften nicht als für sich verbindlich anerkennt und sich deshalb nicht verpflichtet sieht, die darin enthaltenen, dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Regelungen zu beachten, begründet ernsthafte Zweifel, dass er die geltenden Bestimmungen der Rechtsordnung, insbesondere soweit sie dem Schutz der Sicherheit kerntechnischer Anlagen dienen, nicht strikt befolgen wird.

Vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 11, und zum Waffenrecht HessVGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 - 4 B 1090/18 -, juris Rn. 5, sowie BayVGH, Beschuss vom 12. März 2018 - 21 CS 17.1678 -, juris Rn. 19, und Beschluss vom 15. Januar 2018 - 21 CS 17.1519 -, juris R. 14; OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2017 - 20 B 339/17 -, juris Rn. 17.

Diese Zweifel führen angesichts des durch sie begründeten Gefährdungspotenzials für hohe Rechtsgüter wiederum dazu, die atomrechtliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Im Bereich des Atomrechts kann - wie aufgezeigt - angesichts der erheblichen Gefahren, die von radioaktiven Stoffen für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Unter Zugrundlegung dieser Erwägungen und Gesamtwürdigung der vom Kläger geschaffenen Tatsachen, namentlich seiner wiederholten schriftlichen Äußerungen, gelangt das Gericht zu der Einschätzung, dass der Kläger atomrechtlich unzuverlässig ist. Wer sowohl im Internet als auch gegenüber Behörden dem Gedankengut der Reichsbürgerbewegung entlehnte Äußerungen trifft, geht davon aus und legt es gerade darauf an, seine ablehnende Haltung gegenüber der Rechtsordnung sowohl öffentlich als auch amtlich gegenüber einer Behörde kund zu tun.

Vgl. auch VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 12.

Die Kammer kann weiterhin nicht feststellen, dass der Kläger sich inzwischen ernsthaft und dauerhaft vom Gedankengut der Reichsbürgerbewegung distanziert hätte. Seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung haben insofern nicht überzeugen können. Zwar hat er dort pauschal behauptet, sich von dem Gedankengut der Reichsbürgerbewegung zu distanzieren und mit bestimmten Behauptungen, wie z.B. der Bezeichnung der Bunderepublik als Verwaltungskonstrukt und als Treuhandverwaltung, übers Ziel hinaus geschossen zu sein. Diese pauschale Darstellung nimmt die Kammer ihm jedoch nicht ab. Vielmehr verstärkte sich der Eindruck, dass die angebliche Distanzierung auf prozesstaktischen Erwägungen beruht.

So erklärte er zur Beantragung des Staatangehörigkeitsausweises, es handle sich um einen gesetzlich zulässigen Antrag und er sei aufgrund von Nachfragen bei Behörden davon ausgegangen, dass sich keine negativen Konsequenzen für ihn ergeben würden. Den Antrag habe er 2015 gestellt. Bis dahin sei zwar der Personalausweis bzw. der Reisepass für ihn hinreichend gewesen, aber in einer "Männerrunde" habe man ihm Gegenteiliges erzählt. Er habe sich dann informiert und herausgefunden, dass der Staatsangehörigkeitsausweis der einzige wirkliche Nachweis für die deutsche Staatsangehörigkeit sei. Laut Ministerium brauche man ihn "für bestimmte Sachen". Er habe auch Schwierigkeiten bei der atomrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung vermeiden wollen. Schließlich müsse man im Erklärungsbogen Angaben zur Staatsangehörigkeit machen und diese habe er mit dem Staatsangehörigkeitsausweis nachweisen wollen. Erst später sei für ihn die Reichsbürgerbewegung ein Begriff geworden, er habe im Internet entsprechende Seiten gelesen, habe aber im Nachhinein insoweit "Mist gebaut". Diese Erklärungsversuche sind schlichtweg vorgeschoben und in sich unschlüssig. So ist schon nicht ansatzweise nachvollziehbar, wie der Kläger auf die Idee kommen sollte, die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweise könne sich im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung positiv auswirken. Vielmehr hat er selbst die Notwendigkeit gesehen, sich vorab über etwaige negative Konsequenzen zu informieren, was seine Behauptung, er habe damals die Reichsbürgerbewegung in diesem Zusammenhang nicht in den Blick genommen, ad absurdum führt. Außerdem hatte er in der Vergangenheit - wie im Übrigen auch seine Kollegen - Zuverlässigkeitsprüfungen ohne einen entsprechenden Ausweis durchlaufen. Bezeichnend ist auch die vage Behauptung, laut Ministerium brauche man den Staatsangehörigkeitsausweis "für bestimmte Sachen". Welche das denn sein sollten und welcher konkrete Nutzen sich für ihn ergeben sollte, hat er nicht erläutert.

Seine Einwände, dass Ministerium habe nicht das persönliche Gespräch mit ihm gesucht, um ihn hinreichend deutlich vor den Konsequenzen seines Handelns zu warnen, und er sei außerdem kein ausgebildeter Historiker oder Jurist, vermögen keine andere Einschätzung herbeizuführen. Eine mangelnde historische oder juristische Vorbildung vermag ersichtlich nicht die Negierung der Existenz der Bundesrepublik und ihrer geltenden Rechtsordnung zu relativieren. Auch war das Ministerium nicht zur persönlichen Anhörung verpflichtet. Dem Kläger wurde schriftlich hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, die er auch genutzt hat.

Der Kläger irrt im Übrigen, wenn er davon ausgeht, dass es auf die formale Zugehörigkeit zu einer Gruppierung der Reichsbürger ankomme, die seiner Auffassung nach bei ihm nicht gegeben sein soll. Soweit er sich auf den Wortlaut des § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AtZüV bezieht, kommt es auf das Vorliegen der dort genannten Tatbestandsmerkmale (Mitgliedschaft in Organisationen, Aktionsbündnissen oder Gruppierungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 BVerfSchG oder deren Unterstützung) nicht entscheidungserheblich an. Vielmehr handelt es sich um ein bloßes Regelbeispiel. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AtZüV entgegen der klägerischen Argumentation die bloße Unterstützung ausreichen lässt. Entscheidend sind vorliegend aber vielmehr der Inhalt seiner Aussagen und die Positionen, die er sich erkennbar zu eigen macht.

Vgl. zum Waffenrecht: HessVGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 - 4 B 1090/18 -, juris Rn. 5.

Er kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt und sich nichts zu schulden kommen lassen. Abgesehen davon, dass er bereits eine arbeitsrechtliche Abmahnung in Kauf genommen hat, um während der Arbeitszeit im Internet seine reichsbürgertypischen Ansichten zu vertreten, manifestiert sich in der ordnungsgemäßen Ausführung des Arbeitsvertrags keine besondere Zuverlässigkeit. Vielmehr ist die Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten schlicht jedem Arbeitnehmer als selbstverständlich abzuverlangen.

Vgl. VG Greifswald, Urteil vom 22. Mai 2019 - 5 A 2168/17 HGW -, n.v., S. 13, und VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 6 L 2506/17 -, juris Rn. 53.

Zuletzt führt es zu keiner anderen Bewertung und insbesondere auch nicht zur Unverhältnismäßigkeit der durch das MWIDE getroffenen Feststellung, dass der Kläger seine bisherige Tätigkeit bei der K nicht weiter ausüben kann und dort nach Auskunft der K an das MWIDE auch keine Beschäftigung von Personen ohne behördlich bestätigte atomrechtliche Zuverlässigkeit möglich ist. Zum einen beruht die Einschätzung des Klägers als unzuverlässig nämlich auf dem von ihm selbst zu verantwortenden Handeln und er hat außerdem nicht dargetan, dass es ihm unmöglich wäre, außerhalb des Sicherheitsbereichs einer kerntechnischen Anlage eine Anstellung finden zu können (was nicht unbedingt bei der K sein muss). Zum anderen ist im Falle der zukünftigen ihm selbst obliegenden Wiedererlangung der Zuverlässigkeit sogar eine Wiederaufnahme seiner ursprünglichen Tätigkeit nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Nach § 8 Abs. 3 AtZüV kann ein erneuter Antrag auf Durchführung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung der gleichen oder einer höheren Kategorie gestellt werden, wenn die von der zuständigen Behörde im Einzelfall unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse festgelegte Frist von höchstens fünf Jahren abgelaufen ist. Vorliegend hat das MWIDE eine - wohl unangefochten gebliebene - Frist von drei Jahren gegenüber der K festgesetzt, nach deren Ablauf somit ein erneuter Antrag zulässig ist. Eine entsprechende Frist gegenüber dem Kläger wurde nicht festgesetzt. Ob dies erforderlich gewesen wäre, obwohl der Kläger selbst nicht zu den nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AtZüV Antragsberechtigten zählt, lässt die Kammer dahinstehen. Diese Frage bleibt ohne Relevanz für die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Feststellungsbescheides. Hielte man eine Befristung auch gegenüber dem Kläger für gesetzlich gefordert, so beträfe dies nur einen von der Feststellung der mangelnden Zuverlässigkeit zu trennenden Regelungsgegenstand und eine ergänzende - hier nicht streitgegenständliche - rechtsmittelfähige Bescheidung wäre weiterhin möglich. Eine Rechtsverletzung kann sich jedenfalls aus der unterbliebenen Verhängung einer "Sperrfrist" gerade nicht ergeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 S. 2 ZPO.