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VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.07.2019 - 6 K 54/19

Die an einen Fahrlehrer zu stellenden beruflichen Anforderungen dürften erfordern, dass er über deutsche Sprachkenntnisse verfügt, die dem Niveau C1 des GER entsprechen.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus N. wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag des Klägers,

ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus N. zu bewilligen,

hat keinen Erfolg.

Prozesskostenhilfe ist zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint, § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. §§ 114, 121 der Zivilprozessordnung (ZPO). Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht hiernach nicht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.

Zu Letzterem Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 -, juris, Rn. 26.

Nach diesen Maßstäben war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hier abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung des Klägers nicht die erforderlichen Erfolgsaussichten bietet.

Die zulässige Klage dürfte nach Aktenlage unbegründet sein. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 29. November 2018 dürfte rechtmäßig sein und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen, da er keinen Anspruch auf die begehrte Erteilung einer Fahrlehrererlaubnis der Klasse BE haben dürfte (vgl. § 113 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 VwGO).

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrlehrererlaubnis werden in § 2 Absatz 1 Satz 1 Fahrlehrergesetz (FahrlG) in der hier anwendbaren Fassung vom 30. Juni 2017 genannt. Gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 10 FahrlG wird die Fahrlehrererlaubnis unter anderem dann erteilt, wenn der Bewerber über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Welche Sprachkenntnisse im Einzelnen zu verlangen sind, gibt die zur Umsetzung von Artikel 53 der Richtlinie 2005/36/EG,

vgl. BT-Dr. 16/7080, S. 16,

erstmals durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Fahrlehrergesetzes vom 19. März 2008 eingefügte Vorschrift nicht her. Auch die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf Grundlage von § 68 Absatz 1 Nr. 1 FahrlG erlassene Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz vom 2. Januar 2018 (DV-FahrlG) enthält keine diesbezügliche Regelung. In § 1 DV-FahrlG heißt es lediglich, dass die nach Landesrecht zuständige Behörde einem Bewerber um eine Fahrlehrererlaubnis aufgeben kann, die erforderlichen Sprachkenntnisse innerhalb eines Monats mittels eines Sprachtests nachzuweisen, wenn Bedenken bestehen, dass er über die erforderlichen Sprachkenntnisse nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 des Fahrlehrergesetzes verfügt.

Allerdings ergibt sich aus der Begründung zu der vorstehend genannten Durchführungsverordnung, dass ein Fahrlehrer über Fachkundige Sprachkenntnisse nach dem gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER), mithin über Sprachkenntnisse auf dem Niveau C1 GER verfügen muss.

Vgl. Bundesrat-Drs. 379/17 S. 84.

Dies dürfte sich auch aus den nachfolgenden materiellrechtlichen Erwägungen ergeben:

In Anknüpfung an Artikel 53 der Richtlinie 2005/36/EG, wonach Personen, deren Berufsqualifikation anerkannt wird, über die Sprachkenntnisse verfügen müssen, die für die Ausübung ihrer Berufstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat erforderlich sind, dürfte es insoweit darauf ankommen, welche Sprachkenntnisse für eine ordnungsgemäße Ausübung des Berufs Fahrlehrer benötigt werden.

Einen objektiven Beurteilungsmaßstab bietet insoweit der GER. Dieser unterscheidet drei grundlegenden Level: Elementare Sprachverwendung (A), Selbstständige Sprachverwendung (B) und Kompetente Sprachverwendung (C). Diese sind nochmals in insgesamt sechs Stufen des Sprachniveaus unterteilt: Anfänger (A1), Grundlegende Kenntnisse (A2), Fortgeschrittene Sprachverwendung (B1), Selbstständige Sprachverwendung (B2), Fachkundige Sprachverwendung (C1) und Annähernd muttersprachliche Kenntnisse (C2).

Die an einen Fahrlehrer zu stellenden beruflichen Anforderungen dürften erfordern, dass er über deutsche Sprachkenntnisse verfügt, die dem Niveau C1 des GER entsprechen.

Vgl. auch Bouska/May/Koehl, in: Fahrlehrer Recht, 14. Aufl. 2015, § 1 DV-FahrlG, S. 308 f.; Vgl. Bundesrat-Drs. 379/17 S. 84.

Ein Sprachniveau C1 verlangt nach dem GER, dass die Person "ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen [und] sich spontan und fließend ausdrücken [kann], ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. [Sie] kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen [und] kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden."

Diese fachkundigen Sprachkenntnisse dürften für die Aufgabenwahrnehmung eines Fahrlehrers erforderlich sein.

Von Fahrlehrern wird verlangt, dass sie Fahrschüler, für die die vorherige Teilnahme am Fahrschulunterricht gemäß § 2 Absatz 2 Nr. 4 StVG obligatorisch ist, gewissenhaft ausbilden (vgl. § 12 Satz 1 FahrlG). Hierunter fällt in erster Linie die Pflicht, den Fahrschülern die Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu vermitteln, die das Straßenverkehrsgesetz und die auf dem Straßenverkehrsgesetz und auf dem Fahrlehrergesetz beruhenden Rechtsverordnungen für die Ausbildung und Prüfung der Bewerber um die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen fordern (vgl. § 12 Satz 2 FahrlG). Zudem haben sie über die Folgen von Zuwiderhandlungen gegen die Verkehrsvorschriften und über die Pflichtversicherung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern zu unterrichten (vgl. § 12 Satz 3 FahrlG). Diese gesetzlich vorgeschriebene Vermittlung von Ausbildungsinhalten erfolgt durch theoretischen und praktischen Unterricht und dient dem Interesse der Verkehrssicherheit, wodurch letztlich Individualrechtgüter von hohem Rang, nämlich Leib, Leben und Eigentum von Verkehrsteilnehmern geschützt werden sollen. Neben einer fachlichen Qualifikation bedarf ein Fahrlehrer hierfür auch die Fähigkeit, aktiv verschiedenste Sachverhalte im Unterrichtsgespräch pädagogisch darzustellen.

Vgl. auch Bouska/May/Koehl, in: Fahrlehrer Recht, 14. Aufl. 2015, § 6 FahrlG, S. 47 und § 1 DV-FahrlG, S. 309,

In der Anlage 1 zur Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung ist insoweit geregelt, dass Fahrlehrer der Klasse BE über fachliches Professionswissen in den Kompetenzbereichen "Verkehrsverhalten", "Recht" und "Technik" sowie über pädagogischpsychologisches und verkehrspädagogisches Professionswissen verfügen muss. In der Rubrik pädagogischpsychologisches und verkehrspädagogisches Professionswissen findet nochmals eine Unterteilung in die Kompetenzbereiche "Unterrichten, Ausbilden und Weiterbilden", "Erziehen" und "Beurteilen" statt.

Um die in der Anlage 1 zur Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung im Einzelnen genannten Kompetenzen abrufen zu können, muss ein Fahrlehrer insbesondere in der Lage sein, sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten zu äußern.

Diese Fähigkeiten müssen zudem z.B. bei Nachfragen der Fahrschüler oder in kritischen und unvorhersehbaren Situationen, die insbesondere bei Ausbildungsfahrten vorkommen und mit einem nicht unerheblichen Gefährdungspotenzial verbunden sein können, ohne weiteres abrufbar sein, um der besonderen Verantwortlichkeit des Fahrlehrers gegenüber den Verkehrsteilnehmern zu entsprechen,

vgl. hierzu Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 2 StVG, Rn. 93.

Letzteres setzt voraus, dass sich ein Fahrlehrer spontan und fließend ausdrücken kann, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen.

Der Kläger dürfte nach bisheriger Aktenlage nicht nachgewiesen haben, dass er die deutsche Sprache auf dem Sprachniveau C1 des GER beherrscht. Aus dem Verwaltungsvorgang ergibt sich vielmehr, dass der Kläger an der Prüfung Goethe-Zertifikat C1 teilgenommen hat, ohne diese bestanden zu haben (vgl. Bl. 60 der Beiakte).

Der Kläger verfügt zwar über Sprachkenntnisse auf dem Niveau B2 des GER. Diese dürften für die Ausübung des Berufs eines Fahrlehrers aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht genügen. Das Sprachniveau B2 (Selbständige Sprachverwendung) setzt nach dem GER voraus, dass die betreffende Person "die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen und sich im eigenen Spezialgebiet auch an Fachdiskussionen beteiligen [kann]. Sie kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Sie kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben." Danach dürften Personen mit einem Sprachniveau B2 des GER zwar über ein bereits fortgeschrittenes Sprachniveau verfügen, das eine hinreichende Verständigung mit Muttersprachlern ermöglicht. Allerdings dürften die Unterschiede zum Sprachniveau C1 des GER deutlich machen, dass die sprachlichen Fähigkeiten (noch) nicht ausreichen, um den dargestellten erhöhten fachlichen und pädagogischen Anforderungen an die Vermittlung der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen hinreichend entsprechen zu können, und zwar auch in für den Fahrlehrer unvorhersehbaren Situationen, die ein sofortiges Reagieren nonverbaler wie auch verbaler Art erfordern.

Dürfte nach alledem die in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 10 FahrlG genannte Voraussetzung nicht vorliegen, kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 9 FahrlG genannten Voraussetzungen erfüllt.

Rechtsmittelbelehrung:

Prozesskostenhilfe bewilligende Beschlüsse sind für die Beteiligten unanfechtbar. Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe sind für die Beteiligten unanfechtbar, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint. Im Übrigen kann gegen Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. Insoweit ist die Mitwirkung eines Prozessbevollmächtigten, insbesondere eines Rechtsanwalts oder eines Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt im Beschwerdeverfahren nicht erforderlich.

Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingelegt werden.

Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

Lukas Jozefaciuk