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VG Hamburg, Beschluss vom 26.04.2018 - 5 E 169/18

§ 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV lässt sich nicht entnehmen, dass der Verordnungsgeber die damals bestehende Rechtsprechung, bei einer Fahrt mit einem Kfz und einer bestimmten THC-Konzentration im Blut auf fehlendes Trennungsvermögen im Sinne der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu schließen und bei einer darunterliegenden Konzentration gegebenenfalls die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. zu bejahen, abändern wollte.

Tenor

1. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

3. Der Streitwert wird auf 2500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, M und L durch die Antragsgegnerin.

Am 7. September 2013 wurde bei dem im Jahr ... geborenen Antragsteller im Rahmen einer Kontrolle vor einer Diskothek Marihuana in der Form von fünf „Joints“ aufgefunden und sichergestellt. Er gab an, dass die „Joints“ zum Eigenbedarf gedient hätten. Von einer Strafverfolgung sah die Staatsanwaltschaft nach § 31a BtMG ab.

Laut Strafbefehl des Amtsgerichts Buxtehude verwahrte der Antragsteller am 11. Mai 2017 in seiner Wohnung einen Klemmleistenbeutel mit Anhaftungen von Haschisch, eine Plastikdose mit 2,6 g (netto) Cannabis, einen „Joint“ mit Cannabis-Tabak-Gemisch, einen Klemmleistenbeutel mit ca. 0,6 g (netto) Amphetamin, einen Klemmleistenbeutel mit 0,8 g (netto) Cannabis und ca. 6,8 g Cannabis-Blüten sowie eine Feinwaage und zwei Rauchköpfe einer Bong, die im Rahmen einer Durchsuchung sichergestellt wurden. Gegen den Antragsteller wurde eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verhängt.

Am 20. Mai 2017 wurde der Antragsteller um 2:04 Uhr auf der Langen Straße in H. als Führer eines Kraftfahrzeugs von der Polizei angehalten und eine Alkohol- und Drogenkontrolle durchgeführt. Laut Polizeibericht habe der Antragsteller bei einem Gleichgewichtstest geschwankt und sich gegen eine Mauer gelehnt. Die Pupillen seien ungewöhnlich groß gewesen. Sie hätten zwar auf Lichteinfall reagiert, jedoch einen leichten Reboundeffekt gezeigt. Ein freiwillig durchgeführter Urintest habe einen positiven Befund im Hinblick auf THC ergeben. Der Antragsteller habe daraufhin angegeben, dass er zuletzt vor ca. sieben Tagen Marihuana konsumiert habe. Laut Polizeibericht war der Antragsteller mit einer Blutentnahme nicht einverstanden gewesen. Daraufhin habe ein Polizeibeamter die Blutentnahme angeordnet. Zur Nachtzeit sei kein Staatsanwalt oder Richter erreichbar gewesen. Um 2:38 Uhr entnahm eine Ärztin bei dem Antragsteller eine Blutprobe.

Die Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Rechtsmedizin, untersuchte die entnommene Blutprobe. Laut Befund vom 12. Juni 2017 befanden sich im Blutserum des Antragstellers 19 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 2,6 ng/ml 11-OH Tetrahydrocannabinol und 63 ng/ml THC-Carbonsäure.

Zur Überprüfung der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schickte der Landkreis Stade unter dem 15. September 2017 ein Schreiben an den Antragsteller. Darin wollte der Landkreis die Vorlage eines Gutachtens (Drogenscreening) anordnen. Zur Klärung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller die Fahrerlaubnis belassen werden könne, sei die Vorlage des angeordneten Gutachtens erforderlich. Für die Vorlage des Gutachtens werde eine Frist von drei Monaten gesetzt. Sollte der Antragsteller zu einer Untersuchung nicht bereit sein, ein Untersuchungstermin ohne vorherige Ankündigung versäumt werden oder das Gutachten nicht fristgerecht vorlegen, müsse davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller nicht zu einer Mitwirkung bereit sei. Die Fahrerlaubnis müsse ihm dann entzogen werden. Das Schreiben erreichte den Antragsteller wegen einer fehlerhaften Adresse nicht.

Am 6. Dezember 2017 übermittelte der Landkreis Stade die Fahrerlaubnisakte sowie einen Auszug aus der Führerscheindatei an die Antragsgegnerin mit dem Hinweis, dass der Antragsteller nunmehr in deren Zuständigkeitsbereich wohne.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2017 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller seine Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Zur Begründung führte sie aus, dass sich der Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Er habe am 20. Mai 2017 ein Fahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis im öffentlichen Straßenverkehr geführt. Zum Zeitpunkt der Blutentnahme habe er noch erheblich unter dem Einfluss der Droge gestanden. Zusätzlich habe er gegenüber den kontrollierenden Beamten angegeben, ca. sieben Tage vorher Cannabis konsumiert zu haben. Der an dem Tattag gemessene Wert könne nicht mehr mit dem angegebenen Konsumvorgang zusammenhängen, weshalb ein mindestens zweimaliger und damit gelegentlicher THC Konsum als nachgewiesen anzusehen sei. Die Nichteignung des Antragstellers ergebe sich aus Punkt 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Das fehlende Trennungsvermögen sei durch die Fahrt unter Cannabiseinfluss bewiesen.

Mit Schreiben vom 4. Januar 2018, zugegangen am 5. Januar 2018, legte der Antragsteller gegen den Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass die vom Institut für Rechtsmedizin Hannover ermittelten Blutwerte nicht auf einen regelmäßigen Konsum von Cannabis schließen ließen. Er sei auch mitnichten ein gelegentlicher Konsument von Cannabisprodukten. Selbst bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten könne die Fahrerlaubnisbehörde zudem nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt in einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen. Aus der Regelungssystematik des § 14 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 3 FeV in Verbindung mit Nr. 9.2.2 und der Vorbemerkung Nr. 2 der Anlage 4 zur FeV ergebe sich, dass der Frage nach dem Trennungsvermögen im Regelfall durch die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nachzugehen sei. Die angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis sei unverhältnismäßig und somit ermessensfehlerhaft.

Mit Schreiben vom 9. Januar 2018 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass der Widerspruch keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Antragsteller habe nachweislich zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle am 20. Mai 2017 sowie laut eigener Angabe mehrmals Cannabis konsumiert und somit die Voraussetzung eines gelegentlichen Konsums erfüllt. Der Antragsteller müsse sich an seinem Erklärungsverhalten anlässlich der Verkehrskontrolle festhalten lassen. Eine Trennung von Konsum und Fahren sei bei dem Antragsteller nicht gegeben, da er am 20. Mai 2017 unter Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug geführt habe. Entsprechend der Rechtsprechung sei eine Trennung von Konsum und Fahren ausgeschlossen, wenn der Anteil von THC im Blut über 1,0 ng/ml liege. Dies sei hier der Fall.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2018 erklärte der Antragsteller, dass der Widerspruch aufrechterhalten bleibe. Zur Begründung führte er unter anderem ergänzend aus, dass sein Aussageverhalten im Rahmen der Polizeikontrolle auf die durch den Vorgang der Kontrolle herbeigeführte Ausnahmesituation zurückzuführen sei und ein nachvollziehbares menschliches Verhalten im Rahmen einer Stresssituation darstelle. Der dabei genannte Zeitrahmen sei durchaus der Auslegung zugänglich und stelle keine absolute beziehungsweise konkrete Angabe dar.

Mit Schreiben vom 9. März 2018 gab der Antragsteller bei der Antragsgegnerin seinen Führerschein zur Verwahrung ab.

Am 8. Januar 2018 hat der Antragsteller das Gericht um Eilrechtsschutz ersucht. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 11. Dezember 2017 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen im Bescheid vom 11. Dezember 2017 sowie den übrigen Inhalt der Sachakte. Ergänzend führt sie aus, dass der Antragsteller zumindest gelegentlicher Cannabis-Konsument sei. Hierfür reichten zwei selbstständige Konsumvorgange mit einem gewissen – auch zeitlichen – Zusammenhang aus. Der Antragsteller habe seine Spontanäußerungen bei der Verkehrskontrolle bis heute nicht dementiert. Unabhängig von seinen Äußerungen bei der Kontrolle sprächen das Ereignis vom 7. September 2013 und der Inhalt des Strafbefehls für einen gelegentlichen Konsum. Nach der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung sei bei einem Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer THC-Konzentration im Blut ab 1,0 ng/ml von einem fehlenden Trennungsvermögen auszugehen.

Die Sachakte der Antragsgegnerin hat dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtsfehlerfrei begründet (1.) und die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus (2.).

1. Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung der gegenüber dem Antragsteller ausgesprochenen Entziehung der Fahrerlaubnis in einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet. Insbesondere war angesichts der Tatsache, dass durch einen ungeeigneten Kraftfahrer hochrangige Schutzgüter, nämlich Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, in nicht hinnehmbarer Weise gefährdet werden, ein stärkeres Eingehen auf konkrete Umstände des Einzelfalls nicht geboten (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.12.2005, 3 Bs 214/05, juris Rn. 2-5).

2. Bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Entziehungsbescheids das Interesse des Antragstellers, einstweilen weiter am motorisierten Straßenverkehr teilzunehmen, weil der Antragsteller nach dem bisherigen Sach- und Streitstand in der Hauptsache keinen Erfolg haben dürfte. Die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung hat ergeben, dass sich der angefochtene Bescheid wahrscheinlich als rechtmäßig erweisen wird (a.). Darüber hinaus besteht ein besonderes, nicht durch Interessen des Antragstellers aufgewogenes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung (b.).

a. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand dürfte der Widerspruch des Antragstellers keinen Erfolg haben, da sich der Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2017 bei summarischer Prüfung als materiell (bb.) rechtmäßig darstellt und formelle Fehler geheilt werden (aa.).

aa. Die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers wird voraussichtlich in formeller Hinsicht im Ergebnis nicht zu beanstanden sein.

Die Antragsgegnerin war seit dem Umzug des Antragstellers nach Hamburg gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 FeV für den Erlass des Bescheides örtlich zuständig. Sie hat den Antragsteller entgegen § 28 Abs. 1 HmbVwVfG vor dem Erlass des ihn belastenden Bescheides zwar nicht angehört, doch wird dieser formelle Fehler voraussichtlich durch das Auseinandersetzen mit dem Vortrag des Antragstellers im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 HmbVwVfG geheilt werden.

bb. Der Bescheid ist bei summarischer Prüfung auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers liegen danach vor. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 FeV. Danach ist die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der Inhaber sich als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erweist. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV fehlt es insbesondere dann an der Eignung, Kraftfahrzeuge zu führen, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 FeV vorliegen. Nach dem Ergebnis der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung ist dies beim Antragsgegner der Fall.

Im Hauptverfahren wird sich aller Voraussicht nach bestätigen, dass der Antragsteller gemäß Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist ((1)) und kein Ausnahmefall im Sinne der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 der FeV vorliegt ((2)).

(1) Der Antragsteller hat sich gemäß Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV stellt es einen die Fahreignung ausschließenden Mangel dar, wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis gelegentlich Cannabis einnimmt, sofern nicht zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr getrennt wird. Dies ist bei dem Antragsteller nach summarischer Prüfung der Fall.

(a) Der Antragsteller wird im vorliegenden Eilverfahren als gelegentlicher Konsument von Cannabis in diesem Sinne angesehen.

Gelegentlicher Konsum kann bereits bei zwei selbstständigen Konsumvorgängen angenommen werden, wenn diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (BVerwG, Urt. v. 23.10.2014, 3 C 3/13, Rn. 20 f.; OVG Hamburg, Beschl. v. 15.11.2017, 4 Bs 180/17, juris Rn. 15). Im vorliegenden Fall stehen bei dem Antragsteller der Konsum, der mit Befund der medizinischen Hochschule Hannover vom 12. Juni 2017 festgestellt worden ist, sowie zumindest ein weiter selbstständiger und mit dem erstgenannten Konsum im zeitlichen Zusammenhang stehender Konsumvorgang fest.

Der Befund der medizinischen Hochschule Hannover kann im vorliegenden Verfahren verwertet werden, obwohl die Blutentnahme ohne Einverständnis des Antragstellers und ohne richterliche Anordnung erfolgt ist. Ob der Verzicht auf die Einholung einer richterlichen Anordnung rechtmäßig war, kann dahinstehen, denn auch aus einem Verstoß gegen den Richtervorbehalt würde für die Prüfung der Fahreignung kein Beweisverwertungsverbot folgen. Mit dem Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabern wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Fahrerlaubnisbehörden an der Berücksichtigung (eventuell) strafprozessual fehlerhaft gewonnener Erkenntnisse allgemein gehindert wären bzw. wegen eines außerhalb ihres Verantwortungsbereichs begangenen Verfahrensfehlers sehenden Auges die gravierenden Gefahren hinzunehmen hätten, die mit der Verkehrsteilnahme eines derzeit kraftfahrungeeigneten Fahrerlaubnisinhabers verbunden sind (OVG Münster, Beschl. v. 26.9.2016, 16 B 685/16, juris Rn. 15; OVG Münster, Beschl. v. 20.3.2014, 16 B 264/14, juris Rn. 2; VG Hamburg, Beschl. v. 26.1.2018, 15 E 9805/17 (unveröffentlicht)). Dieses Ergebnis wird im vorliegenden Verfahren zudem durch den Rechtsgedanken des § 46 (Hmb)VwVfG gestützt. Überträgt man dessen Wertung auf die Problematik der ohne Einschaltung eines Richters angeordneten Blutentnahme, so bleibt die unterlassene Einholung einer richterlichen Entscheidung auch bei fehlender Gefahr im Verzug jedenfalls dann auf die Verwertbarkeit des Ergebnisses der Blutanalyse ohne Einfluss, wenn auf der Hand liegt, dass der Richter einem solchen Eingriff die Genehmigung nicht versagt hätte (vgl. VGH München, Beschl. v. 28.1.2010, 11 CS 09.1443, juris Rn. 27). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn ein vorheriger Schnelltest bei einem auffälligen Kraftfahrer - wie im vorliegenden Fall auch - positiv auf THC reagiert hat (vgl. VGH München, Beschl. v. 28.1.2010, 11 CS 09.1443, juris Rn. 30).

Der zweite Konsum ergibt sich bereits aus dem Erklärungsverhalten des Antragstellers bei der Alkohol- und Drogenkontrolle. Gegenüber den Polizeibeamten gab der Antragsteller bei der Kontrolle nämlich an, dass er ca. sieben Tage vorher Marihuana konsumiert habe. Auch wenn der Antragsteller bei dieser Aussage wegen der Kontrollsituation unter Stress gestanden hat, muss er sich insoweit grundsätzlich an seinem eigenen Erklärungsverhalten festhalten lassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie vorliegend nicht substantiiert, nachvollziehbar und glaubhaft vorgetragen wird, dass und warum der Vortrag während der Verkehrskontrolle unzutreffend gewesen sein soll und wie sich der Sachverhalt tatsächlich zugetragen haben soll (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.11.2017, 4 Bs 180/17, juris Rn. 20). An einem solchen substantiierten Vortrag zur Richtigstellung fehlt es vorliegend bei dem Hinweis des Antragstellers auf die Stresssituation. Und selbst wenn der genannte Zeitraum von sieben Tagen der Auslegung zugänglich ist, wird nicht ersichtlich, inwiefern dies etwas daran ändern sollte, dass zwei selbstständige und in zeitlichem Zusammenhang stehende Konsumvorgänge vorliegen. Dass der eingeräumte Konsumvorgang jener ist, der zu der später gemessenen THC-Konzentration geführt hat, wurde nicht vorgetragen.

Inwieweit der im Strafbefehl festgehaltene Sachverhalt für einen gelegentlichen Konsum spricht, kann somit dahinstehen.

(b) Darüber hinaus wird im vorliegenden Eilverfahren davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt, weil er am 20. Mai 2017 unter Einfluss einer Konzentration von 19 ng/ml THC im Blutserum am Straßenverkehr teilnahm.

Auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts kann ausreichende und im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch hinnehmbare Trennung zwischen Konsum und Fahren nur dann vorliegen, wenn bei einer Fahrt unter Cannabiseinfluss eine Beeinträchtigung durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (OVG Hamburg, Beschluss vom 15.11.2017, 4 Bs 180/17, juris Rn. 23 mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 23.10.2014, 3 C 3/13 juris Rn. 32 f.). Anzunehmen wäre dies allenfalls dann, wenn eine THC-Konzentration von 1 ng/ml nicht überschritten worden wäre (OVG Hamburg, Beschluss vom 15.11.2017, 4 Bs 180/17, juris Rn. 23 – 25 m.w.N.; vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 15.3.2017, 16 A 432/16, juris Rn. 68 - 142). Danach wird im vorliegenden Eilverfahren wegen der im Serum des Antragstellers gemessen THC-Konzentration von 19 ng/ml von einer fehlenden Trennung zwischen Konsum und Fahren eines Kraftfahrzeugs ausgegangen.

Der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geäußerten und vom Antragsteller aufgegriffenen Rechtsauffassung, dass ein einmaliger Verstoß gegen das Trennerfordernis durch gelegentliche Cannabiskonsumenten allein grundsätzlich nicht zum Ausschluss der Fahreignung führt (VGH München, Urt. v. 25.4.2017, 11 BV 17.33, juris Rn. 19 – 50; VGH München, Beschl. v. 29.8.2016, 11 CS 16.1460, juris Rn. 16 f.; vgl. auch Borgmann, Cannabiskonsum und Fahreignung, DAR 2018, 190-193), wird nicht gefolgt (so auch: OVG Magdeburg, Beschl. v. 6.9.2017, 3 M 171/17, juris Rn. 12; OVG Berlin, Beschl. v. 28.6.2017, 1 S 27.17, juris Rn. 11; OVG Münster, Urt. v. 15.3.2017, 16 A 432/16, juris Rn. 143 - 154; VGH Mannheim, Beschl. v. 7.3.2017, 10 S 328/17, juris Rn. 4; VG Augsburg, Beschl. v. 23.1.2017, Au 7 S 16.1714, juris Rn. 55-65).

Dass Fahrten unter Einfluss von Cannabis und Fahrten unter Einfluss von Alkohol unterschiedlich bewertet werden, entspricht dem Wortlaut der entsprechenden Regelungen in der Anlage 4 zur FeV. Denn während es nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV für die Verneinung eines fahrerlaubnisrechtlichen „Alkoholmissbrauchs“ genügt, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum „hinreichend sicher“ getrennt werden können, erfordert Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV für die Fahreignung bei gelegentlichem Cannabiskonsum die „Trennung von Konsum und Fahren“ schlechthin (OVG Magdeburg, Beschl. v. 6.9.2017, 3 M 171/17, juris Rn. 12).

Dass der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV dadurch stark beeinträchtigt ist, steht der oben genannten vorherrschenden Auffassung in der Rechtsprechung nicht zwingend entgegen. Als § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV im Jahr 2008 eingeführt worden ist, gab es bereits Rechtsprechung, nach der bei einer Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter Einfluss einer bestimmten THC-Konzentration im Serum auf fehlendes Trennungsvermögen geschlossen werden konnte. Die hierfür erforderliche THC-Konzentration im Serum lag nach der damals herrschenden Rechtsprechung bei 2,0 ng/ml (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Auflage 2007, § 2 StVG, Rn. 17 m.w.N.). Daneben gab es die Rechtsprechung, nach der bei einer Fahrt mit einer geringeren THC-Konzentration im Serum von einem Anwendungsfall des § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. ausgegangen werden konnte (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Auflage 2007, § 2 StVG, Rn. 17 m.w.N.). Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat beispielsweise bei einer Fahrt mit einer THC-Konzentration von 1,7 ng/ml unter dem Hinweis, dass der Antragsteller eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG begangen haben dürfte, die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. bejaht (OVG Hamburg, Beschl. v. 15.12.2005, 3 Bs 214/05, juris Rn. 20). Nach § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. konnte wie heute nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV n.F. die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden.

Daraus ergab sich eine nach THC-Konzentrationen abgestufte Systematik. Unter Verweis auf Rechtsprechung aus der Zeit vor der Einführung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht diese Abstufung so dargestellt: „Bei einer THC-Konzentration von mehr als 2,0 ng/ml im Blutplasma kann als hinreichend sicher angenommen werden, dass der Verkehrsteilnehmer in so erheblichem Umfang mangelndes Trennungsvermögen bewiesen hat, dass eine weitere Begutachtung nicht geboten ist. Bei niedrigeren Konzentrationen kommt dagegen insbesondere bei weiteren Zweifeln am Konsumverhalten und der Trennungsfähigkeit vor einer Entscheidung über die Entziehung die Einholung eines Gutachtens in Betracht“ (OVG Hamburg, Beschl. v. 3.5.2010, 3 Bs 205/09, juris Rn. 29; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 25.1.2006, 11 CS 05.1711, juris Rn. 45; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Auflage 2007, § 2 StVG, Rn. 17 m.w.N.).

§ 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV lässt sich nicht entnehmen, dass der Verordnungsgeber die damals bestehende Rechtsprechung, ab einer bestimmten THC-Konzentration auf fehlendes Trennungsvermögen im Sinne der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu schließen und darunter gegebenenfalls die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. zu bejahen, abändern wollte. Die Begründung zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV liefert für solch eine grundlegende Änderung keine Anhaltspunkte. Nach der Begründung sollte die Regelung eingeführt werden, um wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr wie in § 13 Nr. 2b FeV zu regeln (VkBl. 2008, 567 f.). Dies spricht dafür, dass der Verordnungsgeber mit dem neu eingeführten § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV die qualitativ weniger schwerwiegenden Fälle erfassen wollte, die nach der damaligen Rechtsprechung zuvor nur zur Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. führen konnten. Denn auch bei § 13 FeV wird zwischen mehreren Verstößen (§ 13 Nr. 2b FeV) und einem einzigen Verstoß mit hohem Rauschzustand (§ 13 Nr. 2c FeV) differenziert. Mit Blick auf die Begründung kann § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV daher als Regelung verstanden werden, mit der der Normgeber gerade in Parallelität zu § 13 Nr. 2b FeV sicherstellen wollte, dass bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG (zumindest) ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist. Die für § 24a Abs. 2 StVG erforderliche THC-Konzentration lag damals schon bei 1,0 ng/ml (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Auflage 2007, § 24a StVG, Rn. 21 m.w.N.; OLG Koblenz, Beschl. v. 14.7.2005, 1 Ss 189/05, juris Rn. 8). Bei einem solchen Verständnis von § 14 Abs. 2 Abs. 3 FeV bestand zumindest bei Einführung der Regelung für diese ein sinnvoller Anwendungsbereich bei zwei Fahrten mit einem Kraftfahrzeug und einer THC-Konzentration im Blutserum zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml (vgl. auch VG Augsburg, Beschl. v. 23.1.2017, Au 7 S 16.1714, juris Rn. 61). Es sollte im Unterschied zu § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. in diesen Fällen eine gebundene Entscheidung erfolgen (vgl. auch: VkBl. 2008, 568, erster Absatz aE).

Soweit die Schwellenwerte für die THC-Konzentrationen bei § 24a Abs. 2 StVG und das fehlende Trennungsvermögen bei Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV in der Rechtsprechung gleichgesetzt wurden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.11.2017, 4 Bs 180/17, juris Rn. 24 m.w.N.), ist der oben beschriebene Anwendungsbereich weggefallen. Dass dies dem aktuellen Willen des Verordnungsgebers widerspricht, ist nicht ersichtlich. Er hat keine der in letzter Zeit erfolgten Änderungen der FeV wie zum Beispiel die dreiundfünfzigste Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6. Oktober 2017 (BGBl. 2017 I S. 3549) zum Anlass genommen, insoweit korrigierend oder klarstellend tätig zu werden (vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 7.3.2017, 10 S 328/17, juris Rn. 4).

Nachdem der Antragsteller nach Vorstehendem als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs anzusehen sein dürfte, dürfte die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV zwingend zu entziehen gewesen sein. Raum für Ermessenserwägungen hatte die Antragsgegnerin nach den gesetzlichen Vorgaben nicht.

(2) Es fehlt im vorliegenden Eilverfahren auch an hinreichenden Anhaltspunkten für eine Ausnahme im Sinne der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 der FeV.

b. Schließlich besteht auch ein besonderes, nicht durch Interessen des Antragstellers aufgewogenes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der voraussichtlich rechtmäßigen Fahrerlaubnisentziehung.

Der sofortige Schutz anderer Verkehrsteilnehmer überwiegt das Interesse des Antragstellers daran, dass die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung erst nach Eintritt der Bestandskraft – also möglicherweise erst in einigen Jahren – vollziehbar wird. Die zuverlässige Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit aller Verkehrsteilnehmer ist von solch hoher Bedeutung, dass das Interesse des Antragstellers, seine Fahrerlaubnis zumindest bis zum rechtskräftigen Abschluss des Entziehungsverfahrens nutzen zu können, zurückstehen muss. (vgl. z.B. VG Hamburg, Beschl. v. 21.8.2012, 15 E 1665/12 (unveröffentlicht), S. 14).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG. Dabei ist der Streitwert der Eilsache mit der Hälfte des in der Hauptsache anzunehmenden Streitwerts festzusetzen. Dieser beläuft sich vorliegend auf den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000 € (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.11.2017, 4 Bs 180/17, juris Rn. 32), da nicht ersichtlich ist, dass es sich bei dem Antragsteller um einen Fahrer handelt, dessen berufliche Tätigkeit maßgeblich durch die Nutzung eines Kraftfahrzeugs geprägt ist.

Lukas Jozefaciuk