VG Kassel, vom 22.03.2018 - 7 K 1274/16.KS
1.Die Versagung der luftfahrtrechtlichen Zustimmung nach § 14 LuftVG zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt und zum Schutz der Allgemeinheit unterliegt grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit.
2. Der Bundeswehr kommt jedoch hinsichtlich der Gefährdung des militärischen Flugbetriebs ein nur eingeschränkt überprüfbarer verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zu.
3. Vorliegend stellt die Errichtung von drei Windenergieanlagen in einem militärischen Luftübungsraum eine konkrete Gefahr für dort trainierende Militärhubschrauber dar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2., die diese selbst zu tragen hat, trägt die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung eines Antrages auf Erlass eines Vorbescheides zur Prüfung der Belange der Bundeswehr und zivilen Luftfahrt für drei Windenergieanlagen.
Die Klägerin plant die Errichtung von drei Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 112 mit einer Gesamthöhe von 196 m (WEA 1 und WEA 2) und 175 m (WEA 3), einer Nabenhöhe von 140 m (WEA 1 und WEA 2) und 119 m (WEA 3), einem Rotordurchmesser von 112 m und mit einer Nennleistung von je 3.300 kW in der Gemarkung Nenterode im Regierungsbezirk Kassel.
Die Anlagen sind im Waldgebiet Knüllwald-Nenterode östlich von Nenterode und westlich von Ersrode geplant. Südlich der drei geplanten Anlagen befinden sich bereits sieben Windenergieanlagen (W709, W710, W711, W712, W715, W713, W714).
Die geplanten Anlagen befinden sich in einer Entfernung von 23 km zum Heeresflugplatz Fritzlar. Die geplante Windenergieanlage (WEA 1) überschreitet die in diesem Bereich maximal zulässige Höhe von 553,00 m NN zur Hindernisfreiheit der Kursführungsmindesthöhe (Minimum Vectoring Altitude - MVA) für den Instrumentenanflug um 144 m. Zudem liegen die Anlagen innerhalb eines temporär einzurichtenden gesperrten Luftraums zu Übungszwecken der Bundeswehr (EDR-97B). Dieser ist ca. 320 bis 360 km² groß und dient dem Kampfhubschrauberregiment 36 zur Einsatzausbildung. Zudem trainiert das Kampfhubschrauberregiment 36 den Tiefflug bei Nacht regelmäßig auf einer Nachttiefflugstrecke von Ersrode, nördlich an den geplanten Windenergieanlagen vorbei, in Richtung Rengshausen.
Die Klägerin beantragte am 10. September 2015 einen Vorbescheid nach § 9 Abs. 1 BImSchG zur Prüfung der Belange der Bundeswehr und zivilen Luftfahrt.
Die Beklagte holte daraufhin Stellungnahmen des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw, Beigeladene zu 1.) und der oberen Luftverkehrsbehörde (Dezernat 22 der Beklagten) ein. Letztere holte eine gutachterliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung (DFS, Beigeladene zu 2.) ein.
Die Beigeladene zu 1. nahm mit Schreiben vom 19. November 2015 Stellung (Bl. 15 d. Behördenakte). Sie erhebt flugbetriebliche Bedenken. Die Errichtung der geplanten drei Windenergieanlagen im Nahbereich des Heeresflugplatzes Fritzlar beeinträchtige die Durchführung des Flugbetriebes nach Instrumentenflugregeln erheblich. Darüber hinaus erhebt sie flugsicherungstechnische Bedenken gegen die Errichtung der WEA 2 wegen Störung des Radars am Standort Fritzlar.
Der Beklagte holte zudem eine Stellungnahme des 36. Kampfhubschrauberregiments ein. Dieses führte mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 aus, dass die Errichtung der Windenergieanlagen im Nahbereich des Heeresflugplatzes die Durchführung des Flugbetriebes nach Instrumentenflugregeln erheblich beeinträchtigten. Unter dem Punkt "2. Bewertung" wird ausgeführt:"2.1 Der Standort und die zu erwartende Bauhöhe beeinträchtigen die Flugverkehrsführung nach Instrumentenflugregeln am Heeresflugplatz Fritzlar beträchtlich, da die WKA 1 die maximal zulässige Bauhöhe gem. MVA von 553 m NN in diesem Bereich, um 144 m überschreitet.
2.2 Der Standort befindet sich innerhalb des Zuständigkeitsbereiches Fritzlar Radar und wird auf der Radaranlage als nicht unterdrückbares Radarziel dargestellt. Die Position ist als extrem kritisch zu bewerten, da die Anlagen an einer Stelle stehen würden, an der ein, in der Radarplatzrunde befindliches, Luftfahrzeug vom Queranflug auf eine Annäherungskurve zum Endanflug geführt werden muss.
2.3 Innerhalb der EDR-97B werden keine Neuanlagen im Rahmen der Windenergie oder sonstige Hindernis seitens KpfHubschrGgt 36 akzeptiert, da sie als potentielle Luftfahrthindernisse eine Gefährdung der Flugsicherheit bedeuten und den Übungsbetrieb innerhalb der EDR-97B einschränken, bzw. unmöglich machen."
Mit Schreiben vom 24. November 2015 empfahl die Beigeladene zu 2., der Errichtung der Windkraftanlagen nicht zuzustimmen. Zwar bestünden aus zivilen Hindernisgründen keine Einwendungen gegen die Errichtung der Windenergieanlage, jedoch bestünden aus militärischen, flugbetrieblichen Gründen erhebliche Bedenken. Zur Begründung führte sie aus, dass die Errichtung im Nahbereich des Heeresflugplatzes Fritzlar die Durchführung des Flugbetriebes nach Instrumentenflugregeln erheblich beeinträchtige.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erlass eines Vorbescheides ab. Zur Begründung führte er aus, dass die geplante Windenergieanlage eine konkrete Gefahr für den militärischen Luftverkehr im gesamten Übungsraum des EDR-97B darstelle. Erschwerend komme hinzu, dass bei einem Schadenseintritt mit Personen- und hohen Sachschäden, eventuell sogar Toten, zu rechnen sei. Insbesondere dürfte an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Die Gefahr würde auch noch dadurch verstärkt, dass die geplanten Windenergieanlagen in 1.000 m Abstand zu einer Nachttiefflugstrecke des Kampfhubschrauberregiments 36 lägen. Ferner ergebe sich eine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs daraus, dass die Windenergieanlage Nr. 1 die in diesem Bereich maximal zulässige Höhe von 553 m NN um 144 m überschreite. Dies führe dazu, dass die Anforderungen an die Hindernisfreiheit der Kursführungsmindesthöhe (MVA) nicht mehr gewährleistet seien. Unabhängig von der konkreten Gefährdung der Luftsicherheit seien die Belange der Bundeswehr im Rahmen der öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 BauGB zu berücksichtigen. Vorliegend sei davon auszugehen, dass die Bundeswehr in ihren nach § 35 Abs. 3 BauGB schützenswerten Interessen betroffen sei.
Am 21. Juli 2016 hat die Klägerin gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Kassel vom 11. Juli 2016 Klage erhoben.
Die Klägerin trägt vor, die Versagung des Vorbescheides sei rechtswidrig. Weder stünden dem Vorhaben militärisch luftfahrtbetriebliche Belange im Sinne des § 14 LuftVG entgegen noch das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot.
Die Versagung der luftverkehrsrechtlichen Zustimmung nach § 14 LuftVG sei rechtswidrig gewesen. Bei der Zustimmung handele es sich um eine gebundene Entscheidung, die gerichtlich voll überprüfbar sei. Diese Entscheidung wirke sich nicht unmittelbar auf den Kläger aus, sondern sei ein reines Verwaltungsinternum. Die Darlegungslast trage die Beklagtenseite. Hinsichtlich des geplanten Vorhabens liege die für die Versagung notwendige konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs nicht vor. Insbesondere komme der Bundeswehr kein verteidigungspolitscher Beurteilungsspielraum im Zusammenhang mit der Frage einer konkreten Gefahrenprognose nach § 14 LuftVG zu. Selbst wenn man einen Beurteilungsspielraum annehme, bestünde jedenfalls keine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs. Die dargestellten Ausbildungsszenarien seien hierfür nicht plausibel.
Das Flugbeschränkungsgebiet EDR-97B stehe dem Vorhaben nicht entgegen. Denn insbesondere in diesem Gebiet existiere bereits ein Bestandswindpark mit sieben Anlagen. Zudem sei eine Hochspannungsleitung Wahle-Mecklar planfestgestellt. Auch bestünde für die Waldwege kein Wegenutzungsrecht der Bundeswehr, sodass die beschriebene Konvoibegleitung schon daran scheitere. Die beschriebenen Übungsszenarien seien wegen der Bewaldung und der topografischen Gegebenheiten überhaupt nicht durchführbar. Schon jetzt könnten daher bodennahe Tiefflugübungen in diesem Gebiet nicht durchgeführt werden. Die Bundeswehrhubschrauber müssten ohnehin links und rechts am Bestandswindpark vorbei fliegen. Darüber hinaus lägen in der Nähe der Vorhabenstandorte die Gemeinden Nenterode, Hausen und Ersrode, die aus Lärmschutzgesichtspunkten ebenfalls umflogen werden müssten. Durch die Errichtung und den Betrieb der drei geplanten Windenergieanlagen werde die Hindernissituation am Vorhabenstandort in keiner Weise maßgeblich verschärft, sondern der Bestandswindpark lediglich abgerundet. Insbesondere könnten die geplanten Windenergieanlagen nicht mit dem zivilen Luftverkehr verglichen werden, welcher durch Einrichtung der temporären Verbotszone EDR-97B als Hindernis ausgeschlossen werden solle, da die geplanten Windenergieanlagen an einem festen Standort stünden und sich im Gegensatz zum zivilen Verkehr nicht bewegten. Ferner seien die geplanten Anlagenstandorte im einschlägigen Kartenmaterial veröffentlicht.
Auch die Nachttiefflugstrecke stehe dem Vorhaben nicht entgegen. Es könne schon nicht davon ausgegangen werden, dass diese überhaupt existiere. Ferner sei nicht ersichtlich, wie die geplanten Windenergieanlagen die behauptete Tiefflugstrecke gefährden könnten. Der unstreitig einzuhaltende 1.000 m Abstand zu ausgewiesenen Sichtflugstrecken werde vorliegend eingehalten. Auch bei einem Formationsflug mehrerer Hubschrauber und eines Schadenseintrittes des vorausfliegenden Hubschraubers könnten die nachfolgenden Luftfahrzeuge nicht nur seitlich, sondern auch in die Höhe ausweichen.
Ferner könne die Versagung des Vorbescheides auch nicht auf die Durchdringung der MVA Höhenbeschränkung gestützt werden. Dem MVA komme keine rechtsverbindliche Wirkung zu. Dies zeige sich schon daran, dass nach dem Kartenmaterial der Kontrollzone (HF 1) des Heeresflugplatzes Fritzlar für den Bereich des Windparks eine MVA Höhe von 2800 ft. ausgewiesen sei, welche von den Anlagen des Bestandswindparks mit einer Gesamthöhe von 3313 ft. (2313 ft. plus 1000 ft. Sicherheitsmindesthöhe) bereits durchdrungen werde. Gleiches gelte für den nächst gelegenen Sektor (mit einer MVA von 3300 ft.).
Das Hubschraubertieffluggebiet EDR-97B sei zudem auch kein entgegenstehender unbenannter bauplanungsrechtlicher Belang nach § 35 BauGB. Der Anwendungsbereich sei durch das speziellere LuftVG schon nicht eröffnet. Selbst wenn man die Anwendbarkeit der allgemeinen bauplanungsrechtlichen Regelungen gegenüber den speziellen luftverkehrsrechtlichen Regelungen annehme, ergebe sich keine Ausschlusswirkung für das geplante privilegierte Vorhaben.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Juli 2016 zu verpflichten, den mit Schreiben vom 10. September 2015 beantragten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gemäß § 9 BImSchG zu erteilen.
die Berufung zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass die Ablehnung der Erteilung des Vorbescheides rechtmäßig gewesen sei. Die Zustimmung nach § 14 LuftVG sei zu Recht durch die obere Luftverkehrsbehörde versagt worden, da dem Vorhaben erhebliche Belange der militärischen Luftfahrt entgegenstünden. Der Bundeswehr käme sowohl für die Art und den Umfang der Flugverfahren als auch für die Gefahrenprognose ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zu. Durch die Errichtung der geplanten Anlagen entstünde eine konkrete Gefahr für den militärischen Flugbetrieb im Übungsraum EDR-97B.
Der gesamte Luftraum des Übungsraums EDR-97B werde vom Kampfhubschrauberregiment 36 zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Vorbereitung auf Einsätze in Kriegs- bzw. Krisengebieten genutzt. Die Nutzung erstrecke sich sowohl auf Tag- als auch Nachtflug. Zu den Schul- und Trainingsszenarien zählten:
Folgeflug mehrerer Luftfahrzeuge im extremen Tiefflug (bis 3 m über Grund)
Schutz von fahrenden Bodentruppen aus der Luft (Konvoi-Begleitung)
Flüge unter Ausnutzung der gegebenen Topographie und Bewaldung zur Eigentarnung und Überraschung (Konturenflug)
Vorgehen im Verbund mit Bodentruppen (Gefecht der Verbundenen Waffen)
Absetzen und aufnehmen von Truppen (hier auch mit Unterstützung weiterer Hubschrauberregimenter der Division, die ortsfremd seien)
Hierbei werde in Höhen von 3 m bis 750 m und mit Geschwindigkeiten von 80 km/h bis 220 km/h geflogen. Der Übungsraum EDR-97B biete für die genannten Szenarien ideale Voraussetzungen bei gleichzeitiger Hindernisfreiheit. Dabei würde nicht nur der Tiefflug geübt, sondern etwa auch das Kreisen über den Waldgebieten. Tiefflug bedeute auch, dass der Hubschrauber zur Tarnung knapp über den Wipfeln der Bäume geflogen werde. Außerdem blieben die umliegenden Ortschaften durch den Zuschnitt des Übungsraums weitestgehend von Fluglärm verschont. Die oben beschriebenen Szenarien forderten die Piloten in besonderem Maße. Ortsfremde Kräfte seien darüber hinaus nicht mit der örtlichen Hindernissituation vertraut, was die Anforderungen an sie nochmals erhöhe. Zu diesen besonderen Belastungen komme hinzu, dass Windenergieanlagen aufgrund ihrer Höhe und des Rotordurchmesser den Luftraum großräumig blockierten. Die Drehbewegung der Rotorblätter erschwere es den Piloten zusätzlich, sich auf das Hindernis einzustellen. Da im Luftraum EDR-97B Ausbildungsbetrieb stattfinde, müsse außerdem damit gerechnet werden, dass bei der Ausführung der zu trainierenden Manöver Unsicherheiten auftreten können. Der EDR-97B sei eingerichtet worden, um die trainierenden Piloten vor Gefahren zu schützen, die entstehen können, wenn ziviler Luftverkehr in Übungs- und Ausbildungszenarien eindringe. Das Zulassen großer Luftfahrthindernisse, wie sie die beantragten Windenergieanlagen darstellten, konterkariere diese Schutzwirkung. Der Ausbildungsbetrieb der Bundeswehr sei auch nicht mit Flügen von Rettungshubschraubern vergleichbar, da diesen Sonderrechte (etwa Fliegen über Ortschaften) eingeräumt seien. Die geplante Stromtrasse rage zudem nicht derart hoch in den Übungsraum wie die geplanten Windenergieanlagen. Es handele sich auch nicht um eine bloße "Abrundung" des Bestandswindparks, da die Riegelwirkung des bestehenden Windparks um 100% verlängert würde. Die Sperrwirkung durch den Bestandswindpark habe schon jetzt zu einer Mehrbelastung der noch freien Flächen durch Flugübungen geführt. Vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass die geplanten Windenergieanlagen eine konkrete Gefahr für den militärischen Luftverkehr darstellten, da der oben beschriebene Flugbetrieb im gesamten Übungsraum des EDR-97B stattfinde. Diese könne zudem nur vor dem Hintergrund der taktischen Nutzung der Hubschrauber seriös prognostiziert werden. Hinzu komme, dass bei einem Schadenseintritt mit Personen- und hohen Sachschäden eventuell sogar mit Toten zu rechnen sei. An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dürften daher keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.
Auf der Nachttiefflugstrecke werde zudem losgelöst vom EDR-97B der Tiefflug bei Nacht trainiert. Dieser erfolge mit einer Mindesthöhe von 50 m unter Nutzung von Restlichtverstärkern und Wärmebildkameras. Auch diese Strecke sei unter anderem nach Lärmschutzgesichtspunkten festgelegt. Die Windenergieanlagen könnten den Flugbetrieb auf der Strecke aus zwei Gründen gefährden: Zum einen werde bei der Ausführung von Manövern mehr Platz benötigt als ein einzelner Hubschrauber im Geradeausflug benötige (z.B. nebeneinander fliegen), zum anderen müsse nachfolgenden Hubschraubern die Möglichkeit gegeben werden, auszuweichen, wenn an dem vorausfliegenden Hubschrauber ein Schaden eintreten sollte. Hindernisse seien in einem Korridor von 3 km entlang der Strecke genehmigungsbedürftig.
Selbst wenn eine konkrete Gefährdung der Luftsicherheit nicht vorliege, sei eine Berücksichtigung der Belange der Bundeswehr im Rahmen der öffentlichen Belange des § 35 Abs. 1 BauGB geboten. Zwar erfolge keine erneute Prüfung der Gefährdungslage im luftrechtlichen Sinne, jedoch müssten die unterhalb dieser Schwelle liegenden Rechte der Bundeswehr, z.B. auf uneingeschränkte Nutzung des EDR-97B oder auf die uneingeschränkte Erweiterung bzw. Änderung der Übungs- und Ausbildungsszenarien Berücksichtigung finden. Mithin wäre hier nicht der öffentliche Belang des Luftverkehrs zu prüfen, sondern der öffentliche Belang der Landesverteidigung (Art. 87a GG). Ein weiterer Zubau von Windenergieanlagen im Übungsraum EDR-97B sei nicht akzeptabel, da der Betrieb im EDR-97B bei Errichtung der Windenergieanlagen eingeschränkt werden müsste. Die Bundeswehr sehe die Hindernisfreiheit im EDR-97B also als wesentlich für ihren Übungs- und Ausbildungsbetrieb an. Schließlich ergebe sich aus dem Verteidigungsauftrag das grundsätzliche Recht der Bundeswehr, Übungsräume im Luftraum einzurichten. Der dort stattfindende Flugbetrieb sei insoweit geschützt, finde rechtmäßig und notwendigerweise statt und unterliege somit auch dem Schutz des LuftVG.
Mit Beschluss vom 21. November 2017 hat das Gericht das BAIUDBw (Beigeladene zu 1.) und die DFS (Beigeladene zu 2.) einfach beigeladen.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dass die Versagung des Erlasses des Vorbescheides rechtmäßig erfolgt sei. Dem Vorhaben stünden sowohl bauplanungsrechtliche als auch luftverkehrsrechtliche Vorschriften als öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegen.
Dem Vorhaben stünden Belange der Verteidigung als sogenannte unbenannte öffentliche Belange nach § 35 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 6 Nr. 10 BauGB entgegen. Der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum umfasse sowohl Zeitpunkt und Umfang des Übungsbetriebes als auch die Gefahrenprognose. Eine hierauf beruhende Gefahrenprognose werde erst dann fehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unrichtigkeiten beruhe, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar sei.
Der gleiche verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum ergebe sich auch aus § 14 LuftVG.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin Schriftsatznachlass zu den Ausführungen des Beklagten mit Schriftsatz vom 20. März 2018 beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die beigezogene Akte (2 K 1264/16.KS) und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig.
Die Klage ist insbesondere als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft, denn die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen einen ablehnenden Vorbescheid sind dieselben wie die bei Erlass eines ablehnenden Bescheides über den Antrag auf Vollgenehmigung (Jarass, in: Jarass, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 9 Rn. 27; § 6 Rn. 71).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Vorbescheid des Beklagten vom 11. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung eines positiven Vorbescheides zur Errichtung der drei geplanten WEA hinsichtlich der zivilen und militärischen Luftfahrtbelange gemäß § 9 Abs. 1 BImSchG.
Dem geplanten Vorhaben steht die fehlende Zustimmung der Luftfahrbehörde gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG entgegen.
Dies ist im Rahmen der Prüfung des Vorbescheides auch zu berücksichtigen, denn gemäß § 9 Abs. 3 BImSchG gelten die §§ 6, 21 BImSchG sinngemäß. Für einen Anspruch auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides müssen daher auch die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 BImSchG vorliegen. Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn neben weiteren Voraussetzungen sichergestellt ist, dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gehören auch die Baubeschränkungen nach dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG) (vgl. zu § 12 LuftVG: OVG NRW, Urteil vom 09.04.2014 - 8 A 430/12 -, Rn. 50, juris). Ausweislich des klägerischen Genehmigungsantrages sollen durch den Vorbescheid gerade die Belange der zivilen und militärischen Luftfahrt im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit der geplanten WEA geprüft werden.
Die Versagung der luftfahrtrechtlichen Zustimmung erfolgte auch rechtmäßig. Denn dem streitgegenständlichen Vorhaben stehen militärische Luftfahrtbelange entgegen.
Nach § 14 Abs. 1 LuftVG darf die für die Erteilung einer Genehmigung zuständige Behörde die Errichtung von Bauwerken mit einer Höhe von mehr als 100 m über der Erdoberfläche - außerhalb des sog. Bauschutzbereichs i.S.v. § 12 Abs. 1 Satz 2 LuftVG - nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen. Dieser luftrechtliche Zustimmungsvorbehalt dient der Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt und des Schutzes der Allgemeinheit zur Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07.03.2005 - 8 A 12244/04 -, Rn. 3, juris; Kämper, in: Grabherr/ Reidt/ Wysk, Luftverkehrsgesetz, Stand: EL 11 November 2007, § 31, Rn. 1). Die Entscheidung über die Zustimmung der Luftfahrtbehörde wird aufgrund einer gutachtlichen Stellungnahme der für die Flugsicherungsorganisation zuständigen Stelle getroffen, § 31 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 9 LuftVG. Anders als § 12 LuftVG, der sich auf den unmittelbaren Umgebungsbereich von Flughäfen und die damit zusammenhängenden An- und Abflugsektoren konzentriert, bezieht sich § 14 LuftVG primär auf die Höhe von Bauwerken und dadurch entstehende Gefährdungen, insbesondere auch auf militärische Tiefflugstrecken (VG Aachen, Urteil vom 24.07.2013 - 6 K 248/09 -, Rn. 42 ff., 53, juris). An diese gutachtliche Stellungnahme ist die Luftfahrtbehörde allerdings nicht gebunden (VG Aachen, Urteil vom 15.07.2008 - 6 K 1367/07 -, Rn. 29, juris; Kämper, in: Grabherr/ Reidt/ Wysk, Luftverkehrsgesetz, Stand: EL 11 November 2007, § 31, Rn. 20). Bei der Entscheidung der Luftfahrtbehörde über die Zustimmung handelt es sich um ein nicht gesondert anfechtbares Verwaltungsinternum und nicht um einen Verwaltungsakt (VG Trier, Urteil vom 10.11.2004 - 5 K 1183/04.TR -, Rn. 19, juris).
Die Entscheidung über die Zustimmung unterliegt im Rahmen einer Klage gegen die letztlich nach außen wirkende Entscheidung der Behörde (hier in Gestalt des Vorbescheides) grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit. Es handelt sich um keine Planungs- oder Ermessensentscheidung, sondern um die Überprüfung der Frage, ob eine Notwendigkeit der Baubeschränkung für die Sicherung des Luftverkehrs gegeben ist, mithin um die Überprüfung eines unbestimmten Rechtsbegriffes (BVerwG, Urteil vom 07.04.2016 - 4 C 1/15 -, Rn. 22; BVerwG, Urteil vom 16.07.1965 - IV C 30.65 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07.03.2005 - 8 A 12244/04 -, Rn. 7, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 23.06.2016 - 12 KN 64/14 -, Rn. 88, juris; zu § 12 LuftVGOVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.04.2014 - 8 A 430/12 -, Rn. 76, juris; VG Aachen, Urteil vom 24.07.2013 - 6 K 248/09 -, Rn. 121, juris).
Die Rechtsprechung billigt allerdings der Bundeswehr bei der Beurteilung der Gefährdung des militärischen Flugbetriebs für die Annahme einer konkreten Gefahr einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraum zu. Dieser Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Gefahrenprognose in sich widersprüchlich, auf willkürlichen Annahmen beruhend oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (Bay. VGH, Beschluss vom 06.10.2014 - 22 ZB 14.1079 -, Rn. 18, juris; VG Hannover, Beschluss vom 11.04.2017 - 12 B 1338/17, n. v.; VG Ansbach, Urteil vom 11.01.2017 - AN 11 K 15.02394 -, Rn. 52, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.03.2017 - 12 LA 25/16 -, Rn. 18, juris; BVerwG, Beschluss vom 05.09.2006 - 4 B 58/06 -, Rn. 8, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2006 - 3 S 914/05 -, Rn. 23, juris; zuletzt: VG Kassel, Urteil vom 03.05.2017 - 2 K 1264/16.KS n. v.). Die Kammer folgt diesen Grundsätzen.
Die Ablehnung des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums durch die Klägerin überzeugt nicht. Für die militärische Luftfahrt gelten nicht dieselben Regeln wie für die zivile Luftfahrt. Zivile Luftfahrzeuge müssen sich regelmäßig an bestimmte Höhen und Routen halten, wobei die größtmögliche Sicherheit im Vordergrund steht. In diesen geordneten Verhältnissen ist die Beurteilung, ob ein Bauwerk die Sicherung des Luftverkehrs beeinträchtigt, dem Gericht - eventuell mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens - grundsätzlich möglich. Für die militärische Luftfahrt gilt dies nicht. Ihre Flugmanöver sind nicht mit den Flugbewegungen der zivilen Luftfahrt vergleichbar (VG Kassel, Urteil vom 03.05.2017 - 2 K 1264/16.KS -, n. v.). Ihre Flüge dienen nicht nur der sicheren Fortbewegung, sondern stehen unter der Prämisse bei Ausreizung des Gefährdungsspielraums militärische Manöver durchzuführen. Wie in der mündlichen Verhandlung anschaulich dargestellt, üben die Piloten daher den extremen Tiefflug unter Ausnutzung von Topografie und Bewaldung. Dies üben sie in teilweise hoher Geschwindigkeit, bei Tag und Nacht sowie schwierigen Witterungsverhältnissen. Wie objektiv gefährlich die einzelnen Manöver geflogen werden, obliegt dem jeweiligen Übungsszenario und kann durch das Gericht nicht pauschal nachvollziehend abgewogen werden. Hinzu kommt, dass sich auch die Art der Manöver durch den technischen Fortschritt und die verteidigungspolitische Bedrohungslage ständig ändert, sodass nicht immer die gleichen Übungen geflogen werden. Wie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, setzten frühere Einsatzkonzepte für Krisenherde etwa auf ein hohes Fliegen der Hubschrauber um Gewehrschüssen zu entgehen, derzeit dagegen wird wieder vermehrt der extreme Tiefflug geübt, um sich vor regulären Streitkräften mit Boden-Luft-Raketen zu schützen. Ein zukünftiger Wechsel solcher Einsatzszenarien kann von einem Gericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung ebenfalls nicht nachvollziehend überprüft werden. Schließlich steht es einer detaillierten Überprüfung entgegen, dass die konkreten militärischen Manöver und Übungen einer Geheimhaltung unterliegen müssen, um die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr nicht zu konterkarieren.
Dieser Beurteilungsspielraum wirkt sich auf die Zustimmung nach § 14 LuftVG aus. Denn sie ist zu versagen, wenn dies zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt und der Allgemeinheit erforderlich ist und nachteilige Wirkungen nicht durch Auflagen ausgeschlossen werden können (§ 14 Abs. 1 a. E. i. V. m. § 12 Abs. 4 LuftVG). Hierfür muss daher gemäß §§ 14 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs vorliegen. Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden muss oder eine vorhandene Gefahr konkret verstärkt wird. Die bloße Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses aufgrund eines hypothetischen Sachverhalts genügt hingegen nicht (BVerwG, Urteil vom 16.07.1965 - IV C 30.65 -, Rn. 11, juris; VG Aachen, Urteil vom 15.07.2008 - 6 K 1367/07 -, Rn. 35, 40, juris; VG Minden, Urteil vom 22.09.2010 - 11 K 445/09 -, Rn. 43 f., juris; zu § 12 LuftVG: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.04.2014 - 8 A 430/12 -, Rn. 86, juris). Insoweit kommt den o. g. Vorschriften der Charakter einer ordnungsrechtlichen Generalklausel zu (vgl. zu § 12 LuftVG: BVerwG, Beschluss vom 09.02.2015 - 4 B 39/14 -, Rn. 6 m. w. N., juris; auch zu § 14 LuftVG: OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.01.2017 - 1 LB 18/15 -, Rn. 57, juris; zu § 14 LuftVG als "konkrete Gefahr" bezeichnet: VG Ansbach, Urteil vom 11.01.2017 - AN 11 K 15.02394 -, Rn. 52, juris; zu § 14 LuftfG als "besondere Gefahr": OVG Lüneburg, Urteil vom 23.06.2016 - 12 KN 64/14 -, Rn. 88, juris; zu § 14 LuftfG als "besondere Gefahr": OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07.03.2005 - 8 A 12244/04 -, Rn. 6, juris). Zur Beantwortung der Frage, ob eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die Allgemeinheit vorliegt, ist daher eine Gefahrenprognose erforderlich (OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.01.2017 - 1 LB 18/15 -, Rn. 66, juris). Hierbei kommt der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum zum Tragen, der sowohl Art und Umfang der Manöver als auch die sich hieraus ergebene konkrete Gefahr umfasst.
Bei der Beurteilung ist zu beachten, dass die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts vergleichsweise niedrig sind (vgl.: VG Aachen, Urteil vom 24.07.2013 - 6 K 248/09 -, Rn. 92, juris). Denn im Rahmen der Gefahrenprognose gilt der Grundsatz, dass die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts umso geringer sind, je höher und gewichtiger das betroffene Schutzgut ist. Im vorliegenden Fall sind die Sicherheit des Luftverkehrs und die Rechtsgüter Eigentum sowie die besonders gewichtigen Rechtsgüter Gesundheit und Leben betroffen. Im Falle einer Kollision von Luftfahrzeugen - insbesondere der dort übenden Hubschrauber des Kampfhubschrauberregiments 36 - mit den Windenergieanlagen ist mit einem Absturz zu rechnen. In diesem Fall ist nicht nur mit erheblichen Sachschäden am Hubschrauber und möglicherweise am Boden befindlicher Gebäude oder Fahrzeuge (insbesondere solchen Fahrzeugen, die sich im Rahmen des Einsatzszenarios, z.B. bei einer Konvoibegleitung, unmittelbar unter den sie begleitenden Luftfahrzeugen befinden), zu rechnen, sondern auch mit erheblichen Personenschäden bis hin zur Möglichkeit von Todesfällen.
Gemessen daran ist aus Sicht des Gerichts das Vorliegen einer konkreten Gefährdung des Luftverkehrs im Sinne von §§ 14 Abs. 1, 29 Abs. 1 LuftVG bei Zulassung des Bauvorhabens vom Beklagten hinreichend konkret belegt. Die zu stellenden Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes sind erfüllt. Entgegen der Einschätzung der Klägerin erscheint die Möglichkeit des Eintrittes eines schädigenden Ereignisses nicht bloß hypothetisch und fernliegend. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. sowie die Piloten Oberstleutnant X. und Oberstleutnant Y. haben in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass durch die Errichtung der drei Windenergieanlagen konkrete Gefahren für die bei den Übungen zum Einsatz kommenden Luftfahrzeuge und damit auch für die Sicherheit des militärischen Luftverkehrs bestehen.
Eine erhöhte Kollisionsgefahr ergibt sich schon aus den dargestellten Übungsszenarien im Bereich der geplanten WEA.
Beim Übungsraum EDR-97B handelt es sich bundesweit um die einzige Flugzone, die für Übungs- und Trainingsflüge mit dem Kampfhubschrauber "Tiger" zur Verfügung steht. Es wird durch das in Fritzlar stationierte Kampfhubschrauberregiment 36 komplett ausgenutzt (VG Kassel, Urteil vom 03.05.2017 - 2 K 1264/16.KS -, n. v.). Es handelt sich gewissermaßen um einen "Truppenübungsplatz in der Luft". Bei Aktivierung des Übungsraums ist es dem zivilen Luftverkehr grundsätzlich untersagt, in den Luftraum einzudringen. Hiermit sollen Kollisionsgefahren vermieden und zudem gewährleistet werden, dass sich die Piloten ganz auf ihre Übungsszenarien konzentrieren können.
Der Beklagte hat plausibel und detailliert dargestellt, dass das Kampfhubschrauberregiment 36 den Übungsraum für unterschiedlichste Schul- und Trainingsszenarien nutzt, etwa für Folgeflüge mehrerer Luftfahrzeuge im extremen Tiefflug (3 m über Grund), Konvoibegleitungen, Flüge unter Ausnutzung der gegebenen Topographie und Bewaldung zur Eigentarnung und Überraschung (Konturenflug), Vorgehen im Verbund mit Bodentruppen sowie Absetzen und Aufnehmen von Truppen. Es ist offenkundig, dass sich die Luftfahrzeuge bei den genannten militärischen Übungsszenarien nicht ununterbrochen an vorgegebene Flugbahnen halten, sondern auch geübt wird, auf unvorhergesehene Situationen zu reagieren und dementsprechend Flugmanöver auszuführen, bei denen von der vorgesehenen Route abgewichen wird, etwa im Rahmen von nicht planbaren, spontanen Ausweichmanövern. Auch insoweit sind die komplexen militärischen Flugmanöver mit den Flugbewegungen der zivilen Luftfahrt nicht vergleichbar (VG Kassel, Urteil vom 03.05.2017 - 2 K 1264/16.KS -, n. v.).
In der mündlichen Verhandlung hat Oberstleutnant X. für die Beigeladene zu 1. anschaulich ausgeführt, wie sehr die geplanten Windenergieanlagen die zu übenden Einsatzszenarien beeinträchtigen. Die Übungsflüge sind wegen der hohen Kosten einer Flugstunde mit möglichst vielen Szenarien geplant. Die Notwendigkeit, die Anlagen zu um- oder überfliegen führt stets zu einer Unterbrechung der Übung, was zum einen den Übungserfolg negativ beeinflusst und zum anderen stets ein Kollisionsrisiko auslöst.
Das Argument der Klägerin, dass auch der Einsatz in Gebieten mit WEA geübt werden müsse, überzeugt nicht. Die Planung von Übungsflügen anhand der verteidigungspolitischen Bedrohungslage obliegt allein der Bundeswehr. Oberstleutnant X. führte ergänzend aus, dass in möglichen Einsatzgebieten Windenergieanlagen kaum vorkommen. Zudem dient ein Übungsraum auch dazu, die Piloten abschnittsweise an eine volle Belastung heranzuführen. Gerade aus diesem Grund schließt der aktivierte Übungsraum die zivile Luftfahrt aus, die bei realen Einsätzen auch zu beachten wäre.
Auch steht die Größe des Luftübungsraums EDR-97B der Gefahrenprognose nicht, wie von der Klägerin behauptet, in der Gestalt entgegen, dass die geplanten Anlagen nicht ins Gewicht fallen. So greift es zu kurz, die zahlenmäßige Größe des Luftübungsraums zu betrachten. Wie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, sind große Teile des Luftübungsraums nur eingeschränkt nutzbar. So ist bei den Manövern zu beachten, dass etwa Abstand zu größeren Ortschaften, Störfallanlagen und den Bestandwindenergieanlagen eingehalten wird. Zudem ist die Größe des Übungsraums in Relation zu den dort übenden Kampfhubschraubern zu betrachten. Diese fliegen teilweise mit hoher Geschwindigkeit und sehr richtungsdynamisch. Sie können daher große Flächen in kurzer Zeit überfliegen. Es greift daher zu kurz, sie auf einen anderen Teil des Luftübungsraums zu verweisen. Zudem hat der Oberstleutnant X. in der mündlichen Verhandlung für die Beigeladene zu 1. ausgeführt, dass gerade der hier geplante Anlagenstandort für die Übungszwecke von besonderer Bedeutung ist. Denn von dieser Anhöhe lassen sich Fahrbewegungen auf der Straße zwischen Rengshausen und Ersrode gut überwachen, was regelmäßig einen Teil von Übungsmanövern darstellt. Bei Errichtung der streitgegenständlichen Anlagen wäre die Übung an dieser hierfür besonders günstigen Stelle nicht mehr möglich.
Ferner kann aus der Bestandssituation nicht gefolgert werden, dass die Errichtung der streitgegenständlichen Anlagen unproblematisch ist und nicht ins Gewicht fällt. Der Standort der Anlagen führt zu einer Verstärkung der bereits durch die sieben errichteten Windenergieanlagen bestehenden Gefahr. Die nördliche Verlängerung dieser Reihe von Windenergieanlagen führt dazu, dass die geplanten Anlagen wie ein Riegel wirken. Gerade diese Riegelwirkung führt dazu, dass - unabhängig von der erheblich beeinträchtigten Manövertauglichkeit des EDR-97B - ein Großteil des Übungsraums nicht mehr ohne Gefahr beflogen werden kann. Denn diese Riegelwirkung erschwert ein etwaig notwendiges Ausweichen oder Aussteigen aus einer Übung ganz erheblich.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der geplanten Errichtung der Hochspannungsleitung. Wie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, stellt diese mit ihrer Höhe von 60 bis 70 m nur ein geringfügiges Hindernis dar, welches mit den rotierenden und bis zu 200 m hohen WEA nicht vergleichbar ist. Zudem führt gerade das Rotieren der WEA dazu, dass aus Sicht der Radaranlagen der dahinter liegende Bereich nicht erfasst werden kann, was die Luftraumüberwachung dieses Teils des Luftübungsraums erheblich beeinträchtigt.
Die durch die Übungsszenarien im Verhältnis zur zivilen Luftfahrt erhöhte Kollisionsgefahr potenziert sich dabei insbesondere durch die außerordentlich hohe Arbeitsbelastung der Besatzung der Kampfhubschrauber. In der mündlichen Verhandlung erläuterten dies für die Beigeladene zu 1. der Flugsicherheitsoffizier Oberstleutnant X. und Oberstleutnant Y. sehr anschaulich und detailliert. Zwar seien die Besatzungen keine Flugschüler, sondern ausgebildete Piloten, jedoch erfolgten die Trainingseinheiten im Luftübungsraum EDR-97B vor allem dazu, sogenannte Missionsqualifizierungspakete zu erwerben, welche Voraussetzung für die Auslandsverwendung der Piloten ist. Hierbei müssen sich die Piloten nicht nur auf das Steuern des Hubschraubers konzentrieren, sondern auch navigieren, das Radar überwachen, sich dabei in sehr engen Formationen halten, den Funkverkehr mit Bodeneinheiten und Lufteinheiten durchführen und dann auf die Übungsszenarien - etwa plötzlicher Feindbeschuss - reagieren. Dabei nutzen die Piloten die Leistungsstärke und Wendigkeit des Kampfhubschraubers aus. Durch schnelle Höhen- und Richtungsänderungen sowie Veränderung der Flugformation ändern sich für den Piloten fortlaufend die Positionen der Hindernisse. Die Piloten befinden sich daher bei diesen Übungsflügen physisch und psychisch an der Belastungsgrenze. Die Errichtung weiterer Windenergieanlagen erhöht vor diesem Hintergrund die Kollisionswahrscheinlichkeit insbesondere bei schlechter Sicht deutlich.
Hinzu kommt, dass die Luftfahrzeuge ihre Übungen nicht nur tagsüber, sondern auch nachts - mithin bei schwierigen Sichtverhältnissen - durchführen. Zwar wird ihnen über ihren Helm ein Nachtsichtbild und maßgebliche Flugparameter in die Augen gespiegelt, doch auch hier befinden sie sich mit der Verarbeitung dieser Vielzahl an Informationen an der Belastungsgrenze. Dabei führt insbesondere das Blinken der Befeuerung der WEA nachts zu einer erheblichen Sichtbeeinträchtigung bei den Piloten. Ähnliches gilt bei Flugübungen, die z. B. bei dichter Bewölkung oder Nebel erfolgen. Ein plötzlicher Nebeleinbruch beispielsweise kann beim Piloten zu einem Orientierungsverlust führen. Dann befindet sich der Pilot in einer Luftnotlage und muss aus der Tiefflugübung "aussteigen", d. h., seine Maschine umgehend mit unverminderter Geschwindigkeit hochziehen, bis er auf dem Radar erscheint und die bodenseitige Kontrolle übernommen werden kann. Diese ohnehin schon besonders kritische Situation, bei der die Maschine auch seitlich abdriften kann, wird noch gefährlicher während des Fliegens in der "Rotte" oder im "Schwarm", weil die Maschinen in diesem Fall beim Aussteigen zugleich in verschiedene Richtungen fliegen müssen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2006 - 3 S 914/05 -, Rn. 26, juris). In solchen Situationen kann eine in der Nähe befindliche Windenergieanlage bei realistischer Einschätzung leicht zu einer Gefahr für Leib und Leben der Beteiligten werden. Deshalb wurde bei der Auswahl des Übungsraum EDR-97B auf Hindernisfreiheit geachtet. Vergrößert wird das Risiko eines Schadenseintrittes zusätzlich dadurch, dass es sich bei Windenergieanlagen aufgrund ihres Rotors um großräumig blockierende Hindernisse handelt. Durch die Drehbewegung wird es dem Piloten erheblich erschwert, sich auf das Hindernis einzustellen.
Zusammenfassend handelt es sich um extreme Belastungssituationen, bei denen es leicht zu Fehlern kommen kann. Deshalb ist es von besonderer Wichtigkeit, dass die übenden Piloten geschützt werden und verhindert wird, dass Fehler gemacht werden können, welche zu erheblichen Schäden führen würden, etwa weil ein Pilot Windenergieanlagen übersieht bzw. ihren Standort oder ihre Größe nicht richtig in seinen Flugweg einkalkuliert. Insbesondere der extreme Tiefflug bis zu 3 m über dem Grund birgt ein beachtliches Kollisionsrisiko, gleichzeitig sind derartige Flugübungen aber aus verteidigungspolitischer Sicht notwendig, um im Ernstfall dem Luftraumkontrollradar und gegnerischem Abwehrfeuer entgehen zu können.
Dabei wird das Kollisionsrisiko durch die akustischen Abstandswarnanzeigen im Kampfhubschrauber nur geringfügig gesenkt. Wie ausgeführt, befindet sich der Pilot hinsichtlich der Arbeitsbelastung im Cockpit an der Belastungsgrenze. Vor dem Hintergrund kann es leicht dazu kommen, dass ein solches Signal überhört oder darauf falsch reagiert wird, zumal im Hubschrauber auch andere Hinweise akustisch erfolgen.
Auch der Umstand, dass der Anlagenstandort von einem Vorranggebiet für Windenergie nach dem Teilregionalplan Energie Nordhessen umfasst ist, ersetzt nicht die Notwendigkeit der luftverkehrsrechtlichen Zustimmung nach § 14 LuftVG. Insbesondere sind die Belange der Bundeswehr für die streitgegenständlichen Anlagen nicht abschließend berücksichtigt. So stellt der Teilregionalplan Energie Nordhessen ausdrücklich fest, dass sich aus dem militärischen Flugbetrieb weitere Prüfungsanforderungen ergeben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Steckbriefen zu den Vorranggebieten für Windenergie HEF 16 und HR 29. Zwar heißt es hier, dass die flugsicherheitstechnischen Belange der Bundeswehr abschließend geklärt seien, jedoch bezieht sich dies ausdrücklich auf die konkrete Standortplanung der sieben Bestandsanlagen. Eine Aussage für die hier streitgegenständlichen Anlagen ist damit nicht getroffen. Insbesondere heißt es im Steckbrief zum HR 29, dass eine frühzeitige Beteiligung der Bundeswehr empfehlenswert ist, was unterstreicht, dass die Belange der Bundeswehr nicht abschließend berücksichtigt wurden.
Auf die Fragen, ob der Anwendungsbereich des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB eröffnet ist und die Norm einer Erteilung des Vorbescheides entgegensteht, weil unbenannte öffentliche Belange auch militärische und verteidigungspolitische Notwendigkeiten sein können (dazu tendierend: VG Kassel, Urteil vom 03.05.2017 - 2 K 1264/16.KS -, n. v.), kommt es nicht an, da die Klage bereits aus den vorgenannten Gründen abzuweisen war.
Hinsichtlich der nördlich der geplanten Anlagen verlaufenden Nachttiefflugstrecke und der Problematik der MVA erklärten die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend, dass dies für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung ist.
Dem Antrag auf Schriftsatznachlass auf das Schreiben vom 20. März 2018 war nicht nachzukommen. Dieses erhielt keine neuen Tatsachen, sondern vertiefte lediglich den bisherigen Vortrag der Beklagten. Insbesondere hat die Klägerin die Gelegenheit, sich in der mündlichen Verhandlung hierzu zu äußern, umfangreich wahrgenommen.
Die Berufung war nicht gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt der Entscheidung nicht zu. Sie folgt, wie oben ausgeführt, der obergerichtlichen Rechtsprechung. Der entgegen § 124a Abs. 1 Satz 3 VwGO erfolgte Nichtzulassungsausspruch steht einem Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 nicht entgegen (Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier/, VwGO, § 124a, Rn. 12; Kopp/Schenke, VwGO, § 124a, Rn. 12).
Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. gilt § 162 Abs.3 VwGO, wonach die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen erstattungsfähig sind, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Maßgeblich ist hierbei der Grad der Beteiligung am Verfahren. Daraus lässt sich der Grundsatz ableiten, dass der Beigeladene so zu stellen ist wie die Hauptpartei, wenn er durch Stellen eines Antrages dasselbe Kostenrisiko wie der obsiegende Hauptbeteiligte auf sich genommen hat (Olbertz, in: Schoch /Schneider /Bier, VwGO, § 162, Rn. 92). Eine Zuerkennung des Kostenerstattungsanspruchs ist zudem regelmäßig anzunehmen, wenn der Beigeladene das Verfahren wesentlich gefördert hat, z. B., indem er eine Begründung vorgenommen hat (Olbertz, in: Schoch /Schneider /Bier, VwGO § 162 VwGO Rn. 93).
Die Beigeladene zu 1. hat - anders als die Beigeladene zu 2. - Schriftsätze eingereicht und in der mündlichen Verhandlung einen Klageabweisungsantrag gestellt. Weil sie sich daher nach § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, sind die Kosten der Beigeladenen zu 1. erstattungsfähig und waren der Klägerin aufzuerlegen.
Die Kammer sieht keinen Anlass, der Klägerin, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. aufzuerlegen, da sie keine Anträge gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt habt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.Streitwertbeschluss:Der Streitwert wird auf 625.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 63 Gerichtskostengesetz i. V. m. den Ziffern 19.1.4 und 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Bei einer Klage auf einen Vorbescheid ist sind demnach 50 % des sich aus Ziffer 19.1.2 ergebenden Wertes anzusetzen. Gem. Ziffer 19.1.2 sind 10 % der geschätzten Herstellungskosten maßgeblich, wenn es um die Genehmigung von Windkraftanlagen geht. Die voraussichtlichen Herstellungskosten betragen 12.500.000 EUR. 5 % hiervon sind 625.000 EUR.