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OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.08.2017 - 11 A 432/17

Ein Verstoß gegen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung begründet nicht automatisch eine Sondernutzung.

Ob es sich bei dem Abstellen eines PKW mit Werbeaufschriften um eine Sondernutzung in der Form einer mobilen Werbeanlage (Werbefahrzeug) handelt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgebliche Kriterien können in diesem Zusammenhang beispielsweise sein: Erscheinungsbild des Fahrzeuges, Ort der Aufstellung, Ausrichtung zur Straße, Entfernung zur Wohnung oder zum Betriebssitz des Halters oder die Dauer der Aufstellung.

Für die Annahme einer Sondernutzung müssen Ort und Dauer des Abstellens deutlich für einen objektiv im Vordergrund stehenden Werbezweck sprechen, wenn keine weiteren Kriterien hinzutreten.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt einen Maler- und Fliesenbetrieb. Sie ist u. a. Halterin eines zweisitzigen Personenkraftwagens der Automarke Smart mit dem amtlichen Kennzeichen N. B. 90. Das Fahrzeug trägt auf den beiden Seiten sowie auf der Rückseite einen Schriftzug mit der Internetadresse des Unternehmens der Klägerin und den Zusätzen "Malerbetrieb Umbau- Generalunternehmen Fliesenbetrieb". Auf der Rückseite des Fahrzeugs finden sich zusätzlich verschiedene Rufnummern in N1. , E. und F. . Auf der Vorderseite des Fahrzeugs finden sich die Buchstaben "B. ".

Ein Mitarbeiter der Beklagten stellte am 8. Juni 2016, am 23. Juni 2016 und am 28. Juni 2016 fest, dass dieses Fahrzeug an der Kreuzung L. Straße/T. Allee abgestellt war. Bei beiden Straßen handelt es sich um Bundesstraßen im Stadtteil T1. der Stadt N1. an der Ruhr, nämlich die B 1 (L. Straße) und die B 223 (T. Allee). Das Fahrzeug war hinter dem Ende eines Parkstreifens (mit dem linken Vorderreifen noch auf dem Parkstreifen) in Fahrtrichtung auf dem durch einen Bordstein vom Parkstreifen abgetrennten Bereich abgestellt, bei dem es sich nach dem Vortrag der Beklagten um den Gehweg handelt. Auf dem Gehweg neben dem Parkstreifen parkten nach Bildern im Verwaltungsvorgang der Beklagten noch weitere Fahrzeuge in Fahrtrichtung. Hinter dem Fahrzeug der Klägerin parkte ein weiteres Fahrzeug.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2016 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihr Werbefahrzeug zu Werbezwecken im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt worden sei und dass es sich nach der geltenden Sondernutzungssatzung um eine nicht erlaubnisfähige Sondernutzung handele. Für diese müsse die Klägerin Sondernutzungsgebühren in Höhe von 25,00 EUR pro Tag entrichten.

Mit Bescheid vom 15. Juli 2016 setzte die Beklagte aufgrund von § 9 Abs. 1 ihrer Sondernutzungssatzung Sondernutzungsgebühren in Höhe von 513,00 EUR (20 Tage x 25,00 EUR je Tag zzgl. 13,00 EUR Verwaltungsgebühren) für die Zeit vom 8. Juni 2016 bis zum 28. Juni 2016 fest. Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeug der Klägerin "vor dem Grundstück Kreuzung L. Straße/T. Allee" auf öffentlicher Fläche abgestellt und in der Zeit vom 8. Juni 2016 bis zum 28. Juni 2016 nicht bewegt worden sei.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten nahm die Klägerin am 1. August 2016 Stellung und bat die Beklagte darum, den Gebührenbescheid aufzuheben. Sie machte geltend, dass bereits keine Sondernutzung vorliege und dass es sich bei dem Fahrzeug um ein betriebliches Fahrzeug handele, welches der angestellte Meister für Fahrten zu den Baustellen nutze. Zum damaligen Zeitpunkt habe eine Baustelle an der L. Straße 20 bestanden. Das Fahrzeug sei dort wegen einer länger andauernden Erkrankung des Meisters geparkt worden. Das Fahrzeug werde zudem immer im öffentlichen Verkehr geparkt, weil die Klägerin über keinen Betriebshof verfüge.

Gegen den Gebührenbescheid vom 15. Juli 2016 hat die Klägerin am 15. August 2016 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen ausgeführt, dass bereits keine Sondernutzung vorliege. Das Fahrzeug sei nicht zu Werbezwecken, sondern allein zur späteren Wiederinbetriebnahme abgestellt worden. Das Fahrzeug sei für den Straßenverkehr zugelassen und befinde sich im täglichen Einsatz, soweit der Meister nicht erkrankt sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Gebührenbescheid vom 15. Juli 2016 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat insbesondere ausgeführt: Die Klägerin habe ihr Fahrzeug auf einer öffentlichen Verkehrsfläche an einer Hauptverkehrsstraße in ihrem Stadtgebiet zum überwiegenden Werbezweck abgestellt. Die Wahl des Abstellortes, die konkrete Dauer der Aufstellung sowie die Entfernung zum Betriebssitz sprächen für einen überwiegenden Werbezweck. In unmittelbarer Nähe zum Abstellort befänden sich McDonalds, eine Tankstelle, ein Caravan- sowie mehrere Autohändler. In einiger Entfernung befinde sich eine Vielzahl großflächiger Einzelhandelsgeschäfte. Ferner befinde sich in unmittelbarer Nähe die Einkaufsstraße des Stadtteils T1. . Zudem sei die T. Allee die Verbindungsstraße zwischen der Stadtmitte der Beklagten und den Stadtteilen T1. und N2. . Die L. Straße führe nach S. und zur Autobahn sowie in Richtung Flughafen und F. L1. . Der Firmensitz der Klägerin an der G.-------straße sei 4 km vom Abstellort entfernt. Die Ventilstände des Fahrzeugs seien überprüft worden und hätten ergeben, dass es in der Zeit vom 8. Juni 2016 bis zum 28. Juni 2016 nicht bewegt worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass eine Sondernutzung vorliege. Der Rahmen des Gemeingebrauchs sei bereits deshalb verlassen worden, weil das Fahrzeug nicht auf einem Parkstreifen oder auf der Fahrbahn abgestellt worden sei, sondern auf dem baulich abgegrenzten, nicht dem Fahrzeugverkehr dienenden Teil der Straße. Dies ergebe sich aus den im Verwaltungsvorgang befindlichen Bildern. Danach sei lediglich eins der Räder auf dem beginnenden von der Fahrbahn abgetrennten Parkstreifen abgestellt. Der ganz überwiegende Teil des Fahrzeuges befinde sich wie auch ein weiteres auffälliges Fahrzeug (mehrere Jahrzehnte alter LKW) zwischen den mit Platten befestigten Gehweg und den Fahrbahnen des Kreuzungsbereiches. Allein aus dem straßenverkehrsrechtlich unzulässigen Abstellen lasse sich zwar keine Sondernutzung begründen. Das Fahrzeug habe aber einen Teil des öffentlichen Verkehrsraumes in Anspruch genommen, der zum Befahren und Abstellen von Fahrzeugen nicht zur Verfügung gestanden habe. Ob es sich insoweit um den Gehweg oder um eine Trennfläche zwischen Gehweg und Fahrbahn handele, könne offen bleiben. Das Fahrzeug habe jedenfalls nicht mehr im Bereich der Straße gestanden. Zudem sei der Standort in besonderer Weise geeignet gewesen, die Aufmerksamkeit anderer Verkehrsteilnehmer auf sich zu ziehen.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, dass die Unzulässigkeit des Abstellens zuvor nie behauptet worden sei. Selbst die Beklagte habe dies nicht angenommen. Aus der Tatsache, dass ein Fahrzeug zwischen Gehweg und einem Parkstreifen stehe, könne nicht geschlossen werden, dass das Fahrzeug dort unzulässiger Weise parke. Das Parken scheine an dieser Stelle vielmehr üblich und geduldet zu sein. Warum die Dauer des Abstellvorgangs für eine Sondernutzung spreche, ergebe sich aus dem angefochtenen Urteil zudem nicht. Es könne nicht auf einen Werbezweck geschlossen werden, weil auch andere Verkehrsteilnehmer die Stelle nutzten, um der knappen Parkplatzsituation Rechnung zu tragen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht ergänzend geltend, dass es höchst fraglich sei, warum das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß auf dem Parkstreifen abgestellt worden sei, sondern auf dem baulich abgegrenzten, nicht dem Fahrzeugverkehr dienenden Teil der Straße. Es sei davon auszugehen, dass der Abstellort bewusst gewählt worden sei, um die Aufmerksamkeit anderer Verkehrsteilnehmer auf sich zu ziehen. Das Fahrzeug der Klägerin sei nicht auf dem Parkstreifen, sondern auf dem Gehweg abgestellt gewesen. Auf diesem sei das Parken gerade nicht erlaubt. Der Standort auf dem Gehweg sei für Werbefahrzeuge sehr beliebt, weil dieser direkt neben einer Litfaßsäule liege und vom fließenden Verkehr aller Straßen und vom McDonalds Parkplatz bestens zu sehen sei. Dies gelte vor allem für die Rotphasen der Ampeln. Bei den umliegenden Straßen handele es sich jeweils um vierspurige Hauptverkehrsstraßen. Auch wenn man unterstelle, dass ein Mitarbeiter der Klägerin das Fahrzeug tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen in der Nähe einer Baustelle abgestellt habe, lasse sich damit nicht die Dauer des Abstellens erklären.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den zum Gegenstand der Beratung des Senates gemachten Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs.

Gründe

Die Berufung hat Erfolg. Der angefochtene Gebührenbescheid der Beklagten vom 15. Juli 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte hat als Rechtsgrundlage der streitigen Gebührenerhebung § 9 Abs. 1 der Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen in der Stadt N1. an der Ruhr (Sondernutzungssatzung) in der Fassung vom 23. Mai 2016 i. V. m. Ziffer II. Nr. 15 der Anlage der Sondernutzungssatzung herangezogen. Nach dieser Regelung i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 5 FStrG kann die Beklagte in Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen in ihrem Gebiet für mobile Werbeanlagen (Werbefahrzeuge, Werbeanhänger) Sondernutzungsgebühren in Höhe von 25,00 EUR pro Stück/Tag erheben.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es liegt keine Sondernutzung an einer Bundesstraße im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG vor. Danach ist die Benutzung der Bundesfernstraßen über den Gemeingebrauch hinaus Sondernutzung. Nach der Legaldefinition des Gemeingebrauchs in § 7 Abs. 1 Satz 1 FStrG ist der Gebrauch der Bundesfernstraßen jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften zum Verkehr gestattet, wobei nach Absatz 1 Satz 3 dieser Vorschrift kein Gemeingebrauch vorliegt, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt.

Das "Parken" des Fahrzeugs der Klägerin war keine Sondernutzung durch die Nutzung der Straße als eine "mobile Werbeanlage" im Sinne des von der Beklagten herangezogenen Gebührentatbestandes.

Bei Fahrzeugen, die allein oder überwiegend zu einem anderen Zweck als dem der späteren Wiederinbetriebnahme "geparkt" werden, kann eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung der Straße vorliegen. Denn damit wird das Fahrzeug zu einer auf die Straße aufgebrachten verkehrsfremden "Sache", nicht anders als jeder beliebige sonstige körperliche Gegenstand. Derartige Vorgänge fallen bereits aus der Widmung zum Verkehr und damit aus dem einschlägigen Gemeingebrauch heraus, da sie nicht "zum Verkehr" geschehen. Dies ist etwa der Fall, wenn die Straße trotz einer scheinbar äußerlichen Teilnahme am Straßenverkehr zum alleinigen oder überwiegenden Zweck der Werbung benutzt wird. Der Verkehrsraum wird dann zu verkehrsfremden Zwecken in Anspruch genommen, das Fahrzeug seiner Eigenschaft als Transportmittel entkleidet und als (motorisierte) Reklamefläche verwendet. Es ist daher in der Rechtsprechung im Grundsatz anerkannt, dass der Einsatz von Werbefahrzeugen den Gemeingebrauch überschreiten und eine straßenrechtliche Sondernutzung darstellen kann.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Juni 2009 - 11 A 2393/06 -, juris, Rn. 24, und vom 13. Mai 2009 - 11 A 4656/06 -, juris, Rn. 11, jeweils m. w. N.

Die Frage, ob das Abstellen eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Verkehrsraum noch als Parken und damit als zulässige Ausübung des Gemeingebrauchs zu werten ist oder ob das Abstellen eines solchen Fahrzeuges wie eine Werbeanlage wirkt und damit eine Sondernutzung darstellt, lässt sich nur auf Grund der Umstände des konkreten Einzelfalles beurteilen.

Hiervon ausgehend sind durch das Abstellen des Fahrzeugs der Klägerin auf einem Gehweg hinter einem Parkstreifen Straßen der Beklagten nicht über den Gemeingebrauch hinaus zu Werbezwecken genutzt worden.

Objektive Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob ein Fahrzeug als Werbeträger auf einer öffentlichen Straße abgestellt ist, können unter anderem sein: die technischkonstruktive Bauart des Fahrzeugs (etwa ein zum Transport ungeeigneter Anhänger), die Gestaltung der Werbebeschriftung, die Wahl des Abstellungsortes (etwa an einer stark befahrenen Straße oder auf der Brücke über eine Autobahn), die Ausrichtung zur Straße (längs oder quer zur Fahrbahn), die Entfernung zur Wohnung oder zum Betriebssitz, die konkrete Dauer der Aufstellung und Ähnliches mehr.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Juli 2005 - 11 A 4433/02 -, NWVBl. 2006, 58 (59) = juris, Rn. 45.

Den Tatbestand der Sondernutzung hat der Senat dabei jeweils bezogen auf den konkreten Einzelfall hergeleitet und zwar entweder

- aus dem konkreten Ort und der Art der Aufstellung eines Werbefahrzeugs,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Juli 2005 - 11 A 4433/02 -, NWVBl. 2006, 58 (59) = juris, Rn. 47; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2006 - 3 B 145.05 -, juris,

- bzw. dem Erscheinungsbild der Werbefahrzeuge (Personenkraftwagen mit auffälligen Dachaufbauten),

vgl. OVG, Beschluss vom 30. Juni 2009 - 11 A 2393/06 -, juris, Rn. 29,

- und/oder dem jeweiligen Erscheinungsbild von Werbeanhängern und deren Standorten in einem bestimmten Umkreis,

vgl. OVG, Beschluss vom 30. Juni 2009 - 11 A 2393/06 -, juris, Rn. 28 und 31,

- oder dem objektiven Erscheinungsbild und dem Aufstellungsort eines LKW,

vgl. OVG, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 11 A 4656/06 -, juris, Rn. 14 und 15.

Gemessen an diesen Maßgaben steht es nach einer Gesamtschau der Umstände des vorliegenden Einzelfalles zur Überzeugung des Senates fest, dass das Abstellen des Fahrzeuges der Klägerin keine Sondernutzung war. Es handelt sich um ein zugelassenes und jederzeit fahrtaugliches Fahrzeug ohne besondere Konstruktionen oder die Fahrersicht behindernde Werbeaufdrucke. Wie bei anderen Firmenwagen auch geschah die Werbung nur aus Anlass der Fahrzeugnutzung. Insbesondere liegen keine Besonderheiten des äußeren Erscheinungsbildes eines zugelassenen Kraftfahrzeuges - mit Ausnahme der (Werbe-)Schriftzüge - vor. Es handelt sich um einen im Straßenbild üblichen PKW von besonders kleinem Ausmaß, mithin um ein kleines, niedriges und daher (trotz der Schriftzüge) wenig auffälliges Fahrzeug.

Auch eine besondere Ausrichtung zur L. Straße war bei dem Fahrzeug der Klägerin während des Zeitraums, als es dort abgestellt war, nicht erkennbar. Soweit die Beklagte darauf Bezug nimmt, dass das Fahrzeug nicht im straßenverkehrsrechtlichen Sinne abgestellt worden sei, weil es auf dem Gehweg geparkt worden sei, liegt darin objektiv noch keine besonders auffällige Ausrichtung zur Straße. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass straßenverkehrsordnungswidriges Handeln nicht automatisch eine Sondernutzung begründet.

Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 6. Februar 2017 - 5 Bf 163/16.Z -, juris, Rn. 22.

Im Gegensatz zu einem Verstoß gegen die allgemeinen straßenrechtlichen Schranken, der regelmäßig zur Annahme einer Sondernutzung führt, stellt ein Übertreten der Verkehrsregeln (nur) eine straßenverkehrsrechtlich unzulässige Art der Gemeingebrauchsausübung dar.

Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 6. Februar 2017 - 5 Bf 163/16.Z -, juris, Rn. 19, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299 = juris.

Zudem stehen ausweislich der in der Beiakte befindlichen Lichtbilder noch weitere Fahrzeuge entweder neben dem Parkstreifen oder hinter dem Fahrzeug der Klägerin auf dem nicht zum Parken vorgesehenen Bereich. Daher ist das Parken hinter einem Parkstreifen in Fahrtrichtung - wie hier - für sich genommen nicht auffällig, auch wenn auf dem Fahrzeug Werbeaufdrucke vorhanden sind.

Vor diesem Hintergrund könnten hier allein der Abstellort, insbesondere die Entfernung zur Wohnung bzw. zum Betriebssitz sowie die Dauer des Abstellens für eine Sondernutzung sprechen. Dabei ist zu beachten, dass in den Fällen, in denen für die Annahme einer Sondernutzung allein der Ort und die Dauer des Abstellens sprechen könnten, im Wege der Gesamtschau entweder noch weitere Kriterien hinzutreten müssen oder jedenfalls Ort und Dauer des Abstellens deutlich für einen objektiv im Vordergrund stehenden Werbezweck sprechen müssen, wie es etwa bei einem besonders auffälligen Parken in besonders exponierter Lage oder einer erheblichen Dauer der Fall wäre. Anderenfalls entstünden in der Praxis erhebliche Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Frage, ob der Werbezweck oder die Teilnahme am Straßenverkehr bei einem geparkten Fahrzeug mit Werbeaufschriften im Vordergrund steht. Diese Maßgaben sind zudem erforderlich, um eine unverhältnismäßige Einschränkung für die Nutzung von Werbeaufdrucken auf - ansonsten unauffälligen und zugelassenen - Fahrzeugen zu vermeiden. Denn zugelassene und fahrtaugliche Fahrzeuge werden in der Regel - trotz etwaiger Werbeaufdrucke - mit dem überwiegenden Zweck der Verkehrsteilnahme abgestellt. Nicht jedes Parken dieser Fahrzeuge führt daher zu einem Überwiegen des mit den Werbeaufdrucken einhergehenden Werbezwecks.

Hier reicht allein der Umstand, dass das Fahrzeug der Klägerin an einem gut sichtbaren und für Werbezwecke geeigneten Ort abgestellt wurde, für die Annahme einer Sondernutzung noch nicht aus. Anderenfalls dürften Fahrzeuge mit Werbeaufdrucken, die stets auch einen gewissen Werbezweck verfolgen, nicht ohne weiteres an gut einsehbaren Orten abgestellt werden, auch wenn sie überwiegend zur (weiteren) Teilnahme am Straßenverkehr geparkt werden. Denn auch in den Fällen des überwiegenden Zwecks der Verkehrsteilnahme ist ein Parken an Hauptverkehrsstraßen, etwa aus Gründen von Parkplatznot oder der Durchführung von Aufträgen an einer Hauptverkehrsstraße, unvermeidbar oder bei privater Nutzung eines Fahrzeugs mit Werbeaufdrucken als reines Fortbewegungsmittel den konkreten Zielorten geschuldet.

Auch ein Parken an einem vom Betriebssitz oder von der Wohnung entfernten Ort kann allein in diesen Fällen für die Annahme einer Sondernutzung nicht ausreichen, selbst wenn das Fahrzeug an einer Hauptverkehrsstraße abgestellt wird. Anderenfalls würden bei Fahrzeugen mit einfachen Firmenaufdrucken erhebliche Abgrenzungsprobleme zwischen Sondernutzung und Gemeingebrauch entstehen. Allein aus der Entfernung Rückschlüsse auf den fehlenden Zweck der späteren Wiederinbetriebnahme zu ziehen, ist ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht möglich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Werbezwecke gerade bei betriebsnaher Werbung viel deutlicher im Vordergrund stehen können als bei größerer Entfernung des "Werbefahrzeugs" zur Betriebsstätte. Zudem könnten Fahrzeuge mit bloßem Werbeaufdruck, die zugelassen und jederzeit fahrtauglich sind, nicht für eine längere Zeit an einer Hauptverkehrsstraße abgestellt werden, ohne das Risiko von Sondernutzungsgebühren in Kauf zu nehmen, wenn diese Fahrzeuge nicht in unmittelbarer Betriebs- oder Wohnsitznähe abgestellt werden. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es bei der Beurteilung des Einzelfalles nicht vorrangig auf die innere Motivation des (möglichen) Sondernutzers ankommt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2009 - 11 A 2393/06 -, juris, Rn. 26.

Daher sind allein die objektiven Kriterien zur Bestimmung des überwiegenden Parkzwecks heranzuziehen. Denn objektiv lässt sich aus dem Abstellort nicht schließen, dass keine Inbetriebnahme gewollt ist, auch wenn eine größere Entfernung zum Betriebssitz besteht. Diese Entfernung ist objektiv nicht ohne weiteres erkennbar. Etwas anderes müsste im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung gelten, wenn das bedruckte Fahrzeug ersichtlich nicht zur Wiederinbetriebnahme abgestellt wurde, wie es etwa bei mehreren an den Hauptverkehrsstraßen und jeweils vom Betriebssitz entfernt abgestellten Fahrzeugen der Fall sein kann.

Vor diesem Hintergrund spricht hier allein der Abstellort auch unter Berücksichtigung der Lage an einer Hauptverkehrsstraße in unmittelbarer Nähe zu einer Ampelkreuzung, McDonalds, einer Tankstelle und mehreren Autohändlern, die Entfernung zum Betrieb, und dass hinter dem Parkstreifen auf dem Gehweg geparkt wurde, im Hinblick auf eine objektive Bewertung nicht hinreichend deutlich für einen vorrangigen Werbezweck.

Dies gilt auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der Parkdauer. Zwar könnte auch in diesem Einzelfall eines zugelassenen und jederzeit fahrtauglichen Fahrzeugs die Abstelldauer ausschlaggebend für die Annahme einer Sondernutzung sein. Dies ist bei der hier vorliegenden Parkdauer von drei Wochen jedoch noch nicht der Fall. Denn in der Gesamtschau von Parkdauer und konkretem Abstellort ist gerade vor dem Hintergrund des vergleichsweise unauffälligen Erscheinungsbildes und der fehlenden besonderen Ausrichtung zur Straße noch kein objektiv im Vordergrund stehender Werbezweck anzunehmen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil eine Parkdauer von drei Wochen unabhängig von Werbezielen grundsätzlich noch anderen Umständen (Urlaub, Krankheit, Parkplatznot aufgrund baulicher Maßnahmen o. Ä.) geschuldet sein kann. Dagegen könnte in diesen Fällen ein hinreichend deutlicher Hinweis auf den überwiegenden Werbezweck des Abstellens gegebenenfalls bei einer Parkdauer von mehreren Monaten angenommen werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber eine allgemeine Begrenzung der Abstelldauer für PKW - im Gegensatz zur Parkdauer von zwei Wochen für Kraftfahrzeuganhänger ohne Zugfahrzeug gemäß § 12 Abs. 3b Satz 1 StVO - gerade nicht vorgesehen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Lukas Jozefaciuk