VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 10.08.2017 - 7 L 2124/17
Güterkraftverkehr
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 15.000,- € festgesetzt.
Gründe
Der sinngemäß gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 8008/17 gegen die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 13. Juni 2017 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig, aber nicht begründet. Die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung ist im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Demgegenüber muss das private Interesse des Antragstellers an einer weiteren Ausübung des Güterkraftverkehrs zurückstehen. An der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der güterkraftverkehrsrechtlichen Gemeinschaftslizenz durch Bescheid vom 13. Juni 2017 ist nach der im vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig.
Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf der dem Antragsteller am 16. Juni 2015 erteilten Gemeinschaftslizenz ist § 3 Abs. 5 Satz 2 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG). Danach ist eine Erlaubnis zum gewerblichen Güterverkehr zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr und den Kabotageverkehr vom 28. Dezember 2011 (GüKGrKabotageV) ist § 3 Abs. 5 GüKG auf Gemeinschaftslizenzen i.S.d. Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 entsprechend anwendbar. Nach § 3 Abs. 2 GüKG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 muss der Kraftverkehrsunternehmer u.a. zuverlässig sein. Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit legen nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 die Mitgliedstaaten fest. Insoweit regelt § 2 Abs. 1 der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr vom 21. Dezember 2011 (GBZugV), dass ein Unternehmer nur zuverlässig ist, wenn 1. keine Tatsachen vorliegen, dass bei Führung des Unternehmens gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen wird, oder 2. bei dem Betrieb die Allgemeinheit geschädigt oder gefährdet wird.
Diese Voraussetzungen sind beim Antragsteller nicht mehr gegeben. Er ist aufgrund der Verletzung seiner Zahlungs- und Erklärungspflichten gegenüber öffentlichrechtlichen Gläubigern als unzuverlässig anzusehen. Hierdurch hat er sowohl gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen als auch die Allgemeinheit geschädigt.
Im Zeitpunkt des Widerrufs bestanden bei der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen Beitragsrückstände in Höhe von 6.822,56 €. Durch diese Verletzung der Zahlungspflichten werden zum einen Versicherungsansprüche der Arbeitnehmer beeinträchtigt, zum anderen das Vermögen des Versicherungsträgers geschädigt und die übrigen Versicherten höher belastet. Das Finanzamt Recklinghausen teilte darüber hinaus unter dem 5. Juli 2017 Steuerschulden von nahezu 50.000,- € mit. Sämtliche Steuern waren bereits vor Erlass der Ordnungsverfügung fällig. Zudem führte das Finanzamt aus, die Vollstreckung sei im Wesentlichen erfolglos verlaufen. Zahlungen leistete der Antragsteller zudem häufig nur verspätet. Auch ist er seinen Erklärungspflichten nicht vollständig nachgekommen. Die Umsatzsteuern mussten seit Januar 2017 im Schätzungswege ermittelt werden, weil der Antragsteller keine Voranmeldungen eingereicht hatte. Überdies zeigt der Umstand, dass das Amtsgericht S. (39 M 1726-17) am 23. Mai 2017 Haft zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft angeordnet hat, dass der Antragsteller nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Unternehmen ordnungsgemäß führt.
Ein Sanierungskonzept hat der Antragsteller nicht dargelegt. Vielmehr hat er lediglich angegeben, bereits zwei Raten auf die Schulden bei der Berufsgenossenschaft gezahlt zu haben. Wie der Antragsteller die erheblichen Rückstände beim Finanzamt tilgen will, ist nicht ersichtlich.
Ob der Antragsteller aufgrund dieser Umstände auch als nicht mehr leistungsfähig i.S.d. Art. 3 Abs. 1 c) der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 anzusehen ist bzw. weitere Tatsachen wie etwa ein fehlender Betriebssitz für seine Unzuverlässigkeit sprechen, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.
Die Verpflichtung zur Ablieferung der Gemeinschaftslizenz sowie der beglaubigten Kopien beruht auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GüKGrKabotageV i. V. m. § 3 Abs. 3 GüKG.
Die Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nichtbefolgung in Höhe von 2.500,- EUR ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der 47.1 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.