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Hamburgisches OVG, Urteil vom 18.09.2019 - 1 E 18/18

1. Wird geltend gemacht, der von einem Flughafen ausgehende Flugbetrieb überschreite teilweise den genehmigten Rahmen und sei deshalb teilweise formell illegal, kann sich ein gegen den ungenehmigten Flugbetrieb gerichteter Abwehranspruch aus § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG ergeben. Eine Klagebefugnis haben dabei solche von den Lärmimmissionen des Flughafens Betroffenen, die Fluglärmbeeinträchtigungen ausgesetzt sind, die die Geringfügigkeitsschwelle überschreiten, und deren Lärmschutzbelange deshalb in einem Genehmigungsverfahren abwägungserheblich wären.

2. Den sog. Bahnbenutzungsregelungen für den Flughafen Hamburg kann ein quantitativ bestimmbares Regel-/Ausnahme-Verhältnis in Bezug auf die Benutzung der Start- und Landebahnen nicht entnommen werden.

Tenor

Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen jeweils zur Hälfte.

Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der auf Grund des Urteils gegen sie jeweils vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe der jeweils zu vollstreckenden Kosten leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Einhaltung und die Auslegung der sog. Bahnbenutzungsregelungen am Flughafen Hamburg.

Nach einer von der Beklagten zu 1) am 21. August 1967 neugefassten Genehmigung gemäß § 6 LuftVG ist der von der Beigeladenen betriebene Flughafen Hamburg zugelassen für Luftfahrzeuge aller Art und dient dem allgemeinen zivilen Luftverkehr (Verkehrsflughafen). Unter Ziffer 5. der Genehmigung wird die Geltung der „im Luftfahrthandbuch für die Bundesrepublik Deutschland – Teil AGA - 2 - 6 -1, Ziffer 26 – aufgeführten örtlichen Flugbeschränkungen“ angeordnet.

Das Startbahnsystem des Flughafens besteht aus zwei gekreuzten Start- und Landebahnen. Die eine Start- und Landebahn (Runway – RWY – 15/33) verläuft in südöstlicher (Bahn 15 aus Richtung Norderstedt) bzw. in nordwestlicher Richtung (Bahn 33 aus Richtung Alsterdorf). Die andere – ursprünglich alleinige – Start- und Landebahn (Runway – RWY – 05/23) verläuft in südwestlicher (Bahn 23 aus Richtung Langenhorn) bzw. nordöstlicher Richtung (Bahn 05 aus Richtung Niendorf).

Im Luftfahrthandbuch Deutschland sind im Abschnitt „EDDH AD 2.20 Local aerodrome regulations“ unter Ziffer 2 die Bahnbenutzungsregelungen für den Flughafen Hamburg in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Diese lauten in der aktuellen Ausgabe des Luftfahrthandbuchs (Stand: 28. März 2019) wie folgt:

„2.1 Für Starts ist RWY 33 zu benutzen. Abweichungen hiervon sind nur zulässig, wenn die Verkehrslage oder Gründe der Luftverkehrssicherheit, insbesondere Witterungs- und Bahnverhältnisse, dazu zwingen.

2.2 Starts auf RWY 15 und Landungen auf RWY 33 sind nur zulässig, wenn Gründe der Luftverkehrssicherheit, insbesondere Witterungs- und Bahnverhältnisse, dazu zwingen.

2.3 Von 2100 bis 0600 (2000 bis 0500) ist für Landungen RWY 15 zu benutzen. Abweichungen hiervon sind nur zulässig, wenn die für das IFR-Anflugverfahren zur RWY 15 festgelegten Wetterminima nicht erfüllt sind, ferner unter den Voraussetzungen von 2.2 und bei Vorliegen außergewöhnlicher Verkehrslagen.

2.4 Weitere Ausnahmen von den Regelungen unter 2.2 bis 2.3 kann der Flugplatzkontrolldienst im Einvernehmen mit der örtlich zuständigen Luftfahrtbehörde zulassen.“

Der Kläger zu 1) wohnt in Blankenese in der Nähe der An- und Abfluglinie für die Start- bzw. Landebahnen 05/23. Der Kläger zu 2) wohnt in Niendorf in der Nähe der Start- bzw. Landebahnen 05/23 am sog. Startbahnkopf 05.

Unter dem 9. Februar 2018 wandten sich die Kläger mit zwei gleichlautenden Schreiben an die Beklagte zu 1) und an die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH (im Folgenden: DFS), stellten verschiedene Anträge auf Erteilung bestimmter Informationen und Auskünfte und beantragten im Übrigen, „Verstöße gegen die Betriebsgenehmigung für den Verkehrsflughafen Hamburg, hier die sog. Bahnbenutzungsregeln (Ziffer 2.1-2.4), zu unterbinden, insbesondere durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass das in den Bahnbenutzungsregelungen als Bestandteil der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG für den Flughafen Hamburg enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis beachtet wird, insbesondere deutlich mehr Flugbewegungen zu einem deutlich höheren Anteil der Betriebszeit des Flughafens nach den Regeln als nach den Ausnahmen durchgeführt wird“. Zur Begründung verwiesen die Kläger auf die Bahnbenutzungsregelungen für den Flughafen Hamburg, die Gegenstand der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG seien. Danach seien für Starts und für Landungen zur Nachtzeit grundsätzlich die Bahn 15/33 in Richtung bzw. aus Richtung Nordwesten zu benutzen. Hiergegen werde in ständiger Praxis verstoßen, indem das in den Bahnbenutzungsregelungen angelegte Regel-/Ausnahme-Verhältnis regelmäßig umgekehrt werde. Zum Beleg legten die Kläger verschiedene Tabellen und Aufzeichnungen vor, aus denen sich insbesondere ergebe, dass – anders als dies in den Bahnbenutzungsregelungen vorgegeben sei – Starts und Landungen in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 7.00 Uhr gerade nicht regelhaft in Richtung bzw. aus Richtung Nordwesten abgewickelt würden. Der geltend gemachte Anspruch werde auf § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gestützt. Eine Gefahr im Sinne dieser Vorschrift liege vor, wenn der Betrieb des Flughafens gegen die erteilte Genehmigung verstoße. Da die Bahnbenutzungsregelungen dem Schutz der Anwohner dienten, könnten diese eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einschreiten verlangen, wenn diese nicht eingehalten würden. Auch wenn die Bahnbenutzungsregelungen verschiedene Ausnahmen vorsähen, dürften sie in ihrem Kern nicht angetastet werden.

Die DFS erließ unter dem 9. März 2018 einen Bescheid, in dem sie insbesondere darauf verwies, dass sie die Entscheidung über die zu benutzenden Start- bzw. Landebahnen stets im Einzelfall aus Gründen der Flugsicherheit treffe. In diesem Zusammenhang berücksichtige sie unterschiedliche Aspekte, etwa die aktuelle Wetterlage und die Verkehrslage. Hiergegen erhoben die Kläger unter dem 19. März 2018 Widerspruch.

Mit Schreiben vom 13. April 2018 teilte die DFS den Klägern mit, dass sie dem Widerspruch nicht abhelfe: Zwar sei die DFS als Flugsicherungsorganisation für die Abwehr betriebsbedingter Gefahren i.S.v. § 29 LuftVG zuständig. Das begehrte Einschreiten sei ihr aber nicht möglich, da sie selbst im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags gemäß § 27c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG zur Aufrechterhaltung der Sicherheit des Flugverkehrs von den Bahnbenutzungsregelungen abweiche. Etwaige Verstöße seien von den Luftfahrtbehörden der Länder zu verfolgen. Dessen ungeachtet lägen die behaupteten Verstöße aber auch nicht vor. Die Bahnbenutzungsregelungen ließen Abweichungen von der Regel, dass für Starts und Landungen (zur Nachtzeit) grundsätzlich die Bahn 15/33 zu benutzen sei, aus unterschiedlichen Gründen zu. Sie – die DFS – halte sich in dem vorgegebenen Rahmen. Die Kläger hielten ihren Widerspruch aufrecht und baten unter dem 18. April 2018 um Vorlage ihres Widerspruchs an die Widerspruchsbehörde.

Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung wies den Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2018, zugestellt am 6. Juni 2018, zurück: Die DFS sei für das begehrte Einschreiten nicht zuständig, da sie als Luftaufsichtsbehörde nur für die Erbringung der Flugverkehrsdienste nach § 27c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG, nicht aber für die Überwachung der Einhaltung der Betriebsgenehmigung zuständig sei. Da die DFS selbst die Betriebsrichtung der startenden und landenden Flugzeuge festlege, müsste sie die von den Klägern begehrte Verfügung gegen sich selbst richten. Dies sei rechtlich nicht möglich. Vor diesem Hintergrund werde der gestellte Antrag dahin ausgelegt, dass von der DFS begehrt werde, die Flugverkehrskontrollfreigaben gegenüber den Piloten der startenden und landenden Flugzeuge zukünftig im Sinne der Kläger zu erteilen. Rechtsgrundlage hierfür sei § 31 Abs. 3 LuftVO i.V.m. SERA.8015 der Verordnung(EU) 923/2012. Es könne dahinstehen, ob die Bahnbenutzungsregelungen, die dem (Lärm-) Schutz der Anwohner dienten, für die DFS verbindlich seien. Jedenfalls verstoße die Praxis der DFS hiergegen nicht, denn die Bahnbenutzungsregelungen sähen ein quantitatives Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Benutzung der Start- und Landebahnen nicht vor. In 2.1, 2.3 und 2.4 der Bahnbenutzungsregelungen seien zahlreiche Gründe – etwa die Verkehrssicherheit oder die Verkehrslage – aufgeführt, die es rechtfertigten, von der Vorgabe abzuweichen, für Starts und Landungen zur Nachtzeit die Bahn 15/33 in Richtung bzw. aus Richtung Nordwesten zu benutzen. Der Vorrang der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs i.S.v. § 27c Abs. 1 LuftVG könne nicht quantitativ begrenzt werden. Ebenso wenig dürfe die Einhaltung der Bahnbenutzungsregelungen zu einer Beschränkung des Flughafenbetriebs führen.

Unter dem 5. Juli 2018 beantragten die Kläger bei der Beklagten zu 1) zusätzlich, sämtliche Planfeststellungsbeschlüsse und Genehmigungen betreffend den Flughafen Hamburg „aufzuheben bzw. zu ändern“, „denen die Annahme einer verbindlichen Festlegung sogen. Bahnbenutzungsregelungen als Bestandteil des Lärmschutzkonzepts am Flughafen Hamburg zugrunde liegen“. Zur Begründung verwiesen sie darauf, dass aufgrund der zwischenzeitlich von der Beklagten zu 1) vorgelegten Unterlagen davon auszugehen sei, dass die Bahnbenutzungsregelungen nicht Gegenstand der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Hamburg geworden seien. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 5. Oktober 2018 – nachdem die Kläger die vorliegende Klage bereits anhängig gemacht hatten – ab.

Am 6. Juli 2018 haben die Kläger Klage erhoben.

Die Kläger beziehen sich zur Begründung auf ihre Schreiben an die Beklagte zu 1) bzw. an die DFS vom 9. Februar 2018. Ergänzend machen sie geltend, sie seien klagebefugt. Hierzu bedürfte es keiner gesundheitsgefährdenden bzw. die Werte aus § 2 Abs. 2 FluLärmG überschreitenden Lärmbelastung. Ausreichend sei, dass durch die Nichteinhaltung der Bahnbenutzungsregelungen der durch die Betriebsgenehmigung vorgegebene Rahmen überschritten werde. Mit der Klage solle die Einhaltung von Betriebsbeschränkungen, die sich aus der Betriebsgenehmigung ergäben, erstritten werden. Es bestehe kein allgemeiner Vorrang einer flüssigen und sicheren Abwicklung des Flugverkehrs gegenüber der Einhaltung der Bahnbenutzungsregelungen. Vielmehr habe sich die Abwicklung des Flugverkehrs in dem von den Bahnbenutzungsregelungen vorgegebenen Rahmen zu halten.

Die Kläger haben zunächst schriftsätzlich beantragt,

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, Verstöße gegen die Betriebsgenehmigung für den Verkehrsflughafen Hamburg, hier die sog. Bahnbenutzungsregeln (Ziffer 2.1-2.4), zu unterbinden und durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass das in den Bahnbenutzungsregelungen als Bestandteil der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG für den Flughafen Hamburg enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis beachtet wird, insbesondere deutlich mehr Flugbewegungen zu einem deutlich höheren Anteil der Betriebszeit des Flughafens nach den Regeln als nach den Ausnahmen durchgeführt wird,

die Beklagte zu 2) unter Aufhebung des Bescheides vom 13. April 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung zu verurteilen, Verstöße gegen die Betriebsgenehmigung für den Verkehrsflughafen Hamburg, hier die sog. Bahnbenutzungsregeln (Ziffer 2.1-2.4), zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass das in den Bahnbenutzungsregelungen als Bestandteil der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG für den Flughafen Hamburg enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis beachtet wird, insbesondere deutlich mehr Flugbewegungen zu einem deutlich höheren Anteil der Betriebszeit des Flughafens nach den Regeln als nach den Ausnahmen durchgeführt wird,

hilfsweise,

die Beklagte zu 1) zur Bescheidung ihres Antrags vom 9. Februar 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen,

die Beklagte zu 2) unter Aufhebung des Bescheides vom 13. April 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung vom 5. Juni 2018 zur erneuten Bescheidung ihres Antrags vom 9. Februar 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen.

Am 6. November 2018 – nachdem die Beklagte zu 1) den Bescheid vom 5. Oktober 2018 erlassen hatte – haben die Kläger ihren gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Antrag schriftsätzlich um einen (weiteren) Hilfsantrag erweitert. Sie haben beantragt,

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, Verstöße gegen die Betriebsgenehmigung für den Verkehrsflughafen Hamburg, hier die sog. Bahnbenutzungsregeln (Ziffer 2.1-2.4), zu unterbinden und durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass das in den Bahnbenutzungsregelungen als Bestandteil der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG für den Flughafen Hamburg enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis beachtet wird, insbesondere deutlich mehr Flugbewegungen zu einem deutlich höheren Anteil der Betriebszeit des Flughafens nach den Regeln als nach den Ausnahmen durchgeführt wird,

hilfsweise hierzu,

die Beklagte zu 1) zu verpflichten, die sog. Bahnbenutzungsregelungen (Ziffer 2.1-2.4) zum Bestandteil der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung für den Betrieb des Verkehrsflughafens Hamburg zu machen,

sowie

2. die Beklagte zu 2) unter Aufhebung des Bescheides vom 13. April 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung zu verurteilen, Verstöße gegen die Betriebsgenehmigung für den Verkehrsflughafen Hamburg, hier die sog. Bahnbenutzungsregeln (Ziffer 2.1-2.4), zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass das in den Bahnbenutzungsregelungen als Bestandteil der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG für den Flughafen Hamburg enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis beachtet wird, insbesondere deutlich mehr Flugbewegungen zu einem deutlich höheren Anteil der Betriebszeit des Flughafens nach den Regeln als nach den Ausnahmen durchgeführt wird,

hilfsweise,

die Beklagte zu 1) zur Bescheidung ihres Antrags vom 9. Februar 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen,

die Beklagte zu 2) unter Aufhebung des Bescheides vom 13. April 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung vom 5. Juni 2018 zur erneuten Bescheidung ihres Antrags vom 9. Februar 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen.

Mit Schriftsatz vom 10. September 2019 haben die Kläger ihre Anträge neu gefasst und im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. September 2019 weiter präzisiert. Sie beantragen nunmehr,

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dafür Sorge zu tragen, dass über die Bahn 33 des Flughafens Hamburg mehr als 50 % der Starts zu mehr als 50 % der Betriebszeit des Flughafens bezogen auf das Kalenderjahr und bezogen auf die sechs verkehrsreichsten Monate und zusätzlich über die Bahn 15 des Flughafens Hamburg mehr als 50 % der Landungen in der Nachtzeit von 22.00 bis 7.00 Uhr Ortszeit Hamburg zu mehr als 50 % der Betriebszeit des Flughafens bezogen auf das Kalenderjahr und die sechs verkehrsreichsten Monate durchgeführt werden,

sowie

2. festzustellen, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass über die Bahn 33 des Flughafens Hamburg mehr als 50 % der Starts zu mehr als 50 % der Betriebszeit des Flughafens bezogen auf das Kalenderjahr und die sechs verkehrsreichsten Monate und zusätzlich über die Bahn 15 des Flughafens Hamburg mehr als 50 % der Landungen in der Nachtzeit von 22.00 bis 7.00 Uhr Ortszeit zu mehr als 50 % der Betriebszeit des Flughafens bezogen auf das Kalenderjahr und die sechs verkehrsreichsten Monate durchgeführt werden,

hilfsweise zum Klageantrag zu 2.

festzustellen, dass die Praxis der Flugsicherung am Flughafen Hamburg, insbesondere die Festlegung der Betriebsrichtung und die Erteilung der einzelnen Flugverkehrskontrollfreigaben, insoweit gegen die Bahnbenutzungsregeln 2.1. und 2.3 verstößt, als die flüssige Abwicklung des Verkehrs und die Vermeidung von Verspätungen als Ausnahmegrund angesehen wird sowie als Windverhältnisse mit Rückenwind bis 5 Knoten und Seitenwind bis 15 Knoten als Ausnahmegrund als angesehen wird.

Die Beklagte zu 1) beantragt hinsichtlich des Klageantrags zu 1.,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2) beantragt hinsichtlich des Klageantrags zu 2. sowie des darauf bezogenen Hilfsantrags,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) macht geltend: Ein Einschreiten gegenüber der DFS sei ihr nicht möglich, denn diese treffe die Entscheidung über die im Einzelfall zu benutzende Start- bzw. Landebahn im Rahmen ihrer Aufgabe der Flugverkehrskontrolle selbständig und mit Blick auf eine sichere, geordnete und flüssige Abwicklung des Luftverkehrs. Auch komme ein Einschreiten gegenüber dem Flughafen nicht in Betracht, weil dieser nicht darüber entscheide, welche Start- bzw. Landebahn aus bzw. in welche(r) Richtung benutzt werde. Dessen ungeachtet sei die von der DFS vorgenommene Verteilung der Starts und Landungen auf die Start- und Landebahnen auch unter Berücksichtigung der Bahnbenutzungsregelungen nicht zu beanstanden. Diese habe verschiedene Vorgaben insbesondere in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 oder in den Regelungen der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO zu beachten, die Einfluss auf die Zuweisung von Start- und Landebahnen hätten und den Regelungen in der Betriebsgenehmigung für den Flughafen vorgehen würden. Die Bahnbenutzungsregelungen begründeten kein Verbot der Benutzung einzelner Bahnen oder Betriebsrichtungen. Sie enthielten keine quantifizierbare Vorgabe zur Anzahl der Flugbewegungen in die jeweiligen Betriebsrichtungen.

Die Beklagte zu 2) macht geltend: Die Zulässigkeit der gegen sie gerichteten Klage sei hinsichtlich des Hauptantrags (Klageantrag zu 2.) zweifelhaft. Es sei unklar, was die Kläger i.E. begehrten. Die DFS sei nicht für ein Einschreiten gegen den Flughafenbetrieb zuständig. Im Übrigen sehe die DFS die Bahnbenutzungsregelungen als verbindlich an und berücksichtige sie bei ihrer Flugsicherungstätigkeit als lärmbezogene Optimierungsvorgaben. Bei der Festlegung der Betriebsrichtung handele es sich in erster Linie um einen sicherheitsbezogenen Vorgang, bei dem eine Vielzahl von Aspekten (etwa Verkehrsmenge, Wetterbedingungen, Beschaffenheit und Verfügbarkeit von Pisten, Landehilfen und Navigationsanlagen) zu berücksichtigen seien, auf die die DFS keinen Einfluss habe. Die Bahnbenutzungsregelungen führten zu keiner Widmungsbeschränkung des Flughafens und seiner Start- und Landebahnen. Sie machten auch keine unmittelbaren Kapazitätsvorgaben. Sie seien schließlich auch nicht drittschützend. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. September 2019 hat die Beklagte zu 2) überdies erklärt, sie stimme der mit der Einführung des neuen gegen sie gerichteten Hilfsantrags verbundenen Klageänderung nicht zu.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene macht geltend: Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG liege nicht vor. Das Grundstück des Klägers zu 1) liege außerhalb der Schutzzonen nach § 2 FluLärmG. Die in dieser Vorschrift genannten Grenzwerte würden auf dem Grundstück nicht erreicht. Das Grundstück des Klägers zu 2) liege innerhalb der Tag-Schutzzone 1, aber außerhalb der Nacht-Schutzzone. Die nach § 2 FluLärmG maßgeblichen Grenzwerte würden auf dem Grundstück allerdings auch nicht erreicht. Zudem seien bei der Bebauung des Grundstücks bereits Maßnahmen des passiven Schallschutzes verpflichtend gewesen, habe das Haus des Klägers zu 2) schon bei Bezug im An- bzw. Abflugbereich des Flughafens gelegen und seien die Bahnbenutzungsregelungen seinerzeit bereits so angewendet worden, wie dies auch heute noch der Fall sei. Die Beklagte zu 1) habe im Jahr 1995 überdies ein Lärmkontingent für den Flughafen Hamburg festgesetzt. Das Grundstück des Klägers zu 2) liege zwar innerhalb der Lärmbelastungsfläche, aber die dort gemessenen Werte lägen unterhalb der Schwelle einer gesundheitsgefährdenden Lärmbelastung. Die Bahnbenutzungsregelungen seien Bestandteil der Betriebsgenehmigung. In der Änderungsgenehmigung vom 15. Dezember 1961 sei noch eine ausdrückliche Regelung zur Betriebsrichtung enthalten gewesen. Nach dem Ausbau der Start- und Landebahnen habe sich die Beklagte zu 1) dazu entschieden, in die Genehmigung einen Vorbehalt zu Gunsten von Regelungen im Luftfahrthandbuch aufzunehmen, und veranlasst, dass die Bahnbenutzungsregelungen dort aufgenommen würden. Sie hätten seitdem im Wesentlichen den gleichen Inhalt und verfolgten das primäre Ziel, An- und Abflüge über die Innenstadt (Starts auf RWY 15 und Landungen auf RWY 33) aus Gründen des Lärmschutzes weitgehend zu vermeiden. Auf die Einhaltung der Bahnbenutzungsregelungen habe sie – die Beigeladene – aber keinen Einfluss. Die Bahnbenutzungsregelungen und die mit ihnen eröffneten Spielräume würden ordnungsgemäß angewendet. Sie seien dessen ungeachtet aber nicht drittschützend, sondern dienten dazu, möglichst viele Betroffene vor Fluglärm zu schützen, Flexibilität bei der Befriedigung der luftverkehrlichen Nachfrage zu gewährleisten und der Flugsicherheit Rechnung zu tragen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. September 2019 haben die Kläger folgenden Beweisantrag gestellt: „Die Betriebsordnung der DFS enthält Vorgaben für den Regelfall, (1) nach denen bei Rückenwind bis 5 kn und Seitenwind bis 15 kn Ausnahmen wegen der Windverhältnisse von der Bahnbenutzungsregelung 2.1. oder 2.3. angenommen wird und (2) nach denen auch von 22.00 bis 23.00 Uhr und 6.00 bis 7.00 Uhr Ortszeit auf einer Bahn gelandet und einer anderen gestartet werden soll, durch das Beweismittel: Hinzuziehung Betriebsordnung der DFS für die Abwicklung des Flugverkehrs am Flughafen Hamburg“. Diesen Beweisantrag hat der erkennende Senat mit einem in der mündlichen Verhandlung verkündeten und begründeten Beschluss abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt und die beigezogenen Sachakten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Soweit die Kläger die Klage dadurch, dass sie ihre früheren (Hilfs-) Anträge nicht weiter aufrechterhalten haben, zurückgenommen haben, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO).

Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg. Die Kläger können die Beklagten als Streitgenossen in einer einheitlichen Klage verklagen (hierzu I.). Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet (hierzu II.). Gleiches gilt für die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage hinsichtlich des Hauptantrags; über den gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Hilfsantrag ist nicht in der Sache zu entscheiden, weil die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung unzulässig ist (hierzu III.).

I.

Die Kläger können die Beklagten entgegen der von der Beklagten zu 2) diesbezüglich geäußerten Zweifel als Streitgenossen in einer einheitlichen Klage verklagen.

Die Zulässigkeit der Streitgenossenschaft richtet sich nach den §§ 59 ff. ZPO, die im Verwaltungsprozess über § 64 VwGO Anwendung finden. Gemäß § 60 ZPO können mehrere Personen als (einfache) Streitgenossen gemeinschaftlich verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 7.8.2009, 5 S 2348/08, ZUR 2010, 261, juris Rn. 27, m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Kläger verlangen von beiden Beklagten im Kern die Einhaltung/Durchsetzung der sog. Bahnbenutzungsregelungen, stützen beide Ansprüche auf § 29 LuftVG und machen geltend, sie würden durch die behauptete Nichteinhaltung der Bahnbenutzungsregelungen aufgrund der vom Flugbetrieb ausgehenden Lärmimmissionen in ihren Rechten verletzt. Da die Voraussetzungen des § 60 ZPO im Übrigen weit auszulegen und im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit immer dann zu bejahen sind, wenn eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung zweckmäßig erscheint (vgl. BGH, Beschl. v. 3.5.2011, X ARZ 101/11, NJW-RR 2011, 1137, juris Rn. 18), und durch die Verbindung der Streitgegenstände auch keine Unübersichtlichkeit oder Verwirrung der Prozessführung droht (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 19.11.1991, X ARZ 10/91, NJW 1992, 981, juris Rn. 2), ist die Anwendung des § 60 ZPO vorliegend auch unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie sachgerecht.

II.

Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage ist zwar zulässig (hierzu 1.), aber unbegründet (hierzu 2.).

1. Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage ist zulässig. Die Klage, für die das Oberverwaltungsgericht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO erstinstanzlich zuständig ist, ist als Verpflichtungs- und allgemeine Leistungsklage statthaft (hierzu a]) und hinreichend bestimmt (hierzu b]). Die Kläger sind auch klagebefugt (hierzu c]).

a) Die Klage ist als Verpflichtungsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO und als allgemeine Leistungsklage (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) statthaft.

Die Kläger begehren von der Beklagten zu 1), dass diese im Rahmen der Luftaufsicht (§§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, 31 Abs. 2 Nr. 18 LuftVG) dafür Sorge tragen möge, dass die Betriebsgenehmigung für den Flughafen eingehalten wird, d.h. der Betrieb des Flughafens im Hinblick auf die Nutzung der verschiedenen Start- und Landebahnen (nur) innerhalb des genehmigten Rahmens erfolgt. Die hierbei konkret vorzunehmenden Maßnahmen benennen die Kläger nicht (hierzu noch i.E. sogleich zu b]); in Betracht kommen deshalb Maßnahmen mit Regelungswirkung ebenso wie sonstiges tatsächliches Verwaltungshandeln. Soweit die von der Beklagten zu 1) vorzunehmenden Maßnahmen darin bestehen, dass Verwaltungsakte erlassen werden (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG), ist die Verpflichtungsklage statthaft; von der nach § 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO grundsätzlich gebotenen Durchführung eines Vorverfahrens konnte vorliegend gemäß § 75 Satz 1 VwGO abgesehen werden. Soweit das Begehren der Kläger auf sonstiges tatsächliches Verwaltungshandeln der Beklagten zu 1) ohne Regelungswirkung i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG gerichtet ist, ist die allgemeine Leistungsklage statthaft.

b) Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 18. September 2019 neugefassten Antrag hinreichend bestimmt, obwohl die Kläger die von der Beklagten zu 1) geforderten Maßnahmen nicht näher konkretisiert, d.h. weder angegeben haben, welchen Inhalt sie haben sollen, noch deutlich gemacht haben, gegen wen sie gerichtet werden sollen.

Das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags ist in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO als bloße Sollvorschrift ausgestaltet; ihm muss aber mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung (§ 103 Abs. 3 VwGO) genügt werden. In einem bestimmten Antrag, der aus sich selbst heraus verständlich sein muss, sind Art und Umfang des begehrten Rechtsschutzes zu benennen. Damit wird der Streitgegenstand festgelegt und der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis abgesteckt sowie dem Beklagten eine präzise Verteidigung erlaubt. Schließlich soll aus einem dem Klageantrag stattgebenden Urteil eine Zwangsvollstreckung zu erwarten sein, die das Vollstreckungsverfahren nicht unter Fortsetzung des Streits mit Sachfragen überfrachtet. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, 7 C 21.12, BVerwGE 147, 312, juris Rn. 54).

Nach diesen Maßgaben genügt der von den Klägern formulierte Antrag dem Bestimmtheitserfordernis. Die Kläger begehren von der Beklagten zu 1) keine konkret bezeichneten Maßnahmen, sondern allgemein ein Vorgehen im Rahmen der Luftaufsicht (s.o. zu a]), um ein bestimmtes Ziel – die Handhabung der Bahnbenutzungsregelungen für den Flughafen in der von ihnen angegebenen Weise – zu erreichen. Welche konkreten Maßnahmen der Beklagten zu 1) hierbei im Rahmen ihrer luftaufsichtsrechtlichen Zuständigkeit zur Verfügung stehen und geeignet sind, das von den Klägern gewünschte Ziel zu erreichen, entzieht sich zum einen der genauen Kenntnis der Kläger; es liegt zum anderen angesichts des der Beklagten zu 1) nach § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG eingeräumten Ermessens auch nicht an den Klägern, hierüber zu entscheiden. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall nicht von sonstigen Fallkonstellationen, in denen nur ein Erfolg geschuldet wird, während die Wahl der geeigneten Maßnahmen Sache des Schuldners bleibt. Auch dann genügt zur Wahrung des Bestimmtheitserfordernisses aus § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Angabe dieses Erfolgs (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.9.2013, 7 C 21.12, BVerwGE 147, 312, juris Rn. 55, m.w.N.).

c) Die Kläger sind klagebefugt.

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage – und nichts anderes gilt für die allgemeine Leistungsklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.1.1996, 8 C 19.94, BVerwGE 100, 262, juris Rn. 20, m.w.N.) – nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts (oder sonstigen Verwaltungshandelns) in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint. Da die Verpflichtungsklage gemäß § 113 Abs. 5 VwGO – Entsprechendes gilt für die allgemeine Leistungsklage – nur begründet ist, wenn ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes (oder sonstigen Verwaltungshandelns) gegeben ist, erfordert dies das Bestehen eines Rechtssatzes, der die Behörde zum Erlass dieses Verwaltungsaktes (oder sonstigen Verwaltungshandelns) verpflichtet oder wenigstens ermächtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch darauf gewährt sowie den jeweiligen Kläger in den Kreis der Berechtigten einbezieht. Für die Klagebefugnis reicht es dabei aus, dass ein solcher Anspruch nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.12.2014, 4 C 36.13, BVerwGE 151, 138, juris Rn. 38, m.w.N.).

Vorliegend machen die Kläger geltend, der vom Flughafen ausgehende Flugbetrieb überschreite teilweise den genehmigten Rahmen und sei deshalb teilweise formell illegal, und stützen ihren hiergegen gerichteten Abwehranspruch gegen die Beklagte zu 1) auf § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG. Diese Vorschrift ist grundsätzlich geeignet, einen Anspruch auf Einschreiten oder zumindest auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber zu gewähren. Denn sie dient über das (Tatbestands-) Merkmal der öffentlichen Sicherheit, die u.a. die Unversehrtheit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.12.2014, 4 C 36.13, BVerwGE 151, 138, juris Rn. 39), zumindest auch dem Individualschutz. Allerdings ist weiter Voraussetzung eines auf § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG gestützten Abwehranspruchs, dass der Betroffene – hier die Kläger – geltend machen kann, dass seine subjektiven Rechte verletzt zu werden drohen. Das ist der Fall, wenn er den Verstoß gegen eine drittschützende Vorschrift geltend machen kann (vgl. hierzu i.E. BVerwG, a.a.O.). Auch dies ist hier zu bejahen: Mit ihrem Vorbringen, der Betrieb des Flughafens finde teilweise außerhalb des genehmigten Betriebs statt und sei deshalb insoweit formell illegal, rügen die Kläger einen Verstoß gegen § 6 LuftVG, der den Betrieb von Flugplätzen einem Genehmigungsvorbehalt unterwirft. Diese Vorschrift entfaltet über § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG, wonach vor Erteilung der Genehmigung u.a. zu prüfen ist, ob der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt ist, Drittschutz (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.12.2006, 3 Bs 112/06, NVwZ 2007, 604, juris Rn. 35).

Demgegenüber ist es für die Frage, ob die Kläger i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt sind, nicht entscheidend, ob – was insbesondere die Beklagte zu 1) im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. September 2019 wiederholt angezweifelt hat – die Bahnbenutzungsregelungen selbst Drittschutz vermitteln. Denn nach dem Ansatz der Kläger, der für die Prüfung ihrer Klagebefugnis zugrunde zu legen ist, kommt es hierauf nicht an. Sie leiten ihren Anspruch nicht unmittelbar aus den Bahnbenutzungsregelungen ab, sondern aus einer (drittschützenden, s.o.) Vorschrift (§ 6 LuftVG), die den Betrieb eines Flughafens einem umfassenden Genehmigungsvorbehalt unterstellt, und behaupten einen (teilweise) formell illegalen Flugbetrieb aufgrund angenommener Verstöße gegen die Bahnbenutzungsregelungen. Nach diesem Ansatz wird der Umfang der der Beigeladenen erteilten Betriebsgenehmigung durch die Bahnbenutzungsregelungen ausgestaltet und konkretisiert. Ob dies zutrifft, bedarf hier keiner Entscheidung (hierzu noch i.E. unten zu 2. b] aa.). Der Ansatz der Kläger und ihre Auslegung der Bahnbenutzungsregelungen sind jedenfalls nicht derart fernliegend, dass deshalb schon ihre Klagebefugnis verneint werden müsste.

Ob der Verweis auf § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG allein bereits ausreicht, um die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte für beide Kläger, die allgemein von Fluglärm betroffen sind, zu bejahen, kann vorliegend unentschieden bleiben. Denn die Kläger sind auch konkret in einer die Geringfügigkeitsschwelle überschreitenden Weise von Fluglärm betroffen, die – sollte der Flugbetrieb, wie die Kläger vorbringen, teilweise nicht genehmigt sein – grundsätzlich geeignet ist, einen Abwehranspruch gegen den ungenehmigten Flugbetrieb zu begründen. Dabei orientiert sich der erkennende Senat an den zur Abwägung bei der Flugplatzplanung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG entwickelten Grundsätzen (hierzu i.E. Fellenberg, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Loseblatt, Stand: Januar 2019, § 6 Rn. 299). Einen (möglichen) Abwehranspruch gegen einen ungenehmigten Flugbetrieb haben danach jedenfalls solche von den Lärmimmissionen des Flughafens Betroffenen, die Fluglärmbeeinträchtigungen ausgesetzt sind, die die Geringfügigkeitsschwelle (hierzu BVerwG, Urt. v. 4.4.2012, 4 C 8.09 u.a., BVerwGE 142, 234, juris Rn. 387) überschreiten, und deren Lärmschutzbelange deshalb abwägungserheblich sind (vgl. zum Abwehranspruch: BVerwG, Urt. v. 18.12.2014, 4 C 36.13, BVerwGE 151, 138, juris Rn. 40). Dies ist bei beiden Klägern der Fall:

aa. Die auf dem Grundstück des Klägers zu 2) für die Jahre 2016 bis 2018 ermittelten Lärmimmissionen liegen ausweislich der hierzu von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 7. Juni 2019 (dort S. 8) vorgelegten Daten mit durchschnittlich LAeq Tag 64,5 dB(A) und LAeq Nacht 52,07 dB(A) knapp unterhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FluLärmG. Lärmbeeinträchtigungen in dieser Größenordnung wären bei einer Abwägung im Rahmen des § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG zwingend zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.4.2012, 4 C 8.09 u.a., BVerwGE 142, 234, juris Rn. 190).

bb. Auch für das Grundstück des Klägers zu 1) nimmt der erkennende Senat an, dass die Geringfügigkeitsschwelle überschritten ist. Ausweislich der hierzu von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 7. Juni 2019 (dort S. 6) vorgelegten Daten liegen die dort in den Jahren 2016 bis 2018 gemessen Lärmimmissionen mit durchschnittlich LAeq Tag 49,83 dB(A) und LAeq Nacht 39,47 dB(A) zwar deutlich unterhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FluLärmG. Sie liegen aber über bzw. annähernd bei der Geringfügigkeitsschwelle, die in der obergerichtlichen Rechtsprechung im Hinblick auf Belastungen durch Fluglärm angenommen wird (vgl. etwa VGH Kassel, Urt. v. 17.6.2008, 11 C 2089/07.T, ZUR 2009, 42, juris Rn. 20; VGH München, Urt. v. 20.5.2003, 20 A 02.40015, juris Rn. 71). Da der Kläger zu 1) weiter geltend macht, vor allem aufgrund nächtlicher Überflüge relevanten Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt zu sein, und da er überdies von einer erheblichen Anzahl jährlicher Flugbewegungen betroffen ist (vgl. hierzu den Schriftsatz der Beigeladenen vom 7. Juni 2019, dort S. 4 f., sowie die von der Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom 29. August 2018 vorgelegten Übersichten), hält der erkennende Senat auch den Kläger zu 1) für in abwägungserheblicher Weise lärmbetroffen.

2. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) ist unbegründet. Die Kläger haben nicht den geltend gemachten Anspruch darauf, dass die Beklagte zu 1) für die Einhaltung der Betriebsgenehmigung in der von den Klägern geforderten Weise Sorge trägt. Denn der Flugbetrieb am Flughafen Hamburg ist nicht ungenehmigt, wenn über die Bahn 33 des Flughafens weniger als 50 % der Starts zu weniger als 50 % der Betriebszeit des Flughafens (bezogen auf das Kalenderjahr und bezogen auf die sechs verkehrsreichsten Monate) bzw. über die Bahn 15 des Flughafens weniger als 50 % der Landungen in der Nachtzeit zu weniger als 50 % der Betriebszeit des Flughafens (bezogen auf das Kalenderjahr und die sechs verkehrsreichsten Monate) durchgeführt werden.

a) Ob die Bahnbenutzungsregelungen überhaupt und – wenn ja – in welcher Fassung Gegenstand der der Beigeladenen erteilten Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG sind, kann im Ergebnis offenbleiben. Zu Gunsten der Kläger, deren Anspruch andernfalls von vornherein ins Leere ginge, unterstellt der erkennende Senat dies. Für ihre grundsätzliche Einbeziehung in die Betriebsgenehmigung spricht allerdings die frühere, die Bahnbenutzung betreffende (Vorgänger-) Regelung in der luftrechtlichen Genehmigung vom 15. Dezember 1962 (vgl. hierzu den Schriftsatz der Beigeladenen vom 7. Juni 2019, dort S. 9 f.) und ferner der Verweis auf die im Luftfahrthandbuch für die Bundesrepublik Deutschland aufgeführten örtlichen Flugbeschränkungen in der (Änderungs-) Genehmigung vom 21. August 1967. Diesen Verweis haben alle mit der Ausnutzung und Vollziehung der Genehmigung befassten Stellen – insbesondere die Beklagten zu 1) und 2) und die Beigeladene – stets dahin verstanden, interpretiert und angewendet, dass damit die (jeweils aktuellen) Bahnbenutzungsregelungen zum Gegenstand der Betriebsgenehmigung gemacht worden sind. Diese jahrzehntelange, auch in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 3.9.2001, 3 E 32/98.P, juris Rn. 14, 31 ff., 239 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 31.7.2003, 4 B 61.03, juris Rn. 4) zugrunde gelegte Handhabung spricht dafür, dass die Bahnbenutzungsregelungen Teil der der Beigeladenen erteilten Betriebsgenehmigung sind und bei der Durchführung des Flughafenbetriebs als Bestandteil der Genehmigung zu beachten sind.

b) Der am Flughafen durchgeführte Flugbetrieb ist nicht dann bzw. deshalb (teilweise) formell illegal, wenn bzw. weil die Ausnutzung der Start- und Landebahnen nicht in dem von den Klägern geforderten Verhältnis zueinander erfolgt.

aa. Es ist schon zweifelhaft, kann im Ergebnis aber offenbleiben, ob ein – unterstellter – Verstoß gegen die Bahnbenutzungsregelungen zur Folge hätte, dass der unter Verstoß gegen die Bahnbenutzungsregelungen durchgeführte Flughafenbetrieb als ungenehmigt und deshalb formell illegal angesehen werden müsste. In Betracht kommt nämlich auch, dass es sich bei den Bahnbenutzungsregelungen um (Durchführungs-) Bestimmungen zur Abwicklung des uneingeschränkt genehmigten Flugbetriebs handelt mit der Folge, dass der unter Verletzung der (Durchführungs-) Bestimmungen durchgeführte Flughafenbetrieb zwar gegen Vorgaben der Genehmigung verstieße, aber nicht ungenehmigt wäre. Denn nicht jeder Verstoß gegen einzelne Regelungen einer (Betriebs-) Genehmigung führt dazu, dass der betreffende Betrieb deshalb formell illegal ist. Dies setzt vielmehr voraus, dass der inhaltliche Genehmigungsumfang durch die betreffende Regelung (mit-) bestimmt wird. Hieran bestehen bei den Bahnbenutzungsregelungen Zweifel. Eine Ausgestaltung des Genehmigungsumfangs über die Bahnbenutzungsregelungen erschiene wenig praktikabel, weil der Umfang des dann zugelassenen Flugbetriebs – auch nach dem Ansatz der Kläger, die den Bahnbenutzungsregelungen keine festen Kontingente, sondern nur Mindestvorgaben für das Nutzungsverhältnis der verschiedenen Start- und Landebahnen zueinander entnehmen – angesichts der in den Bahnbenutzungsregelungen enthaltenen „Ausnahmen“ und Öffnungen nicht im Vorhinein bestimmbar wäre und sich regelmäßig erst im Nachhinein ermitteln ließe.

bb. Es bedarf ebenfalls keiner Entscheidung, ob – wie insbesondere die Beigeladene meint – den Bahnbenutzungsregelungen, namentlich den von den Klägern in Bezug genommenen Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen, ein Regel-/Ausnahme-Verhältnis von vornherein nicht entnommen werden kann. Zutreffend verweist die Beigeladene allerdings darauf, dass – zum einen – in Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen weder von einer Regel, noch von einer Ausnahme die Rede ist, und dass – zum anderen – „Ausnahmen“ erstmals in 2.4 der Bahnbenutzungsregelungen angesprochen werden und sich auf die Bestimmungen in Nr. 2.2 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen beziehen. Allerdings ist auch zu sehen, dass namentlich die von den Klägern herangezogenen Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen regelungssystematisch in ihrem jeweiligen Satz 1 einen Grundsatz voranstellen – eine bestimmte Start- bzw. Landebahn „ist“ zu benutzen – und sodann in ihrem jeweiligen Satz 2 die Zulässigkeit von „Abweichungen“ regeln. Auch wenn danach von Regeln bzw. Ausnahmen in Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen nicht ausdrücklich die Rede ist, so enthalten sie doch jeweils in Satz 1 zu beachtende Anordnungen, von denen nur unter den jeweils in Satz 2 genannten Voraussetzungen abgewichen werden kann.

cc. Jedenfalls kann den Bahnbenutzungsregelungen das von den Klägern angenommene quantitativ bestimmbare Regel-/Ausnahme-Verhältnis in Bezug auf die Benutzung der Start- und Landebahnen nicht entnommen werden.

Für ein derartiges Verständnis bietet vor allem der Wortlaut der Bahnbenutzungsregelungen keinen Anhaltspunkt; im Gegenteil ist ihr Wortlaut mit einem derartigen Verständnis nicht vereinbar. Die Bahnbenutzungsregelungen – in der aktuell gültigen Fassung wie in früheren Fassungen – legen ausdrücklich keine zahlenmäßigen (absoluten) Kontingente für die verschiedenen Start- und Landebahnen fest. Da sie überdies auch keine Aussage darüber treffen, in welchem Verhältnis zueinander die Ausnutzung der zu nutzenden Start- und Landebahnen stehen muss, lassen sich aus ihnen auch die von den Klägern angenommenen relativen – das Verhältnis der Bahnen zueinander betreffenden – Kontingente nicht ableiten. Die Interpretation der Kläger unterstellt den Bahnbenutzungsregelungen danach eine Aussage, die sie nicht treffen. Zutreffend weisen die Beklagten darauf hin, dass in Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen gerade kein Regel-/Ausnahme-Verhältnis, sondern vielmehr ein Optimierungsgebot normiert worden sei.

Das von den Klägern angenommene quantitativ bestimmbare Regel-/Ausnahme-Verhältnis in Bezug auf die Benutzung der Start- und Landebahnen ließe sich – abgesehen davon, dass es nicht praktikabel wäre (s.o. zu aa.) – auch mit dem Zweck der namentlich in Nr. 2.1 Satz 2 und Nr. 2.3 Satz 2 der Bahnbenutzungsregelungen genannten Abweichungen nicht vereinbaren. Die Abweichungsmöglichkeiten sollen ersichtlich dazu dienen, dass der Flughafenbetrieb auch dann aufrechterhalten und sicher abgewickelt werden kann, wenn die in den Abweichungstatbeständen dargestellten Situationen es erforderlich machen, auf einer anderen als der im jeweiligen Satz 1 von Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen genannten Bahn zu starten bzw. zu landen. Dies wäre bei einem quantitativ zu bestimmenden Regel-/Ausnahme-Verhältnis, wie es den Klägern vorschwebt, nicht oder zumindest nicht ohne Weiteres möglich. Denn die Häufigkeit von Situationen, die nach dem jeweiligen Satz 2 von Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen zu Abweichungen „zwingen“ können bzw. in denen Abweichungen „zulässig“ sind, ist im Vorhinein nicht absehbar und deshalb quantitativ weder absolut noch relativ (das Verhältnis der Bahnen zueinander betreffend) bestimmbar. Bei Annahme eines quantitativ bestimmbaren Regel-/Ausnahme-Verhältnisses für die Start- bzw. Landebahn 15/33 müsste im Fall einer Überschreitung des „Ausnahmekontingents“ daher entweder – was nicht naheliegend ist (hierzu i.E. sogleich) – der Flugbetrieb beschränkt werden, oder es müsste die „Regel“ auch dann angewendet werden, wenn die Voraussetzungen einer „Ausnahme“ erfüllt sind. Dies würde im Ergebnis bedeuten, dass ggf. sogar Belange der Flugverkehrssicherheit zurücktreten müssten. Auch dies ist (erst recht) den Bahnbenutzungsregelungen nicht zu entnehmen.

Schließlich spricht gegen das von den Klägern vertretene Verständnis der Bahnbenutzungsregelungen, dass es letztlich zu einer (untauglichen, s. oben zu aa.) Kapazitätsbeschränkung des Flughafens insgesamt führte. Denn der Flughafenbetrieb könnte nicht ohne Zurückstellung von Belangen der Flugverkehrssicherheit fortgeführt werden, wenn das „Kontingent“ der nach dem jeweiligen Satz 2 von Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen nur ausnahmsweise nutzbaren Start- bzw. Landebahnen erschöpft ist. Es liegen indes keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Derartiges mit den Bahnbenutzungsregelungen beabsichtigt ist. Im Gegenteil zeigen insbesondere die Ausführungen in der von der Beigeladenen vorgelegten Senatsdrucksache aus dem Jahr 1959 (Drs. 129/59, dort S. 514; vgl. den Schriftsatz der Beigeladenen vom 7. Juni 2019, dort S. 20), die ihren Anlass in der seinerzeit geplanten Erweiterung der „Startbahn II“ (heute Bahn 15/33) hatte, dass mit der Verteilung der Flugbewegungen auf die verschiedenen Betriebsrichtungen eine „gerechte“ bzw. angemessene Lärmverteilung in der Umgebung des Flughafens und gleichzeitig eine möglichst optimale Kapazitätsausschöpfung erreicht werden, nicht aber der Umfang des Flugbetriebs begrenzt werden sollte.

III.

Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage ist mit dem Hauptantrag zwar zulässig (hierzu 1.), aber unbegründet (hierzu 2.). Über den gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Hilfsantrag ist nicht in der Sache zu entscheiden, weil die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung unzulässig ist (hierzu 3.).

1. Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig. Sie ist als allgemeine Feststellungsklage statthaft (hierzu a]). Die Subsidiarität der Feststellungsklage steht dem nicht entgegen (hierzu b]). Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor (hierzu c]). Die Kläger sind klagebefugt (hierzu d]).

a) Die von den Klägern gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage ist als allgemeine Feststellungsklage i.S.v. § 43 VwGO statthaft.

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann mit der allgemeinen Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Unter einem Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.2016, 6 A 9.14, BVerwGE 157, 8, juris Rn. 12, m.w.N.). Nach diesen Maßgaben ist das Begehren der Kläger auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses zu der Beklagten zu 2) gerichtet. Denn sie wollen mit ihrer gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klage im Hauptantrag festgestellt wissen, dass diese aus § 6 Abs. 1, 2 Satz 1 LuftVG (auch) ihnen gegenüber verpflichtet ist, bei ihrer Flugsicherungstätigkeit (§ 27c Abs. 1 LuftVG), insbesondere bei der Wahrnehmung der Flugverkehrskontrolldienste (§ 27c Abs. 2 Satz 1 lit. a] LuftVG), die die Ausnutzung der Start- und Landebahnen betreffenden Beschränkungen aus der Betriebsgenehmigung für den Flughafen zu beachten.

b) Die Subsidiarität der allgemeinen Feststellungsklage steht der Statthaftigkeit der von den Klägern gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Feststellungsklage nicht entgegen.

Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann eine Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Diese (vorrangige) Möglichkeit der Rechtsverfolgung haben die Kläger vorliegend nicht. Zwar hat die Beklagte zu 2) im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. September 2019 zu Recht darauf hingewiesen, dass den Klägern grundsätzlich die Möglichkeit offensteht, einzelne Flugverkehrskontrollfreigaben anzufechten (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) bzw. nachträglich zum Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) zu machen. Ungeachtet der Frage, ob ein derartiges Vorgehen nicht nur theoretisch möglich sein mag, sondern auch praktisch durchführbar wäre, entspricht es aber nicht dem von den Klägern verfolgten Rechtsschutzziel. Denn mit ihrem gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Hauptantrag wollen sie nicht einzelne Maßnahmen der Beklagten zu 2) zum Gegenstand des Verfahrens machen, sondern eine gerichtliche Entscheidung über die nach ihrer Auffassung mit der Betriebsgenehmigung (nicht) zu vereinbarende Verwaltungspraxis der Beklagten zu 2) erlangen. Dieses Ziel können sie mithilfe einer Gestaltungs- oder Leistungsklage nicht erreichen.

c) Das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Feststellungsklage, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Dies ist vorliegend zu bejahen: Die Kläger machen geltend, die ständige Verwaltungspraxis der Beklagten zu 2) bei der Wahrnehmung der Flugverkehrskontrolldienste (§ 27c Abs. 2 Satz 1 lit. a] LuftVG) verstoße gegen die der Beigeladenen erteilte Betriebsgenehmigung, weil die die Ausnutzung der Start- und Landebahnen betreffenden Beschränkungen nicht beachtet würden. Da die Beklagte zu 2) nicht beabsichtigt, ihre Verwaltungspraxis in dem von den Klägern angestrebten Sinn zukünftig zu ändern, liegt ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr vor.

d) Die Kläger sind klagebefugt.

Den Klägern steht auch für den gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Feststellungsantrag die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog erforderliche Klagebefugnis zu, weil sie nicht nur geringfügig lärmbetroffen sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter II. 1. c) Bezug genommen.

2. Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet. Das von den Klägern behauptete Rechtsverhältnis zwischen ihnen und der Beklagten zu 2) besteht nicht. Die Beklagte zu 2) ist aus § 6 Abs. 1, 2 Satz 1 LuftVG ihnen gegenüber nicht verpflichtet, bei der Wahrnehmung der Flugverkehrskontrolldienste (§ 27c Abs. 2 Satz 1 lit. a] LuftVG) die die Ausnutzung der Start- und Landebahnen betreffenden Beschränkungen insoweit zu beachten, als sichergestellt sein muss, dass über die Bahn 33 des Flughafens mehr als 50 % der Starts zu mehr als 50 % der Betriebszeit des Flughafens (bezogen auf das Kalenderjahr und die sechs verkehrsreichsten Monate) und zusätzlich über die Bahn 15 des Flughafens mehr als 50 % der Landungen in der Nachtzeit zu mehr als 50 % der Betriebszeit des Flughafens (bezogen auf das Kalenderjahr und die sechs verkehrsreichsten Monate) durchgeführt werden. Denn eine derartige (Betriebs-) Beschränkung ergibt sich aus der der Beigeladenen erteilten Betriebsgenehmigung und den Bahnbenutzungsregelungen nicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen oben zu II. 2. Bezug genommen.

3. Über den gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Hilfsantrag ist nicht in der Sache zu entscheiden, weil die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung unzulässig ist. Bei dem nachträglich gegen die Beklagte zu 2) anhängig gemachten Hilfsantrag handelt es sich um einen neuen Streitgegenstand und damit um eine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO (hierzu a]). Diese ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 VwGO nicht erfüllt sind (hierzu b]). Der in der mündlichen Verhandlung vom 18. September 2019 gestellte Beweisantrag war deshalb abzulehnen (hierzu c]).

a) Bei dem mit Schriftsatz vom 10. September 2019 – und damit nach Klageerhebung – gegen die Beklagte zu 2) anhängig gemachten Hilfsantrag handelt es sich um einen neuen Streitgegenstand und damit um eine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO.

Der Streitgegenstand wird auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach dem sogenannten zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff bestimmt und als der prozessuale Anspruch verstanden, der durch die erstrebte, im Klageantrag umschriebene Rechtsfolge und den Klagegrund, d.h. den Lebenssachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2016, 5 C 10.15 D, BVerwGE 156, 229, juris Rn. 17, m.w.N.).

Vorliegend bezieht sich die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung zwar ebenso wie die mit dem Hauptantrag erstrebte Feststellung auf die Verwaltungspraxis der Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit der Anwendung der Bahnbenutzungsregelungen. Während die Kläger aber mit dem Hauptantrag eine Feststellung dahin begehren, dass der Anwendung der Bahnbenutzungsregelungen ein von den Umständen des Einzelfalls unabhängiges, quantitativ bestimmbares Regel-/Ausnahme-Verhältnis in Bezug auf die Benutzung der Start- und Landebahnen zugrunde zu legen sei, bezieht sich ihr Hilfsantrag auf die Frage, ob bestimmte Sachverhalte eine Abweichung nach dem jeweiligen Satz 2 von Nr. 2.1 und 2.3 der Bahnbenutzungsregelungen rechtfertigen können. Damit sind schon die mit den jeweiligen Anträgen erstrebten Rechtsschutzziele verschieden. Vor diesem Hintergrund ist auch für die Annahme einer bloßen Beschränkung i.S.v. § 264 Nr. 2 ZPO (i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO) kein Raum.

b) Die durch den nachträglichen Hilfsantrag bewirkte Klageänderung ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 VwGO nicht erfüllt sind. Ob das mit dem Hilfsantrag verfolgte Feststellungsbegehren im Übrigen zulässig wäre, bedarf deshalb keiner Entscheidung.

Nach § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Da die Beklagte zu 2) ausdrücklich erklärt hat, sie stimme der Klageänderung nicht zu, kommt es maßgeblich darauf an, ob die Klageänderung sachdienlich ist. Dies ist hier zu verneinen.

Eine Klageänderung ist in der Regel als sachdienlich anzusehen, wenn sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.7.2016, 3 B 41.15, MedR 2017, 644, juris Rn. 15, m.w.N.). Vorliegend sprechen bereits prozessökonomische Erwägungen gegen eine Einbeziehung des gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Hilfsantrags in das vorliegende Verfahren. Der neue Streitgegenstand betrifft ein anderes als das von den Klägern bislang verfolgte Rechtsschutzziel (s.o. zu a]). Wie das Rechtsgespräch und der Beweisantrag der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. September 2019 gezeigt haben, stellen sich im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag überdies andere (Rechts- und Tatsachen-) Fragen als im Zusammenhang mit dem Hauptantrag. Hinzu kommt, dass die Beklagte zu 2) und die Beigeladene keine angemessene Vorbereitungszeit auf die mit dem Hilfsantrag verbundenen Fragen gehabt haben, weil die Kläger den Hilfsantrag erst mit dem Schriftsatz vom 10. September 2019 – eine Woche vor der mündlichen Verhandlung – in das Verfahren eingeführt haben. Dass der mit dem Hilfsantrag in das Verfahren eingeführte Gegenstand im laufenden Verfahren kurzerhand „miterledigt“ und ohne einen weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden werden kann, steht daher nicht zu erwarten. Vielmehr wäre eine Aufklärung jedenfalls im Hinblick auf die Praxis der Beklagten zu 2) notwendig. Da die Klage ohne Klageänderung entscheidungsreif war, spricht auch dieser Umstand gegen die Sachdienlichkeit (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 8.4.2019, 1 Bf 200/15, DVBl. 2019, 1080 [Ls], juris Rn. 64, m.w.N.).

c) Der in der mündlichen Verhandlung vom 18. September 2019 gestellte Beweisantrag, der sich inhaltlich auf die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung bezog, war mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen, da über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag nicht in der Sache zu entscheiden ist.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten und die Abwendungsbefugnis der Kläger beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Lukas Jozefaciuk